Droht eine Pleitewelle? - Taxi-Gewerbe in der Krise | rbb
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Ein kurzer Überblick zur Lage des Taxigewerbes in Berlin. Die absehbare Pleitewelle ist offensichtlich im Anrollen . Gut, dass die breite Öffentlichkeit in der Berliner Abendschau davon erfährt.
Leider sind die Einkommensverluste der Fahrer sind erheblich schlimmer als im Beitrag berichtet. Der Autor Frank Drescher verwendet die Zahlen von Unternehmern, die immer ein Interesse daran haben, so gut wie möglich dazustehen. Und es gibt als Insider-Info einen Blick auf den Bildschirm eines Fiskalserver-Betreibers, der für Berlin knapp 10 Euro Stundenumsatz pro Taxi anzeigt. Was nicht gesagt wird: Dieser Wert ist bereits vollautomatisch geschönt.
Gerade in Coronavirus-Zeiten verbringen die Taxifahrer den größten Teil ihrer Arbeitszeit am Halteplatz. Dabei schalten die meisten Taxameter nach kurzer Zeit in den Pausenmodus und die wenigsten Kollegen trauen sich, den automatisch aktivierten Pausenmodus „wegzudrücken“. Die so fälschlich erfassten „Pausen“, die in Wirklichkeit Arbeits oder Bereitschaftszeiten sind, gehen nicht in die Berechnung des Stundenumsatz ein. Aus diesem Grund dürften die Berichte vieler Fahrer über seit Beginn des Lockdowns konstante 5 Euro Stundenumsatz näher an der Wirklichkeit liegen als der in der Abendschau-Reportage genannte doppelt so hohe Betrag.
Vielleicht ist es ganz gut, dass den Unternehmern im Beitrag dieser Gefallen getan wird. Würden die Taxiunternehmer, als das wahrgenommen werden, was sie sind, wäre das eine indirekte Unterstützung der noch problematischeren MIetwagenvermittler.
Die Berliner Taxiunternehmer haben durch ihr Verhalten den früher gerade in Berlin starken Rückhalt in Politik und Gesellschaft verloren. Zwei Drittel von ihnen haben nachweislich der offiziellen Senatsstudie durch ihre fragwürdigen Praktiken den Einbruch in unser Wirtschafts- und Sozialsystem für Uber und Konsorten vorbereitet.
Am Ende des Beitrags tritt der Taxi-Soziallotse auf. Seine Arbeit wird dadurch bekannter, und er benennt eine der Ursachen der Misere: Berliner Politik und Behörden haben es durch Jahrzehnte andauernde Untätigkeit ermöglicht, dass aus dem florierenden Taxigewerbe eine soziale Problemzone geworden ist.
Do 07.05.2020 rbb24 Beitrag von Frank Drescher - Stammkunden, die Fahrt zum Flughafen, die Nachtschwärmer in Berlin - nichts davon ist mehr da. Und die Zukunft sieht auch nicht rosig aus. Das Taxi-Gewerbe geht durch schwere Zeiten.
Nicht wenige Stimmen sowohl aus Politik als auch aus dem Wirtschaftszweig selbst warnen vor einer drohenden Pleitewelle, die die Taxi-Unternehmen erfassen könnte.
Eine wertvolle Erkenntnis liefert die Reportage unbeabsichtigt als Beifang: Der Blick auf den Bildschirm mit Stundenumsätzen zeigt Werte um die 17 Euro pro Stunde für Hamburg während Berlin kaum die 10-Euro-Marke erreicht. Das bestätigt die Aussage zur Untätigkeit der Berliner Aufsichtsbehörde.
In Hamburg wurde schon vor Jahren die Taxi-Aufsicht umstrukturiert und neue schärfere Kontrollen eingeführt, die zusammen mit dem Fiskaltaxameter Wirkung gezeigt haben. In Berlin ist es dazu nicht gekommen. Die Fahrer-Einkommen sind hier weder durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns noch durch den Zwang zum Fiskaltaxameter gestiegen.