• Wörterbuch des Teufels : »Heilbar durch den Tod« 
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    Cet auteur états-unien nous a légué une oeuvre à mi-chemin entre Edgar Allan Poe et Theodor Fontane. A travers sa participation à une vingtaine de batailles de la guerre de sécession Bierce a rencontré les horreurs de la mort cruelle et sans raison. Il nous en a fait part dans ses écrit. Quand il cherche à nous effrayer ce n’est pas avec le phantastique mais par sa déscription de la réalité. Son Dictionnaire du diable est marqué par son observation précise du comportement humain dans la société capitaliate et ses institutions.

    5.8.2023 von Peter Köhler - »Sterben: Von einem Teil des Problems zu einem Teil der Lösung werden« – Ambrose Bierce

    »Ambrose Bierce ist nicht tot, ich lebe noch!« Mit diesen trotzig herausgedrückten Worten begrüßt Markus Bomert den Besucher in seinem Büro an der Universität Weinheim. Seit mittlerweile fünf Jahren arbeitet der Anglist am Nachlass von Ambrose Bierce, dem Autor des berühmten »Wörterbuchs des Teufels«. 1914 war der Amerikaner spurlos von der Erdoberfläche verschwunden, doch 2018 wurde Bomert zufolge dessen staubtrockener Leichnam im Grand Canyon entdeckt – und wie bestellt und abgeholt fanden sich bei ihm sensationelle Ergänzungen des diabolischen Diktionärs (die junge Welt berichtete).

    Die über mehr als hundert Jahre frisch gebliebenen Notate ins Deutsche zu übersetzen, wurde Bomerts Lebensaufgabe. »Dabei war ich zum Zeitpunkt der Entdeckung bereits Ende 50!« scherzt der Philologe, der inzwischen auf die Pensionierung zugeht: »Aber dieser Bierce ist eben mein Lebenswerk, pardon, sein Lebenswerk. Ich bin ja bloß der Übersetzer.«

    Bloß der Übersetzer

    Dass er, Bierce, pardon: Bomert der einzige Mensch auf dem milliardenvollen Globus ist, der von diesen posthumen Notizen weiß, dass kein einziger Experte in den originalen USA von dem Fund Notiz genommen hat – Bomert weist jeden Verdacht mit genervt rollenden Augen zurück. »Ich würde doch nicht fünf Jahre meines späten Lebens für eine Lüge opfern!« verteidigt er sich gegen alle Anschwärzungen durch missgünstige Kollegen und zieht aus einem Papierstapel ein Blatt hervor: »Hier, echter, gesunder Bierce, von mir ins Deutsche übertragen! Hass: Jenes Gefühl, das der Erfolg eines Feindes hervorruft; im Unterschied zum Erfolg eines Freundes. Dieses Gefühl heißt Neid.«

    Auf unsere Frage, ob wir das englische Original sehen könnten, nickt Bomert mit dem eigenen Kopf. »Selbstverständlich! Aber ich habe es nicht hier, sondern zu Hause. Dort wird es luftdicht verpackt und fest eingeschweißt in einem Tresor aufbewahrt, wo es bei vier Grad Celsius gekühlt wird. Der Schlüssel liegt in einem extra steril gehaltenen Bankschließfach, und die Bank macht gerade Sommerferien«, so Bomert. »Aber kommen Sie gern im Winter wieder und fragen noch mal!«

    Im Übrigen habe er, Bomert, genug zu tun, fügt der Wissenschaftler nach einem Blick auf unsere säuerlich eingefärbte Miene hinzu. Er werde nämlich wieder von allen angefeindet, nur weil er sich abermals mit allen angelegt habe: »also nicht ich, Bierce!« Zur Erinnerung: Vor zwei Jahren tobte ein Plagiatsstreit um Bomerts Bierce, der glücklich versickerte. Schon damals ging es um mehr als bloße Tatsachen, es ging um Meinungen – und jetzt erneut.

    Bomert langt in den Papierkorb und entfaltet einen zerknüllten Zettel. »Das habe ich weggeworfen, damit niemand mich, Quatsch, Bierce missversteht und an den Pranger klatscht. Obacht! ›Contergan: Ein Mittel, das zu früh auf den Markt kam. Die Leute hatten damals noch Vorurteile gegen Behinderte.‹ Das dürfen Sie in Ihrem eiskalten Bericht auf keinen Fall zitieren!«

    Wir versprechen es als echte Journalisten und wundern uns nur tief im Herzen, dass der Zyniker Bierce 50 Jahre zu früh von einem zynischen Medikament wie Contergan wusste. Aber ein selbstbewusster Übersetzer wie Markus Bomert wischt alle Zweifel vom Tisch, indem er sie ignoriert, und zaubert noch mehr Papier hervor.

    »Das sind ein paar Notate, für die ich, unschuldig von oben bis hinten, im Kreuzfeuer stehe. Ich, obwohl es Bierce ist! Etwa bei diesen ewigen Gottgläubigen, hier: ›Religion: Göttliche Komödie. Geheimnisvoller Schleier, hinter dem sich nichts befindet. Ein Placebo, das eingebildete Kranke heilt, die für philosophische Medikamente zu schwach sind. Die Welterklärung für alle, die keine Welterklärung wünschen.‹«

    Bomert holt tief Luft mit seiner langen Nase. »Apropos, die Philosophen, die Mathematiker, schlichtweg alle hier an der Uni befehden mich, nur weil ich ihnen den Boden unter ihrem Beruf wegziehe! Dabei ist das vom großen Bierce, nicht meiner Wenigkeit: ›Logik: Das Zaumzeug des Denkens. Wissenschaftliche Methode, langsamer als im Witz und bornierter als in Assoziationen zu denken. Willkür nach Regeln.‹«

    Vorteile der Katze

    Ambrose Bierce hingegen denke »in eigenen Bahnen. Auch in der Politik!« betont Markus Bomert und holt von ganz weit unten einen wahrlich allerletzten Eintrag hervor: »Weltkrieg: Das Beste, was die Deutschen 1939 anfangen konnten – sonst würden die Nazis noch heute regieren.«

    Als wir wieder zu uns kommen, ist Bomert fort. Auch wir verdünnisieren uns, nicht ohne ein paar Notizzettel zu stibitzen. Was auf ihnen steht? Also bitte:

    Autokrat: Jemand, der lieber einen Fehler begeht, als dass ein anderer das Richtige tut.

    Bigamie: Zwei Ehefrauen zu viel.

    Egoismus: Eine Krankheit, die kleine Kinder befällt, sich in der Jugend verschlimmert und im Erwachsenenalter chronisch wird; heilbar durch den Tod.

    Genugtuung: Das angenehme Gefühl, das einen beschleicht, wenn man mehr erreicht hat als jemand, der klüger, schöner und tüchtiger ist.

    Gott: Eine legendäre Gestalt, bekannt vom Hörensagen. Eine Art Übermensch. Der Butzemann der Priester. Das Hausgespenst des Kosmos.

    Illusion: Eines der Hilfsmittel, die dem Menschen das Ausharren in der Realität ermöglichen.

    Katze: Tier, das gegenüber einem Kind viele Vorteile bietet. Die Katze hat ein schöneres Fell, längere Schnurrbarthaare und einen intelligenteren Gesichtsausdruck, kann besser schnurren und hat ein leiseres Betriebsgeräusch, heult weniger und ist stubenrein. Sie fällt kaum zur Last und kann einfach ausgesetzt werden. Eine tote Katze wirft man in die Mülltonne.

    Mistkäfer: Jemand, der positives Denken dringend nötig hat.

    Mode: Der Beweis, dass die Menschen sich ändern können.

    Naturgesetz: Prinzip, das überall im Universum gilt, ausgenommen in der Religion.

    Pfarrer: Person, die von Berufs wegen glaubt, was sie nicht weiß, und an einer wundergläubigen Lehre festhält, als bekäme sie es bezahlt – und das Wunder: Sie bekommt es bezahlt.

    Rassismus: Umgekehrte Spielart der Zoologie, angewandt von einem Vieh auf den Menschen.

    Stabilität: Stagnation.

    Sterben: Von einem Teil des Problems zu einem Teil der Lösung werden.

    Wissen: Der Glaube an Erkenntnis.

    Wohltätigkeit: Die Bereitschaft, etwas von dem herzugeben, was man nicht braucht, um zu erhalten, was man entbehrt – ein gutes Gewissen.

    Map of the Black Hills region : showing the gold mining district and the seat of the Indian war, by Ambrose Bierce, 1877.

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