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  • „Die beste Zeit des Taxigewerbes“
    https://www.taxi-times.com/die-beste-zeit-des-taxigewerbes

    29. Mai 2019 von Jürgen Hartmann

    Das Eurocab-Treffen der FMS- und taxi.eu-Taxizentralen stand ganz im Zeichen des Mobilitätswandels und eines eindringlichen Appells, sich noch mehr zu digitalisieren.

    Am Dienstag und Mittwoch trafen sich die Verantwortlichen europäischer Taxizentralen zum Eurocab. Gastgeber des mittlerweile zum zwanzigsten Mal ausgetragenen Meetings aller FMS-Kunden war dieses Jahr die Luxemburger Taxizentrale Colux Taxis, deren Geschäftsführer Olivier Gallé, der bei seiner Begrüßung auch gleich den Apell „Gemeinsam sind wir stark“ formulierte, ein Appell, den Eurocab-Präsident Koen Van Oorschot dann auch gleich aufgriff, und der sich fortan wie ein roter Faden durch alle Vorträge der beiden nächsten Tage ziehen sollte. Die beschworene Gemeinsamkeit ist beim Eurocab durch den einheitlichen Systemanbieter fms/Austrosoft gegeben, allerdings wurde schon beim ersten Vortrag klar, dass ein einheitliches System noch lange keine Garantie für eine geschlossene Außenwirkung ist.

    In diese Richtung zielte auch der erste Vortrag von Michael Weiss, einem der Geschäftsführer der FMS Austrosoft. Anders als bei vielen Eurocabs zuvor war das Treffen keine ausschließliche Leistungsschau der Vermittlungsmöglichkeiten (Callbot, Businessportal etc.), sondern ein Ausblick auf die digitalen Herausforderungen der Zukunft.
    Zentralenchefs aus sieben Ländern nahmen am Eurocab teil. Foto: Taxi-Times

    Weiss baute seinen Vortrag dazu stringent auf, indem er zunächst einmal den Status quo der Mobilität schilderte, von Städten berichtete, die im Verkehr und den damit verbundenen Umweltproblemen ersticken und Studien zitierte, die eine drastische Zunahme des Individualverkehrs durch Uber & Co belegen – mit dem Fazit, dass die Politik dringenden Handlungsbedarf erkannt hat und im Rahmen ihrer Lösungen nun zwischen „Wildem Westen und Hypereffizienz“ entscheiden muss.

    Für Weiss ist klar, dass die neuen Anbieter wie Didi, Lyft, Uber, Ola etc. diese Probleme nicht lösen können. Er sieht hier, dass das Taxi als eigentlichen Partner der Politik sein kann, sofern man sich als Teil des ÖPNV definiert bzw. politisch anerkannt wird. „Wenn man sich diese Entwicklung und all die Studien anschaut, müsste jetzt eigentlich die beste Zeit des Taxigewerbes kommen“, sagte Weiss. „In den über 30 Jahren, in denen ich dieses Geschäft mache, habe noch nie gesehen, dass Taxis so gebraucht werden wie aktuell.“

    Doch trotz dieser Steilvorlage nimmt Weiss das Taxi als eine „sich nicht ändern wollende Branche“ wahr, welche die Zeichen der Zeit nicht erkenne und primär um seine Existenz fürchte. Als hinderlich im bevorstehenden Wandel bezeichnet der FMS-Geschäftsführer, dass man Taxi als Einheitsprodukt zum Einheitspreis präsentiere, und dass Kunden ihre Taxis ohne Preisangaben bestellen müssten. „Wo gibt es das sonst, dass man ein Produkt im Internet bestellt und den Preis erst erfährt, wenn die Rechnung im gelieferten Päckchen auftaucht“, fragte Weiss.
    Erfahrungsaustausch mit dem FMS Support. Foto: Taxi Times

    Als weiteren Mangel sieht Weiss, dass es zwar bei den Angeboten eine Vielzahl von Insellösungen gibt, aber keine intelligente Vernetzung untereinander stattfindet. Nicht zuletzt sei auch die fehlende Öffnung der Kanäle zu Mobilitätspartnerschaften ein großes Manko. Um also wirklich zu einem Problemlöser für ökologische Mobilität zu werden, benötigt die Taxibranche einen internen Gesinnungswandel.

    Dafür gebe es kein Patentrezept, aber ein Bündel an Maßnahmen, die alle unter dem Schlagwort „Digitalisierung“ getroffen werden und die oben beschrieben Mängel in Dienstleistungsangebote verwandeln – für Kunden, die googeln, bei Amazon und Ebay kaufen und deshalb ihre Mobilität auch bei Apple und Google Maps suchen. „Dort müssen sie uns finden, uns buchen und auch bezahlen können“, sagt Weiss.

    Solche digitalen Ketten funktionieren aber nur mit modernster Technik in den Taxis, weshalb Weiss an dieser Stelle eindringlich an die anwesenden Zentralenchefs appellierte, jetzt auf die entsprechende Technik umzusteigen, die man als Hersteller zur Verfügung stellen könne.
    Fachgspräch der Basler Kollegen. Foto: Taxi-Times

    Dass die Dringlichkeit gegeben ist, ist allen Beteiligten klar, doch in den Gesprächen während der Kaffeepausen wird schnell klar, dass es sich für die Zentralen nicht so einfach darstellt. Jedes Vermittlungsfeature verursacht Kosten (Entwicklung, Lizenz, Wartung) und muss von den Zentralen an die angeschlossenen Teilnehmer weitergegeben werden. Das erhöht die Kosten und verschlechtert deren Position im Wettbewerb mit anderen lokalen Taxizentralen oder mit den digitalen Anbietern. „Das ist ein Teufelskreislauf“, fasst ein Teilnehmer das Dilemma während des Mittagsessens zusammen.

    Spätestens an dieser Stelle kam nun wieder der rote Faden ins Spiel, dass man als Taxibranche und auch als örtliche Taxizentrale nur gemeinsam stark sein kann. In allererster Linie natürlich durch die eigene App taxi.eu, die man in Kürze unter dem Dach einer „Europa Taxi Aktiengesellschaft“ auf finanziell breitere Füße stellen will, aber auch durch Partnerschaften mit anderen Mobilitätsanbietern und Vernetzungen mit deren System. Ein Züricher Kollege der 44-er Zentrale präsentierte nicht ohne Stolz ein gemeinsam mit FMS entwickeltes Feature, das dem Kunden die Wahl zwischen verschiedenen Preiskategorien ermöglicht. Neben dem Standardtaxitarif kann er auch einen Billigtarif wählen, mit dem er dann sogar günstiger als Uber fährt. Dabei hat nicht nur der Kunde die Wahl, sondern auch der Taxifahrer.

    Über die Fahrer-App kann er zu Schichtbeginn auswählen, ob er Aufträge aller Preiskategorien vermittelt bekommt oder nur bestimmter Kategorien. Diese Möglichkeit stehe nun auch den anderen Zentralen zur Verfügung, sagt 44-er-Mitarbeiter Daniel Bienek. Durchaus beruhigend für Zentralen in den Ländern, in denen (noch) ein fester Taxitarif gilt.

    #Taxi #Europa #disruption #Digitalisierung #ÖPNV #Poitik

  • Hindenburgdamm
    https://berlin.kauperts.de/Strassen/Hindenburgdamm-12203-Berlin


    Rede Adolf Hitlers anläßlich der Beisetzung Paul von Hindenburgs im Tannenberg-Nationaldenkmal von Hohenstein (Olsztynek), Ostpreußen

    Im schwärzesten aller Berliner Bezirke häufen sich die Reminiszenzen an Preußens Gloria. Am Ostpreußendamm (ab 1961) , der an die verlorenen Ostgebiete erinnert, liegt das ehemalige Tannenberg Gymnasium (1933-1990) und einen Hindenburgdamm (ab 16.11.1914), der nicht auf die Insel Sylt führt, gibt es auch. Der Dreiklang steht für die Kontinuität vom preußischen Militarismus über die Naziherrrschaft zum Rechtsaußen-Revanchismus der lokalen CDU. Namen der Helden aus der Weimarer Republik oder dem ersten sozialistischen deutschen Staat finden sich in Steglitz-Zehlendorf so gut wie keine, zumindest fällt dem Autor ad hoc nichts dazu ein.

    Ortsteil: Nr. 1-62, 68-138 Lichterfelde, Nr. 64-65E Steglitz
    Straßenverlauf: von Königsberger Straße, Drakestraße und Goerzallee bis Schloßstraße und Braillestraße Nr 1-65E, zurück 68-138
    Ehemaliger Bezirk: Steglitz
    Alte Namen: hausseestraße (vor 1878-1914)
    Name seit: 16.11.1914

    Der Vollständigkeit halber sei auch der Berliner Hindenburgplatz erwähnt.
    https://berlin.kauperts.de/Strassen/Hindenburgplatz-14053-Berlin

    Straßenverlauf: an Friedrich-Friesen-Allee

    Der ist ein Sportfeld auf dem Gelände des Sportforums im Westend, westlich des Gutsmuthsweg und nördlich der kreuzenden Friedrich-Friesen-Allee
    https://www.openstreetmap.org/way/54065472#map=15/52.5180/13.2408

    Schlacht bei Tannenberg (1914)
    https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Tannenberg_(1914)

    Die Schlacht bei Tannenberg war eine Schlacht des Ersten Weltkrieges und fand in der Gegend südlich von Allenstein in Ostpreußen vom 26. August bis 30. August 1914 zwischen deutschen und russischen Armeen statt. Die deutsche Seite stellte hierbei 153.000 Mann, die russische Seite 191.000 Soldaten ins Feld. Sie endete mit einem Sieg der deutschen Truppen und der Zerschlagung der ins südliche Ostpreußen eingedrungenen russischen Kräfte.

    Anfänglich in den deutschen Medien als „Schlacht bei Allenstein“ bezeichnet, wurde sie auf Wunsch Paul von Hindenburgs kurze Zeit danach zu Propagandazwecken in Schlacht bei Tannenberg umbenannt. Tatsächlich liegt nicht die Ortschaft Tannenberg (heute Stębark) unmittelbar im Hauptkampfgebiet, sondern Hohenstein. Mit der Namensgebung sollte die in der deutschen Geschichtsschreibung als Schlacht bei Tannenberg bezeichnete Niederlage der Ritter des Deutschen Ordens gegen die Polnisch-Litauische Union im Jahre 1410 überstrahlt werden.

    Ostpreußendamm
    https://berlin.kauperts.de/Strassen/Ostpreussendamm-12207-Berlin

    Straßenverlauf: von Siemensstraße und Gärtnerstraße über Schwelmer Straße bis Stadtgrenze Nr 1-100, zurück 101-184
    Ehemaliger Bezirk: Steglitz
    Alte Namen: Berliner Straße (vor 1878-1961)
    Name seit: 1.10.1961

    75 JAHRE TANNENBERG Gymnasium 1905-1980 Berlin Ostpreußendamm Chronik Geschichte - EUR 22,90 | PicClick DE
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    Im Jahr 1980 war der Name „Tannenberg“ noch derart selbstverständlich für Schulleitung und Verfasser Dr. H. Schwarz, dass im Titel der Festschrift einfach unterstellt wurde, die Schule wäre schon immer nach der Schlacht im ersten Weltkrieg benannt gewesen. Tannenberg war ein fester Bestandteil der deutschen Mythologie, die fest in die Köpfen der Lichterfelder Honoratioren hineingeprügelt worden war. Präzise hätte der Titel lauten müssen 47 Jahre Tannenberg Gymnasium . Der Bezug zur Naziherrschaft wäre dann wohl doch zu auffällig gewesen. So entschied man sich fürs ewig Deutsche und vergaß mal eben, welche Bedeutung Name und Datum der Benennung haben.

    75 Jahre Tannenberg Gymnasium 1905-1980 Berlin Ostpreußendamm Chronik Geschichte
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    **Tannenberg Gymnasium** **Tannenberg Gymnasium** 75 Jahre / 1905 - 1980 Festschrift Ostpreußendamm 166 - 168, 1000 Berlin 45 Redaktion: Dr. H. Schwarz Ruksaldruck Broschiert; 129 Seiten, gut erhaltenes, sauberes Exemplar! 22 x 22 cm Condition: Gut, Condition: Broschiert; 129 Seiten, gut erhaltenes, sauberes Exemplar!22 x 22 cm

    Vom Tannenberg zum Willi-Graf-Gymnasium
    https://willi-graf-gymnasium.de/WirUeberUns/Historie/Namensgebung

    18. Januar 1933

    Das REALGYMNASIUM BERLIN LANKWITZ bittet den Bezirksschulausschuß, der Schule den Namen „Tannenberg“ zu verleihen:

    Im Auftrage von Lehrerkollegium und Elternbeirat bitte ich, dem Realgymnasium Lankwitz den Namen „Tannenberg-Realgymnasium zu Berlin Lankwitz“ zu verleihen. Lehrerkollegium und Elternbeirat haben sich bei der Wahl dieses Namens von der Hoffnung leiten lassen, daß von ihm Entwicklungen besonderer Art auf die Schüler ausgehen können und werden. Der Name Tannenberg erinnert nicht nur an die Tage höchster Leistung und höchsten Ruhmes und ist so geeignet, vaterländischen Stolz zu erwecken; er erinnert ebenso an Zeiten tiefsten Falles, verursacht durch den Nationalfehler der Zwietracht und soll dadurch zu einer Mahnung werden. Er soll die Schüler, die durch den Lehrplan vor allem auf den westeuropäischen Kulturkreis hingeführt werden, auf die Bedeutung des Ostens für Volk und Vaterland hinweisen und zugleich eine Huldigung sein für unseren Führer in Krieg und Frieden, den Reichspräsidenten Hindenburg, dessen Name so unlösbar mit dem Namen Tannenberg verbunden ist.

    gez. Dr. von Hymmen
    Studiendirektor

     

    18. November 1933

    Das REALGYMNASIUM BERLIN LANKWITZ teilt dem Reichspräsidenten Hindenburg die Benennung der Schule nach der Schlacht von Tannenberg mit:

    Hochzuverehrender Herr Reichspräsident, Herr Generalfeldmarschall!

    Durch Erlaß des Preußischen Herrn Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 1. November 1933 ist dem Städtischen Realgymnasium zu Berlin Lankwitz die Bezeichnung „Tannenberg-Schule“ verliehen worden. Ihnen als dem Manne, dessen Name mehr als der irgend eines anderen mit dem Namen Tannenberg verbunden ist, gibt die Schule von dieser Auszeichnung Kunde. Gleichzeitig legt sie das Gelöbnis ab, in dieser Auszeichnung eine neue Verpflichtung zu sehen, den Geist der Augusttage von 1914 für immer in der deutschen Jugend lebendig zu erhalten. In tiefster und dankbarster Verehrung das Lehrerkollegium der Tannenberg-Schule zu Berlin Lankwitz.

    gez. Dr. von Hymmen

     

    21. November 1933

    Der Herr Reichspräsident dankt der Schule für die Benennung:

    Sehr geehrter Herr Studiendirektor!

    Für Ihre freundliche Meldung vom 18. d. Mts., in der Sie mir die Neubenennung des Realgymnasiums zu Lankwitz als „Tannenberg-Schule“ mitteilen, danke ich Ihnen herzlich. Dem Lehrerkollegium und den Schülern der Anstalt sende ich aus dem denkwürdigen Anlaß meine herzlichen Glückwünsche in der Hoffnung, daß der Geist vaterländischer Einigkeit und Opferbereitschaft stets in den Räumen der Anstalt eine Heimstätte haben möge.

    Mit freundlichen Grüßen

    gez. von Hindenburg

     

    07. November 1985

    41 von ca. 60 Lehrern der Tannenberg-Oberschule sprechen sich im Rahmen einer Lehrergesamtkonferenz für eine Namensänderung aus

    25. Februar 1986

    Beschluß der Schulkonferenz (10:2 Stimmen), eine Namensänderung beim Bezirksamt zu beantragen

    12. Mai 1986

    Ablehnung des Antrags durch das Bezirksamt (5:2 Stimmen)

    16. Mai 1986

    Anfrage der SPD-Fraktion über die Namensänderung der Tannenberg-Oberschule

    20. Mai 1986

    Antrag der SPD-Fraktion auf Namensänderung der Tannenberg-Oberschule

    02. Juni 1986

    Sitzung der Bezirksverordneten-Versammlung: Namensänderung wird in Schulausschuß verwiesen

    26. Juni 1986

    Sitzung des Schulausschusses - Ablehnung des Antrags der Schulkonferenz auf Namensänderung

    10. September 1986

    Brief von 41 Lehrern der Tannenberg-Oberschule an die Bezirksverordneten Berlin-Steglitz

    06. Oktober 1986

    Podiumsdiskussion in der Tannenberg-Schule zum Thema „Ist Tannenberg ein verdorbener Name?“

    15. Oktober 1986

    Sitzung der Bezirksverordneten-Versammlung; Tannenberg -Namensänderung wird mit 25:18 Stimmen abgelehnt

    29. Januar 1989

    Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen. Die CDU verliert die absolute Mehrheit in Berlin-Steglitz

    03. April 1989

    Antrag der FDP - Fraktion in Steglitz auf Namensänderung der Tannenberg-Oberschule

    24. Mai 1989

    Der Schulausschuß empfiehlt der BVV, dem Antrag der FDP zuzustimmen

    20. September 1989

    Sitzung der BVV Steglitz: Der Antrag der FDP und SPD wird mit 23 zu 21 Stimmen angenommen

    25. September 1989

    Der Stadtrat für Volksbildung fordert die Tannenberg-Oberschule auf, Vorschläge für einen neuen Namen zu sammeln

    15. Februar 1990

    Projekttag der Schule zur Namensfindung. Es liegen 15 Vorschläge vor

    02. März 1990

    Abstimmung der Schüler über Beibehaltung des Namens Tannenberg

    03. März 1990

    Abstimmung der Schüler über neuen Namen

    04. März 1990

    Meinungsbild bei den gewählten Elternvertretern

    05. März 1990

    Abstimmung auf der Gesamtkonferenz der Lehrer

    22. März 1990

    Die paritätisch besetzte Schulkonferenz macht dem Bezirksamt 4 Namensvorschläge.

    21. Mai 1990

    Das Bezirksamt beschließt mit den Stimmen von SPD und AL gegen die der CDU die Umbenennung der Tannenberg-Oberschule in Willi-Graf-Oberschule.

    Die Entscheidung des Bezirksamts:

    Auszüge aus der Begründung des Volksbildungsstadtrats:

    (...) Der neue Name der Schule soll die jahrelange Diskussion über den Schulnamen beenden und den Schülern eine positive Vorbildfunktion geben. Das Bezirksamt hat am 21.5. 90 beschlossen, daß die Schule künftig den Namen „Willi-Graf-Oberschule“ tragen soll. (...) Der künftige Name der Schule bietet den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit, sich mit Willi Graf und der Gruppe der „Weißen Rose“ zu befassen, sich mit ihrer Denkweise auseinanderzusetzen und diese zu hinterfragen. Willi Graf und seine Freunde waren mutige junge Menschen, die bereit waren, Verantwortung zu übernehmen; die nicht nur genau hinsahen, sondern auch handelten, um etwas zu verändern. Der künftige Name ist auch Auftrag an die Schülerinnen und Schüler, sich mit den geschichtlichen Entwicklungen auseinanderzusetzen, die zur Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten und zum 2. Weltkrieg geführt haben. Er bietet daher auch die Möglickeit, sich rückblickend mit dem alten Namen der Schule und dem historischen Hintergrund der Namensgebung „Tannenberg-Oberschule“ im Jahre 1933 auseinanderzusetzen. Aus diesem Grunde hat sich das Bezirksamt trotz der von Teilen der Lehrer, Schüler- und Elternschaft favorisierten anderen Namen endgültig für „Willi-Graf-Oberschule“ entschieden. Alle Mitglieder der Schulkonferenz haben nach ausführlicher Diskussion über die Stellungnahme der Abt. Volksbildung zu den eingereichten Vorschlägen im Rahmen einer abschließenden Anhörung am 14. Mai die Entscheidung der Abt. Volksbildung akzeptiert.

    Härtel

    Bezirksstadtrat

     

    Es wurde zitiert nach:

    Resag, Christina mit Unterstützung des Bezirksamts (Herausgeber) :
    Vom Umgang mit unserer Geschichte: Der Streit um den Namen Tannenberg

    Geboren vor fast 100 Jahren › Stadtteilzentrum Steglitz e.V.
    https://www.stadtteilzentrum-steglitz.de/2014/11/geboren-vor-fast-100-jahren


    Die Erzählung dieses Ehemaligen des Lankwitzer Realgymnasiums verkörpert die typische Sichtweise auf die letzten einhundert Jahre Bezirksgeschichte.

    Der Versailler Friedensvertrag tritt am 10. Januar in Kraft. Deutschland leidet unter dem schwierigen Wiederaufbau nach dem Krieg und durch die immensen Reparationsleistungen, die aufgrund des Vertrags erbracht werden müssen. Es herrscht Mangel unter dem die Menschen leiden. Die NSDAP wird gegründet. Der Kapp-Putsch treib Parteien und Gewerkschaften auf die Straße. Es ist das Jahr 1920, das Geburtsjahr von Heinz Rothe, in dem seine Kindheit begann. In diesem Jahr wird er am 27. November 94 Jahre alt und trotzdem erinnert er sich an die Kindheit, als wäre sie gestern erst gewesen. Eine Kindheit, die mit den heutigen Kindertagen so wenig Gemeinsamkeit hat.

    Heinz Rothe wird in der Kaserne des Gardeschützenbataillons im Gardeschützenweg, der früheren Steglitzer Straße in Lichterfelde geboren. Der Vater war Berufssoldat, arbeitete dort in der Bataillonsschmiede, die er als Feldwebel leitete und so konnte die Familie eine kleine Dienstwohnung beziehen. Das Kasernenleben wurde eine der prägendsten Erinnerungen für Heinz Rothe. Für den Jungen gehörte das Militär zum gewohnten Bild, lebte er mit den Eltern ja mitten im Kasernenalltag. Exerzierende oder Sport treibende Soldaten, Militärmusik, Paraden, gehörten genauso dazu wie Uniformen und ein korrekter Gruß unter den Männern. Wollten die Eltern ins Theater gehen, wurde der Junge im Kinderbett in die Stube des Feldwebels geschoben, wo er schlief bis die Eltern heimkehrten. Und später als er auf Entdeckungsreise ging, wurde die ganze Kaserne ein riesengroßes Abenteuerland für ihn. Es gefiel ihm natürlich, bot die Kaserne doch alles, was kleine Jungen sich in der Zeit für heldenhafte Abenteuer ausdachten. Er wurde immer fündig in der Schmiede, der Tischlerei und selbst die Kleiderkammer bot mit Schulterklappen und Knöpfen viele Möglichkeiten, sich Geschichten auszudenken. Heinz Rothe erinnert sich an ein Schaukelpferd, das mit echten Fellen und einem richtigen Sattel ausgestattet war. Eine Eisenbahn mit Dampfmaschine und ein Bahnhof aus Blech gehörte zu seinem Spielzeug. Für zehn Pfennig konnte er sich fünf Zinnsoldaten kaufen und sich mit ihnen in sein Spiel vertiefen. Brauchte er einen Groschen, ging er zu den Soldaten bei denen er für ein ordentliches Lied das Gewünschte bekam und beim Bäcker gegenüber der Kaserne in einen Lutscher, Gebäck oder ein paar Bonbons tauschen konnte. Seine Freunde kamen gerne zu ihm in die Kaserne, in der es immer etwas Spannendes zu erleben gab.

    annaschmidt-berlin_heinz_rothe_3Mit den Eltern hat er kaum gespielt, wenn eher mit der Mutter. Den Vater sah er eher wie einen großen Bruder an, war er doch sehr beschäftigt. Die Mutter war auch die strengere von beiden, die durchaus mal den Kochlöffel gebrauchte. Hatte er sich bei den Aufgaben verschrieben, kannte sie kein Pardon und riss ihm die Seite aus dem Heft. An die Weihnachtsfeste kann er sich gut erinnern, aber sie wurden doch ganz anders als heute gefeiert. An Wachskerzen und viel Lametta erinnert er sich. Das besondere am Fest war jedoch mal eine Dose Sprotten oder eine Kiste Mandarinen, das war eben so in der kargen Zeit. Dabei ging es der Familie noch gut, denn hin und wieder kam es vor, dass einer der Soldaten, der die Bügelhilfe der Mutter zu schätzen wusste, mit einem Fasan oder einem Huhn vorbeikam.

    1927 konnte die Familie in ein Zweifamilienhaus der Genossenschaft Lankwitz umziehen. Der Vater war in der Zwischenzeit Beamter geworden und hatte Anspruch auf diese Wohnung. Für Heinz Rothe begann in diesem Jahr zusätzlich die Schulzeit. Die Paul-Schneider-Schule sollte für die nächsten Jahre sein Leben prägen. Dies besonders in der Person des Lehrers Paul Hiller. Eine Klasse mit 42 Schülern leitete er nach seiner Lehrerauffassung. Paul Hiller habe ihn den Grundstock für’s Leben gegeben, sagt Heinz Rothe, ein Lehrer, der auf Disziplin setzte, durch aus den Rohrstock gebrauchte, dennoch gerecht und korrekt war. Die Zeichnungen aus der Schulzeit hat Heinz Rothe noch alle zuhause. Sieht man sie durch, erkennt man auf den ersten Blick, wie korrekt die Aufgaben von den Schülern durchgeführt werden mussten. Später ging er auf das Tannenberg-Gymnasium, derzeit eine reine Jungenschule, auf der er 1939 das Abitur machen konnte. Da er vom Elternhaus her zur minderbegüterten Klasse gehörte, konnten sich die Familie das Schulgeld von 15 Reichsmark leisten, was nicht vielen Schülern möglich war. Von 1934 gehörte Heinz Rothe der Hitlerjugend an. Das erzählt er ohne besondere Scheu, denn dort wurde den jungen Leuten das geboten, was sie suchten. Jeden Mittwoch gab es einen Heimatabend, bei dem von 16.00 – 18.00 Uhr Lieder gesungen wurden, sie konnten an Zeltlagern und vielen Dingen, die Jugendliche in dem Alter gerne machten, teilnehmen. Politische Richtungen waren kaum Inhalt der Aktivitäten, galt es zunächst nur Bindungen zu schaffen und die Jugendlichen für gemeinsame Ziele zu begeistern.

    annaschmidt-berlin_heinz_rothe_2Nach dem Abitur begann für Heinz Rothe der Arbeitsdienst und später wurde er Offizier. Die Kindheit und das Elternhaus hatten sein Leben militärisch geprägt, in einer Zeit, in der dem Militär ein hohes gesellschaftliches Ansehen entgegen kam. Mit dem Jahr 1939 hörte die Kindheit für ihn auf, die später in Kriegs- und Gefangenschaftserlebnisse münden sollte. „Ich habe überlebt!“ heißt sein Buch in dem er diese Lebensphase schildert und verarbeitet. Er hat den Weltkrieg überlebt, konnte nach sechs jähriger Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion am 4. Mai 1950 in ein zerstörtes Deutschland zurückkehren. Der Vater war erschossen worden und um die Mutter nicht alleine zu lassen blieb er bei ihr. Er wurde Beamter und später Zollrat – Leiter der Zentralstelle für alle Meldungen, die von den Zollbeamten an der Grenze als „ Auge und Ohr“ fernmündlich ihm zugeleitet wurden. Heinz Rothe kann sein ganzes Leben belegen – in Bildern, Berichten, Ausweisen, Briefen, Urkunden und vielem mehr. Er ist Zeitzeuge für den BND, bei dem er jüngst einen Vortag in seinem Geburtszimmer halten durfte. Zeitzeuge für die Olympiade 1936 in Berlin, für die 700 Jahr Feier der Stadt Berlin, für die Paul-Schneider-Schule, die frühere Tannenberg-Schule (dem heutigen Willi-Graf-Gymnasium) und vieles mehr. Was besonders beeindruckt, ist sein waches Erzählen und der Wunsch auch noch eine 100 als Geburtszahl zu erreichen. Das was er aktiv erlebt hat, können die meisten von uns nur noch aus den Geschichtsbüchern erfahren. Ein großartiger Mann und beeindruckender Zeitzeuge!

    Das Buch “Ich habe überlebt“ ist persönlich bei Heinz Rothe für 16 Euro, Telefon 030 7 72 24 51, erhältlich.

    #Berlin #Steglitz #Lichterfelde #Hindenburgdamm #Ostpreußendamm #Ostpreußenplatz #Westend

  • Change.org oder Bundestag ? | Telepolis
    https://www.heise.de/tp/features/Change-org-oder-Bundestag-4012736.html?seite=all

    L’outil démocratique de la pétition est victime d’un processus de privatisation. La majorité des élus au Bundestag n’a aucune idée de choses qui sont en train de se préparer dans le but de les remplacer par des instances privées.

    12. April 2018 Helmut Lorscheid

    Die Zahl der eingereichten Petitionen im Bundestag geht zurück, während Petitionen als Geschäftsmodell von privaten Plattformen florieren

    In den Länderparlamenten und im Deutschen Bundestag gibt es Petitionsausschüsse, an die sich jeder wenden kann. In diesen Ausschüssen sitzen meist engagierte Abgeordnete, die sich für die Petenten und ihre Anliegen interessieren und auch einsetzen. Denn für eine steile politische Karriere ist der „Kummerkasten der Nation“ als Sprungbrett eher ungeeignet, deshalb gehört der Petitionsausschuß nicht zu den begehrtesten Ausschüssen, aber zu denen mit engagierten Mitgliedern.

    Die meisten Petitionen kommen von Personen, die mit den Auswirkungen der Gesetze, die die jeweilige Parlamentsmehrheit beschlossen hat, nicht zufrieden sind. Bei vielen sind es sehr persönliche, oft existenzielle Probleme, die ihre Ursache oft in rücksichtslosen Gesetzen etwa im Sozialbereich oder deren Ausführungsbestimmungen haben.

    Dass die Petitionsausschüsse durchaus hilfreich wirken können - das war mal allgemein bekannt, scheint aber zunehmend in Vergessenheit zu geraten. Wesentlich präsenter in der breiten Öffentlichkeit sind Online-Plattformen wie Change. Org. bei denen man sich mit paar Klicks für „eine gute Sache“ einsetzen kann viel schneller und unkomplizierter als auf der Website des Bundestagsausschusses. Sicherlich auch deshalb haben die Online-Plattformen die Nase vorn.
    Abnehmende Zahl der Petitionen im Bundestag

    Der jüngste Bericht des Bundestags-Petitionsausschusses für das Jahr 2016 bestätigt die seit längerem feststellbare Tendenz, dass die Zahl der im Bundestag eingereichten Petitionen sinkt. Von 13.137 im Jahr 2015 auf rund 11.236 im Jahr 2016 also rund 2000 weniger als im Vorjahr. Damit setzt sich ein Trend weiter fort, denn auch 2015 wurden im Vergleich zum Vorjahr 2014 insgesamt 2.188 weniger Petitionen eingereicht.

    Was stetig steigt, ist die Nutzung der Online-Petition. So gingen im Jahr 2016 3.698 und somit 33 Prozent aller Eingaben auf elektronischem Wege unter Verwendung des Web-Formulars über das Petitionsportal im Internet ein.

    Die Bundestagsstatistik zeigt ein in sich widersprüchliches Bild. Der Petitionsausschuss konnte von 2015 auf 2016 eine Verdopplung auf seiner Petitionsplattform registrierten Personen feststellen, bei - wie erwähnt - insgesamt sinkender Zahl. Ein Grund für den Rückgang der Zahl der Neueingaben liegt sicherlich in den privatrechtlichen „Petitionsplattformen“. Dabei gerät oft in Vergessenheit, dass nur mit einer Eingabe an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages (oder den Landtagen) von dem Petitionsrecht nach Artikel 17 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht wird. In dem Artikel heißt es: „Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ Damit, so der Bundestag, „bietet die Bundestags-Petition die Gewähr, dass jede Petition nicht nur entgegengenommen, sondern auch durch den Adressaten, den Deutschen Bundestag bzw. seinen Petitionsausschuss, sorgfältig geprüft und beschieden wird. Zudem geben die an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages gerichteten Petitionen dem Bundesgesetzgeber eine wichtige Rückkopplung zu seinen Gesetzen.“

    Mit mittlerweile mehr als 2 Millionen registrierten Nutzerinnen und Nutzern ist das Petitionsportal nach wie vor das mit Abstand erfolgreichste Internetangebot des Deutschen Bundestages. Im Vergleich zu den Online-Plattformen wirkt diese große Zahl jedoch eher bescheiden. So wirbt etwa Change.org mit „233.885.317 Menschen in Aktion“, openPetition reklamiert immerhin 4.615.324 Menschen, mit den man sich über diese Plattform „vernetzten“ könne. Doch die privaten Plattformen leben von großen Zahlen, viele Unterzeichner und eine breite Berichterstattung in den Medien bedeuten auch viele Spenden - und davon leben diese Plattformen.

    Aber auch die Adressaten von Petitionen gewöhnen sich an große Klickzahlen. Es ist absehbar, dass auch eine „Klick-Petition“ bei Change.org mit zweihunderttausend Unterstützern keinen großen Eindruck mehr macht. Was kommt dann? Katzenjammer, vielleicht die Rückbesinnung auf das was man sonst noch tun kann - und die Erinnerung an den guten alten Bundestags-Petitionsausschuss?

    Die Einreichung einer Petition im Bundestag ist kostenlos und bietet im Unterschied zu Changeorg und den anderen, dass sich Abgeordnete auch dann um das in der Petition geschilderte Anliegen kümmern, wenn es keine breite Öffentlichkeit mehr gibt - weil längst ein anderes Aufreger-Thema Medien und Öffentlichkeit beschäftigen. Bei einer Petition an den Bundestag genügt übrigens eine einzige Unterschrift unter einer Petition, damit sich der Petitionsausschuss mit dem Thema befasst. Das oft zitierte Quorum von derzeit 50.000 Unterzeichnern bezieht sich allein darauf, dass eine zur öffentlichen Mitzeichnung eingereichte Petition dann vom Einreicher im Ausschuss noch mal mündlich erläutert werden kann. Ansonsten wird jede Petition in diesem Ausschluss grundsätzlich gleichbehandelt, egal ob sie eine Unterschrift trägt oder mehrere tausend.
    Petitionen als Geschäftsmodell

    Eine sehr große Medienpräsenz hat zweifellos Change.org Gegründet als eine Art deutscher Zweig einer gleichnamigen US-amerikanischen Organisation. Eine Geschäftsidee zum Geldverdienen mit dem Willen vieler Menschen, sich mit einem Klick im Internet für eine „gute Sache“ einzusetzen. Weltweit erreichte Change.org eigenen Angaben zufolge 234.003.352 Menschen. In Deutschland über 4 Millionen - also doppelt so viele wie die beim Petitionsausschuss des Bundestages registrierten. Die FAZ schrieb 2014:

    Mit Change.org kann man richtig was losmachen: Massen mobilisieren und für oder gegen ausgewählte Ziele in Stellung bringen. Was ließe sich alles anstellen mit lancierten Kampagnen oder verhindern, indem man unliebsame Petitionen stoppt! Das haben wohl auch die Mächtigen des Silicon Valley erkannt und entschieden: Da müssen wir mit an Bord. Besser am Ruder als in der Schusslinie. Und so haben Bill Gates, Arianna Huffington, die Gründer von Yahoo, Twitter, Ebay und LinkedIn, Jerry Yang, Evan Williams, Pierre Omidyar und Reid Hoffman, mit weiteren netzkapitalen Schwergewichten 25 Millionen Dollar in die Hand genommen und sind bei Change.org eingestiegen. Damit das Unternehmen weiterwachse, in ihrem Sinne.
    FAZ

    In mehreren europäischen Ländern kritisierten insbesondere Datenschützer die Geschäftspraktiken von Change.org. Die italienische Zeitung „Espresso“ konnte 2016 die Preisliste öffentlich machen, die Change.org für die Nutzer von gesponserten Petitionen anwendet: von NGOs bis hin zu politischen Parteien, die mit der Bezahlung die E-Mail-Adressen der Unterzeichnenden erwerben. Die Preise auf der Liste reichten von 1,50 € pro E-Mail-Adresse, falls der Kunde weniger als 10.000 Adressen kaufte, bis hin zu 85 Cent für ein Paket von mehr als 500.000 E-Mail-Adressen.

    Espresso fragte einige der NGOs, die Kunden von Change.org sind, ob es wahr ist, dass sie E-Mail-Adressen der Unterzeichnenden erwerben. Einige gaben nur vage Antworten, um kein Aufsehen zu erregen - andere wie z.B. Oxfam waren so ehrlich, dies zuzugeben.

    „Espresso“ nannte change.org das „Amazon der Online-Petitionen“. Change.org wird als eine „Non-Profit-Organisation“ mit einer progressiven Seele wahrgenommen. „Change.org Inc.“ wurde in Delaware gegründet, dem Steuerparadies der USA. Das Hauptquartier ist in San Francisco, im Herzen des Silicon Valley, in dem Daten das neue Erdöl sind. Bei Change.org kann jeder seine Petitionen kostenlos einzustellen, mit dem sozialen Gedanken, auch dem letzten Obdachlosen eine Stimme zu geben. Weiter heißt es in Espresso:

    Das Unternehmen schlägt aber Profit aus den gesponserten Petitionen, die der Kunde bezahlt, um Kontakt zu den Unterzeichnern zu bekommen und damit sein eigenes Fundraising auszubauen. Woher weiß Change.org so viel? Jedes Mal, wenn wir einen Appell unterschreiben, werden Informationen über uns gesammelt, um ein Profil zu erstellen.

    Kritik der Datenschützer

    Weil Change org. die personenbezogenen Daten der Menschen, die Petitionen unterzeichnet haben, in vielfältiger und nicht transparenter Art und Weise für seine Geschäftszwecke verwendet, verlieh Digitalcourage e.V. den BigBrotherAward 2016 in der Kategorie Wirtschaft an die Kampagnenplattform Change.org.

    Zur Begründung hieß es, das Unternehmen fertige auf der Basis der Informationen über unterzeichnete Petitionen etwa Analysen an zur politischen Meinung, zur gesellschaftlichen Positionierung oder zur sozialen Situation von Einzelpersonen und verwende diese für eigene wirtschaftliche Zwecke. Change.org sei nämlich tatsächlich „keine ’non-profit’ Bürgerbewegung in digitaler Form, sondern ein Wirtschaftsunternehmen, in dessen Geschäftsmodell die Verwendung und Nutzung von sensiblen personenbezogenen Daten sowie der Handel mit E-Mail-Adressen eine zentrale Rolle einnehmen.“

    Nach dieser Kritik wurde in Deutschland der „Change org. e.V.“ gegründet. Telepolis fragte Gregor Hackmack, Vorstand Change.org e.V., wie sich Change org. heute finanziert:

    Der Change.org e.V. wurde 2016 gegründet und ist ein unabhängiger gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin mit dem Zweck der Demokratieförderung. Unsere Satzung finden Sie hier. Der Change.org e.V. hat eine Lizenzvereinbarung mit Change.org. Change.org ist ein Sozialunternehmen (Public Benefit Corporation, PBC) und eine zertifizierte B-Corporation mit Sitz in San Francisco. Diese Lizenzvereinbarung ermöglicht es uns, die Kampagnenplattform und die Marke Change.org in Deutschland zu nutzen. Das ist effizient, weil zahlreiche Change.org-Länder eine gemeinsame Infrastruktur nutzen, sodass globale Kampagnen möglich sind, und wir uns viele Kosten für die Bereitstellung und Entwicklung der technologischen Grundlagen unserer Plattform teilen können. Zusätzlich ermöglicht das deutsche Team vom Change.org e.V. eine lokale Betreuung der Petitionsstarterinnen.

    Die Change.org PBC in den USA finanziert sich durch ein Förderinnenprogramm, Nutzeranzeigen (Privatpersonen können mit einem Beitrag zu einer Petition, die ihnen am Herzen liegt, dafür sorgen, dass diese mehr Menschen anzeigt wird) und missionsgebundene Anlagen. Mehr dazu finden Sie unter Business Model. Der Change.org e.V. finanziert sich mit Spendengeldern von Privatpersonen, so garantieren wir eine unabhängige Plattform.

    Neues Lobbybüro will mitverdienen

    Eher zufällig erhielt Telepolis Kenntnis von einem neuen Lobbybüro in Berlin, das Petenten als Kunden warb. In einer dieser Emails heißt es: „Sehr geehrter Herr NN, ich habe ihre Mailadresse von Gregor Hackmack, dem Geschäftsführer von change.org, bekommen - er sagte, dass wir Ihnen bei Ihrem Anliegen, (...) weiterhelfen könnten.“ In der Email heißt es weiter:

    W. ist eine Lobbyorganisation, die ausschließlich für politische Themen von Bürgern und kleinen NGOs lobbyiert. Ähnlich wie bei change.org, können Bürger bei uns ihre Anliegen vorstellen und andere Bürger als Mitstreiter finden. Anders als bei change.org unterzeichnen Menschen aber nicht bloß eine Petition, sondern geben einen kleinen Geldbetrag, damit im Anschluss Politprofis loslegen und das Thema aktiv gegenüber der Politik vertreten. Der Vorteil ist, dass echtes Lobbying in der Regel effektiver als eine Unterschriftenliste zum Erfolg führen kann. Und der Vorteil bei uns ist, dass ein Initiator kein Geld mitbringen muss, um die Lobbykosten zu bezahlen - sondern die Masse an Unterstützern das Geld zusammen aufbringt...

    Das Lobbybüro teilte weiterhin mit, dass es „Mitte April“ mit seiner Arbeit starten würde. Auf die Frage von Telepolis: „Wer bekommt Adressen und Informationen über bei Ihnen eingegangen Petitionen?“, hatte Hackmack geantwortet: „Vor- und Nachname können von den Petitionsstartern heruntergeladen und im Rahmen einer Petitionsübergabe an den Adressaten übergeben werden.“ Wie hieß es noch in der Email? „Ich habe Ihre Mailadresse von Gregor Hackmack, dem Geschäftsführer von Change.org., bekommen.“

    Verein Mehr Demokratie e.V. - Auf Distanz zu Change org

    Weil im Fall der Vereinsauflösung das Vermögen des Change.org e.V. an den Verein Mehr Demokratie e.V. übergeht, fragte Telepolis auch nach dem Verhältnis zu dem Verein Mehr Demokratie e.V. und erhielt die Auskunft, dass es ansonsten „keine institutionellen Verbindungen“ gebe. Auch bei Mehr Demokratie e.V. legt man Wert auf eine gewisse Distanz.

    Namens des Bundesverbandes von Mehr Demokratie erklärte Anne Dänner gegenüber Telepolis seit den Vorwürfen von 2016 gebe es keine gemeinsamen Kampagnen des MD-Bundesverbandes mit change.org. Wer im Falle einer Auflösung begünstigt wird, entscheide der Verein, der sich die Satzung gibt, also in diesem Fall der change.org e.V. Deutschland. Mehr Demokratie habe bereits Mitte 2015, also vor den Geschehnissen rund um die BigBrotherAwards, per Vorstandsbeschluss Folgendes festgelegt: „MD schließt eine Zusammenarbeit mit change.org nicht grundsätzlich aus, eine Zusammenarbeit müsste aber im konkreten Fall mit change.org verhandelt werden und der Bundesvorstand von MD muss zustimmen.“

    Anne Dänner ergänzt: „Da rund ein Jahr später im Rahmen der BigBrotherAwards unsere Bedenken hinsichtlich der Datenschutzpolitik von change.org bestätigt wurden, haben wir die Zusammenarbeit mit change.org abgelehnt. Dem sind mit Ausnahme des Landesverbands Hamburg auch die Landesverbände von Mehr Demokratie e.V. gefolgt.“

    Der Datenschützer Thilo Weichert, der 2015 seine detaillierten datenschutzrechtlichen Bedenken an Change org. veröffentlicht sieht bisher kaum eine Änderung in der Geschäftspolitik von Change org. Seine detaillierten Fragen sind Weichert zufolge bis heute nicht befriedigend beantwortet worden. Change.org erklärt, die deutschen Datenschutzvorschriften einzuhalten.

    Dass die Grünen Europa-Abgeordneten Sven Giegold und Martin Häusling ihre politischen Forderungen via Chang.org als Petitionen transportieren, stößt trotz der großen Unterzeichnerzahlen von mehreren Hunderttausend durchaus auch auf Unverständnis. Sven Giegold hat darauf mit einer ausführlichen Erklärung auf seiner Internetseite reagiert, in der es heißt: „Keine andere Petitionsplattform ermöglicht uns, so viele Bürgerinnen und Bürger direkt mit unseren Forderungen zu erreichen …“

    Es wird dennoch merkwürdig, wenn Abgeordnete, an die sich normalerweise Petenten wenden, selbst das Mittel der öffentlichen Petition wählen.

    Campact und openPetition

    Neben Chang.org agierten auch Campact.de und openpetititon.de im Netz. Campact bezeichnet sich als „eine Bürgerbewegung, mit der 1,9 Millionen Menschen für progressive Politik streiten“. Die Plattform versteht sich als ein Katalysator für politische Erregungskurven und soziale Bewegungen - aber nur für die mit guten Karten.

    „Wir steigen in der Regel nur ein, wenn wir glauben, dass es etwas zu gewinnen gibt“, sagt Campact-Geschäftsführer Felix Kolb der taz. Und wenn die Basis zustimmt. 5.000 Abonnenten bekommen vor jedem Kampagnenstart Post per E-Mail. Dieser harte Kern der Campact-Aktivisten entscheidet über ein Thema. „Wir streben Zustimmungsraten um die 90 Prozent an“, sagt Kolb. „Mandat“ nennt er das.

    Campact ist wiederum Inhaber einer eigenen Kampagnenplattform „WeACT“ und arbeitet auch mit der Petitionsplattform „openPetition“ zusammen. Campact ist mit „weniger als 50 Prozent“ an der openPetition gGmbH beteiligt, wie Konrad Traupe (openPetition) gegenüber Telepolis betont.

    „Wir sind unabhängig und haben einen Anspruch an ein möglichst hohes Maß an Neutralität. Neben Spenden sind Partnermailings für NGOs (u.a. Campact) oder Verbände eine weitere Einnahmequelle. Bis zu 4x im Jahr weist openPetition auf Aktionen des Mitgesellschafters Campact hin“, so Traupe weiter. „OpenPetition unterstützt Petenten dabei, ihre Petition zu erstellen, Unterschriften zu sammeln und die Petition beim entsprechenden Empfänger einzureichen. Außerdem fordert openPetition unabhängig vom formalen Petitions-Prozess Stellungnahme von Parlamentariern ein.“

    Zur Reichweite heißt es, mehr als 6 Million Menschen nutzten diese Plattform. Der Server steht übrigens in Deutschland und openPetition hält sich peinlich genau an die in Deutschland geltenden Datenschutzvorschriften. (Zur Arbeit von openPetition siehe auch das Interview mit dem openPetition-Geschäftsführer Jörg Mitzlaff in Telepolis vom 2. Juni 2017)

    Bei Campact heißt es: „Alle Userdaten von Campact-Aktiven werden auf europäischen Servern gespeichert, die von europäischen Unternehmen betrieben werden.“

    Grüne für mehr Transparenz

    Corinna Rüffer, Obfrau von Bündnis 90 /Die Grünen im Petitionsausschuss, möchte „das Petitionswesen vom Kummerkasten zu einem echten Instrument der Bürgerbeteiligung weiterentwickeln.“ Die Grünen möchten die Sonderkategorie „öffentliche Petitionen“ abschaffen: Alle Petitionen sollten in der Regel als „öffentliche Petition“ behandelt werden, wenn der Petent das will. Nur in Ausnahmefällen nicht, wenn beispielsweise der Datenschutz dagegenspricht.

    Die aktuelle Regelung ist geradezu absurd: Die allermeisten PetentInnen reichen ihre Petition als öffentliche Petition ein, weil sie Aufmerksamkeit erzielen und über die Petitions-Plattform Unterschriften für ihr Anliegen sammeln wollen. Aber nur ein Bruchteil dieser Petitionen wird dann tatsächlich veröffentlicht. Dabei sind die Gründe für die Nichtveröffentlichung oft nicht nachvollziehbar.

    Bei anderen Petitionen dauert die Veröffentlichung wochenlang. Die PetentInnen sind dann zurecht unzufrieden über das langwierige, schwerfällige Verfahren und gehen das nächste Mal gleich zu einer privaten Plattform. Auch die Mitzeichnungsfrist für öffentliche Petitionen (bislang 4 Wochen) sollte deutlich verlängert werden. Für alle, die nicht hauptberuflich für ihre Petition trommeln können, ist es unrealistisch in nur 4 Wochen beispielsweise ausreichend Unterschriften für das Quorum für eine öffentliche Beratung (50.000) zu sammeln. Aus diesem Grund haben wir ja auch schon seit mehreren Jahren kaum noch öffentliche Beratungen.

    Die öffentliche Petition sei das größte Pfund des Petitionsausschusses, aber das werde „völlig stiefmütterlich behandelt.“ Aus Sicht der Grünen Bundestagsfraktion"sollte der Petitionsausschuss auch grundsätzlich öffentlich tagen - es sei denn die/der Petentin möchte das nicht oder Datenschutzgründe sprechen dagegen".

    SPD will Bürgerbeauftragten

    In der SPD wird nach Auskunft ihres Obmanns, Stefan Schwartz, derzeit nicht nur über Reformen beim Petitionsrecht diskutiert, sondern auch über die Einrichtung eines Bürgerbeauftragten auf Bundesebene. So wie es ihn in Rheinland-Pfalz bereits gibt und wie er in Berlin eingeführt werden soll.

    Die SPD-Arbeitsgruppe Petitionen sieht die Notwendigkeit einer besseren Öffentlichkeitsarbeit des gesamten Petitionsausschusses. Die Informationen über den Ausschuss sollten leicht verständlich sein, also in leichter Sprache abgefasst sein. Überhaupt sollte das Angebot des Bundestages niedrigschwelliger werden. Dazu gehört auch eine Gebärdensprachedolmetschung von öffentlichen Beratungen des Petitionsausschusses.

    Die SPD-Arbeitsgruppe fordert fordert weiterhin eine Absenkung des Quorums für die öffentliche Beratung von Petitionen, auf etwa 30.000 Mitzeichnungen. Derzeit müssen die Petenten innerhalb von nur 4 Wochen 50.000 Unterzeichner mobilisieren, um überhaupt die Möglichkeit zu erhalten, ihr Anliegen auch mündlich vor dem Petitionsausschuss vortragen zu können. Aber selbst das Erreichen dieser Marche garantiert keine Einladung in den Ausschuss. Die Ausschussmitglieder können dies noch immer mit einfacher Mehrheit verhindern. Die SPD fordert außerdem mehr Debattenzeit und Aussprache zu Sammelübersichten im Plenum des Bundestages.

    Bisher findet eine Debatte über die Arbeit des Petitionsausschusses nur einmal jährlich statt. Möglich wäre zusätzlich eine halbjährliche Zwischenbilanz in der Form eines mündlichen Berichts. Auch Debatten zu Sammelübersichten sind eine Möglichkeit, Petitionen ins Plenum zu bringen, von ihrem Charakter her eignen sie sich jedoch besser für die Oppositionsarbeit. Der Petitionsausschuss soll auch im Parlamentsalltag eine größere Relevanz erreichen, etwa durch die Mitberatung bei parlamentarischen Initiativen. Als mitberatenden Ausschuss würde die Relevanz des Ausschusses und der Petitionen beträchtlich steigen. Die Funktion als politischer Seismograph wäre gestärkt.

    Der SPD-Abgeordnete Udo Schiefner erinnerte daran, dass die letzte große Reform des Petitionsrechts vor zwölf Jahren unter einer SPD-geführten Bundesregierung stattgefunden habe. „Einigen hier im Haus fehlt der Wille und der Mut wieder eine große Reform auf den Weg zu bringen“, kritisierte Schiefner. Er will „den Klickaktivisten nicht das Feld überlassen“.

    Auch die SPD-Abgeordnete Martina Stamm-Fibich, stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende, sieht „die zunehmende Nutzung privater Kampagnenplattformen, die mit dem grundgesetzlich garantierten Petitionsrecht und dem parlamentarischen Petitionswesen nichts zu tun haben“ aus unterschiedlichen Gründen kritisch. Mangelnder Datenschutz und kommerzielle Modelle gehörten dazu, außerdem ist es aus ihrer Sicht problematisch, dass Nutzerinnen und Nutzer nicht darauf hingewiesen werden, „dass die privaten Kampagnenplattformen nichts mit dem parlamentarischen Petitionswesen zu tun haben und teilweise sogar ein gegenteiliger Eindruck erweckt wird“.

    Tatsächlich erfolgen Hinweise auf den Bundestagspetitionsausschuss bei den einzelnen Plattformen in unterschiedlicher Weise. OpenPetition etwa weist die Petenten auf den Ausschuss hin und befindet sich in engem Austausch mit vielen Ausschuss-Mitgliedern.
    Christdemokraten gegen mehr Öffentlichkeit

    Beim Koalitionspartner CDU/CSU ist indes wenig Reformwillen zu verzeichnen. Die Union sieht allenfalls die Notwendigkeit für einige technische Neuerungen und befürwortet eine Beschleunigung des Verfahrens. Ihr Obmann Gero Storjohann erklärte gegenüber Telepolis:

    Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist das parlamentarische Petitionswesen eine erfolgreiche Institution. In der Tat muss es jedoch gelingen, die Dauer der einzelnen Petitionsverfahren durch schnellere Arbeitsabläufe zu verkürzen. Dies dürfte in der aktuellen Wahlperiode angesichts der neuen Zusammensetzung des Deutschen Bundestags mit zwei weiteren Fraktionen eine große Herausforderung sein. Deshalb wäre eine zeitgleiche Bearbeitung der Petitionsakten für die Fälle wünschenswert, bei denen abweichend vom üblichen Berichterstatter-Paar, wo je ein Abgeordneter der Regierungskoalition und ein Abgeordneter der Opposition die Petition bearbeiten, Berichterstattungen beantragt werden. Zudem sollte ein Weg gefunden werden, frühzeitig erkennen zu können, wo eine breite Mitberatung gewünscht wird. Aus Sicht der CDU/CSU Bundestagsfraktion wäre so eine verkürzte und angemessene Bearbeitungszeit realisierbar.

    Storjohann sieht „die Arbeit des Petitionsausschusses nicht in Konkurrenz zu privaten Anbietern, deren vornehmliches Ziel, die Organisation von Kampagnen ist“. Der Petitionsausschuss schenke vielmehr jedem Anliegen die gleiche Aufmerksamkeit. Gleichwohl bestehe Verbesserungsbedarf, „beispielsweise beim Internetauftritt für E-Petitionen und auch bei der Möglichkeit, eine Petition mit einem mobilen Endgerät einzureichen. Zudem wäre eine Verknüpfung zur Bundestags-App wünschenswert.“

    An der bestehenden Praxis der öffentlichen Beratungen erst ab 50.000 Unterstützern wollen die Christdemokraten festhalten. Sie sind auch gegen grundsätzlich öffentliche Sitzungen des Ausschusses. Dem ständen „regelmäßig Gründe des Datenschutzes - im Interesse der Petenten und der zuständigen Berichterstatter - entgegen“, so Storjohann.

    Man darf gespannt sein, für welche Vorschläge der SPD sich die CDU/CSU noch öffnen wird. Bleibt alles beim Alten, wird auch in den nächsten Jahresberichten des Petitionsauschusses von einem weiteren Rückgang der Petitionen zu berichten sein. Die weiterführenden Vorschläge von den Grünen oder auch von den Linken oder der FDP haben noch weniger Chancen, umgesetzt zu werden. Dem stehen die überkommenden Spielregeln des Bundestages entgegen. Vorschläge der Opposition werden grundsätzlich abgelehnt. Jedenfalls zunächst.

    Es kommt immerhin vor, dass nach einiger Zeit, Anträge der Opposition mit leicht abgeänderten Formulierungen als Antrag der Koalitionsfraktionen wieder auftauchen. Das ist zwar albern, wird aber so gemacht. Bleibt abzuwarten, wie lange sich der Bundestag solchen Unsinn noch leistet. Wie hoch muss die Zahl der Nichtwähler steigen, bis die Bundestagsabgeordneten das tun, wofür sie gewählt werden - nämlich die Regierung kontrollieren und sich nicht in erster Linie wie Bodyguards der jeweiligen Koalition verhalten? Das schwindende Vertrauen in die Abgeordneten ist sicherlich ein weiterer Grund dafür, dass auch die Zahl der Petitionen sinkt.

    #Allemagne #démocratie #pétitions #privatisation

  • In die Freiheit entlassen | c’t | Heise Magazine
    https://www.heise.de/select/ct/2017/22/1508780300482172

    Di­gi­ta­les Flug­blatt: Raspber­ry Pi mit Bat­te­rie als an­ony­mer WLAN-Hot­spot und Web­ser­ver

    Dis­si­den­ten leben ge­fähr­lich: Die Nazis er­mor­de­ten die Ge­schwis­ter Scholl dafür, dass sie mit Flug­blät­tern zum Wi­der­stand auf­ge­ru­fen hat­ten. Heute nut­zen Wi­der­ständ­ler das In­ter­net, doch Re­gimes grei­fen un­ge­niert in die Mei­nungs­frei­heit ein und blo­ckie­ren die­sen Ver­brei­tungs­weg. Mit einem bat­te­rie­be­trie­be­nen Raspi haben wir eine di­gi­ta­le Va­ri­an­te des Flug­blatts ge­schaf­fen, das ver­steckt aus­ge­legt per WLAN oder Tor un­zen­siert In­for­ma­tio­nen unter das Volk bringt.
    Von Da­ni­el Co­oper

    Flug­blät­ter sind in Zei­ten von In­ter­net und Smart­pho­nes eine ziem­lich ar­chai­sche Me­tho­de, gegen au­to­ri­tä­re Re­gime zu pro­tes­tie­ren oder un­lieb­sa­me In­for­ma­tio­nen über Au­to­kra­ten ins öf­fent­li­che Licht zu rü­cken. Und eine ge­fähr­li­che noch dazu: Vor fast genau 75 Jah­ren er­mor­de­ten das Nazi-Re­gime die Ge­schwis­ter Scholl dafür, dass sie mit Flug­blät­tern zum Wi­der­stand auf­ge­ru­fen hat­ten. Die Stu­den­ten wur­den beim Ver­tei­len er­wischt. Heute nut­zen Wi­der­stands­grup­pen das In­ter­net und ver­öf­fent­li­chen ihre In­for­ma­tio­nen auf aus­län­di­schen Ser­vern – die von den Re­gimes im Hand­um­dre­hen blo­ckiert wer­den.

    Um die Be­völ­ke­rung vor Ort trotz In­ter­net-Zen­sur in­for­mie­ren zu kön­nen, haben wir ein di­gi­ta­les Flug­blatt auf Basis des Raspber­ry Pi Zero W ent­wi­ckelt. Der Mini-Rech­ner wird von einer Bat­te­rie ge­speist und lässt sich leicht an be­leb­ten Plät­zen in all­täg­li­chen Ge­gen­stän­den wie Blu­men­kü­beln, Bäu­men oder an­de­ren Ge­gen­stän­den ver­ste­cken. Wir haben die Kos­ten be­wusst nied­rig ge­hal­ten, damit nie­mand aus fi­nan­zi­el­len Grün­den eine Fest­nah­me ris­kie­ren muss, wenn er das Flug­blatt wie­der ein­sam­melt, weil ihm der Strom aus­ge­gan­gen ist.

    Den Raspi Zero W be­kom­men Sie in Deutsch­land bei buy­ze­ro.de für knapp 11 Euro. Für den Bat­te­rie­be­trieb be­nö­ti­gen Sie au­ßer­dem einen Span­nungs­wand­ler, den Sie für 5,50 Euro gleich mit­be­stel­len kön­nen. Sie be­kom­men letz­te­ren aber auch bei di­ver­sen eBay-Händ­lern, zum Teil kos­tet er dort nicht ein­mal einen Euro. Durch den Wand­ler haben Sie eine große Aus­wahl an Bat­te­ri­en, an­ge­fan­gen von vier Knopf­zel­len, die al­ler­dings nur we­ni­ge Stun­den durch­hal­ten, bis hin zu Mo­no­zel­len, die für einen Monat Be­trieb aus­rei­chen.
    Der Zu­sam­men­bau des Flug­blatts ist tri­vi­al: Ein Span­nungs­wand­ler zwi­schen Bat­te­rie und Raspi sorgt dafür, dass die Bat­te­rie bis fast zum letz­ten Elek­tron ent­la­den wird.

    Der Zu­sam­men­bau ist leicht: Zu­nächst ver­sor­gen Sie den Span­nungs­wand­ler pro­vi­so­risch mit Strom, schlie­ßen ein Volt­me­ter am Aus­gang an und stel­len die Aus­gangs­span­nung über das Poti auf 5,1 bis 5,2 Volt ein. An­schlie­ßend kap­pen Sie die Ver­bin­dun­gen und löten den Span­nungs­wand­ler di­rekt an den GPIO-An­schluss des Raspi Zero an. Der Plus­pol des Span­nungs­wand­ler-Aus­gangs ge­hört an Pin 4 des Raspi und der Mi­nus­pol an Pin 6.
    Gut ver­sorgt

    Wel­che Bat­te­rie Sie ver­wen­den, hängt nicht zu­letzt von der Art des Ver­stecks ab – Geo­caching-Er­fah­run­gen sind hier ein­deu­tig von Vor­teil. Um das Flug­blatt in einem Blu­men­topf de­po­nie­ren zu kön­nen, haben wir ver­suchs­wei­se zehn Mo­no­zel­len mit einer Ka­pa­zi­tät von je 18 Am­pere­stun­den zu­sam­men­ge­lö­tet – somit steht bei einer Zel­len­span­nung von 1,5 Volt eine Ge­samt­ener­gie von 270 Watt­stun­den zur Ver­fü­gung.

    Die Leis­tungs­auf­nah­me des Raspi Zero W, in­klu­si­ve aller nach­fol­gend be­schrie­be­nen Strom­spar­maß­nah­men, liegt bei 0,5 Watt, so­dass der Ring aus zehn Mo­no­zel­len theo­re­tisch 540 Stun­den oder 22,5 Tage durch­hält. Das lässt sich durch noch mehr Mo­no­zel­len noch top­pen: Der Span­nungs­wand­ler von buy­ze­ro.de ver­trägt bis zu 17 in Reihe ge­schal­te­te Zel­len, womit theo­re­tisch genug En­er­gie für 38 Tage vor­han­den wäre. Durch die Wand­ler­ver­lus­te, der ty­pi­sche Wir­kungs­grad be­trägt knapp unter 90 Pro­zent, dürf­te die tat­säch­li­che Be­triebs­dau­er bei un­ge­fähr einem Monat lie­gen.

    Wich­tig ist, die Zahl der Zel­len und damit die Klem­men­span­nung nicht zu nied­rig zu wäh­len: Der Span­nungs­wand­ler schal­tet bei etwa sechs Volt ab, wes­halb Bat­te­ri­en aus nur vier Zel­len gar nicht voll­stän­dig ent­la­den wer­den – so­bald die Span­nung auch nur leicht sinkt, ist Schluss. Bei acht Zel­len hin­ge­gen schal­tet der Span­nungs­wand­ler erst ab, wenn die Zel­len­span­nung auf unter 0,75 ge­fal­len ist – dann ist die Bat­te­rie auch fast voll­stän­dig leer.
    Mehr Reich­wei­te: Der An­ten­nen­an­schluss, ein U.​FL-Ste­cker, lässt sich mit etwas Ge­schick nach­träg­lich auf den Raspi Zero W auf­lö­ten. Mit einer ex­ter­nen An­ten­ne ver­grö­ßert sich der Ver­sor­gungs­be­reich des Flug­blatts um ein Viel­fa­ches.

    Es gibt wei­te­res Op­ti­mie­rungs­po­ten­zi­al: Die in­ter­ne An­ten­ne des Raspi Zero W ist kei­nes­wegs op­ti­mal für große Reich­wei­ten, auf der Pla­ti­ne ist aber ein Be­stü­ckungs­platz für einen U.​FL-An­ten­nen­an­schluss vor­ge­se­hen. Mit etwas Löt­ge­schick kön­nen Sie den Ste­cker nach­rüs­ten und dann mit einer ex­ter­nen WLAN-An­ten­ne die Reich­wei­te des Raspi um ein Viel­fa­ches er­hö­hen. Das er­schwert auch das Auf­fin­den des Flug­blatts, denn durch den viel grö­ße­ren Ver­sor­gungs­be­reich kom­men auch mehr Ver­steck­mög­lich­kei­ten in­fra­ge.
    Auf­ge­spielt

    Als Be­triebs­sys­tem des Raspi Zero W ist die Lite-Va­ri­an­te von Raspbi­an gut ge­eig­net: Sie ist ohne Desk­top deut­lich schlan­ker als die re­gu­lä­re Va­ri­an­te und der Raspi ver­braucht damit we­ni­ger Strom, denn ei­ni­ge Diens­te wie etwa das gra­fi­sche Login wer­den nicht ge­star­tet. Für die In­stal­la­ti­on be­nö­ti­gen Sie eine Mi­croSD-Karte ab 1 GByte.

    Bitte laden Sie Raspbi­an Lite di­rekt von raspber­ry­pi.org her­un­ter und ver­wen­den Sie nicht NOOBS für die In­stal­la­ti­on – sonst funk­tio­niert die nach­fol­gen­de Kon­fi­gu­ra­ti­on nicht wie in die­sem Ar­ti­kel be­schrie­ben. Haben Sie das Zip-Ar­chiv mit dem SD-Kar­ten-Image von Raspbi­an Lite ent­packt, ko­pie­ren Sie das Image mit dem Pro­gramm W32­Dis­kI­ma­ger Byte für Byte auf die Spei­cher­kar­te. Linux- und macOS-User be­nut­zen dafür das Kom­man­do­zei­len­pro­gramm dd.

    Nach­dem der Da­ten­trans­fer ab­ge­schlos­sen ist, kön­nen Sie Raspbi­an für den ers­ten Start des Raspi Zero vor­be­rei­ten. Ein WLAN vor­aus­ge­setzt be­nö­ti­gen Sie dazu weder Tas­ta­tur noch Mo­ni­tor – die Ein­rich­tung er­folgt per SSH. Zu­nächst ent­fer­nen Sie die SD-Karte aus dem Kar­ten­le­ser und ste­cken sie nach ein paar Se­kun­den wie­der hin­ein. So er­zwin­gen Sie, dass Win­dows die Par­ti­ti­ons­ta­bel­le neu ein­liest – Win­dows fin­det dort zwei Par­ti­tio­nen. Wäh­rend Win­dows die erste, etwa 20 MByte große Par­ti­ti­on mit dem Namen boot pro­blem­los lesen kann und au­to­ma­tisch einem Lauf­werks­na­men zu­ord­net, fragt zu­min­dest Win­dows 10 bei der zwei­ten, ob sie for­ma­tiert wer­den soll. Dies müs­sen Sie un­be­dingt ver­nei­nen, sonst lö­schen Sie das dort in­stal­lier­te Raspbi­an.

    Damit der Raspi Zero sich in Ihr WLAN ein­klin­ken kann, be­nö­tigt er die SSID und den WLAN-Schlüs­sel. Hier soll­ten Sie kei­nes­falls die Daten ihres pri­va­ten WLAN an­ge­ben, son­dern ein Gäs­tenetz oder einen zu­sätz­li­chen Ac­cess Point mit einer ge­ne­ri­schen SSID wie guests be­nut­zen: Denn Sie müs­sen SSID und Schlüs­sel in die Datei wpa_­sup­p­li­cant.conf ein­tra­gen, die Sie unter ct.​de/​yva6 her­un­ter­la­den kön­nen, und die Datei auf dem Lauf­werk boot der SD-Karte spei­chern. Soll­te das Flug­blatt Er­mitt­lern in die Hände fal­len, fin­den sie mög­li­cher­wei­se Reste die­ser Daten und kön­nen Sie damit iden­ti­fi­zie­ren.

    Zum Edi­tie­ren der Datei müs­sen Sie un­be­dingt einen Edi­tor wie No­te­pad++ be­nut­zen (kos­ten­los, Down­load-Link auf ct.​de/​yva6), der Unix-ty­pi­sche Text­da­tei­en ohne Re­turn am Zei­len­en­de spei­chern kann. Mit Win­dows-Bord­mit­teln geht das nicht. Au­ßer­dem müs­sen Sie den SSH-Da­e­mon ein­schal­ten, der stan­dard­mä­ßig de­ak­ti­viert ist. Dazu legen Sie eine Datei mit dem Namen ssh eben­falls auf dem Lauf­werk boot an, der In­halt der Datei spielt keine Rolle.

    So vor­be­rei­tet las­sen Sie die Spei­cher­kar­te von Win­dows aus­wer­fen, ste­cken sie in den Raspi Zero und schlie­ßen ein Netz­teil an dem mit „PWR“ be­schrif­te­ten USB-Micro-Port des Raspi an. Die LED neben dem An­schluss blinkt dann im Takt der Zu­grif­fe auf den Flash-Spei­cher wäh­rend des Boot­vor­gangs, nach etwa 30 Se­kun­den soll­te sich der Raspi in Ihrem WLAN an­ge­mel­det haben. Nun soll­ten Sie sich in­ner­halb von zwei Mi­nu­ten per SSH auf dem Raspi ein­log­gen. Unter Win­dows ver­wen­den Sie dazu den kos­ten­lo­sen SSH-Cli­ent Putty (Down­load siehe ct.​de/​yva6), unter Linux oder macOS ssh im Ter­mi­nal. Der Be­nut­zer­na­me lau­tet pi und Sie kön­nen den Raspi meist ein­fach über sei­nen Host­na­men raspber­ry­pi an­spre­chen – al­ter­na­tiv fin­den Sie die IP-Adres­se, die dem Raspi zu­ge­wie­sen wurde, im Web-Front­end Ihres WLAN-Rou­ters. Das Pass­wort zum Ein­log­gen lau­tet eben­falls raspber­ry­pi.

    Sind Sie ein­ge­loggt, geben Sie als Ers­tes fol­gen­den Be­fehl ein:

    sudo iw wlan0 set power­s­a­ve off

    So de­ak­ti­vie­ren Sie die Strom­spar­funk­ti­on des WLAN-Ad­ap­ters, die dazu führt, dass das WLAN nach we­ni­gen Mi­nu­ten In­ak­ti­vi­tät ab­ge­schal­tet wird. Schließ­lich soll das Flug­blatt über WLAN stets er­reich­bar sein und Sie hät­ten an­sons­ten nicht ein­mal die Mög­lich­keit, Raspbi­an sau­ber her­un­ter­zu­fah­ren.

    Damit die WLAN-Strom­spar­funk­ti­on künf­tig au­to­ma­tisch aus­ge­schal­tet wird, öff­nen Sie mit dem Be­fehl sudo pico /etc/net­work/in­ter­faces die zen­tra­le Netz­werk­kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei und tra­gen am Ende fol­gen­des ein:

    auto wlan0

    iface wlan0 inet dhcp

    wpa-conf /etc/wpa­sup­p­li­cant/wpa_­sup­p­li­cant.conf

    wire­less-power off

    Um den Strom des WLAN-Chips wie­der ein­zu­spa­ren, kön­nen Sie den HDMI-Aus­gang ab­schal­ten. Sonst ver­schwen­det der Raspi gut 20 Pro­zent des Stroms al­lein dafür – selbst wenn gar kein Mo­ni­tor an­ge­schlos­sen ist. Dazu öff­nen Sie mit dem Be­fehl sudo pico /etc/rc.​local das Skript, das am Ende jedes Boot­vor­gangs aus­ge­führt wird, und fügen vor der Zeile exit 0 fol­gen­den Auf­ruf ein:

    /usr/bin/tv­ser­vice -o

    Auch die Ak­ti­vi­täts-LED neben dem Strom­an­schluss ist Strom­ver­schwen­dung, noch dazu könn­te sie durch ihr Blin­ken ein an­sons­ten gut ver­steck­tes Flug­blatt ver­ra­ten. Damit sie außer kurz nach dem Ein­schal­ten und kurz vor dem Aus­schal­ten nicht mehr leuch­tet, öff­nen Sie mit sudo pico /boot/con­fig.txt die zen­tra­le Raspi-Kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei und fügen am Ende fol­gen­de Zei­len an:

    dt­pa­ram=ac­t_­le­d_­t­rig­ger=none

    dt­pa­ram=ac­t_­le­d_ac­tive­low=on

    Die Än­de­run­gen wer­den erst beim nächs­ten Neu­start des Raspi über­nom­men, so lange bleibt die LED aktiv.

    Als Web­ser­ver emp­feh­len wir Nginx, der we­ni­ger Res­sour­cen und damit we­ni­ger Strom ver­braucht als Apa­che. Es ge­nügt, wenn Sie per sudo apt-get in­stall nginx den Da­e­mon nebst aller Ab­hän­gig­kei­ten nach­in­stal­lie­ren; er ist stan­dard­mä­ßig so kon­fi­gu­riert, die un­ter­halb des Ver­zeich­nis­ses /var/www/html ab­ge­leg­ten Da­tei­en aus­zu­lie­fern.
    Hi­d­den Ser­vice …

    Für den Fall, dass das Flug­blatt eine (frem­de) In­ter­net­ver­bin­dung über WLAN mit­be­nut­zen soll, ar­bei­tet es als Ser­ver für einen Tor Hi­d­den Ser­vice und ver­brei­tet so die In­hal­te auf der gan­zen Welt. Dazu in­stal­lie­ren Sie mit dem Be­fehl sudo apt-get in­stall tor den Tor-Da­e­mon aus der Pa­ket­ver­wal­tung nach. An­schlie­ßend müs­sen Sie die Kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei mit dem Be­fehl sudo pico /etc/tor/torrc be­ar­bei­ten und die Raute-Zei­chen vor fol­gen­den Zei­len ent­fer­nen:

    Hi­d­den­Ser­vice­Dir /var/lib/tor/hi­d­den_­ser­vice/

    Hi­d­den­Ser­vice­Port 80 127.0.0.1:80

    Eine aus­führ­li­che Be­schrei­bung zum Be­trieb von Tor Hi­d­den Ser­vices fin­den Sie auf Seite 140. Auf Seite 148 er­fah­ren Sie au­ßer­dem, wie Sie Ihre An­ony­mi­tät zu­sätz­lich schüt­zen soll­ten. Damit die ver­än­der­te Tor-Kon­fi­gu­ra­ti­on wirk­sam wird, star­ten Sie den Dienst mit dem Be­fehl sys­temctl re­start tor neu und kön­nen dann die Onion-Adres­se Ihres ak­ti­ven Hi­d­den Ser­vice mit dem Be­fehl sudo cat/var/lib/tor/hi­d­den_­ser­vice/host­na­me ab­ru­fen.

    Haben Sie alle Do­ku­men­te auf­ge­spielt und wol­len den Raspi aus­set­zen, rufen Sie mit sudo raspi-con­fig das Raspi-Kon­fi­gu­ra­ti­ons­pro­gramm auf. Dort än­dern Sie das Stan­dard-Pass­wort und schal­ten im Menü „In­ter­fa­c­ing Op­ti­on“ den SSH-Da­e­mon wie­der aus, damit sich spä­ter nie­mand ein­log­gen kann. Die letz­ten Schrit­te sind, mit den Be­feh­len unset HIST­FI­LE und rm -f /root/.bas­h_his­to­ry /etc/wpa_­sup­p­li­cant/wpa_­sup­p­li­cant.conf die Be­fehls­his­to­rie sowie die WLAN-Zu­gangs­da­ten Ihres Gäste-WLAN zu lö­schen und spä­ter beim Aus­set­zen wie ein­gangs be­schrie­ben eine neue Kon­fi­gu­ra­ti­on auf der Boot-Par­ti­ti­on der SD-Karte zu spei­chern, die die Zu­gangs­da­ten des mit­zu­be­nut­zen­den WLAN ent­hält.
    … oder Hot­spot

    Der zwei­te Be­triebs­mo­dus des Flug­blatts ist als lo­ka­ler WLAN-Hot­spot ohne Ver­schlüs­se­lung. Stra­te­gisch güns­tig etwa in einem Blu­men­kü­bel, auf einer Lit­fass­säu­le oder einem Kiosk plat­ziert kann der Raspi die In­for­ma­tio­nen an einem öf­fent­li­chen Platz ver­tei­len – Pas­san­ten müs­sen sich le­dig­lich mit dem WLAN ver­bin­den und wer­den au­to­ma­tisch auf den lo­ka­len Web­ser­ver um­ge­lei­tet.

    Damit der Raspi als Hot­spot ar­bei­tet, müs­sen Sie zwei Pa­ke­te nach­in­stal­lie­ren:

    sudo apt-get in­stall hostapd dns­masq

    Der HostAP-Da­e­mon spannt den Ac­cess Point auf und DNS­masq ist für die Adress­ver­ga­be per DHCP zu­stän­dig. Die Kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei­en bei­der Pro­gram­me sind im Zip-Ar­chiv ent­hal­ten und müs­sen nach /etc ko­piert wer­den:

    sudo cp 1722-144/de­fault/ /etc/de­fault

    sudo cp -a 1722-144/hostapd /etc

    sudo cp 1722-144/dns­masq.conf /etc

    Au­ßer­dem be­nö­ti­gen Sie einen mit sta­ti­scher IP-Adres­se kon­fi­gu­rier­ten WLAN-Ad­ap­ter, wozu Sie mit sudo pico /etc/net­work/in­ter­faces die zen­tra­le Netz­werk­kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei öff­nen und dort fol­gen­des an­fü­gen:

    auto wlan0

    iface wlan0 inet sta­tic

    ad­dress 192.168.255.1

    net­mask 255.255.255.0

    wire­less-mode Mas­ter

    wire­less-power off

    Als Letz­tes ko­pie­ren Sie den FakeDNS-Da­e­mon in das Ver­zeich­nis /usr/local/bin und sor­gen dafür, dass er künf­tig zu­sam­men mit DNS­masq ge­star­tet wird:

    sudo cp fakedns/.py /usr/local/bin

    sudo cp fakedns/.ser­vice /etc/sys­temd/sys­tem

    sudo sys­temctl enable fakedns.ser­vice
    Ab­ge­fan­gen

    FakeDNS ant­wor­tet auf sämt­li­chen Do­main-An­fra­gen mit der IP-Adres­se 192.​168.​255.​1 – also der des Raspi. Damit ist es nicht mehr nötig, Be­su­chern eine IP-Adres­se oder eine lo­ka­le Adres­se mit­zu­tei­len, die sie auf­ru­fen sol­len: So­bald sie http://​www.​google.​de oder einen be­lie­bi­gen an­de­ren Ser­ver per HTTP zu kon­tak­tie­ren ver­su­chen, lan­den sie auf dem lo­ka­len Web­ser­ver des Flug­blatts.

    Es gibt noch einen Trick: iOS, An­dro­id und Win­dows Phone ver­su­chen bei der An­mel­dung in einem WLAN fest­zu­stel­len, ob sie vol­len In­ter­net­zu­gang haben oder ob es sich um einen Hot­spot etwa eines Ho­tels han­delt, der eine An­mel­dung er­for­dert. Dazu rufen die Mo­bil­ge­rä­te un­ter­schied­li­che URLs ab – er­hal­ten sie das ge­wünsch­te Er­geb­nis, be­steht eine In­ter­net­ver­bin­dung. Be­kom­men sie hin­ge­gen den HTTP-Sta­tus-Code 302 „Moved Tem­pora­ri­ly“ und eine Ziel­adres­se, gehen sie davon aus, dass man erst eine An­meld­e­sei­te be­su­chen muss, ein so­ge­nann­tes Cap­ti­ve Por­tal.

    Indem Sie mit dem Be­fehl sudo pico /etc/nginx/sites-avail­able/de­fault die Web­ser­ver-Kon­fi­gu­ra­ti­on be­ar­bei­ten und dort vor lo­ca­ti­on die Zeile

    er­ror_pa­ge 404 =302 http://192.168.255.1/;

    ein­fü­gen, er­hal­ten die Mo­bil­ge­rä­te an­stel­le des Feh­lers 404 den Sta­tus-Code 302 mit der Adres­se des Flug­blatts als Ziel.
    So­bald sich ein Mo­bil­ge­rät mit dem WLAN des Flug­blatts ver­bin­det, öff­net sich die Start­sei­te au­to­ma­tisch oder nach An­tip­pen einer No­ti­fi­ca­ti­on.

    Auf iOS- und Win­dows-Phone-Ge­rä­ten führt das dazu, dass die Ziel­sei­te au­to­ma­tisch im Brow­ser an­ge­zeigt wird, bei iOS al­ler­dings ohne Adress­leis­te. Auf An­dro­id-Ge­rä­ten öff­net sich die Seite ent­we­der au­to­ma­tisch oder man er­hält eine Be­nach­rich­ti­gung, dass man sich im Netz­werk an­mel­den müsse, und lan­det beim An­tip­pen auf der Start­sei­te des Flug­blatts. Ein wei­te­rer po­si­ti­ver Ne­ben­ef­fekt der Um­lei­tung ist, dass Be­su­cher beim An­kli­cken eines nicht exis­tie­ren­den Links auch auf der Start­sei­te lan­den, an­statt eine Feh­ler­mel­dung zu be­kom­men.
    Aus­ge­schal­tet

    Um den Raspi etwa nach einem ers­ten Test wie­der her­un­ter­fah­ren zu kön­nen, ohne Tas­ta­tur und Mo­ni­tor zu be­nö­ti­gen, soll­ten Sie das Pro­gramm Pi-Shut­down (siehe ct.​de/​yva6) in­stal­lie­ren. Es war­tet dar­auf, dass die GPOI-Pins 5 und 6 ge­brückt wer­den, etwa mit einem Jum­per. Damit die Strom­ver­sor­gung nicht im Weg ist, schlie­ßen Sie den Span­nungs­wand­ler dann an die Pins 2 (Plus) und 14 (Minus) an. Schlie­ßen Sie den Jum­per für etwa eine Se­kun­de lang an und ent­fer­nen ihn dann wie­der, so führt Pi-Shut­down einen Neu­start durch; las­sen Sie den Jum­per drei bis fünf Se­kun­den lang ge­steckt, schal­tet sich der Raspi aus. Dass sich der Raspi aus­schal­tet, er­ken­nen das daran, dass die Be­triebs-LED neben dem Micro-USB-An­schluss kurz blinkt.

    Die Ein­rich­tung von Pi-Shut­down ist ein­fach: Sie laden das Py­thon-Pro­gramm pis­hut­down.py aus dem Git­hub-Re­po­si­to­ry her­un­ter und spei­chern es im Ver­zeich­nis /usr/local/bin auf dem Raspi:

    sudo wget -O /usr/local/bin/pis­hut­down.py http://​raw.​git​hubu​serc​onte​nt.​com/​gilyes/​pi-​shutdown/​master/​pishutdown.​py

    Damit Pi-Shut­down künf­tig au­to­ma­tisch bei jedem Start des Raspi ge­la­den wird, fin­den Sie im Zip-Ar­chiv einen pas­sen­den Sys­temd-Job, den Sie fol­gen­der­ma­ßen ein­rich­ten:

    sudo cp 1722-144/pis­hut­down/ /etc/sys­temd/sys­tem

    sudo sys­temctl enable pis­hut­down

    Bevor Sie den Raspi her­un­ter­fah­ren, müs­sen Sie wie bei der Tor-Va­ri­an­te noch das Stan­dard-Pass­wort än­dern, Ihre Spu­ren be­sei­ti­gen, SSH ab­schal­ten und Ihre WLAN-Zu­gangs­da­ten lö­schen. Dann ist Ihr Raspi flug­be­reit. (mid@​ct.​de)

    Kon­fi­gu­ra­ti­ons­da­tei­en:ct.​de/​yva6

    Pi Zero W EASY + Step Down Modul Kit für c’t digitales Flugblatt – pi3g
    https://buyzero.de/products/pi-zero-w-easy-step-down-modul-kit?variant=2066683985947

    In die Freiheit entlassen - c’t | Heise Magazine
    https://www.heise.de/select/ct/2017/22/softlinks/yva6?wt_mc=pred.red.ct.ct222017.144.softlink.softlink

    Konfigurationsdateien für HostAP, DNSmasq, FakeDNS und Nginx
    ftp://ftp.heise.de/pub/ct/listings/1722-144.zip

    Pi-Shutdown (Python-Programm)
    https://raw.githubusercontent.com/gilyes/pi-shutdown/master/pishutdown.py

    Notepad++ für Windows
    https://www.heise.de/download/product/notepad-26659

    Putty SSH-Client für Windows
    https://www.heise.de/download/product/putty-7016

  • Uber ist auf dem Weg zum Absturz | taxi-innung.de – Zukunft der Personenbeförderung
    https://taxi-innung.de/2018/12/07/uber-ist-auf-dem-weg-zum-absturz/#more-646

    Fromme Wünsch sind auch nur Wünsche möchte man sagen, wenn man diese Übersetzung liest, die verzweifelte Hoffnung und naiven Optimismus nur so verspritzt.

    Es herrscht Krieg meine Herren. Uber, Amazon, Google und die aktuelle US-Regierung sind nicht angetreten, um Geld zu verdienen, sondern um zu rauben, und zwar nicht nur Geld sonder Alles mit einem riesig großen A. Die USA haben schon lange aufgehört, eine konkurrenzfähige Volkswirtschaft zu sein sondern leben auf Pump von Zwangskrediten, die sie in aller Welt mit vorgehaltener Atomwaffe erpressen. Von den als Startup lancierten Großkonzernen hat nie auch nur einer ernsthaft Geld durch faire Innovation verdienen wollen.

    Disruption heißt das Zauberwort. Auf Deutsch: Macht kaputt, was ihr kaputtmachen könnt. Danach beackern Andere für Euch die verbrannte Erde !

    Man braucht nicht Schumpeter gelesen zu haben, um zu verstehen, wie der Hase läuft. Die Startup-Economy folgt der Zockerdevise alles oder nichts . Nix ehrlicher Kaufmann. Columbia verkündet: There wil be blood . Innovative Unternehmen überleben so lange, wie Investoren darauf wetten, dass sie in Zukunft Geld verdienen werden.

    Uber profitiert heute von der Sackgasse, in der die großen Finanzinvestoren zusammen mit der Autoindustrie feststecken. Der VW-Dieselskandal ist ein laues Lüftchen im Vergleich zum Sturm der wirklichen Herausforderungen, der auf die internationale Autoindustrie zukommt. Japans Autohersteller Toyota steckt 69 Milliarden Dollar in Uber, weil das Management nichts versteht, außer daß es demnächst mit seinem Betrieb und Man und Maus untergehen wird, wenn es sich nicht einer mächtigeren Armee anschließt. VW und Deutschland haben die EU. Japan und seine Firmen nicht so gut geschützt.

    Das alles erklärt, weshalb Uber auf Entscheidungen der deutschen Justiz pfeift. Entweder es gelingt dem Konzern, sich auf Augenhöhe mit Nationalstaaten zu positionieren und den Wirtschaftskrieg gegen sie zu gewinnen, oder das Konstrukt Uber wird untergehen.

    Uber ist bereits jetzt „too big to fail“, systemrelevant für die startup economy als Ganzes. Ein Investor wie Softbank steckt nicht noch vor Toyotas Engagement 48 Milliarden Dollar in ein Projekt, das zum Scheitern verurteilt ist. Wo das alles enden soll? Die Antwort ist ganz einfach. Wie bei Hitlers Mein Kampf genügt es, rechtzeitig aufmerksam zu lesen, um das Projekt zu verstehen:

    Die Superreichen, „innovativen“ Tycoons ziehen sich auf Inseln der Glückseligen zurück, während wir normalen Menschen in einer verpesteten, weltumspannenden Arbeitshölle Robotern zur Hand gehen. Zu irre um wahr zu werden? Hinterher ist man immer schlauer.

    Lesen Sie Propeller Island und Atlas shrugged , hören Sie den Thiel, Bezos, Kalanick, Zuckerberg und Trump genau zu, lauschen Sie dem Club of Rome. Der Plan, die Pläne sind kein Geheimnis sondern Programm.

    Zum Glück ist der Kampf gegen Uber und ähnlich „innovative“ Verbrecher noch nicht verloren. Wer die Idee von der wehrhaften Demokratie ernst nimmt, der hat noch Chancen. Ein Umdenken ist dennoch erforderlich, weil der Feind nicht unsere netten Neonazis sind. Der Feind trägt feinsten Zwirn und Turnschuhe und macht uns vor, dass Deutschlands und Europas Heil in KI und Innovation liegt. Was für eine Illusion.

    Gebraucht werden gröbere Werkzeuge, ökonomische und juristische, und die müssen richtig ausgerichtet werden. Es geht nicht um russische Hacker und Islamisten. Es geht um Bürgerkriegsarmeen und Bankster. Die kommen nicht aus Fernost und Russland. Die kommen aus Übersee, aus Deutschland und dem Nahen Osten. Schon mal von der Afghanistan Connection gehört? Nein? Sie sollten öfter Tagesspiegel lesen.

    Übersetzung des Artikels “Uber Is Headed for a Crash” (new york magazine, 4.12.2018) By Yves Smith

    Durch das Plattmachen lokaler Taxiunternehmen in Städten auf der ganzen Welt und die Kultivierung von Cheerleadern in der Wirtschaftspresse und unter den Liberalisten des Silicon Valley hat es Uber geschafft, ein Bild der Unausweichlichkeit und Unbesiegbarkeit zu schaffen. Aber das Unternehmen verzeichnete gerade ein weiteres Quartal mit atemberaubenden Verlusten – diesmal über 1 Milliarde Dollar, nach 4,5 Milliarden Dollar Verlust im Jahr 2017. Wie viel ist Hype und wie viel ist real?
    Der Gedanke, dass Uber, das am höchsten bewertetete Privatunternehmen der Welt, ein Lehrbuch-“Verschwender” ist – John Kenneth Galbraiths Wortschöpfung für einen Anlageschwindel, bei dem die Verluste erst noch erkannt werden müssen – wird Ubers zahlreiche zufriedene Kunden wahrscheinlich überraschen. Aber wie wir erklären werden, aufbauend auf der umfangreichen Arbeit des Verkehrsexperten Hubert Horan, haben die Investoren von Uber deren Zufriedenheit in Form von massiven Subventionen der Dienstleistungen erkauft. Was Uber für die Nutzer zu einem guten Geschäft gemacht hat, macht es zu einem lausigen Investitionsvorhaben. Uber hat diese Einschätzung durch minimale und widersprüchliche finanzielle Offenlegungen in Schach gehalten, kombiniert mit einer beharrlichen und bisher wirkungsvollen PR-Kampagne, die Uber nach dem Muster digital basierter Start-ups darstellt, deren große Anfangsverluste sich in wenigen Jahren in starke Gewinne verwandelt haben.
    Vergleiche von Uber mit anderen geschichtsträchtigen Tech-Wunderkindern zeigen, dass Uber nicht auf dem selben Weg ist. Kein letztlich erfolgreiches großes Technologieunternehmen war auch nur im entferntesten so zutiefst unrentabel wie Uber. Nach neun Jahren ist Uber nicht annähernd soweit, Geld zu verdienen, und fährt fort, mehr rote Tinte auszubluten als jedes andere Start-up in der Geschichte. Im Gegensatz dazu waren Facebook und Amazon im fünften Jahr solide Cashflow-positiv.
    Die Tatsache, dass dieses verherrlichte Nahverkehrsunternehmen weiterhin ein finanzieller Misserfolg ist, sollte keine Überraschung sein. Was überraschend sein sollte, ist, dass die Wirtschaftspresse immer noch die gute Hoffnung des Uber-Managements nachplappert, dass das Unternehmen 2019 mit einer Zielbewertung von 120 Milliarden Dollar an die Börse gehen wird. Das ist weit über dem höchsten privaten Aktienverkauf mit einem Wert von 68 Milliarden Dollar. Und Ubers Management und Zeichner werden ohne Zweifel hoffen, dass die große unbeleckte Öffentlichkeit über die Tatsache hinwegsieht, dass SoftBank kürzlich Beteiligungen aufgrund einer Bewertung in Höhe von 48 Milliarden Dollar übernommen hat, und ihr Angebot überzeichnet war. Warum sollte neues Geld zu einem mehr als doppelt so hohen Preis hereinkommen, wo Führungskräfte und Angestellte bereit wären, auszusteigen?

    Uber hat noch nie ein Argument vorgebracht, wie das Unternehmen jemals rentabel sein könnte, geschweige denn eine angemessene Kapitalrendite erzielen wird. Die Investoren setzen auf einen erfolgreichen Börsengang, was bedeutet, dass sie noch größere Narren in ausreichender Zahl finden müssen.

    Uber ist ein Taxiunternehmen mit einer App im Anhang. Es entbehrt jeglicher Ähnlichkeit mit Internet-Superstars, die es vorgibt zu nachahmen. Die App ist technisch nicht sehr anspruchsvoll und schafft keine Wettbewerbsbarriere, wie die Tatsache zeigt, dass viele andere Akteure sie kopiert haben. Apps wurden für Fluggesellschaften, Pizzalieferungen und Hunderte anderer Verbraucherdienste eingeführt, haben aber nie Marktanteilsgewinne erzielt, geschweige denn Dutzende von Milliarden an Unternehmenswert. Sie erzeugen keine Netzwerkeffekte. Im Gegensatz zu Facebook oder eBay, mehr Uber-Nutzer zu haben, verbessert den Service nicht.

    Ab einem bestimmten Punkt hilft auch das Einstellen weiterer Fahrer nicht. Uber behauptet regelmäßig, dass seine App Skaleneffekte für die Fahrer schafft – aber damit das so ist, müßte das Einstellen weiterer Fahrer den Fahrern zugute kommen. Das tut es nicht. Mehr Fahrer bedeuten mehr Wettbewerb um verfügbare Fahrten, was eine geringere Auslastung pro Fahrer bedeutet. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen Kapazität und Auslastung in einem Transportsystem, die man in digitalen Netzwerken nicht sieht. Der klassische Einsatz von “Netzwerkeffekten” bezog sich auf den Entwurf eines integrierten Verkehrsnetzes – ein Luftverkehrsknotenpunkt- und Speichennetz, das den Nutzen für Passagiere (oder Pakete) schafft, indem es mehr Möglichkeiten zur Verbindung zu mehr Zielen als lineare Punkt-zu-Punkt-Verbindungen bietet. Uber ist offensichtlich kein solches Netzwerk mit integrierten Routen – Taxifahrgäste verbinden sich nicht zwischen verschiedenen Fahrzeugen.

    Auch die Tatsache größer zu sein, macht Uber nicht zu einem besseren Unternehmen. Wie Hubert Horan in seiner Serie über den Nackten Kapitalismus erklärte, hat Uber keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber traditionellen Taxiunternehmen. Im Gegensatz zu digitalen Unternehmen hat die Taxiindustrie keine signifikanten Vorteile durch die Größe eines Betriebes; deshalb gab es noch nie Monopole auf Stadtebene, Konsolidierungsspiele oder sogar bedeutende regionale Betreiber. Die Größe verbessert nicht die Wirtschaftlichkeit der Bereitstellung des Taxidienstes, von denen 85 Prozent Fahrer-, Fahrzeug- und Kraftstoffkosten sind; die restlichen 15 Prozent sind in der Regel Gemeinkosten und Gewinn. Und Ubers eigene Ergebnisse sind der Beweis. Uber hat sich ständig vergrößert, aber es ist ihm nicht gelungen, die schnellen Gewinnverbesserungen zu zeigen, die man sehen würde, wenn die Kosten mit zunehmender Geschäftstätigkeit sinken würden.

    Die Größe reduziert auch die Flexibilität. Wie Professor Amar Bhide, Autor des Klassikers The Origin and Evolution of New Businesses, sagte:

    Viele Giga-Unternehmen haben keine Ahnung davon, wenn sie anfangen, wie sie zu Giganten werden – denken Sie daran, dass Microsoft 1975 Basic für den Altair entwickelte, Sam Walton einen Country Store gründete und Hewlett und Packard Audio-Oszillatoren verkauften. Aber da sie klein sind, können sie experimentieren, um herauszufinden, was gewinnbringend skalierbar ist, und bei Bedarf radikale Veränderungen vornehmen. Das ist der Grund, warum es kein Segen und kein Fluch ist, wenn man anfangs keine tiefen Taschen hat. Sicherlich gibt es einige junge Unternehmen wie Google und Amazon, die zufällig in die richtige Richtung starten und als Lieblinge von Risikokapitalgebern oder der Wall Street schneller voran kommen. Aber das sind die Ausnahmen. Andernfalls bläst Geld sie einfach auf und macht es ihnen schwer, die Richtung zu ändern.

    Aber, aber, aber – werden Sie vielleicht sagen – Uber hat ein großes Geschäft in Städten auf der ganzen Welt gegründet. Ja, es ist einfach, viel Kundenverkehr zu bekommen, indem man mit einem Rabatt verkauft. Uber subventioniert die Fahrkosten. In allen Geschäftsbereichen erbrachte Uber im letzten Quartal nur rund 74 Prozent seiner Kosten für Dienstleistungen. Uber verkaufte seine Dienstleistungen 2017 nur zu rund 64 Prozent seiner Kosten, bei einer GAAP-Gewinnmarge von minus 57 Prozent. Als Bezugspunkt verlor Amazon in den schlimmsten vier Quartalen 1,4 Milliarden US-Dollar bei einem Umsatz von 2,8 Milliarden US-Dollar, was einer negativen Marge von 50 Prozent entspricht. Amazon reagierte, indem es über 15 Prozent seiner Arbeiter feuerte.

    Uber Verteidiger könnten argumentieren, dass dies eine große Verbesserung gegenüber 2015 ist, als die Einnahmen nur 43 Prozent der Kosten abdeckten und die GAAP-Marge negativ war mit 132 Prozent. Aber wie wir näher erläutern werden, ist diese Reduzierung der Ausgaben von Uber für jeden durchschnittlichen Dollar nicht auf eine verbesserte Effizienz zurückzuführen, sondern fast ausschließlich auf die Senkung der Fahrerlöhne. Das Transportunternehmen scheint die Grenze erreicht zu haben, in der es die Fahrer ausquetschen kann, da die Abwanderung zugenommen hat.

    Uber hat beispiellose 20 Milliarden Dollar an Investorenfinanzierung eingeworben – 2.600 mal mehr als Amazon vor dem Börsengang. Dies hat es Uber ermöglicht sowohl die traditionellen lokalen Taxiunternehmen zu unterbieten, deren Tarife alle Kosten decken müssen, als auch mehr Autos auf die Jagd nach Fahrten zu schicken, als es nicht subventionierte Betreiber können. Erinnern Sie sich daran, dass es bei jeder Transportdienstleistung einen Kompromiss zwischen der Häufigkeit der Dienstleistung und der Nutzung gibt. Wenn Uber mehr Fahrer dazu bringt, auf der Straße zu sein, um schnelle Abholungen zu gewährleisten, erzielt der einzelne Fahrer im Durchschnitt weniger Umsatz.

    Wenn Uber alle Wettbewerber auf einem lokalen Markt aus dem Geschäft drängen und dann die Preise erhöhen würde, würden die Kunden die Nutzung zurückfahren. Aber noch wichtiger, da die Eintrittsbarrieren im Taxigeschäft niedrig sind und Uber sie durch den Bruch lokaler Vorschriften weiter gesenkt hat, würden neue Akteure unter Ubers neuem Preisdach erscheinen. So müsste Uber seine Preise senken, um die Preise dieser Marktteilnehmer zu erreichen oder das Geschäft aufgeben.

    Darüber hinaus ist Uber ein kostenintensiver Anbieter. Ein Flottenmanager in einem mittelständischen Taxi-Unternehmen kann Fahrzeuge effizienter kaufen, warten und versichern als einzelne Uber-Fahrer. Darüber hinaus behalten die Transportunternehmen eine strenge zentrale Kontrolle sowohl über die gesamte verfügbare Kapazität (Fahrzeuge und Arbeitskräfte) als auch darüber, wie diese Kapazität geplant wird. Uber geht in die entgegengesetzte Richtung. Es hat keine Vermögenswerte, und obwohl es Anreize bieten kann, kann es die Kapazität nicht kontrollieren oder planen.

    Der einzige Vorteil, den Uber erreicht haben könnte, ist die Nutzung des fehlenden finanziellen Scharfsinns seiner Fahrer – diese unterschätzen die vollen Kosten für die Nutzung ihrer Autos und Uber kann somit ein Schnäppchen machen. Es gibt einige Beweise, die diesen Gedanken bestätigen. Ridester veröffentlichte kürzlich die Ergebnisse der ersten Studie zur Ermittlung der tatsächlichen Uber-Fahrerverdienste, die durch Screenshots bestätigt wurden. Unter Verwendung konservativer Schätzungen für die Fahrzeugkosten fanden sie heraus, dass die UberX-Fahrer, die den Großteil ihrer Belegschaft ausmachen, weniger als 10 US-Dollar pro Stunde verdienen. Bei McDonald’s würden sie besser abschneiden. Aber auch dieser Ausgleich zu den allgemein höheren Kosten des Flottenbetriebs hat keinen nennenswerten Einfluss auf Ubers Wirtschaft gehabt.

    Aber, so kann man argumentieren, Uber hat all diese Daten über Fahrgeschäfte! Sicherlich ist er dadurch effizienter als herkömmliche Taxis. Ähm, nein. Lokale Fahrdienste haben immer “Leerfahrtprobleme”, die durch kein Maß an Cleverness behoben werden können, wie z.B. das Mitnehmen von Kunden zum Flughafen und entweder das Warten auf eine Anschlussfahrt oder das leere Zurückkehren oder tägliche städtische Pendelfahrten, bei denen die Arbeiter morgens im Eiltempo überwiegend in die eine Richtung und abends in die andere Richtung wollen. Ebenso hat Ubers surge-pricing nicht dazu geführt, dass Kunden ihre Gewohnheiten ändern und ihre Reisen auf kostengünstigere Zeiten verlagern, was zu einer effizienteren Nutzung hätte führen können. Wenn Uber ein Geheimrezept hätte, hätte es sich bereits in den Uber-Umsätzen und den durchschnittlichen Fahrerverdiensten gezeigt. Neun Jahre später, und es gibt keine Beweise dafür.

    Uber hat auch viel höhere Festkosten: Weitaus besser bezahlte Mitarbeiter in erstklassigen Büroräumen, die an Aktivitäten beteiligt sind, die ein lokales Taxiunternehmen entweder selten oder nie durchführen muss, wie Fahrerrekrutierung (Uber hat Rekrutierungszentren), Öffentlichkeitsarbeit und Werbung, Rechtsstreitigkeiten, Flugkosten und andere Kosten für den Betrieb eines globalen Unternehmens.

    Also dürfte Uber einen höheren Kapitalaufwand haben als es ein alteingesessenes Unternehmen mit ziemlich stabilen Einnahmen und Arbeitsabläufen hat (beziehungsweise hatte).

    Uber hat auf Zeit gespielt, um zu vermeiden, Finanzinformationen in einheitlicher Weise zu veröffentlichen, ein Warnsignal. Ein aussagekräftiges Beispiel: Ende 2016 zielte Uber auf ein Aktienangebot für High-End-Privatanleger, die vermutlich sogar noch dümmer waren als die Saudis, die in ihrer Vorrunde investiert hatten. Dennoch lehnten sowohl JP Morgan als auch die Deutsche Bank die “Gelegenheit” ab, Uber-Aktien an ihre Kunden zu verkaufen, obwohl dies ihre Position bei einem zukünftigen Börsengang von Uber gefährden könnte. Warum? Das Unternehmen “ride sharing” lieferte 290 Seiten Wortschwall, aber nicht das Nettoeinkommen oder gar den Jahresumsatz.

    Während Uber für das erste und zweite Quartal 2018 eine vollständige Gewinn- und Verlustrechnung vorlegte, gab es für das letzte Quartal, als sich seine Margen verschlechterten, nur drei Positionen.

    Während Uber seine negative Bruttomarge im Laufe der Zeit reduziert hat, resultieren diese Verbesserungen hauptsächlich aus der Verringerung der Fahrerausgleichszahlungen, so dass diese nun im Durchschnitt weniger pro Stunde netto erreichen, als die Taxiunternehmen.
    Bis 2015 gingen 80 Prozent der Fahrpreise an die Fahrer. In den ersten Jahren gab Uber den Fahrern hohe Auszahlungen, um gute Fahrer anzuziehen, und bot den Fahrern auch Anreize, Autos zu kaufen. Uber reduzierte das auf bis zu 68 Prozent, dann kehrten sie teilweise um, als die Fahrerfluktuation auf das aktuelle Niveau von rund 70 Prozent anstieg. Im Jahr 2017 lag die Marge von Uber, wie sie nach GAAP ausgewiesen wurde, bei minus 57 Prozent. Ohne die Gehaltskürzung der Fahrer wäre es auf dem negativen dreistelligen Niveau geblieben.

    Die Lohnkürzungen haben zu mehr Fahrerfluktuation geführt, was zu höheren Verwaltungskosten führt. Und es verschlechtert die Servicequalität. Ein Kommentar zu einem Artikel über Ubers Ergebnis des dritten Quartals:

    Ich brauchte eine Fahrt von Burbank nach LAX an einem Donnerstagmorgen gegen 5:45 Uhr. Ich habe am Vorabend ein Auto bestellt. Zur Abholzeit gab es innerhalb von 20 Meilen keine Lyft oder Uber. Als ich einen bekam, sagte der Fahrer, dass es sich bei der Bezahlung nicht mehr lohnt, früh aus dem Bett zu steigen.

    Ubers andere Art, seine Margen weniger verheerend zu gestalten, war es, seine ungünstigsten Geschäfte abzuschütteln. Aber selbst dann gab Ubers neuer CEO Dara Khosrowshahi effektiv zu, dass Uber in keinem Markt profitabel ist, wenn man die Festkosten des Unternehmens berücksichtigt. Uber hat verzweifelt neue Geschäfte wie Uber Eats und einen Rollerverleih hinzugefügt, um seine Wachstumsgeschichte am Leben zu erhalten. Uber gibt nicht nur stillschweigend zu, dass sie ihre Kosten nicht decken, sondern weigert sich, über ihre Einnahmen hinaus Einzelheiten über diese Geschäfte zu nennen und diskutiert nicht, wie sie die Wende schaffen könnten.

    Aber was ist mit autonomen Autos? Lassen Sie uns davon absehen, dass einige Enthusiasten wie Apple-Mitbegründer Steve Wozniak heute glauben, dass völlig autonome Autos “nicht stattfinden werden”. Vollständig autonome Autos würden bedeuten, dass Uber die Autos besitzen müsste. Die Kapitalkosten wären atemberaubend und würden die Illusion sprengen, dass Uber ein Technologieunternehmen ist, anstatt eines Taxiunternehmens, das die Roboterautos eines anderen kauft und betreibt.

    Uber ist es gelungen, die Wirtschaftspresse dazu zu bringen, Popularität mit kommerziellen Erfolg gleichzusetzen. Einige Tech-Reporter, wie Eric Newcomer von Bloomberg, haben höflich darauf hingewiesen, dass Ubers Ergebnisse weit hinter anderen “Tech Illuminati” vor dem Börsengang zurückbleiben. Das Argument, dass Dominanz Gewinne hervorbringen würde, ist nachweislich falsch und Uber scheint nicht in der Lage zu sein, eine neue Geschichte zu schreiben. Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass Investoren und nicht lokale Taxiunternehmen den Verkehrstod von Uber herbeiführen werden.

    Toyota invests $69M in Japanese Uber rival backed by the taxi industry
    https://techcrunch.com/2018/02/08/toyota-invests-69m-into-japanese-uber-rival/?guccounter=1

    SoftBank is now Uber’s largest shareholder as deal closes | Reuters
    https://www.reuters.com/article/us-uber-softbank-tender/softbank-is-now-ubers-largest-shareholder-as-deal-closes-idUSKBN1F72WL

    #Uber #disruption #Börse

  • World Development Report 2019: The Changing Nature of Work
    http://www.worldbank.org/en/publication/wdr2019

    jungle.world - Ungerechtigkeit 4.0
    https://jungle.world/artikel/2018/41/ungerechtigkeit-40?page=all

    11.10.2018 -
    Der Weltentwicklungsbericht der Weltbank beschäftigt sich mit der Frage, wie die Digitalisierung soziale Gerechtigkeit verändert

    Ungerechtigkeit 4.0

    Die Digitalisierung betrifft alle Lebensbereiche. Wie sie sich auf soziale Gerechtigkeit auswirkt, wird derzeit viel diskutiert. Auch die Weltbank befasst sich in ihrem Bericht für das Jahr 2019 damit. Ihre Analyse stammt allerdings aus der vordigitalen Zeit.

    Von Christopher Wimmer

    Von der Arbeitswelt über das Privat­leben und die Freizeitgestaltung bis zur Politik – die Digitalisierung hat die bis vor wenigen Jahrzehnten bestehenden Verhältnisse grundlegend verändert. Sie hat neue Lebenssituationen geschaffen, deren Konsequenzen für die Arbeit, das Gemeinwohl und das Leben der Einzelnen nur teilweise voraus­gesehen werden können.

    Mit dem Thema Digitalisierung befasst sich derzeit auch die Weltbank, die gerade ihren Weltentwicklungsbericht für das Jahr 2019 vorbereitet. In ihren jährlich erscheinenden Berichten behandelt die Weltbank immer verschiedene Themen. Der Band für 2019 soll im Oktober unter dem Titel »The Changing Nature of Work« erscheinen und sich mit dem Wesen und der Zukunft der Arbeit beschäftigen. Der Entwurf ist im Netz frei zugänglich und wird Woche für Woche aktualisiert. Darin werden zwei Themen verbunden, die bisher selten zusammen diskutiert wurden: Di­gitalisierung und Ungleichheit. Die Digitalisierung hat den Verfassern zu­folge das Potential, soziale Ungleichheit zu verschärfen.

    Über die Frage, ob die Digitalisierung eine große Chance oder ein großes Ri­siko für die Gesellschaft ist, ist auch die Meinung der deutschen Bevölkerung gespalten. Dem Ifo-Bildungsbarometer 2017 zufolge stimmten 50 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass die Digitalisierung insgesamt zu größerer so­zialer Ungleichheit in Deutschland führen werde, 46 Prozent stimmen dem nicht zu. Die einen befürchten, dass die Digitalisierung zu massiven Arbeitsplatzverlusten führt und somit die Ungleichheit verschärft, die anderen hoffen auf neue Jobperspektiven in der digitalen Welt.

    Die Autorinnen und Autoren unter der Leitung des Ökonomen und ehemaligen bulgarischen ­Finanzministers Simeon Djankov regen dazu an, den Kündigungsschutz zu lockern und Unternehmen generell von ihrer sozialen Verantwortung zu befreien. Mindestlöhne sollen gesenkt werden.

    In den vergangenen Jahren sind die Reallöhne in Deutschland, nach einer längeren Phase der Stagnation, leicht gestiegen. Anders als in anderen west­lichen Ländern sind viele neue industrielle Jobs entstanden, in denen relativ hohe Löhne gezahlt werden.

    Und doch sind stabile Wachstumsraten und Rekordbeschäftigung keine Garanten für soziale Gerechtigkeit. Der Anteil der Menschen, die als armutsgefährdet gelten, ist zuletzt wieder angestiegen. Leiharbeit, Werkverträge, Minijobs und befristete Arbeitsverhältnisse prägen die Arbeitswelt – fast 40 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten inzwischen in derlei prekären Arbeitsverhältnissen. Für sie bedeutet dies häufig: niedrige Löhne, geringe soziale Absicherung und permanente Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Besonders jüngere Beschäftigte sind davon betroffen.

    Rechte, die sich Lohnabhängige in den vergangenen Jahrzehnten gewerkschaftlich erkämpften, werden durch neue Arbeitsverhältnisse der Gig-Ökonomie unterminiert, bei der kleine Aufträge kurzfristig an unabhängige Freiberufler oder geringfügig Beschäftigte vergeben werden. Kündigungsschutz, Krankenversicherung und Urlaubsanspruch gelten dort nur selten. Die Digitalisierung der Arbeitswelt verstärkt diese Prozesse. Mittlerweile geht es auch nicht mehr nur um die industrielle Produktion.

    Weitere Branchen werden umstrukturiert. Der Zeitungs- und Büchermarkt, der Börsenhandel, die Versicherungsbranche, Immobilien- und Stellenbörsen, das Militär – diese und weitere Bereiche sind ebenfalls von gewaltigen Transformationen betroffen.

    Die Weltbank stellt fest: Die großen digitalen Unternehmen beschäftigen vergleichsweise wenige Mitarbeiter, vernichten aber Tausende Jobs in der Industrie, im Handel und Dienstleistungssektor. Ein Beispiel hierfür sei der Fahrdienstleister Uber. Durch die Möglichkeit, Menschen privat im Auto mitzunehmen, wird das organisierte Taxigewerbe unter Druck gesetzt. Waren gewisse Mindesteinkommen und Sicherheiten für die regulären Taxifahrer gegeben, fallen bei Uber alle Formen der gewerkschaftlichen Organisierung und Versicherungen komplett weg. Das Ergebnis ist die Prekarisierung der gesamten Branche.

    Die unregulierte, digitale Variante des Taxigewerbes steht also nicht für die inklusiv und sozial gerecht erscheinende sharing economy, sondern bedeutet unterm Strich: Vereinzelung und direkte Ausbeutung, also Kapitalismus in Reinform.

    Doch es gibt auch eine positive Erzählung über die Digitalisierung. Zahlreiche Verlautbarungen aus Wirtschaft und Politik preisen sie als Garant für zukünftigen Wohlstand. Vom Bundeswirtschaftsministerium über die Unternehmensplattform »Industrie 4.0« bis hin zu Beratungsfirmen wie McKinsey sind sich alle einig, dass Phänomene wie Big Data, Internet der Dinge und künstliche Intelligenz nicht nur für Wachstum sorgen werden, sondern auch zu sozialer Gerechtigkeit beitragen können. Gab es früher enorme Hürden, die die Existenz kleiner Produzenten be- und verhinderten, können sich Menschen nun über Marktplätze wie Ebay selbständig machen oder Geld neben dem Job hinzuverdienen. Ebenso verhält es sich mit Uber oder Airbnb – Geld kann hier relativ leicht verdient werden.

    Doch ein Blick auf wissenschaftliche Szenarien macht skeptisch, ob diese Gerechtigkeitsversprechungen der Digitalisierung wirklich einzuhalten sind. Digitale Innovationen werden sich anders auswirken als vorherige technologische Entwicklungen. Ihre atem­beraubende Geschwindigkeit tangiert auch die Arbeitsplatzsicherheit. Verschiedene Studien sagen voraus, dass allein in den nächsten zwei Jahrzehnten zwischen zwölf und 40 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen könnten – die neu entstandenen Jobs bereits eingerechnet.

    Von der Digitalisierung sind mittlerweile alle Berufsgruppen betroffen. Die Technologie selbstfahrender Autos ersetzt zumindest potentiell die Busfahrer, Drohnen die Postbeamtinnen, intelligente Systeme die Buchhalterin und schlussendlich können auch Wissensarbeiter ersetzt werden – künstliche Intelligenz an Stelle von Professoren.

    Die Weltbank geht in ihrem Bericht darauf ein und fordert Maßnahmen, um wachsender Ungleichheit vorzubeugen: »Als erste Priorität sind umfangreiche Investitionen in das Humankapital während des gesamten Lebens einer Person von entscheidender Bedeutung. Wenn die Arbeiter gegenüber Maschinen konkurrenzfähig bleiben sollen, müssen sie in der Lage sein, ständig neue Fähigkeiten zu trainieren oder von Anfang an besser ausgebildet sein«, heißt es darin.

    Doch was passiert mit all denen, die nicht mithalten können? Die Jobs, die mit der Digitalisierung entstehen, werden nur zu einem kleinen Teil gut bezahlt sein. Der kleinen Gruppe von Programmierern oder IT-Ingenieurinnen wird die große Mehrheit der Beschäftigten bei Lieferketten, in Lagerhallen oder als Gelegenheits-, Crowd- und Clickarbeiterinnen gegenüberstehen – im Niedriglohnsektor.

    All das wird dazu führen, dass die soziale Ungleichheit weiter anwächst. Die Vorschläge der Weltbank scheinen in dieser Hinsicht wenig aussichtsreich zu sein. So regen die Autorinnen und Autoren unter der Leitung des Ökonomen und ehemaligen bulgarischen ­Finanzministers Simeon Djankov dazu an, den Kündigungsschutz zu lockern und Unternehmen generell von ihrer sozialen Verantwortung zu befreien. Mindestlöhne sollen gesenkt werden.

    An deren Stelle solle laut Weltbank ein bedingungsloses Grundeinkommen und bessere private Vorsorge treten. Dies soll durch höhere Steuern finanziert werden, die dem Entwurf zufolge aber hauptsächlich Geringverdienende und Ärmere belasten würden.

    Mit diesen Mitteln wird man dazu beitragen, dass sich einige wenige – die die Macht über Roboter und Algorithmen haben – zu Lasten der großen Mehrheit bereichern. Riesige Mengen Kapital sammeln sich bereits bei wenigen Firmen an, die große Plattformen und Programme entwickeln.

    Der digitalisierte Klassenkampf scheint derzeit eindeutig auszufallen. Er betrifft aber nicht nur die Arbeitswelt, sondern die gesamte Gesellschaft, denn diese Firmen akkumulieren nicht nur große wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Macht: Sie verfügen über das Wissen, die Daten und die medialen Räume, mit denen in Gesellschaft und Politik Diskussionen geführt und Entscheidungen getroffen werden. Kämpfe um soziale Gerechtigkeit im digitalen Kapitalismus werden dadurch umso schwerer – aber auch umso wichtiger.

    #Uber #Taxi #BEG #Arbeit #Arbeitslosigkeit #Digitalisierung #Prekasisierung #Plattformkapitalismus #Weltbank

  • Es ging « nicht um Journalismus, sondern um Politik » | Telepolis
    https://www.heise.de/tp/features/Es-ging-nicht-um-Journalismus-sondern-um-Politik-4170784.html?seite=all


    Il y a 40 ans une initiative de contre-informations à Berlin lance le journal indépendant Die Tageszeitung (TAZ).

    Die taz-Gründung war eine Reaktion auf den deutschen Herbst 1977, die „bleierne Zeit“ der Jagd auf die RAF-Terroristen und angebliche „Sympathisanten“, zu denen damals quasi jeder gehörte, der irgendwie links war.

    Die Presse war nahezu gleichgeschaltet. Und Themen wie Ökologie, der Widerstand gegen Atomenergie, die Frauenbewegung und alles, was sich damals aufgemacht hatte, alternative Lebens-und Arbeitsformen auszuprobieren, kamen im Mainstream überhaupt nicht vor. Dem sollte und wollte die taz abhelfen.

    Wie war denn die Reaktion der anderen Medien?

    Mathias Bröckers: Die erste Meldung in der FAZ im Oktober 1978 fragte in der Überschrift zwar ängstlich: „Gründet die extreme Linke eine überregionale Tageszeitung?“, doch von professionellen Journalisten und Medienexperten traute diesem „Spontiprojekt“ keiner irgendetwas zu. Die taz hatte ja damals auf „crowdfunding“ gesetzt, bevor es das Wort dafür gab, und gesagt: Wenn 3.000 Menschen ein Jahresabo vorab schalten, legen wir los.
    Etwa gleichzeitig war eine weitere linke Tageszeitung namens „Die Neue“ gestartet, die war mit einigen professionellen Journalisten besetzt und hatte auch aus irgendwelchen DKP-Ecken etwas Kapital im Hintergrund. Wenn überhaupt eine dieser linken Zeitungen ins Laufen kommen würde, dachten alle „Experten“, dann „Die Neue“, doch die ging nach kaum einem Jahr sang-und klanglos ein.

    Die taz aber konnte weiter auf das setzen, was man heute community nennt - einen zwar kleinen, aber solidarischen Stamm von Abonnenten. Und für die alternative Szene war die Kleinanzeigenseite „Wiese“ so was wie heute ebay, Facebook oder Tinder. Da juckte es die taz wenig, wenn „Bild“ und andere sie als „Terrorpostille“ oder „Bombenlegerblatt“ bezeichneten.

    Das erinnert auch an heute, oder? Auf alternative Medien im Internet reagieren Mainstreammedien bisweilen ziemlich allergisch.

    Mathias Bröckers: Es geht immer um die Deutungshoheit und die ist bei den klassischen Medien durch das Internet jetzt schwer bedroht. Solange gedruckte Blätter noch den Ton angaben, war die kleine taz mit ihren zu Spitzenzeiten 50.000 Abos nie wirklich gefährlich, wenn auch durchaus wirkmächtig.

    Sie wurde in allen Redaktionen aufmerksam gelesen. Die ersten Kollegen, die zu Mainstreammedien abwanderten, stellten leicht genervt fest: „Die lesen da morgens nur die taz und streichen die Themen an, zu denen sie auch mal was machen sollten.“

    Wenn man das Archiv der Zeitung durchforstet, wie ich es jetzt für dieses Buch getan habe, kann man gut sehen, dass die taz viele Themen gesetzt und Debatten geführt hat, die in anderen Medien erst Jahre oder Jahrzehnte ankamen.

    Die taz ist als Alternativmedium gestartet und als Mainstreammedium gelandet. Stimmen Sie der Aussage zu?

    Mathias Bröckers: Viele der Alternativen, die von der taz damals aufgezeigt wurden, sind mittlerweile Mainstream. Und was die Politik betrifft, ist es ähnlich wie mit den Grünen, die ja zusammen mit der taz groß wurden, als linke, anti-imperialistische, ökologische Alternative zu den etablierten Parteien. Dass daraus dann einmal so eine olivgrüne „FDP mit Fahrrad“ werden sollte, die Kriegseinsätzen der Bundeswehr den Teppich ausrollt, war nicht abzusehen.

    Die taz war anfangs ein Sprachrohr der Grünen und sehr wichtig für die Akteure der Partei, aber als die Zeitung dann im Zuge der Balkankrise auch einmal wagte, die Kriegspolitik Fischers zu kritisieren, gab er fortan lieber der „Bild“ Interviews. Auch wenn die taz in mancher Hinsicht im Mainstream angekommen ist, hat sie dabei nicht so stark gelitten wie die Grünen.
    Was sicher damit zu tun hat, dass an den (veganen) Fleischtöpfen von Mütterchen taz nach wie vor nicht viel zu holen ist, während die Politik lukrative Pöstchen und Pensionen bietet. Dafür lässt man dann auch schon mal den Hambacher Forst roden oder drückt beim Dieselbetrug im Ländle alle grünen Augen zu.

    Die Tageszeitung – Geschichte
    https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Tageszeitung#Geschichte

    Depuis le projet s’est dévelopée dans une association qui participe à la transformation du centre ville de Berlin à travers ses investissements. Le journal est assez proche du ligne due parti vert et ne condamne plus la politique militariste des gouvernements divers.

    Die erste Vorausgabe erschien am 26. September 1978.[56] Allerdings trug sie das Datum 22. September – fünf Tage hatte die Bearbeitung der „Nullnummer Nr. 1“[57] mit 16 Seiten gedauert.[58] Sie enthielt einen doppelseitigen Bericht des Schriftstellers und Journalisten Gabriel García Márquez über den Sieg der Sandinistas in Nicaragua. Weitere Schwerpunkte waren die geplante Wiederaufbereitungsanlage für Atommüll in Gorleben, die Verhaftung von Astrid Proll, ein Interview mit einer Animierdame einer Peepshow, der Widerstand gegen Uranbergbau im Schwarzwald, sowie das NATO-Großmanöver AUTUMN FORGE. Die erste reguläre Ausgabe der taz erschien dann am 17. April 1979.[59] Die Zeitung verstand sich als Alternative zum von ihr bisher ausschließlich bürgerlich orientiert empfundenen Zeitungsmarkt mit der Zielgruppe Studenten, Alternative, Grüne, Linksliberale, linke Sozialdemokratie und später auch für die ab 1980 anwachsende Hausbesetzerbewegung.

    40 Jahre TAZ - Das Buch (PDF)
    http://download.taz.de/40jahretaz_Book_kurz.pdf

    #Allemagne #journalisme #politique #gauche

  • Das Montags-Abschieds-Bild - DaybyDay ISSN 1860-2967
    http://daybyday.press/article6255.html


    Die kleinen Händler geben auf, weil es sich nicht mehr lohnt und weil sie alt geworden sind. Da kommt auch nichts nach, denn heute geht nichts mehr ohne Ebay, Amazon oder große Handelsketten - oder?

    Die letzte Zigarette am Abend des letzten Geschäftstages...
    ... danach wird das Geschäft - in der Kaiser-Friedrich-Str. 17A in Berlin-Charlottenburg - für immer geschlossen.

    Mal sehen, was wir in den nächsten Jahren entdecken werden - vermutlich wird es nicht mehr genügen, einfach durch die Stadt zu streifen.

    Wie bei Nachclubs wird eine online-Community, oft wiederum bei großen Kommunikationsplattformen, den so genannten sozialen Netzwerken, sich untereinander über Einkaufsmöglichkeiten verständigen. Crowdfunding wird Projekte anschieben und der kleine Händler wird nicht mehr allein in Charlottenburg sein, sondern genauso in Haight-Ashbury, Saint-Gilles oder in der Josefstadt. Auf Reisen wird das vorab Georderte eingesammelt, solange es klein genug ist, um im Handgepäck-Rollkoffer Platz zu finden, Größeres wird zugstellt. Standardartikel kommen vom Chain-Store.

    #Berlin #Charlottenburg #Kaiser-Friedrich-Straße #Handel

  • Ad Scammers Need Suckers, and Facebook Helps Find Them - Bloomberg
    https://www.bloomberg.com/news/features/2018-03-27/ad-scammers-need-suckers-and-facebook-helps-find-them

    They’d come to mingle with thousands of affiliate marketers—middlemen who buy online ad space in bulk, run their campaigns, and earn commissions for each sale they generate. Affiliates promote some legitimate businesses, such as Amazon.com Inc. and EBay Inc., but they’re also behind many of the shady and misleading ads that pollute Facebook, Instagram, Twitter, and the rest of the internet.
    Robert Gryn says users of his tracking software place about $400 million worth of ads a year on Facebook.
    Photographer: Angie Smith for Bloomberg Businessweek

    The top affiliates—virtually all of them young men—assemble a few times a year to learn the latest schemes and trade tips about gaming the rules set by social networks and search platforms. They think of themselves as kin to the surfers-slash-bank-robbers of the 1991 movie Point Break, just more materialistic, jetting from nightclub to Lamborghini race while staying a step ahead of the authorities. One San Diego crew took in $179 million before getting busted last year by the Federal Trade Commission for violating three laws governing online conduct.

    It was hard to believe that Facebook would cozy up to disreputable advertisers in mid-2017 as it was under intense scrutiny from lawmakers and the media over revelations that Russian trolls had used the platform to influence the 2016 presidential election. Officially, the Berlin conference was for aboveboard marketing, but the attendees I spoke to dropped that pretense after the mildest questioning. Some even walked around wearing hats that said “farmin’,” promoting a service that sells fake Facebook accounts.

    Granted anonymity, affiliates were happy to detail their tricks. They told me that Facebook had revolutionized scamming. The company built tools with its trove of user data that made it the go-to platform for big brands. Affiliates hijacked them. Facebook’s targeting algorithm is so powerful, they said, they don’t need to identify suckers themselves—Facebook does it automatically. And they boasted that Russia’s dezinformatsiya agents were using tactics their community had pioneered.

    Tiens, un exemple encore de pratiques qui commencent avec le commerce et migrent vers la surveillance politique.

    The basic process isn’t complicated. For example: A maker of bogus diet pills wants to sell them for $100 a month and doesn’t care how it’s done. The pill vendor approaches a broker, called an affiliate network, and offers to pay a $60 commission per sign-up. The network spreads the word to affiliates, who design ads and pay to place them on Facebook and other places in hopes of earning the commissions. The affiliate takes a risk, paying to run ads without knowing if they’ll work, but if even a small percentage of the people who see them become buyers, the profits can be huge.

    Affiliates once had to guess what kind of person might fall for their unsophisticated cons, targeting ads by age, geography, or interests. Now Facebook does that work for them. The social network tracks who clicks on the ad and who buys the pills, then starts targeting others whom its algorithm thinks are likely to buy. Affiliates describe watching their ad campaigns lose money for a few days as Facebook gathers data through trial and error, then seeing the sales take off exponentially. “They go out and find the morons for me,” I was told by an affiliate who sells deceptively priced skin-care creams with fake endorsements from Chelsea Clinton.

    Gryn found the affiliates at a moment when they were discovering social media. They’d begun applying tricks on Facebook that had been invented by email spammers, who’d in turn borrowed the tactics of fax spammers in the 1980s and ’90s. New forms of media have always been hijacked by misleading advertising: 19th century American newspapers were funded in part by dishonest patent medicine ads. Within days of Abraham Lincoln’s inauguration, the makers of Bellingham’s Onguent were placing ads claiming the president had used their product to grow his trendy whiskers.

    #Facebook #Publicité #Arnaques

  • How Facebook Helps Shady Advertisers Pollute the Internet | Zeke Faux, Bloomberg, 27/03/2018
    https://www.bloomberg.com/news/features/2018-03-27/ad-scammers-need-suckers-and-facebook-helps-find-them

    It was a Davos for digital hucksters. One day last June, scammers from around the world gathered for a conference at a renovated 19th century train station in Berlin. All the most popular hustles were there: miracle diet pills, instant muscle builders, brain boosters, male enhancers. The “You Won an iPhone” companies had display booths, and the “Your Computer May Be Infected” folks sent salesmen. Russia was represented by the promoters of a black-mask face peel, and Canada made a showing with bot-infested dating sites.

    They’d come to mingle with thousands of affiliate marketers—middlemen who buy online ad space in bulk, run their campaigns, and earn commissions for each sale they generate. Affiliates promote some legitimate businesses, such as Amazon.com Inc. and EBay Inc., but they’re also behind many of the shady and misleading ads that pollute Facebook, Instagram, Twitter, and the rest of the internet.

    The top affiliates—virtually all of them young men—assemble a few times a year to learn the latest schemes and trade tips about gaming the rules set by social networks and search platforms. They think of themselves as kin to the surfers-slash-bank-robbers of the 1991 movie Point Break, just more materialistic, jetting from nightclub to Lamborghini race while staying a step ahead of the authorities. One San Diego crew took in $179 million before getting busted last year by the Federal Trade Commission for violating three laws governing online conduct.

    #Facebook #publicité

  • Moabit | Hype | Trendbezirk | Arminiusmarkthalle
    https://www.qiez.de/mitte/wohnen-und-leben/moabit-hype-trendbezirk-arminiusmarkthalle/183032280
    https://images03.qiez.de/Flickr_Manfred+Wassmann.jpg/facebookShareImage/0/183.034.386/183.032.234
    Präzise Beobachtungen. Nur so richtig down and out in Moabit sieht dann doch noch anders aus. Und das war Moabit lange, down and out , weiter unten war nicht. Wer hier einen festen Job hatte, gehörte zur Elite.

    Bürgerliche Medien veröffentlichen bürgerliche Perspektiven. Auch die Bürger gab es immer schon in Moabit, die Fabrik- und Brauereibesitzer vom Kaiser- bis ins Nazireich, die vielen, vielen Pauker, die sich schon vor 1980 billige Eigentumswohnungen zulegten, und den Terroristenjäger Alexander von Stahl mit seinen rebellischen Kindern.

    Was ist eigentlich aus der Zeitarbeitsvermittlung im Fleisch- und Fruchthof geworden? Sind die einfachen Eckkneipenbewohner alle tot, die sich ihre Stütze direkt aufs Konto des Wirts überweisen ließen? Wo kriegt man heute in Berlin ein billiges Fahrrad her? Wahrscheinlich muss man auf Ebay suchen. Niemand zieht mehr durch die Kneipen und tauscht das frischgeklaute Fahrrad gegen ein paar Bier.

    Von Gentrifizierung ist immer mal wieder die Rede. Moabit soll ein Trendbezirk, ja gar hip sein. Bei dieser These geht unser Autor nicht mit. Und der hat immerhin sein ganzes Leben dort verbracht …

    Moabit, da war damals, wir sind in den frühen Achtzigern, weil ich viel weiter nun auch nicht auf eigene Erfahrungen zurückschauen kann – Moabit, da war damals nicht vieles schön. Die alten Griechen, überlebte Gastarbeiter oder ihre nachgeholten Papas, spuckten ihre Kaugummis auf den taubenverschissenen Platz am Rathaus, der White Trash brüllte seine Kids auf offener Straße zusammen, die Fixer verstreuten ihre Spritzen in den zahlreichen grauen Ecken im Kleinen #Tiergarten, Gangs von Minderjährigen sahen sich um, was vom Taschengeld anderer zu holen war. Alles unter dem riesigen Hertie-Leuchtschriftzug, der diesem Moloch Licht brachte. 1000 Berlin 21. Jungleland.

    Insel mitten in Berlin

    Es war also nicht vieles schön – außer halt man wohnte da. Dann bekam man von den Griechen Kaugummis, lernte auf den Kieselschotterwegen im Kleinen Tiergarten Fahrradfahren und kannte jemanden in den Gangs oder zumindest einen kleinen Bruder, so dass einem der größte Mist erspart blieb. Und der White Trash, zu dem gehörte man vermutlich selbst irgendwie, sowieso auf dieser Insel mitten in Berlin, auf der eh fast jeder irgendwie ein bisschen nicht von hier war und die Hälfte deiner besten Freunde Türken. Born in Moabit. 

    Dann kam die Wende und veränderte erst mal nichts. Stattdessen änderten sich die Dinge, wir sind im Zeitraffer, zunächst in Kreuzberg, zum ersten Mal hörte man das Wort Gentrifizierung und irgendwie klang es gar nicht so schlecht, später in Neukölln, das heute wohl für niemanden mehr klingt wie Harlem, wobei ja auch Harlem anders klingt. Anderes Thema. Die Politur der rauen Kanten, die Aufwertung des allenfalls schäbig Schönen, der Ausverkauf des Billigen, der Wandel sollte System bekommen, als nächstes war also der Wedding dran. Und kam irgendwie nicht. Stattdessen tat sich was in Moabit, wo mittlerweile der #Hauptbahnhof den #Lehrter_Bahnhof ersetzt hatte, ein Spa große Teile des Poststadions, Sitzkiesel die Fixerbänke im #Ottopark. Die #Arminiusmarkthalle entwickelte sich zu so etwa wie einem Gastro-Schmuckstück, ein paar Eckkneipen machten Platz für gar nicht mal mehr so armer Menschen Kinder Tanzschulen, die #Gotzkowsky-Grundschule bekam den Namen einer südafrikanischen Sängerin und Apartheid-Gegnerin. Und Gentrifizierung klingt immer noch gar nicht so schlecht.

    Moabit und hip?

    Aber hip? Es liegt noch nicht lang zurück, da hörte ich einen entsprechend Verdächtigen poltern, Moabit, das sei doch gar nicht Berlin. Also nicht Kreuzberg und Neukölln, sollte das wohl heißen. Na dann, wo er recht hat, wa? Das neue Stadtviertel um die #Heidestraße am Hauptbahnhof trägt alle Züge des subkulturellen Brachlands, das den #Potsdamer_Platz umschwimmt, das Brauerei-Gelände an der #Stromstraße, wo 1987 der letzte Schluck vertropft ist, wird drei Jahrzehnte später zum Schultheiss-Quartier, Herzstück Kaufland, und die Wohnungen in den gutbürgerlichen Kiezen am Südzipfel von Moabit zwischen Westfälischem Viertel und Bellevue sind großenteils längst zu teuer und überhaupt in Beschlag genommen vom Kryptonit des Hipstertums, von jungen Familien, die nicht neue Barkonzepte brauchen, sondern Kindergärten, wo die Kleinen auf Tanzschule und BWL-Studium vorbereitet werden.
     
    Die Straße schreibt die besten Geschichten: Als ich die Fotos für diesen Kommentar gemacht habe, lief mir tatsächlich ein verloren gegangener Hipster in die Arme, verzweifelt auf der Suche nach dem nächsten WiFi-Hotspot. Alles, was mir einfiel, waren die arabischen Internetcafés um die Beusselstraße herum – und da ist Moabit dann ja auch schon fast wieder vorbei. Friedrich Reip

    Alexander von Stahl
    https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_von_Stahl

    Senator und Bürgermeister Hermann Oxfort berief ihn im Mai 1975 zum Staatssekretär in der Berliner Justizverwaltung.
    ...
    Als er am 9. September 1987 im Abgeordnetenhaus-Ausschuss die Zahl von Vergewaltigungsopfern in einem Strafprozess mit „acht Stück“ bezifferte, musste die Sitzung aufgrund einhelliger Empörung von Abgeordneten und Zuhörern über die Wortwahl vorzeitig beendet werden. Im Februar 1989 versetzte ihn der rot-grüne Senat unter dem Regierenden Bürgermeister Walter Momper in den einstweiligen Ruhestand.

    Generalbundesanwalt

    Auf Betreiben des FDP-Vorsitzenden Otto Graf Lambsdorff wurde er von CDU und FDP zum Generalbundesanwalt vorgeschlagen und am 1. Juni 1990 berufen. Kurt Rebmann, sein Vorgänger seit dem 1. Juli 1977, ging in den Ruhestand. Von Stahls Amtszeit war von der Strafverfolgung früherer Agenten des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit und der Bekämpfung terroristischer Vereinigungen wie der Rote Armee Fraktion (RAF) und insbesondere der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) geprägt.

    #Berlin #Mitte #Moabit #Gentrifizierung

  • Uber Pushed the Limits of the Law. Now Comes the Reckoning - Bloomberg
    https://www.bloomberg.com/news/features/2017-10-11/uber-pushed-the-limits-of-the-law-now-comes-the-reckoning

    The ride-hailing company faces at least five U.S. probes, two more than previously reported, and the new CEO will need to dig the company out of trouble.

    Illustration: Maria Nguyen
    By Eric Newcomer
    October 11, 2017, 10:11 AM GMT+2

    Shortly after taking over Uber Technologies Inc. in September, Dara Khosrowshahi told employees to brace for a painful six months. U.S. officials are looking into possible bribes, illicit software, questionable pricing schemes and theft of a competitor’s intellectual property. The very attributes that, for years, set the company on a rocket-ship trajectory—a tendency to ignore rules, to compete with a mix of ferocity and paranoia—have unleashed forces that are now dragging Uber back down to earth.

    Uber faces at least five criminal probes from the Justice Department—two more than previously reported. Bloomberg has learned that authorities are asking questions about whether Uber violated price-transparency laws, and officials are separately looking into the company’s role in the alleged theft of schematics and other documents outlining Alphabet Inc.’s autonomous-driving technology. Uber is also defending itself against dozens of civil suits, including one brought by Alphabet that’s scheduled to go to trial in December.

    “There are real political risks for playing the bad guy”
    Some governments, sensing weakness, are moving toward possible bans of the ride-hailing app. London, one of Uber’s most profitable cities, took steps to outlaw the service, citing “a lack of corporate responsibility” and specifically, company software known as Greyball, which is the subject of yet another U.S. probe. (Uber said it didn’t use the program to target officials in London, as it had elsewhere, and will continue to operate there while it appeals a ban.) Brazil is weighing legislation that could make the service illegal—or at least treat it more like a taxi company, which is nearly as offensive in the eyes of Uber.

    Interviews with more than a dozen current and former employees, including several senior executives, describe a widely held view inside the company of the law as something to be tested. Travis Kalanick, the co-founder and former CEO, set up a legal department with that mandate early in his tenure. The approach created a spirit of rule-breaking that has now swamped the company in litigation and federal inquisition, said the people, who asked not to be identified discussing sensitive matters.

    Kalanick took pride in his skills as a micromanager. When he was dissatisfied with performance in one of the hundreds of cities where Uber operates, Kalanick would dive in by texting local managers to up their game, set extraordinary growth targets or attack the competition. His interventions sometimes put the company at greater legal risk, a group of major investors claimed when they ousted him as CEO in June. Khosrowshahi has been on an apology tour on behalf of his predecessor since starting. Spokespeople for Kalanick, Uber and the Justice Department declined to comment.

    Kalanick also defined Uber’s culture by hiring deputies who were, in many instances, either willing to push legal boundaries or look the other way. Chief Security Officer Joe Sullivan, who previously held the same title at Facebook, runs a unit where Uber devised some of the most controversial weapons in its arsenal. Uber’s own board is now looking at Sullivan’s team, with the help of an outside law firm.

    Salle Yoo, the longtime legal chief who will soon leave the company, encouraged her staff to embrace Kalanick’s unique corporate temperament. “I tell my team, ‘We’re not here to solve legal problems. We’re here to solve business problems. Legal is our tool,’” Yoo said on a podcast early this year. “I am going to be supportive of innovation.”

    From Uber’s inception, the app drew the ire of officials. After a couple years of constant sparring with authorities, Kalanick recognized he needed help and hired Yoo as the first general counsel in 2012. Yoo, an avid tennis player, had spent 13 years at the corporate law firm Davis Wright Tremaine and rose to become partner. One of her first tasks at Uber, according to colleagues, was to help Kalanick answer a crucial question: Should the company ignore taxi regulations?

    Around that time, a pair of upstarts in San Francisco, Lyft Inc. and Sidecar, had begun allowing regular people to make money by driving strangers in their cars, but Uber was still exclusively for professionally licensed drivers, primarily behind the wheel of black cars. Kalanick railed against the model publicly, arguing that these new hometown rivals were breaking the law. But no one was shutting them down. Kalanick, a fiercely competitive entrepreneur, asked Yoo to help draft a legal framework to get on the road.

    By January 2013, Kalanick’s view of the law changed. “Uber will roll out ridesharing on its existing platform in any market where the regulators have tacitly approved doing so,” Kalanick wrote in a since-deleted blog post outlining the company’s position. Uber faced some regulatory blowback but was able to expand rapidly, armed with the CEO’s permission to operate where rules weren’t being actively enforced. Venture capitalists rewarded Uber with a $17 billion valuation in 2014. Meanwhile, other ride-hailing startups at home and around the world were raising hundreds of millions apiece. Kalanick was determined to clobber them.

    One way to get more drivers working for Uber was to have employees “slog.” This was corporate speak for booking a car on a competitor’s app and trying to convince the driver to switch to Uber. It became common practice all over the world, five people familiar with the process said.

    Staff eventually found a more efficient way to undermine its competitors: software. A breakthrough came in 2015 from Uber’s office in Sydney. A program called Surfcam, two people familiar with the project said, scraped data published online by competitors to figure out how many drivers were on their systems in real-time and where they were. The tool was primarily used on Grab, the main competitor in Southeast Asia. Surfcam, which hasn’t been previously reported, was named after the popular webcams in Australia and elsewhere that are pointed at beaches to help surfers monitor swells and identify the best times to ride them.

    Surfcam raised alarms with at least one member of Uber’s legal team, who questioned whether it could be legally operated in Singapore because it may run afoul of Grab’s terms of service or the country’s strict computer-crime laws, a person familiar with the matter said. Its creator, who had been working out of Singapore after leaving Sydney, eventually moved to Uber’s European headquarters in Amsterdam. He’s still employed by the company.

    “This is the first time as a lawyer that I’ve been asked to be innovative.”
    Staff at home base in San Francisco had created a similar piece of software called Hell. It was a tongue-in-cheek reference to the Heaven program, which allows employees to see where Uber drivers are in a city at a given moment. With Hell, Uber scraped Lyft data for a view of where its rival’s drivers were. The legal team decided the law was unclear on such tactics and approved Hell in the U.S., a program first reported by technology website the Information.

    Now as federal authorities investigate the program, they may need to get creative in how to prosecute the company. “You look at what categories of law you can work with,” said Yochai Benkler, co-director of Harvard University’s Berkman Klein Center for Internet and Society. “None of this fits comfortably into any explicit prohibitions.”

    Uber’s lawyers had a hard time keeping track of all the programs in use around the world that, in hindsight, carried significant risks. They signed off on Greyball, a tool that could tag select customers and show them a different version of the app. Workers used Greyball to obscure the actual locations of Uber drivers from customers who might inflict harm on them. They also aimed the software at Lyft employees to thwart any slog attempts.

    The company realized it could apply the same approach with law enforcement to help Uber drivers avoid tickets. Greyball, which was first covered by the New York Times, was deployed widely in and outside the U.S. without much legal oversight. Katherine Tassi, a former attorney at Uber, was listed as Greyball supervisor on an internal document early this year, months after decamping for Snap Inc. in 2016. Greyball is under review by the Justice Department. In another case, Uber settled with the Federal Trade Commission in August over privacy concerns with a tool called God View.

    Uber is the world’s most valuable technology startup, but it hardly fits the conventional definition of a tech company. Thousands of employees are scattered around the world helping tailor Uber’s service for each city. The company tries to apply a Silicon Valley touch to the old-fashioned business of taxis and black cars, while inserting itself firmly into gray areas of the law, said Benkler.

    “There are real political risks for playing the bad guy, and it looks like they overplayed their hand in ways that were stupid or ultimately counterproductive,” he said. “Maybe they’ll bounce back and survive it, but they’ve given competitors an opening.”

    Kalanick indicated from the beginning that what he wanted to achieve with Yoo was legally ambitious. In her first performance review, Kalanick told her that she needed to be more “innovative.” She stewed over the feedback and unloaded on her husband that night over a game of tennis, she recalled in the podcast on Legal Talk Network. “I was fuming. I said to my husband, who is also a lawyer: ‘Look, I have such a myriad of legal issues that have not been dealt with. I have constant regulatory pressures, and I’m trying to grow a team at the rate of growth of this company.’”

    By the end of the match, Yoo said she felt liberated. “This is the first time as a lawyer that I’ve been asked to be innovative. What I’m hearing from this is I actually don’t have to do things like any other legal department. I don’t have to go to best practices. I have to go to what is best for my company, what is best for my legal department. And I should view this as, actually, freedom to do things the way I think things should be done, rather than the way other people do it.”

    Prosecutors may not agree with Yoo’s assumptions about how things should be done. Even when Yoo had differences of opinion with Kalanick, she at times failed to challenge him or his deputies, or to raise objections to the board.

    After a woman in Delhi was raped by an Uber driver, the woman sued the company. Yoo was doing her best to try to manage the fallout by asking law firm Khaitan & Co. to help assess a settlement. Meanwhile, Kalanick stepped in to help craft the company’s response, privately entertaining bizarre conspiracy theories that the incident had been staged by Indian rival Ola, people familiar with the interactions have said. Eric Alexander, an Uber executive in Asia, somehow got a copy of the victim’s medical report in 2015. Kalanick and Yoo were aware but didn’t take action against him, the people said. Yoo didn’t respond to requests for comment.

    The mishandling of the medical document led to a second lawsuit from the woman this year. The Justice Department is now carrying out a criminal bribery probe at Uber, which includes questions about how Alexander obtained the report, two people said. Alexander declined to comment through a spokesman.

    In 2015, Kalanick hired Sullivan, the former chief security officer at Facebook. Sullivan started his career as a federal prosecutor in computer hacking and intellectual property law. He’s been a quiet fixture of Silicon Valley for more than a decade, with stints at PayPal and EBay Inc. before joining Facebook in 2008.

    It appears Sullivan was the keeper of some of Uber’s darkest secrets. He oversees a team formerly known as Competitive Intelligence. COIN, as it was referred to internally, was the caretaker of Hell and other opposition research, a sort of corporate spy agency. A few months after joining Uber, Sullivan shut down Hell, though other data-scraping programs continued. Another Sullivan division was called the Strategic Services Group. The SSG has hired contractors to surveil competitors and conducts extensive vetting on potential hires, two people said.

    Last year, Uber hired private investigators to monitor at least one employee, three people said. They watched China strategy chief Liu Zhen, whose cousin Jean Liu is president of local ride-hailing startup Didi Chuxing, as the companies were negotiating a sale. Liu Zhen couldn’t be reached for comment.

    Sullivan wasn’t just security chief at Uber. Unknown to the outside world, he also took the title of deputy general counsel, four people said. The designation could allow him to assert attorney-client privilege on his communications with colleagues and make his e-mails more difficult for a prosecutor to subpoena.

    Sullivan’s work is largely a mystery to the company’s board. Bloomberg learned the board recently hired a law firm to question security staff and investigate activities under Sullivan’s watch, including COIN. Sullivan declined to comment. COIN now goes by a different but similarly obscure name: Marketplace Analytics.

    As Uber became a global powerhouse, the balance between innovation and compliance took on more importance. An Uber attorney asked Kalanick during a company-wide meeting in late 2015 whether employees always needed to follow local ride-hailing laws, according to three people who attended the meeting. Kalanick repeated an old mantra, saying it depended on whether the law was being enforced.

    A few hours later, Yoo sent Kalanick an email recommending “a stronger, clearer message of compliance,” according to two people who saw the message. The company needed to adhere to the law no matter what, because Uber would need to demonstrate a culture of legal compliance if it ever had to defend itself in a criminal investigation, she argued in the email.

    Kalanick continued to encourage experimentation. In June 2016, Uber changed the way it calculated fares. It told customers it would estimate prices before booking but provided few details.

    Using one tool, called Cascade, the company set fares for drivers using a longstanding formula of mileage, time and demand. Another tool called Firehouse let Uber charge passengers a fixed, upfront rate, relying partly on computer-generated assumptions of what people traveling on a particular route would be willing to pay.

    Drivers began to notice a discrepancy, and Uber was slow to fully explain what was going on. In the background, employees were using Firehouse to run large-scale experiments offering discounts to some passengers but not to others.

    “Lawyers don’t realize that once they let the client cross that line, they are prisoners of each other from that point on”
    While Uber’s lawyers eventually looked at the pricing software, many of the early experiments were run without direct supervision. As with Greyball and other programs, attorneys failed to ensure Firehouse was used within the parameters approved in legal review. Some cities require commercial fares to be calculated based on time and distance, and federal law prohibits price discrimination. Uber was sued in New York over pricing inconsistencies in May, and the case is seeking class-action status. The Justice Department has also opened a criminal probe into questions about pricing, two people familiar with the inquiry said.

    As the summer of 2016 dragged on, Yoo became more critical of Kalanick, said three former employees. Kalanick wanted to purchase a startup called Otto to accelerate the company’s ambitions in self-driving cars. In the process, Otto co-founder Anthony Levandowski told the company he had files from his former employer, Alphabet, the people said. Yoo expressed reservations about the deal, although accounts vary on whether those were conveyed to Kalanick. He wanted to move forward anyway. Yoo and her team then determined that Uber should hire cyber-forensics firm Stroz Friedberg in an attempt to wall off any potentially misbegotten information.

    Alphabet’s Waymo sued Uber this February, claiming it benefited from stolen trade secrets. Uber’s board wasn’t aware of the Stroz report’s findings or that Levandowski allegedly had Alphabet files before the acquisition, according to testimony from Bill Gurley, a venture capitalist and former board member, as part of the Waymo litigation. The judge in that case referred the matter to U.S. Attorneys. The Justice Department is now looking into Uber’s role as part of a criminal probe, two people said.

    As scandal swirled, Kalanick started preaching the virtues of following the law. Uber distributed a video to employees on March 31 in which Kalanick discussed the importance of compliance. A few weeks later, Kalanick spoke about the same topic at an all-hands meeting.

    Despite their quarrels and mounting legal pressure, Kalanick told employees in May that he was promoting Yoo to chief legal officer. Kalanick’s true intention was to sideline her from daily decisions overseen by a general counsel, two employees who worked closely with them said. Kalanick wrote in a staff email that he planned to bring in Yoo’s replacement to “lead day to day direction and operation of the legal and regulatory teams.” This would leave Yoo to focus on equal-pay, workforce-diversity and culture initiatives, he wrote.

    Before Kalanick could find a new general counsel, he resigned under pressure from investors. Yoo told colleagues last month that she would leave, too, after helping Khosrowshahi find her replacement. He’s currently interviewing candidates. Yoo said she welcomed a break from the constant pressures of the job. “The idea of having dinner without my phone on the table or a day that stays unplugged certainly sounded appealing,” she wrote in an email to her team.

    The next legal chief won’t be able to easily shed the weight of Uber’s past. “Lawyers don’t realize that once they let the client cross that line, they are prisoners of each other from that point on,” said Marianne Jennings, professor of legal and ethical studies in business at Arizona State University. “It’s like chalk. There’s a chalk line: It’s white; it’s bright; you can see it. But once you cross over it a few times, it gets dusted up and spread around. So it’s not clear anymore, and it just keeps moving. By the time you realize what’s happening, if you say anything, you’re complicit. So the questions start coming to you: ‘How did you let this go?’”

    #Uber #USA #Recht

  • U.S. states probe #eBay #cyberattack as customers complain | Reuters
    http://www.reuters.com/article/2014/05/22/us-ebay-password-idUSBREA4K0B420140522

    EBay Inc came under pressure on Thursday over a massive hacking of customer data as three U.S. states began investigating the e-commerce company’s security practices.

    Connecticut, Florida and Illinois said they are jointly investigating the matter. New York Attorney General Eric Schneiderman requested eBay provide free credit monitoring for everyone affected.

    Details about what happened are still unclear because eBay has provided few details about the attack. It is also unclear what legal authority states have over eBay’s handling of the matter.

    The states’ quick move shows that authorities are serious about holding companies accountable for securing data following high-profile breaches at other companies, including retailers Target Corp, Neiman Marcus and Michaels and credit monitoring bureau Experian Plc.