„Töten ist eine gute Sache“

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  • Taxifahrer in Berlin wegen 10 Euro getötet – Täter vor Gericht: „Töten ist eine gute Sache“
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    29.8.2023 von Laurenz Cushion - Im Saal 701 des Kriminalgerichts Moabit halten gegen 11 Uhr hörbar alle Anwesenden den Atem an. Der 24 Jahre alte Angeklagte hatte soeben tatsächlich gesagt: „Töten ist eine gute Sache.“ Gesagt hat er das im Verhör der Berliner Polizei mit zwei Beamten und einem Dolmetscher. Die Aufzeichnung wird am Dienstag auf dem großen Bildschirm für Besucher und Prozessbeteiligte noch einmal abgespielt. Den Vorwurf, einen Taxifahrer in Berlin erstochen zu haben, gesteht der Angeklagte schon gleich zu Beginn der Aufzeichnung.

    Am frühen Morgen des 6. April dieses Jahres, Gründonnerstag kurz vor Ostern, war der 49-jährige Taxifahrer schwer verletzt von einem Passanten in Grunewald gefunden worden. Er leistete sofort Erste Hilfe, doch der Taxifahrer starb noch am Vormittag im Krankenhaus. Zur Trauerfeier für den Vater eines 14-jährigen Sohns und einer 22-jährigen Tochter in der Sehitlik-Moschee in Berlin-Neukölln kamen neben der Familie auch viele Berliner Taxifahrer.

    Der Angeklagte hatte in Belgien eine Frau umgebracht

    Noch bevor der Angeklagte den schlimmen Satz über das Töten sagt, erzählt er von seiner Flucht aus Tunesien im Jahr 2011. Er war erst 13 Jahre alt, als er mit entfernten Verwandten auf Lampedusa in Italien angekommen war. Diese habe er seit dem nicht mehr gesehen. Über Frankreich gelangte er nach Belgien, wo er bis Anfang des Jahres lebte.

    Um die „außergewöhnliche Einstellung“ des Angeklagten gegenüber Menschenleben möglicherweise erklären zu können, fragen die Beamten nach den Hintergründen seiner Flucht als Siebtklässler und ob er in Tunesien Opfer von Gewalt geworden war. Bei beiden Fragen gab der Beschuldigte an, die Antworten seien zu privat.

    Stumm auf der verglasten Anklagebank sitzend, schaut auch der mutmaßliche Täter am Dienstagvormittag sich selbst im Video bei der Aussage zu. Seine Verteidigerin hatte gesagt, ihr Mandant wolle vorerst nicht aussagen. Er habe die Taten bereits mehrfach gestanden. Später in der Aufzeichnung berichtet der Beschuldigte, er sei in Lüttich in den Zug eingestiegen. Sein eigentliches Ziel wäre erst mal Dänemark auf dem Weg nach Oslo, Norwegen gewesen. Der Angeklagte hatte zwei Tage zuvor in Belgien eine Frau umgebracht.

    Beim Umsteigen auf dem Weg nach Berlin, erzählt der Angeklagte, habe er schon an einem Bahnhof zwischen 4 und 5 Uhr am Morgen des 6. April versucht, jemanden zu finden. Er habe das letzte Mal am vorherigen Tag um 12 Uhr gegessen. „Als ich ausgestiegen bin, hatte ich Hunger“, sagt er,„ich wollte jemandem Geld wegnehmen, ihn töten.“ Er habe allerdings auf den Straßen niemanden gefunden, obwohl „jeder“ infrage käme. Um im Zug nach Geld oder Essen zu fragen, sei er zu stolz gewesen.

    Die vernehmenden Beamten unterstellten im Video dem mutmaßlichen Täter, dass er „einen Kick“ durch das Töten bekomme. Schließlich hatte er erklärt, die neuen Schuhe, die er bei seiner Festnahme in Flensburg trug, in einem Lidl geklaut zu haben. Weshalb habe er nicht bei Lidl auch Bananen oder sonstige Lebensmittel geklaut, fragt ein Beamter, statt einen Menschen zu töten? Der Angeklagte sagt: „Wenn man etwas haben will, dann muss man töten.“

    Mit dem Geld habe er sich Chips und ein Capri-Sonne gekauft

    Die Kinder des Taxifahrers und seine Schwester sind im Prozess Nebenkläger. Einer ihrer Anwälte sagt am Rande der Verhandlung: „Diese Tat macht aus, dass sie wie aus dem Nichts aus absolutem Zufall geschehen ist, da stellen sich viele Fragen.“ Das Gericht erteilte nach Verlesung der Anklage den rechtlichen Hinweis, dass auch die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus in Betracht komme.

    Die Frau in Belgien und der Berliner Taxifahrer sind mit demselben Messer ermordet worden. Dieses, erzählt der Beschuldigte, habe er in seiner Jackentasche bereitgehalten, als der Taxifahrer ihn zur Brahmstraße in Berlin-Grunewald brachte. Den Ort hatte er schon im Zug auf der Karte aufgrund der großen Grünfläche herausgesucht. Die beiden hätten auf Englisch kommuniziert. Im Video sagt er: „Ich warte darauf, dass er anhält, um ihn zu töten.“ Dann erzählt er von den grausamen Details des Mordes.

    Den Weg in die Gewalt habe er in Belgien gefunden, zumindest behauptet er das. Dort habe der 24-Jährige lang Kokain verkauft, dazu sagte er: „Dieser Weg ist umgeben von Mördern.“ Für ihn folge daraus, dass Töten eben „eine gute Sache“ sei. Er habe diesen Weg gewählt, bis er sterbe. Auf die Frage, ob er weiterhin töten würde, sagt er: „Jetzt bin ich ja im Gefängnis, ich glaube, ich werde es aussetzen.“

    Erst gegen Ende des Videos beschreibt er den Moment, als der Taxifahrer das Auto verlassen hatte und er allein im Auto war. Er fand nur zehn Euro vor. Zu der Frage, ob er damit zufrieden gewesen sei, sagte er: „Es hat gereicht, um meinen Bauch vollzumachen und weiterzufahren.“ Mit dem Geld habe er sich Chips und Capri-Sonne gekauft. Am 5. September geht es weiter in dem Prozess, das Urteil ist für den 29. September angesetzt.

    #Berlin #Taxi