• Alice Springs Retrospektive
    https://www.rbb-online.de/rbbkultur-magazin/archiv/20230603_1830/springs-alice-newton-fotografin-ausstellung-museum-fuer-fotografie-retros

    J’ai vu l’expo. Vous n’avez rien manqué. Voire https://seenthis.net/messages/1034120

    Sa 03.06.2023 | 18:30 | rbbKultur - Das Magazin

    Sie lernten sich 1947 in seinem Atelier in Melbourne kennen: Der 27-jährige Fotograf Helmut Newton und die 26-jährige Schauspielerin June Browne. 22 Jahre lange fotografierte June, die inzwischen Newton hieß, nur privat. Aber 1970 wurde Newton, inzwischen weltberühmt, vor einem Fotoauftrag krank - seine Frau sprang für ihn ein. Von diesem Tag an begann ihre öffentliche Karriere als Fotografin. Sie nannte sich nun Alice Springs. Und begann eigene Wege zu gehen. Vor 2 Jahren starb Alice Springs 98jährig und 17 Jahre nach ihrem Mann. Jetzt wurde ihr fotografischer Nachlass und der Hausstand der beiden aus Monte Carlo nach Berlin in die Helmut Newton Stiftung gebracht.

    Es ist Liebe auf den ersten Blick als Helmut Newton seine June 1947 zum ersten Mal fotografiert. Ein Jahr später heiraten sie. June Newton ist seine Muse und kuratiert seine Ausstellungen. Erst über 20 Jahre später wird sie eine renommierte Fotografin. Sie nennt sich Alice Springs. 2021 starb sie 98-jährig. Jetzt zeigt die Helmut Newton Stiftung die Retrospektive „Alice Springs“. Ihre Karriere als Fotografin begann per Zufall: Als Helmut Newton 1970 wegen einer Grippe nicht fotografieren kann, springt sie ein und macht ihr erstes Werbebild für die Zigarettenmarke „Gitanes“.

    June Newton alias Alice Springs, 2009

    „I will gehen, habe ich gesagt, ich habe eine Kamera, wenn es nicht funktioniert, kannst Du es nächste Woche nachholen, aber zumindest kann ich es dem Jungen, dem Fotomodell sagen. Er akzeptierte von mir fotografiert zu werden. Die Bilder gingen zum Kunden, und der Scheck kam zu Helmut Newton zurück, und dann hatte ich eine neue Karriere, ein neues Geschäft.“

    June Newton wird 1923 in Melbourne geboren. Sie feiert erste Erfolge als Schauspielerin, während Helmut Newton noch unbekannt ist. Er fotografiert sie in der Rolle der „Salomé“. Als Schauspielerin sensibilisiert sie Newton für das Rollenspiel bei der Inszenierung seiner Akt-Modelle. Sie gibt ihm viele Tipps für das Model-Shooting. Nacktheit ist für beide etwas ganz Natürliches. Im Alltag fotografieren sie sich gegenseitig.

    June Newton alias Alice Springs, 2009

    "Wir waren gerade beim Abendessen in der Küche, wie immer in Paris. Und ich habe eine Zigarette geraucht, und ich habe mich eben entspannt und Helmut hatte wie immer eine Kamera in der Hand, und er sagte: „Mach so Juni“, „Do that Juni“, und ich machte es."

    Matthias Harder, Kurator, „Alice Springs Retrospektive“

    „Ich glaube, das war ein tolles Wechselspiel der beiden. Also sie haben sich ja seit den 50er-Jahren eigentlich gegenseitig porträtiert, also lange bevor June Newton als Fotografin richtig reüssierte und dieses Bild im Hintergrund ist aus den Achtzigern. Man sieht Helmut Newton mit ihrem Hut, mit ihren Pumps. Und es ist dieses Rollenspiel, was zwischen den beiden schon unglaublich früh begann.“

    June Newton nennt sich in den 1970er Jahren Alice Springs, macht Modefotos für die Titelseiten internationaler Frauenmagazine. Im Gegensatz zu Newton, der seine Models aufwendig inszeniert, fotografiert sie ihre spontan, zeigt sie in ihrer Natürlichkeit. Bekannt wird sie mit einer großen Kampagne: Hier eines der Werbebilder für den legendären Pariser Friseur Jean Louis David. Sie macht auch Porträts: Zum Beispiel vom Schriftsteller William S. Bouroughs, Maler Gerhard Richter oder Modeschöpfer Karl Lagerfeld. Alice Springs öffnet sie emotional, fängt intensiv deren Blicke ein. Auch noch nie gezeigte Fotos von Alice Springs sind in der Ausstellung zu entdecken: Zum Beispiel ein Porträt des Philosophen Michel Foucault. Ihm entlockt sie ein herzliches Lachen. Alice Springs Schauspielerfahrung vor und hinter der Kamera kommt ihr dabei zugute. In der Ausstellung sehen wir Porträtbilder von Alice Springs und Helmut Newton nebeneinander. Hier ein Bild von Schauspielerin Catharine Deneuve. Alice Springs fotografiert sie privater und intimer als ihr Mann Helmut Newton - der inszeniert sie lasziv und mit geschickter Lichtregie.

    Matthias Hader, Kurator

    „Helmut Newton hat in den drei Fällen in den gleichen drei Feldern gearbeitet wie June Newton und tun hat es insbesondere im Porträt zu einer Meisterschaft gebracht. Ja, wenn wir die Bilder in Gegenüberstellung sehen, da hat vielleicht Helmut Newton gar nicht herangereicht. Es sind wirklich Menschenbilder voller Seele, die June Newton alias Alice Springs geschaffen hat. Und das ist ihre ganz große Leistung, auch in der Fotogeschichte.“

    In der Ausstellung ist auch der sogenannte „Living Room“, das Wohnzimmer des Künstlerpaares zusehen. An den Wänden: Ein Bild von Andy Warhol, Roy Lichtenstein und auch der verhüllte Berliner Reichstag.

    Matthias Harder, Kurator

    „Helmut Newton hatte ja immer ein Heimweh auch an seine Geburtsstadt Berlin und Helmut und June waren ja sehr, sehr häufig hier. Und das ist im Grunde auch dieses Porträt, was June von ihm gemacht hat vor dem Reichstag, was hier rein collagiert ist. Und so treffen sich die beiden in ihrem Werk immer wieder, und die eine ist ohne den anderen nicht denkbar und umgekehrt.“

    Ein unzertrennliches Ehepaar mit einem großen Werk, das unterschiedlicher nicht sein kann.

    – Museum für Fotografie
    Ausstellung: Alice Springs. Retrospektive, 03.06.2023 bis 19.11.2023

    Anlässlich des 100. Geburtstag von June Newton alias Alice Springs werden über 200 Fotografien auf der gesamten Ausstellungsfläche im ersten Stock des Museums für Fotografie gezeigt.

    #Berlin #Charlottenburg #Jebensstraße #photographie

  • Museum für überflüssige Fotografie Berlin
    https://www.smb.museum/museen-einrichtungen/museum-fuer-fotografie/home


    Si vous vous trouvez à Berlin, n’y allez pas, profitez des autres musées, des parcs et lieux culturels à votre portée. Si par contre vous êtes toujours attirés par l’érotisme en noir et blanc des années 1960 - 1990, si vous avez envie de rencontrer la perspective male gaze d’un vieux résidant blanc de Monaco, ce musée est pour vous.

    Il se trouve que le musée de photographie est l’appendice de la fondation Helmut Newton Stiftung . Le riche photographe de mode originaire de Berlin a profité du besoin des politiciens de la capitale allemande de faire encore preuve de philosemitisme pour récupérer l’énorme bâtiment d’un ancien casino militaire dont on ne savait pas trop que faire au tournant du siècle.

    Le musée propose outre la collection Helmut Newton / Alice Springs des expositions changeantes, mais là encore, n’y allez pas tant qu’on y présente Flashes of Memory. Fotografie im Holocaust Je ne sais pas si on doit qualifier ce type d’assemblage de holocaust porn , mais il n’y a rien à apprendre. Quand on connaît le sujet c’est superflu et pour les non initiés la mise en scène des objets empêche la familiarisation avec et la découverte d’informations supplémentaires.

    A Berlin il y a plusieurs musées et collections de qualité sur le judaisme, le régime nazi et l’holocauste. Il y a les musées des arrondissements, les Stolpersteine et plein d’autres voies accès à l’histoire pour tout le monde. Ce n’est pas dans la Jebensstraße que vous allez découvrir quelque chose de nouveau.

    Rezension zu : Flashes of Memory. Fotografie im Holocaust
    https://www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/reex-135894?title=flashes-of-memory-fotografie-im-holocaust&recno=11&q=&sor

    Ulrich Prehn, Zentrum für Antisemitismusforschung, Technische Universität Berlin - Ein improvisiert wirkender dreirädriger Wagen, darauf ein Kamerateam. Der Wagen – im Filmjargon ein „Dolly“ – wird von einem Wehrmachtssoldaten an mehreren Reihen von Näherinnen, die an ihren Maschinen sitzen, vorbeigeschoben, um Aufnahmen von ihrer Arbeit anzufertigen. Die in dieser Szene an der Bildproduktion beteiligten Akteure gehörten der Propagandakompanie 689 der Wehrmacht an, Ort der Dreharbeiten im Mai 1941 war eine Näherei im Warschauer Ghetto.[1] Dies zeigt das groß gezogene Eingangsfoto zu Flashes of Memory. Fotografie im Holocaust, der deutschen Version einer Ausstellung, die bereits 2018 in Jerusalem zu sehen war. Klug und anschaulich legt sie mit diesem Beispiel einen Teil der Produktionszusammenhänge und damit die Gemachtheit von Fotografien und filmischen Bewegtbildern offen – und zwar keineswegs nur von Propagandabildern, wie sie für Diktaturen des 20. Jahrhunderts typisch waren.

    Erarbeitet wurde die Ausstellung von der Direktorin des Yad Vashem Museums in Jerusalem, Vivian Uria, und ihrer Stellvertreterin Maayan Zamir-Ohana. Als historischer Berater stand ihnen mit Daniel Uziel ein ausgewiesener Kenner der Film- und Fotoquellen zum Zweiten Weltkrieg und zur Shoah an der Seite. Zu der nun in Berlin präsentierten Adaption der Ausstellung, für die die Internationale Gedenkstätte Yad Vashem und der Freundeskreis Yad Vashem mit der Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin (Co-Kurator: Ludger Derenthal) kooperiert haben, ist ein aufwendig produzierter, die Abbildungen in überzeugender Reproduktionstechnik wiedergebender Katalogband erschienen, der leider keine vertiefende Bibliographie enthält. Das Bildmaterial stammt überwiegend aus den Yad Vashem Archives, zum Teil aber auch aus deutschen, US-amerikanischen und einigen weiteren Archiven, darunter das zentrale staatliche Film- und Fotoarchiv der Ukraine.

    An den eingangs beschriebenen Opener schließt sich – ähnlich klug auf den (technischen) „Apparat“ wie auf erinnerungskulturell relevante Aspekte bezogen – ein einführender Abschnitt an, welcher der technik- und mediengeschichtlichen Entwicklung optischer Aufzeichnungsapparate von der Camera obscura bis zur Fotografie im digitalen Zeitalter gewidmet ist. Überdies eröffnet dieser Abschnitt im Zusammenhang des eigentlichen Themas der Ausstellung, „Fotografie im Holocaust“, anhand von Objektgeschichten ausgesprochen anschaulich ein weites Spannungsfeld von Aufzeichnung, Zeugenschaft und materieller Überlieferung: Gezeigt werden konkrete Fotoapparate, deren ursprüngliche Besitzer:innen und Wanderungen der Kameras von Hand zu Hand. So ist der „Korona Tankette“, der Kleinbildkamera eines polnischen Amateurfotografen aus Rypin namens Jacob Konskowolski, der nach Majdanek deportiert und dort ermordet wurde, mit der im Vergleich riesig wirkenden Studio-Plattenkamera der Neuen Kamera Werke Görlitz (Modell „Stella“) eine Akteursgeschichte aus dem Bereich der Berufsfotografie an die Seite gestellt: die Geschichte der erfolgreichen (Foto-)Künstlerin Františka Grubnerová, die in der Tschechoslowakei ein eigenes Studio betrieb, wo sie von der deutschen Besatzungsmacht unter dem Vorwand, sich antifaschistisch betätigt zu haben, verhaftet und 1942 zusammen mit ihrem Ehemann und ihren zwei Söhnen ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurde.

    Abb. 1: Františka Grubnerovás wuchtige Studio-Plattenkamera verweist hier auf die Biographie der Fotografin, erhält aber auch selbst Protagonisten-Status.
    (Foto: © Ulrich Prehn)

    Abb. 2: Ausstellungsansicht Museum für Fotografie 2023, mit Grubnerovás Kamera rechts im Bild. An der Wand ist eine Zeitleiste zur Geschichte fotografischer Abbildungstechniken und Apparate zu sehen, im Vordergrund einer der Leuchttische mit ganz unterschiedlichen Fotos aus der NS-Zeit.
    (Foto: © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker)

    Das erste inhaltliche Kapitel trägt die Überschrift „Politische Fotografie und politischer Film im nationalsozialistischen Deutschland“. Es fängt leider schlimm an: Die Kurator:innen haben sich nicht gescheut, den Besucher:innen ein „Best of“ – oder treffender: ein „Worst of“ – der bekanntesten visuellen Propagandist:innen des NS-Regimes um Augen und Ohren zu hauen. Heinrich Hoffmann, Walter Frentz und Leni Riefenstahl sind, unterstützt von Auszügen aus Hitlers „Mein Kampf“ und Goebbels-Zitaten sowie garniert mit einem knipsenden „Reichsleiter“ Martin Bormann, die mehr als erwartbaren Protagonist:innen der ersten drei großflächigen Wände. Originelle oder intelligente Zugänge finden sich hier nicht. Vielmehr behält Riefenstahl, flankiert von ihren beiden Reichsparteitags- und „Olympia“-Kameramännern Frentz und Ertl, in viel zu lang präsentierten Ausschnitten aus Ray Müllers schon 1993 wenig überzeugendem Filmporträt Die Macht der Bilder: Leni Riefenstahl das letzte Wort. Wird in der Forschungsliteratur wie im Feuilleton gerade mit Blick auf Riefenstahl immer gern auf die bequeme Suggestiv-Formel von der „Macht der Bilder“ zurückgegriffen, so erweist sich in diesem Abschnitt der Ausstellung, mit welchem Unheil auch die häufig unterschätzte Macht der offenen Töne in Ausstellungsräumen verbunden sein kann. Der Rezensent war perplex und leicht verärgert, starrten die neben ihm stehenden Besucher:innen doch wie gebannt vor allem auf diesen Bildschirm – so als stünden sie unfreiwillig als lebender Beweis dafür, mit welch billigen Mitteln (audio-)visuelle Überwältigung und Überforderung noch immer leicht zu erzeugen ist. Riefenstahl darf munter, immer wieder unterschnitten mit den von ihr geschaffenen Inszenierungen muskulöser Körper beim Diskuswurf oder beim Fackellauf, ihr krudes Gemisch aus Anekdoten und Apologetik daherquatschen: ein beinahe ungebrochener, in die Jetztzeit wirkender unseliger „Triumph des Willens“.

    Abb. 3 und 4: Ufa-Filmplakat von Erich Ludwig Stahl zum NSDAP-Parteitagsfilm „Triumph des Willens“ (1934/35), daneben Sequenzen aus Ray Müllers Film „Die Macht der Bilder: Leni Riefenstahl“ (1993). Eine kritische Kontextualisierung dieses Films und selbst ein klarer Exponat-Nachweis fehlen hier leider.
    (Fotos: © Ulrich Prehn)

    Und „düster“ geht es weiter, allerdings rein auf der inhaltlich verhandelten Ebene, auf der verschiedene Beispiele für „Fotografie als Spiegel des Antisemitismus“ präsentiert und beleuchtet werden. Dabei ist es ausgesprochen schwer, etwa die Botschaft eines von Polizisten kompilierten „Typen“-Albums über „Jüdische Verbrecher“, das der Polizeipräsident von Nürnberg und Fürth im Februar 1938 dem fränkischen Gauleiter und Herausgeber des antisemitischen Hetzblattes Der Stürmer schenkte, „einzufangen“, was die Wirkung jener konstruierten „Verbrecher“-Porträts auch auf heutige Betrachter:innen angeht. Denn natürlich bewegt man sich auf Glatteis, wenn man sich als Kurator:in ausdrücklich für das extensive Zeigen solcher Exponate entscheidet (im Katalog erstrecken sich die Abbildungen aus dem Album immerhin über vier Seiten), zumal wenn es an den entsprechenden Stellen bei nur vorsichtigen Versuchen des „Einfangens“ mit konventionellen Mitteln bleibt, die aus skeptischer Sicht wohl lediglich auf „Schadensbegrenzung“ hinauslaufen können.[2]

    Gestalterisch auf den ersten Blick etwas altbacken wirkt eine Wand zur antisemitischen Propaganda des Stürmer, die sich – ein großes Verdienst – aber nicht nur auf die reine Präsentation der in besagtem Hetzblatt abgedruckten Quellen beschränkt, sondern sich auch aus dem Fundus des sogenannten Stürmer-Archivs bedient, zu dessen Beständen unzählige „Volksgenossinnen“ und „Volksgenossen“ in Form von Zuschriften, Amateurfotografien und -karikaturen beitrugen und damit den deutschen (und österreichischen) Antisemitismus „von unten“ dokumentierten. Ähnlich einer Zeitung im Kaffeehaus sind die einzelnen von der Wand „klappbaren“ Tafeln montiert, beidseitig mit Abbildungen und dazwischen mit kurzen Exponattexten versehen. Die Besucher:innen dürfen also „blättern“ und damit einsteigen in eine gelungene kritische Analyse der Gemachtheit der jeweiligen antisemitischen Feindbild-Konstruktionen. Denn im Vergleich zwischen den an die Stürmer-Redaktion eingesandten Fotos mit den tatsächlich gedruckten, neu betexteten Bildern offenbaren sich die vielfältigen Bearbeitungen, etwa durch Beschnitt oder Retuschen der jeweiligen Aufnahmen. Dieser Zugriff offenbart gelungenes Ausstellungs-„Handwerk“, wird hierdurch doch die (visuelle) „Lesefähigkeit“ der Betrachter:innen unterstützt, das Auge an konkreten, für viele Nutzer:innengruppen (etwa Schulklassen) auch überschaubaren Einzelbeispielen geschult.

    Abb. 5: Über den Tafeln ist ein Zitat aus den 1995 erstmals veröffentlichten Tagebüchern Victor Klemperers zu lesen. Am 17. August 1937 kommentierte der Literaturwissenschaftler ein im „Stürmer“ mit antisemitischer Botschaft abgedrucktes Foto und die Wirkung auf ihn.
    (Foto: © Ulrich Prehn)

    Das zweite Kapitel offenbart bereits in der Überschrift den kuratorischen Zugriff der Gegenüberstellung: „Fotografie aus dem Ghetto – zwei verschiedene Blickwinkel“. Dieser Abschnitt stieß am Tag meines Ausstellungsbesuchs auf das stärkste Publikumsinteresse, und dabei wiederum besonders die Aufnahmen, die jüdische Fotografen in den Ghettos von Lodz und Kaunas oft unter Lebensgefahr gemacht hatten. Kommt einigen der Fotos von Mendel Grossman und Henryk Ross mittlerweile beinahe der Status von Bildikonen zu[3], ist es ein Verdienst der Ausstellung, dem Publikum auch das Werk weniger bekannter „Ghetto-Fotografen“ näherzubringen: so etwa die 1943 heimlich im Ghetto Lodz angefertigten Aufnahmen des Assistenten Grossmans, Aryeh Ben-Menachem, die, in einem Album überliefert, die verheerenden Existenzbedingungen der Menschen dokumentieren, sowie die Bilder des Untergrundfotografen Zvi Hirsch Kadushin, der mit einer ins Ghetto Kaunas geschmuggelten Kamera ebenfalls heimlich fotografierte.

    In diesem Kapitel treten uns die vielfältigen Funktionen sowie die zum Teil komplizierten Entstehungs- und Rahmenbedingungen von Fotografie und Film vor Augen, die für beide Medien im nationalsozialistischen Regime und besonders unter der deutschen Besatzungsherrschaft in Ostmitteleuropa charakteristisch waren. So stehen den Aufnahmen, die die erwähnten jüdischen Fotografen im Ghetto Lodz teils im Auftrag des „Judenrats“ und teils heimlich, entgegen dem ausdrücklichen Verbot durch den „Judenrats“-Vorsitzenden Chaim Rumkowski, zu Dokumentationszwecken und gewissermaßen als Überlebensstrategie machten, viele Fotos und Filme gegenüber, die deutsche Fotografen in offizieller Funktion als Angehörige verschiedener NS-Organisationen zu Propagandazwecken anfertigten, bisweilen aber auch aus „privatem“ Interesse. Vor allem die Propagandafotos und -filme verfehlen – so steht zu vermuten – auch heute ihre (problematische) Wirkung auf die Betrachter:innen nicht, zumal wenn sie wie in Flashes of Memory so geballt, in so erheblicher Dichte präsentiert werden. Denn es ist wohl nur schwer möglich, sich der Reproduktion der in die fotografische Inszenierung eingeschriebenen Erniedrigung im Akt des erneuten Betrachtens zu entziehen. Denkt und fühlt man heute als Betrachter:in den Umstand, dass die Fotografierten kaum bzw. nur sehr begrenzt die Möglichkeit hatten, sich dem Fotografiert-Werden zu entziehen oder gar zu widersetzen, immer mit – oder wird man tendenziell zum Komplizen oder zur Komplizin der Täter und ihres Blicks?

    Die Ausstellungsmacher:innen haben in diesem Zusammenhang auf das bewährte Rezept zurückgegriffen, der ungeheuerlichen Täter-(Bild-)Sprache zeitgenössische Aussagen derer entgegenzusetzen, auf die sich die infame Hetze bezog: Ausschnitten aus dem fragmentarisch gebliebenen Film Asien in Mitteleuropa, den ein deutsches Kamerateam im Frühjahr 1942 im Warschauer Ghetto drehte[4], werden zum Beispiel Auszüge aus zwei Tagebüchern polnischer Jüd:innen gegenübergestellt. In der Ausstellung nehmen Exzerpte und Beispielseiten aus dem 1942 verfassten Tagebuch der damals in Warschau lebenden Journalistin Rachel Auerbach zwar einen gewissen Raum ein.[5] Doch bleibt fraglich, ob sie gegenüber der antisemitischen visuellen NS-Propaganda und den nicht in offizieller Funktion fotografisch festgehaltenen Täter-Blicken auch nur annähernd als „Gegengift“ zu wirken vermögen.

    Insgesamt wird das Ausstellungskapitel der Komplexität der „Ghetto-Fotografie“ durchaus gerecht, doch dominieren in der gewählten Präsentationsstrategie und dem entsprechenden Ausstellungsdesign an einigen Stellen die Video-Screens mit Bewegtbildern (also die Filmausschnitte, die in unablässigen Schleifen laufen) die Fotoabbildungen, wie der Wand-Ausschnitt in Abb. 6 verdeutlicht. Zwar ist die Anzahl der Foto- und Dokument-Exponate deutlich größer als die Anzahl der Stationen, die Filmausschnitte präsentieren. Dennoch ergibt sich ein Ungleichgewicht, wenn für die Bewegtbilder nicht eigene „Orte“ (oder Präsentationsformen) gewählt werden, die den unbewegten Bildern genug Raum zur Wirkung und „Selbstentfaltung“ lassen.

    Abb. 6: Diese im Ausschnitt abgebildete Wand, aus der die beiden blaustichig reproduzierten Screen-Stills hervortreten, ist überschrieben mit einem Zitat von Zvi Kadushin: „Ich machte tausende, ja abertausende [Fotos]. […] Ich habe immer weiter fotografiert, für später, für die Ewigkeit.“
    (Foto: © Ulrich Prehn)

    Außerdem ist mit Blick auf dieses Kapitel kritisch zu fragen, ob an den betreffenden Stellen das Übermaß antisemitischen Bildmaterials (mit einem hohen Anteil von zu Propagandazwecken angefertigten Bewegtbildern) in seiner Wirkung durch „Gegen-Zitate“, hier erneut aus dem Tagebuch von Rachel Auerbach (siehe Abb. 7) sowie aus dem Tagebuch von Chaim A. Kaplan, auch nur annähernd gekontert werden kann.

    Abb. 7: Über dem Exponat – der Bildstrecke „Juden unter sich“ aus der „Berliner Illustrierten Zeitung“ vom 24. Juli 1941 – ist ein Zitat aus dem Tagebuch von Rachel Auerbach zu lesen, das mit dem Plädoyer „Lasst sie filmen!“ beginnt. „Diese Gesichter, diese Augen, werden in der Zukunft lautlos aufschreien…“
    (Foto: © Ulrich Prehn)

    Das dritte und letzte Kapitel ist den Bildern von der Befreiung der Lager durch die alliierten Kriegsgegner Nazi-Deutschlands gewidmet. Auf den ersten Blick könnte man denken, hier werde lediglich der Pflicht nachgekommen, die „Geschichte zu Ende zu erzählen“ – ähnlich wie beim Einstieg zum ersten Kapitel über visuelle politische Propaganda des NS-Regimes. Zwar zeigen viele Exponate durchaus Erwartbares und „Bewährtes“, doch verweist der Untertitel dieses Abschnitts, „Zweck und Verbreitung“ (der Bilder von der Befreiung), auf den interessanten Aspekt der Vielfalt der Bilder und der mit ihrer Zirkulation verbundenen Interessen und Intentionen. Allerdings könnten Strategien und Rahmungen der Nutzung von Fotografien und Filmaufnahmen der Befreiung der Konzentrationslager sowie des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses seitens der westlichen Alliierten und der sowjetischen Befreier sicher noch weit präziser herausgearbeitet werden, als die Ausstellung es tut.[6]

    Die drei inhaltlichen Kapitel werden, was Ausstellungskonzeption und -architektur angeht, gestützt von einer Art „Mittelgräte“. Diese besteht aus vier Leuchttischen, die im Raum angeordnet auf ein (wechselndes) „Schlussbild“ zulaufen: Auf historisches Filmmaterial von Deportationen wird ein Zitat des französischen Philosophen und Fotografietheoretikers Roland Barthes über das „spectrum der Photographie“ projiziert. Auf den unterschiedlich langen Leuchttischen sind, wie zufällig hingeworfen, alle möglichen visuellen Zeugnisse dessen zu sehen, was die Ausstellung verhandelt. Das wirkt „irgendwie“ symbolisch aufgeladen – ist aber letzten Endes leider ziemlich inhaltsleer. Denn den Betrachtenden erschließt sich nicht: Soll hier die Vielfalt der „Fotografie im Holocaust“ in einer Überforderung (gleich Über-„Macht der Bilder“) qua Masse versinnbildlicht werden? Oder sollen sich die Betrachter:innen doch in einzelne Fotos vertiefen können – steht dahinter der kuratorische Versuch, sowohl die Individualität als auch die Masse der Fotografierten zum Ausdruck zu bringen? Zielt die Präsentation des den jeweiligen Kontexten entrissenen „Rohmaterials“ darauf ab, die Besucher:innen anzuregen, selbst nach Indizien zur Einordnung der Fotos zu suchen? All das ist denkbar. Und doch verfestigte sich mein Eindruck im Laufe des mehrstündigen Besuchs der Ausstellung zunehmend: Die Leuchttisch-Idee funktioniert nicht gut. Die durchschnittliche Verweildauer der Besucher:innen am ersten der Tische ist schon vergleichsweise kurz, ein zweiter wird im Zweifelsfall gar nicht mehr groß beachtet.

    Abb. 8: Ausstellungsansicht mit Leuchttischen, Museum für Fotografie 2023
    (Foto: © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker)

    Besser gelungen ist demgegenüber der baulich-konzeptionelle Übergang des letzten Leuchttisches in das bereits erwähnte Schlusszitat, das die Besucher:innen aus dem Diffus-Ubiquitären der Fotomassen in die Klugheit, Reduktion und literarische Befähigung des Autors Roland Barthes hinüberrettet: „Und was photographiert wird, […] [möchte ich] das spectrum der Photographie nennen […], weil dieses Wort durch seine Wurzel eine Beziehung zum ‚Spektakel‘ bewahrt und ihm überdies den etwas unheimlichen Beigeschmack gibt, der jeder Photographie eigen ist: die Wiederkehr des Toten.“ Nachdem am Beginn der Ausstellung schon ein anderes kurzes Barthes-Zitat zu lesen war, markiert dieses nun einen Abschluss.

    Abb. 9: Letzter Leuchttisch und Schluss-Zitat
    (Foto: © Ulrich Prehn)

    Festzuhalten bleibt: Die „Zeige-Strategien“ der Kurator:innen (in meiner Interpretation: „Im Zweifelsfall alles – auch bis an die Schmerzgrenze – zeigen, denn das alles hat es gegeben“) sind zwar in gewissem Sinne nicht nur schwer auszuhalten. Sie sind auch problematisch hinsichtlich einer „Ethik des Zeigens und Nicht-Zeigens“ – und, auf die Besucher:innen der Ausstellung zurückgeworfen, einer „Ethik des Sehens“, nicht zuletzt vor dem bereits erläuterten Hintergrund des fehlenden Einverständnisses der fotografierten bzw. gefilmten Personen. Dies mag beispielhaft eine letzte Abbildung verdeutlichen.

    Abb. 10: Auf dem Screen oben ist ein Ausschnitt aus dem um 1940 produzierten Propagandafilm „Der Jude im Regierungsbezirk Zichenau“ zu sehen. Von einigen der gefilmten Jüdinnen und Juden wurden auch Fotografien angefertigt, die in einem Album mit dem Titel „Typy Zydowskie“ (bzw. auf Deutsch: „Der jüdische Typ“) veröffentlicht wurden (unten: eine Beispielseite).
    (Foto: © Ulrich Prehn)

    Trotz der genannten Einwände sei aber betont: Die Ausstellung ist definitiv einen Besuch wert, bietet sie doch Einblicke in eine noch immer kaum zu überschauende Bandbreite fotografischen und filmischen Schaffens. Darüber hinaus lassen sich die einzelnen visuellen Zeugnisse und Inszenierungen, welche die Vorstufen des „Zivilisationsbruchs“ markieren, in den gelungenen Teilen der Ausstellung unter anderem daraufhin befragen, welchen Beitrag (audio-)visuelle Täter-Quellen zur Vorbereitung und Ermöglichung der Shoah leisteten.

    Anmerkungen:
    [1] Das Foto ist über die Bilddatenbank des Bundesarchivs verfügbar; als Fotograf ist dort Ludwig Knobloch genannt (Bild 101I-134-0769-39A, https://www.bild.bundesarchiv.de, 17.07.2023).
    [2] Allerdings hat die Diskussion um angemessene Strategien des Zeigens (bzw. des Nicht-Zeigens) visueller Zeugnisse von Gewalt, Menschenverachtung und Hass gerade in Bezug auf NS-Quellen in Deutschland erst jüngst Fahrt aufgenommen, so etwa im Rahmen des gemeinsam vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin, dem Deutschen Historischen Museum sowie der Stiftung Topographie des Terrors veranstalteten Workshops „Vorzeigen, Verhüllen, Verschließen – Wie können antisemitische und rassistische Bilder und Objekte ausgestellt werden?“ (September 2022); vgl. den Programmflyer und Einladungstext:
    https://arthur-langerman-foundation.org/wp-content/uploads/2022/08/2022-09_Programm_Workshop_Vorzeigen_Verhu%CC%88llen_Ver (17.07.2023). Gute Überblicke sowie instruktive Überlegungen und Vorschläge bieten Felicitas Heimann-Jelinek, Kuratorische Überforderung? Zum Ausstellen von Zeugnissen des Holocaust, in: Anna-Maria Brandstetter / Vera Hierholzer (Hrsg.), Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen, Mainz 2017, S. 247–256, https://doi.org/10.14220/9783737008082.247 (17.07.2023); Maren Jung-Diestelmeier / Sylvia Necker / Susanne Wernsing, Antisemitische und rassistische Objekte und Bilder in Ausstellungen? Ein Gespräch über erprobte Strategien und offene Fragen, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 29 (2020), S. 26–53. Siehe darüber hinaus das im Juli 2020 begonnene Themendossier „Bildethik. Zum Umgang mit Bildern im Internet“, hrsg. von Christine Bartlitz, Sarah Dellmann und Annette Vowinckel, https://visual-history.de/2020/07/20/themendossier-bildethik (17.07.2023).
    [3] Vgl. hierzu Tanja Kinzel, Im Fokus der Kamera. Fotografien aus dem Getto Lodz, Berlin 2021; rezensiert von Andreas Weinhold, in: H-Soz-Kult, 28.01.2022, https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-97007 (17.07.2023).
    [4] Zum Ghettofilm-Fragment vgl. Vicente Sánchez-Biosca, La muerte en los ojos. Qué perpetran las imágenes de perpetrador, Madrid 2021, S. 174–228.
    [5] Ergänzend zu den Schilderungen Rachel Auerbachs ist in der Ausstellung auch ein längeres Zitat aus dem (publizierten) Tagebuch von Adam Czerniakow platziert, das auf die perfiden Produktionsbedingungen des sog. Ghettofilm-Fragments verweist; vgl. Adam Czerniakow, Das Tagebuch des Adam Czerniakow. Im Warschauer Getto 1939–1942, München 2013, hier S. 256f. Die deutsche Erstausgabe war 1986 erschienen.
    [6] Vgl. hierzu Ulrike Weckel, Beschämende Bilder. Deutsche Reaktionen auf alliierte Dokumentarfilme über befreite Konzentrationslager, Stuttgart 2012; rezensiert von Sven Kramer, in: H-Soz-Kult, 23.11.2012, https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-18688 (17.07.2023); außerdem z.B. Lawrence Douglas, Film as Witness: Screening Nazi Concentration Camps before the Nuremberg Tribunal, in: Yale Law Journal 105 (1995), S. 449–481, http://hdl.handle.net/20.500.13051/8920 (17.07.2023).

    #Berlin #Charlottenburg #Jebensstraße #photographie #musée #shoa

  • Verkehrspolitik der Grünen „im Kern unsozial“, sagt Berliner Fahrgastvertreter Wieseke
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/verkehrspolitik-der-gruenen-im-kern-unsozial-sagt-berliner-fahrgast

    28.12.2023 von Jens Wieseke - Die Partei sei zu sehr aufs Fahrrad fixiert, Bahn und Bus geraten ins Hintertreffen, meint Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastverband. Ein Gastbeitrag.

    Er ist das Gesicht der Berliner Fahrgastlobby. Seit 30 Jahren gehört Jens Wieseke dem Fahrgastverband IGEB an. Mit pointierten Einschätzungen vertritt der Ost-Berliner die Interessen der Nahverkehrsnutzer, die von Politikern und Planern oft übersehen werden.

    Doch eine solche Generalabrechnung wie diese gab es bislang von ihm nicht. In seinem Meinungsbeitrag über vertane Chancen bei der Berliner Verkehrswende rechnet Wieseke mit den Grünen ab, die von 2016 an fast sieben Jahre lang die Verkehrssenatorinnen stellten. Er kritisiert aber auch die CDU, die das Ressort danach übernahm, und die SPD.

    –—

    Die bisherigen Erfolge in der Berliner Verkehrspolitik seien „dürftig“, so der langjährige Sprecher des Fahrgastverbands. Die Grünen seien zu sehr aufs Fahrrad fixiert, die CDU verliere sich in Technikspielereien. In seinem Beitrag lässt er das verantwortliche Politikpersonal und dessen Umfeld Revue passieren. Von 2016 bis 2021 war Regine Günther als Senatorin für Berlins Verkehr zuständig, gefolgt von Bettina Jarasch, die ebenfalls den Grünen angehört. Die Wiederholungswahl im Februar 2023 brachte auch in dieser Verwaltung den Wechsel. Manja Schreiner ist seit Ende April Verkehrssenatorin.

    Vor der Wahl von 2016 erschien ein neuer Player auf dem Berliner Areal der Verkehrspolitik. Mit dem Volksentscheid Fahrrad verschaffte sich eine bisher stiefmütterlich behandelte Gruppe der Verkehrsteilnehmer Gehör. Deren Anliegen waren und sind berechtigt.

    Zum einen ist für viele Menschen in dieser Stadt das Fahrrad mehr als ein Teil aktiver Freizeit, sondern Teil der Alltagsmobilität. Zu Recht wird dargestellt, dass ein Fahrrad wesentlich weniger Platz benötigt und vor allem wesentlich umweltfreundlicher als private Automobilnutzung ist.

    „Mit ehrabschneidenden Beleidigungen überhäuft“

    Zum anderen führt aktive Nutzung des Fahrrads nicht nur zu weniger Kraftfahrzeugverkehr mit all seinen Folgen. Auch der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) kann spürbar entlastet werden. Die wachsende Gruppe der Radfahrer fordert ebenfalls zu Recht einen stärkeren Ausbau der Infrastruktur für das Fahrrad. Aber auch das Fahrrad ist ein Individualverkehrsmittel im Gegensatz zum ÖPNV.

    Allerdings trat ein Teil der Fahrradaktivisten mit geradezu populistischen Meinungsäußerungen an die Öffentlichkeit. Als der Berliner Fahrgastverband IGEB mit einer Presseerklärung an deren Entwurf eines Radgesetzes Kritik übte, wurde diese sachliche und inhaltliche Kritik mir gegenüber als „Blutgrätsche“ bezeichnet.

    Dazu muss ich erläutern, dass ich aus dem Bereich der Anhänger der Förderung des ÖPNV aufgefordert worden war, mich klar und deutlich dann zu äußern, wenn fehlerhafter Ausbau der Fahrradinfrastruktur die Straßenbahn und vor allem den Bus noch mehr verlangsamen würde. Beispiele gibt es inzwischen zur Genüge, exemplarisch steht dafür die Kantstraße. Der Entwurf des Radgesetzes sah eine eindeutige Bevorzugung des Fahrrades nicht nur gegenüber dem Auto, sondern auch gegenüber dem ÖPNV vor.

    Im Juni 2016 ergab sich dann die Gelegenheit, dass der Chef des Volksentscheids Fahrrad und ich uns das erste Mal trafen. Das Treffen verlief so, dass er mich mit ehrabschneidenden Beleidigungen überhäufte. Betont sei, dass wir uns vorher noch nie gesprochen hatten. Im Nachhinein habe ich den Eindruck, dass der Fahrgastverband und ich eingeschüchtert werden sollten. Damit war aber die Basis für eine Zusammenarbeit zwischen dem Volksentscheid Fahrrad und dem Berliner Fahrgastverband IGEB vergiftet. Dass besagter Chef diese Beleidigungen in Gegenwart eines Journalisten äußerte, zeigte nur, wie wenig die Belange anderer Verkehrsteilnehmer wie zum Beispiel Fahrgäste die Protagonisten interessierten.

    „Die Grünen haben sich als Fahrradpartei positioniert“

    Vor diesem Hintergrund war der Wahlkampf 2016 im Bereich des Verkehrs sehr stark auf das Fahrrad fokussiert. Grundsätzlich ist das Fahrrad – wie eingangs erläutert – wichtig. Jedoch geriet dabei der ÖPNV ein Stück weit in den Hintergrund.

    Den Parteien der Koalition gelang es ab 2016, mit dem Rahmenwerk eines Mobilitätsgesetzes statt nur eines Radgesetzes auch bessere Bedingungen für den ÖPNV zu schaffen. Im Verlauf der Aktivitäten des Volksentscheids Fahrrad hatten sich vor allem die Grünen als Fahrradpartei positioniert. Insgesamt war jedoch die Koalitionsvereinbarung von 2016 auch ein großer Schritt für den ÖPNV. Viele Forderungen und Anregungen der IGEB wurden übernommen, vor allem beim Ausbau der Straßenbahn. Auch waren Angebotsausweitungen geplant, die zumindest im Bereich der S-Bahn realisiert werden konnten.

    So hatte ich mit der Übergabe des Verkehrsressorts an Vertreterinnen und Vertreter der Grünen große Erwartungen. Diese Erwartungen bezogen sich nicht so sehr darauf, dass jetzt jedes Straßenbahnprojekt sofort und in Gänze geplant, gebaut und fertiggestellt wird. Allerdings sollten zum Ende der Legislaturperiode 2021 immerhin vier Straßenbahnprojekte vollendet werden. Bekanntermaßen kam es anders.

    Über Radwege, Lastenfahrräder und Kiezblocks geht es meist nicht hinaus

    Wichtiger war und ist mir, dass es ein breites Bündnis für die Verkehrswende gibt. Es wäre die Kernaufgabe, insbesondere in der Amtszeit von Regine Günther gewesen, dieses Bündnis zu schmieden. Zwar konzentrierte man sich auf den Abschluss des Mobilitätsgesetzes. Aber es gab kaum Gesprächsthemen für die Grünen, die über Radwege, Lastenfahrräder und Kiezblocks hinausgegangen wären.

    Ein realistisches Programm, das eine attraktive Entwicklung des ÖPNV in den Außenbezirken vorsah, vermisste ich schmerzlich. Dazu kam, dass ein Teil der Grünen in dieser Zeit nach 2016 fast jede Kritik an ihrer Verkehrspolitik selbst von langjährigen verkehrspolitischen Weggefährten geradezu als Majestätsbeleidigung ansah. Die in vielfacher Hinsicht ungeeignete Senatorin Regine Günther schottete sich in ihrer Verwaltung regelrecht ab. Es gab lange Zeit keinen kontinuierlichen Austausch zwischen Verbänden wie der IGEB und der Senatsverkehrsverwaltung. So wurden bei der Ausarbeitung des Mobilitätsgesetzes die Fahrgastverbände nicht konsultiert.
    „Zu stark auf die Bedürfnisse eines innerstädtischen Bürgertums konzentriert“

    Warum auch ich Regine Günther als ungeeignet angesehen habe? Sie war nicht in der Lage, auf akute Probleme des Berliner Verkehrs einzugehen. So kam es zum Beispiel im Herbst 2018 zu einem dramatischen Einbruch in der Betriebsqualität der Berliner U-Bahn. In dieser Zeit gab es keine öffentlich wahrnehmbare Einflussnahme aus ihrem Hause gegenüber der BVG. Auch als zu Beginn der Pandemie die BVG im Gegensatz zum Beispiel zur S-Bahn durch unabgestimmte Kürzungen des Fahrplanangebots für überfüllte U-Bahnen und Busse sorgte, gab es von Regine Günther keine Reaktion. In dieser Situation unterblieb auch eine entsprechende Einflussnahme auf das Unternehmen durch Ramona Pop, die damalige Aufsichtsratsvorsitzende der BVG.

    Spätestens mit dem bösartigen Abservieren des Staatssekretärs Jens-Holger Kirchner durch Regine Günther hätte es die Gelegenheit für ihre Partei gegeben, sie als Senatorin zu ersetzen. Diese Chance wurde nicht genutzt.

    Ich kritisiere die Verkehrspolitik der Berliner Grünen auch deshalb, weil ich sie im Kern als unsozial ansehe. Sich zu stark auf die Bedürfnisse eines innerstädtischen Bürgertums zu konzentrieren, das sehr stark fahrradaffin ist, vernachlässigt die Bedürfnisse Hunderttausender Berlinerinnen und Berliner, die im Tarifgebiet B leben. Und damit meine ich natürlich nicht zuallererst in Zehlendorf oder Westend. Ich denke dabei insbesondere an die Großsiedlungen in beiden Teilen Berlins. Ich kann mich nicht erinnern, dass es irgendwann nennenswerte Ideen für eine bessere Erschließung dieser Areale gab, die über das BVG-Busangebot hinausgegangen wären. Beispiele sind das Falkenhagener Feld oder das Kosmosviertel, die Plattenbausiedlung in Altglienicke.

    Wer das Wälzen von Findlingen in Kreuzberger Nebenstraßen und das Aufstellen von Sitzgruppen in der Friedrichstraße als Kern der Verkehrswende verkauft, der darf sich nicht wundern, insbesondere außerhalb des Hundekopfes zu wenige Wähler zu gewinnen.

    Es war definitiv richtig, dass es mit der Wahl 2021 im Amt der Senatorin einen Wechsel gab. Und aus meiner Sicht hatte Bettina Jarasch deutlich bessere und andere Ideen für den ÖPNV als ihre Vorgängerin. Natürlich gehört es zum politischen Geschäft, dass es im Detail sicherlich Kritik gab. Trotzdem ergab sich sehr schnell ein anderer aktiver Austausch gegenseitiger Positionen.

    Diese Haltung ist aber bei vielen anderen Grünen aus meiner Sicht noch nicht richtig angekommen. Noch immer wird dort das Fahrrad als Allheilmittel gesehen. Die Probleme, aber auch die Potenziale des ÖPNV werden nicht richtig erkannt. Die jetzige Krise beim Bus ist auch Ergebnis von Versäumnissen der Politik von 2016 bis 2023.

    So wären zum Beispiel als Kompromisslösung kombinierte und überbreite Fahrrad- und Busspuren eine einfache Möglichkeit, um Fahrrad und Bus gemeinsam zu bevorzugen. Solche Möglichkeiten scheinen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg allerdings unmöglich zu sein. Nur so ist es zu erklären, dass der hochgelobte zuständige Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes mir gegenüber offen sagte, dass das Fahrrad auch gegenüber dem Bus zu bevorzugen sei. Das sei sein politischer Auftrag, den er 2019 von der Bezirksbürgermeisterin bekommen habe.

    Diese dem Mobilitätsgesetz zuwiderhandelnde Vorgehensweise führt dazu, dass auch in Friedrichshain-Kreuzberg Busse immer langsamer werden. Das kann man bald in der Köpenicker und Schlesischen Straße begutachten, wo demnächst die Busse durch einen falsch angelegten Radweg noch langsamer werden. Damit steht auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg nicht für die Verkehrswende im ÖPNV. Für mich sind die Berliner Grünen eine Partei der Fahrradaktivisten mit einer homöopathischen Prise ÖPNV.

    „Die Verkehrssenatorin wirkt farblos“

    Im April 2023 ist das Verkehrsressort nun an die CDU gegangen. Ähnlich wie ihre Vorvorgängerin Regine Günther ist Manja Schreiner ein in der Verkehrspolitik unbeschriebenes Blatt. In der Vielzahl von allgemeinen Floskeln fehlen mir bisher echte Akzente, die den verkehrspolitischen Alltag der Fahrgäste in Berlin durchgreifend verbessern. Die aktuelle Krise der BVG wird ähnlich schlecht gemanagt wie die U-Bahn-Krise im Herbst 2018, nämlich gar nicht.

    Vor diesem Hintergrund ist die Neben-Verkehrspolitik insbesondere des Berliner Fraktionsvorsitzenden der Berliner CDU, Dirk Stettner, für den Berliner Nordosten einigermaßen surreal. Das gilt für die Wiederbelebung der Idee einer Magnetschwebebahn an dieser Stelle ebenso wie die gigantischen U-Bahn-Planungen. Er wird dabei assistiert vom verkehrspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion Johannes Kraft. Die Verkehrssenatorin wirkt dabei farblos.

    So könnte sie in Berlin aussehen, die fahrerlose, automatische Magnetschwebebahn, die das Bauunternehmen Baufirma Max Bögl bereits auf einer Versuchsstrecke im Süden Deutschlands testet. Bereits 2020 hat die Berliner CDU ein solches Personentransportsystem für Berlin vorgeschlagen. Nun wurde der Wunsch bekräftigt.

    So könnte sie in Berlin aussehen, die fahrerlose, automatische Magnetschwebebahn, die das Bauunternehmen Baufirma Max Bögl bereits auf einer Versuchsstrecke im Süden Deutschlands testet. Bereits 2020 hat die Berliner CDU ein solches Personentransportsystem für Berlin vorgeschlagen. Nun wurde der Wunsch bekräftigt.Visualisierung: Firmengruppe Max Bögl

    Stellt sich die Frage, was Dirk Stettner und Johannes Kraft mit dem Feuerwerk verkehrspolitischer Absurditäten erreichen wollen? Eine realistische und vor allem zeitnahe Verbesserung der Probleme des ÖPNV ist damit weder im Nordosten und schon gar nicht für ganz Berlin zu erreichen. Das wurde allerdings in den letzten anderthalb Monaten hinreichend erörtert. Man muss eines dabei jedoch feststellen: Die Berliner CDU ist mit diesen Vorschlägen beherzt in die Lücke gesprungen, die die Berliner Grünen hinterlassen haben.

    Die CDU stellt sich als Macher-Partei dar, die sich um alle Teile Berlins kümmert. Ob diese Pläne dann realistisch sind, das wird nicht einmal ansatzweise in dieser Legislaturperiode zu überprüfen sein. Es sind Vorschläge für den Sank-Nimmerleins-Tag. Im besten Falle.

    Und die Berliner SPD? Sie schwankt zwischen einerseits guten Ideen für den ÖPNV und andererseits Gefangensein in einer Koalition, die dann doch mal wieder nur ein fauler Kompromiss für den ÖPNV ist. Eine U7 zur Heerstraße und zum BER wird die Berliner Probleme kaum lösen – schon gar nicht vor 2040.

    Der Berliner Linkspartei ist zwar die grundsätzliche Bedeutung des ÖPNV klar, aber ihr politischer Einfluss ist in diesem Bereich ziemlich gering. Und währenddessen steht der Fahrgast frierend an der Bushaltestelle oder kuschelt in überfüllten U-Bahnen.
    Forderung: Mit der U9 künftig auch nach Pankow und Lankwitz

    Aber das alles bringt mich nicht davon ab weiterzumachen. Meine Hoffnung für die Zukunft ist, dass es endlich gelingt, ein breites Bündnis für eine Verkehrswende zu formen. In diesem Bündnis müssen die verschiedenen Akteure konstruktiv miteinander zusammenarbeiten. Um es konkret zu benennen: Zukünftig muss viel stärker beachtet werden, dass der Radwegeausbau nicht so geschieht, dass Straßenbahn und Bus noch langsamer werden. Auch Bushaltestellen sind keine Manövriermasse für schnelle Radwege. Das erfordert von allen Akteuren ein stärker integratives Denken und Handeln. Das Dogma der „autogerechten Stadt“ durch das Dogma der „fahrradgerechten Stadt“ zu ersetzen, wäre für mich kein Fortschritt.

    Die aktuelle Krise der BVG muss überwunden werden. Wie das geht, hat die S-Bahn seit 2009 vorgemacht. Berlin wächst. Dazu gehört auch ein kluger Ausbau der Schienensysteme in Berlin. Nein, ich denke nicht nur an die Straßenbahn. Auch die U-Bahn kann und sollte verlängert werden, so die U9 sowohl im Norden Richtung Pankow als auch im Süden Richtung Lankwitz.

    Aber dazu mehr im Frühling 2024.

    #Berlin #Verkehr #Politik #Fahrgaeste

  • Kampf um Steglitzer Kreisel: Das lange Warten auf die Wohnung mit Blick zum Sonnenuntergang
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/kampf-um-steglitzer-kreisel-das-lange-warten-auf-die-wohnung-mit-bl

    24.12.2023 von Ulrich Paul - André Gaufer erwarb vor fünf Jahren eine Wohnung im Steglitzer Kreisel, die spätestens Ende Juni 2022 fertiggestellt sein sollte. Doch daraus wurde nichts.

    Wenn André Gaufer an der Baustelle des Steglitzer Kreisels vorbeikommt, wird er immer etwas wehmütig. „Dann stelle ich mir vor, wie ich mit meiner Tochter in unserer neuen Wohnung Weihnachten feiere“, sagt der 58-Jährige. „Doch leider ist das bis jetzt nur ein Traum, der durch gebrochene Vertragsversprechen verhindert wird“, fügt er hinzu. „Hätten meine Vertragspartner ihr Wort gehalten, würden wir jetzt unser zweiter Silvester dort oben feiern“, sagt Gaufer.

    Dort oben, das ist im 19. Obergeschoss des ehemaligen Bürohauses, das zum Wohnturm umgebaut werden soll. Im Jahr 2018 hat Gaufer eine knapp 70 Quadratmeter große Wohnung erworben. „Mit Blick zum Sonnenuntergang“, sagt er. Spätestens Ende Juni 2022 hätte die Wohnung mit der Nummer 256 fertig werden sollen. Genauso wie die übrigen der insgesamt 330 Eigentumswohnungen, die im Kreisel geplant sind. Doch die Bauarbeiten sind ins Stocken geraten. Der Kreisel präsentiert sich seit Jahren weithin sichtbar als Gerippe aus Stahl und Beton, auch wenn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter Berufung auf Angaben aus dem Bezirk zwischenzeitlich von „Maurer- und Stahlbetonarbeiten“ berichtete.

    Gaufer hat den Kaufvertrag vor fünf Jahren für die Wohnung sowie für einen Stellplatz im Parkhaus auf den Namen seiner Firma Profinance unterzeichnet. Kaufpreis: 623.900 Euro. Damals wollte die CG-Gruppe des Unternehmers Christoph Gröner das Projekt realisieren. Doch dann gab es einen Wechsel bei den Projektverantwortlichen. Inzwischen ist die Adler Group Eigentümer des Steglitzer Kreisels. Sie legte Gaufer wie anderen Erwerbern Nachträge zu den Kaufverträgen vor, mit denen die Vereinbarungen im Nachhinein geändert werden sollten.

    So sollte für Gaufer der mit dem notariellen Kaufvertrag erworbene Stellplatz als Kaufgegenstand entfallen. Stattdessen wurde ihm nur noch „die Möglichkeit zum Erwerb eines Stellplatzes in der Tiefgarage des künftigen Bürogebäudes“ zugesagt, das anstelle des alten Parkhauses geplant ist. Darüber hinaus sollte es weitere bauliche Abweichungen vom ursprünglichen Kaufvertrag geben. Zudem wurde der Fertigstellungstermin von 2022 auf 2024 verschoben und Gaufer sollte einen höheren Miteigentumsanteil erhalten, was zum Beispiel eine stärkere finanzielle Beteiligung an künftigen Instandhaltungen mit sich brächte.

    Gaufer lehnte eine Unterschrift unter die nachträglichen Änderungen ab und pochte auf Vertragserfüllung. Die Gegenseite erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag – mit Verweis auf einen angeblichen Verstoß Gaufers gegen das „Kooperationsgebot“. Vor dem Landgericht konnte sich die Adler Group damit aber nicht durchsetzen. Das Gericht entschied im Sommer dieses Jahres, dass die Adler Group mangels Rücktrittsgrund nicht den Rücktritt vom Vertrag habe erklären können. Damit bleibe es bei der ursprünglichen Vereinbarung.

    Erstrittenes Urteil ist noch nicht rechtskräftig

    Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Die Adler Group ist in Berufung gegangen. Sie argumentiert unter anderem, dass sich die Klage Gaufers an die falschen Adressaten gerichtet habe: an die Steglitzer Kreisel Turm GBR sowie die Steglitzer Kreisel Parkhaus GBR. Diese seien zu dem Zeitpunkt aber bereits in GmbHs umgewandelt gewesen. Die Auffassung des Landgerichts, Gaufer habe ersichtlich seine Kaufvertragspartner in Anspruch nehmen wollen, sei „rechtsfehlerhaft“ gewesen. Die nachträgliche Änderung der Miteigentumsanteile führt der Rechtsanwalt der Adler Group darauf zurück, dass bei der Ermittlung der ursprünglichen Miteigentumsanteile „ein Fehler unterlaufen“ sei, woraufhin die Anteile auf Veranlassung des Grundbuchamts noch mal neu berechnet werden mussten.

    Gaufers Anwalt weist die Argumentation zurück. Die Klage sei „keineswegs gegen eine nicht existierende Partei geführt worden“. Die Änderung von einer GBR zu einer GmbH sei „identitätswahrend“ geschehen. Deswegen habe die Bezeichnung berichtigt werden können. Die Miteigentumsanteile könnten noch geändert werden, wie im Kaufvertrag vereinbart worden war. Das Kammergericht muss den Fall nun entscheiden. Ein Termin wurde bisher aber noch nicht festgesetzt, berichtet Gaufer.

    Die Adler Group macht auf Anfrage keine Angaben zum Baufortschritt und zum geplanten Fertigstellungstermin. Im März dieses Jahres hatte das Unternehmen noch davon gesprochen, „dass große Teile des Komplexes im Jahr 2024 fertiggestellt werden, unter anderem auch die Wohnungen.“ Die gesamte Fertigstellung des Projekts wurde für 2025 in Aussicht gestellt. Das Land Berlin hat, wie berichtet, wegen der Bauverzögerungen bereits eine Strafzahlung verhängt. Diese wurde nach Angaben der Adler Group „vollständig geleistet“. Dass der Turm des Steglitzer Kreisel wieder an das Land Berlin zurückfällt, falls die Bauarbeiten überhaupt nicht fertig werden sollten, ist im Privatisierungs-Kaufvertrag nicht vorgesehen.
    Grundschuld in Höhe von 4,3 Milliarden Euro eingetragen

    Die Adler Group schafft unterdessen neue Tatsachen. So ließ sie im Grundbuch für etliche ihrer Immobilien in Berlin, darunter die von André Gaufer im Steglitzer Kreisel, eine Grundschuld in Höhe von 4,3 Milliarden Euro eintragen. Auf Anfrage erklärt die Adler Group die Eintragung damit, dass im Rahmen ihrer „finanziellen Restrukturierung Grundschulden als Sicherheit für unsere Kreditgeber hinterlegt worden sind“.

    Gaufers Problem: Er hat zwar im Jahr 2018 einen Kaufvertrag für eine Wohnung und einen Stellplatz im Kreisel unterschrieben, doch gibt es zu seinen Gunsten keine sogenannte Auflassungsvormerkung im Grundbuch, also keine Vormerkung für ihn als Eigentümer. Denn Gaufer hat den Kaufvertrag unterschrieben, als die Grundbuchblätter für die geplanten Wohnungen noch nicht angelegt waren. Als sie angelegt waren, sollte er den nachträglichen Änderungen am Kaufvertrag zustimmen, was er nicht tat. Deswegen gibt es im Grundbuch bis heute keine Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten.

    Wäre Gaufer per Auflassungsvormerkung als künftiger Eigentümer der neuen Wohnung im Grundbuch eingetragen worden, hätte die Adler Group die Wohnung nicht mit einer Grundschuld belasten können. Denn eine Auflassungsvormerkung sichert die Rechte eines Käufers gegenüber dem Verkäufer – auch, damit der Verkäufer zum Beispiel eine Wohnung nicht ein zweites Mal verkaufen kann. Gaufer steht nun vor dem Problem, dass er seinen eigenen Kredit, sobald er ihn abruft, kaum per Grundschuld im Grundbuch absichern lassen kann, solange seine Immobilie durch die Globalgrundschuld der Adler Group belastet ist.

    Vorwürfe gegen den beurkundenden Notar erhoben

    Gaufer sieht im Verhalten des Notars, der 2018 den Kaufvertrag beurkundete, eine Pflichtverletzung. Er habe den Notar im Jahr 2021 gebeten, seinen „Pflichten bei der Umsetzung des Kaufvertrages nachzukommen“, berichtet Gaufer. Er habe gegenüber dem Notar betont, dass er auf die „Einhaltung des Vertrages vom 18. Oktober 2018“ bestehe. Doch der Notar habe trotzdem keine Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten eingetragen, „sondern sein weiteres Handeln vom Abschluss“ des geforderten Nachtrags abhängig gemacht, so Gaufer. „Da ich einer solchen Regelung nicht zugestimmt habe, wurde mein Kaufvertrag nicht vollzogen“, so Gaufer.

    Gaufer hat Beschwerde bei der Notarkammer und beim Landgerichtspräsidenten eingereicht, der als Dienstaufsicht für Notare fungiert. Was aus der Beschwerde geworden ist, hat Gaufer bisher nicht erfahren. Die Notarkammer teilte ihm vor kurzem mit, dass die Beschwerdeabteilung „das in standesrechtlicher Hinsicht erforderlich Erscheinende veranlasst“ habe – und wies zugleich darauf hin, dass sie aufgrund der sie „bindenden Verschwiegenheitspflicht“ weitere Einzelheiten nicht mitteilen dürfe. Was das Landgericht unternommen hat, weiß Gaufer ebenfalls nicht. Die für seine Dienstaufsichtsbeschwerde zuständige Richterin habe ihm am 27. Juni mitgeteilt, dass die „Prüfung des Vorgangs“ noch andauere. Sie versprach, sie werde „unaufgefordert auf die Angelegenheit zurückkommen“. Gaufer: „Dies ist bis heute nicht geschehen.“ Der 58-Jährige ist unzufrieden. Er sei enttäuscht, dass er „als Beschwerdeführer“ keine Informationen darüber erhalte, wie seine Beschwerde behandelt werde, sagt er.

    Der Notar verweist auf Anfrage der Berliner Zeitung auf die „Verschwiegenheit“, der er unterliege. Den Vorwurf der Pflichtverletzung weist er zurück. „Eine Pflichtverletzung in Zusammenhang mit der nicht erfolgten Eintragung von Eigentumsübertragungsvormerkungen habe ich nicht begangen“, erklärt er. „Auch hat wegen der nicht erfolgten Eintragung von Eigentumsübertragungsvormerkungen weder die Notarkammer noch die Dienstaufsicht dienst- oder aufsichtsrechtliche Konsequenzen ergriffen.“
    Einstweilige Verfügung beantragt, um Rechte zu sichern

    Gaufer versucht unterdessen alle rechtlichen Möglichkeiten auszunutzen, um die Erfüllung seines Kaufvertrages durchzusetzen. Über seinen Anwalt hat er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt, um die Auflassungsvormerkung im Grundbuch zu erwirken. Die Entscheidung steht aus.

    Der Bauherren-Schutzbund (BSB), der sich für die Rechte von Erwerbern von Wohneigentum einsetzt, fordert eine bessere gesetzliche Absicherung für Käufer von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern. „Bauträger müssen akzeptieren, dass die geschlossenen Verträge einzuhalten sind“, sagt BSB-Sprecher Erik Stange. „Nur in besonderen Ausnahmefällen sind Abweichungen von den getroffenen Vereinbarungen ohne Zustimmung des Erwerbers zulässig“, sagt er. Um die Position der Erwerber zu stärken, setzt sich der Bauherren-Schutzbund seit langem für die Schaffung einer verpflichtenden Rückabwicklungssicherheit ein, sagt Stange. Die Erwerber könnten dann wenigstens vom Bauträgervertrag zurücktreten und erhielten die schon gezahlten Raten zurückerstattet.

    Gaufer sind bereits hohe Kosten entstanden. Er musste Grunderwerbssteuer in Höhe von sechs Prozent auf den Kaufpreis bezahlen, rund 37.000 Euro. Zudem fielen Notarkosten und Ausgaben für den Rechtsstreit an. Hinzu kommen Bereitstellungszinsen für den Kredit, den er aufgenommen, aber noch nicht abgerufen hat.

    André Gaufer zeigt sich kämpferisch. „Ich werde nicht aufgeben, bevor ich zu meinem Recht gekommen bin“, sagt er. „Wie lange es auch dauern mag: irgendwann werde ich in meiner Wohnung im Steglitzer Kreisel zusammen mit meiner Tochter Weihnachten feiern.“

    #Berlin #Steglitz #Hermann-Ehlers-Platz #Kuligkhofstraße #Schloßstraße #Kreisel #Immobilien #Spekulation

  • Überfall in Neukölln: Uber-Fahrer mit Waffe bedroht und geschlagen
    https://www.berliner-zeitung.de/news/ueberfall-in-neukoelln-uber-fahrer-mit-waffe-bedroht-und-geschlagen

    Aus der Rubrik „dümmer als die Polizei erlaubt“. Bei diesen Räubern war noch nicht angekommen, dass Uber und nicht der Fahrer den Geldfluss kontrolliert. Man muss ziemlich dämlich sein, um Taxifahrer zu überfallen. Bei Uber-Kutschern ist noch weniger zu holen, im Prinzip nämlich genau garnichts.

    23.12.2023 von Kathrin Merz - Drei Unbekannte überfallen in Neukölln einen Uber-Fahrer. Er wird mit einer Schusswaffe bedroht und verprügelt. Die Täter erbeuten allerdings nichts.

    Ein Uber-Fahrer ist in der Nacht zum Samstag in Berlin-Neukölln überfallen und verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, wurde der 29-Jährige gegen 2 Uhr in der Lahnstraße von drei bisher unbekannten Tätern mit einer Schusswaffe bedroht.

    Die Männer forderten Geld, welches der Überfallene jedoch nicht herausgab. Daraufhin schlugen ihm die drei Unbekannten mit der Waffe und ihren Fäusten gegen den Kopf und durchsuchten dann das Handschuhfach seines Wagens. Sie fanden jedoch nichts, sodass sie ohne Beute flüchteten.

    Der Angegriffene fuhr vom Tatort zu einer Tankstelle in der Karl-Marx-Straße, von wo aus Polizei- und Rettungskräfte alarmiert wurden. Der 29-Jährige erlitt bei dem Überfall mehrere Platzwunden am Kopf und blutete erheblich, sodass ihn die Rettungskräfte zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus brachten. Die Polizisten suchten die Umgebung nach den Tätern ab, die Suche verlief jedoch erfolglos. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen schweren Raubes.

    #Berlin #Uber #Kriminalität #Überfall #Raub

  • „Die Blase ist geplatzt“ : Immobilienpreise sinken in dritten Quartal um mehr als zehn Prozent
    https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/finanzen/die-blase-ist-geplatzt-immobilienpreise-sinken-in-dritten-quartal-um-me

    Début 2024 sera un bon moment pour récommunaliser une partie des immeubles d’habitation que les gouvernements berlinois précédants ont bradés. Manque de peau l’actuel gouvernement est composé de partis politiques plutôt opposé à ce projet.

    22.12.2023 - Es ist der stärkste Rückgang seit dem Jahr 2000: Die Kosten für eigene vier Wände sind weiter deutlich gesunken. Und der Trend dürfte anhalten, so Experten.

    Schlechte Nachrichten für Besitzer von Immobilien, wer in ein eigenes Heim investieren will, darf sich dagegen freuen: Die Preise für Wohnungen und Häuser in Deutschland sind im dritten Quartal erneut in Rekordtempo gesunken. Sie fielen von Juli bis September um durchschnittlich 10,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Es war demnach das stärkste Minus seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000.

    Im zweiten Vierteljahr war ein Rückgang von 9,6 Prozent verzeichnet worden und zu Jahresbeginn von 6,8 Prozent – jeweils zum Vorjahreszeitraum.

    Ausschlaggebend für die sinkenden Preise dürften eine geringere Nachfrage wegen gestiegener Finanzierungskosten und die Inflation sein. Viele Menschen können oder wollen sich die eigenen vier Wände nicht mehr leisten. Das Neugeschäft der Banken mit Immobilienkrediten ist eingebrochen.


    Sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen waren im Sommer deutliche Preisrückgänge zu verzeichnen, wie die Agentur Reuters unter Berufung auf das Bundesamt berichtet. In den Top-7-Metropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf) sanken die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser demnach um 12,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.

    Für Eigentumswohnungen mussten 9,1 Prozent weniger gezahlt werden. In den dünn besiedelten ländlichen Kreisen waren Ein- und Zweifamilienhäuser um 12,4 Prozent günstiger zu haben, Wohnungen 5,6 Prozent.

    „Bis 2022 gab es eine spekulative Preisblase in Deutschland, eine der größten in den letzten 50 Jahren“, sagte Konstantin Kholodilin von der Abteilung Makroökonomie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). „Seitdem fallen die Preise. Die Blase ist geplatzt.“

    Einer Studie der DZ Bank zufolge dürfte sich der Abwärtstrend 2024 trotz der erwarteten Zinswende fortsetzen, wie Reuters weiter schreibt. „Wir rechnen im Jahresdurchschnitt mit einem Minus von einem halben bis zweieinhalb Prozent“, sagte Analyst Thorsten Lange.

    Wegen der sinkenden Inflation rechnen viele Ökonomen demnach damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im kommenden Jahr eine geldpolitische Wende einleiten und ihre Zinsen senken wird. Damit dürften auch Hypothekenkredite wieder günstiger werden. Aktuell liegt der Leitzins bei 4,5 Prozent.
    Tatsächliche Preise liegen deutlich unter den Werten der Angebote

    Kaufinteressenten können in der aktuellen Lage wieder stärker verhandeln: Die tatsächlich erzielten Preise für Häuser und Wohnungen liegen deutschlandweit deutlich unter den inserierten Angebotspreisen. Das geht aus einer Auswertung des Kreditvermittlers Interhyp hervor, über die der „Spiegel“ berichtet.

    2023 konnten Käufer demnach Immobilien im Schnitt zwischen drei und vier Prozent unterhalb des ursprünglich geforderten Preises erwerben. „Käufer ­haben aufgrund des höheren Angebots inzwischen deutlich mehr Verhandlungsmacht als vor der Zinswende“, sagte Interhyp-Vorständin Mirjam Mohr.

    Vergleichbar große Abschläge hat es auf dem Immobilienmarkt dem Bericht zufolge seit Jahren nicht gegeben. Auf dem Höhepunkt des Booms, im Mai 2021, zahlten Käufer durchschnittlich 2,5 Prozent mehr als den aufgerufenen Preis.

    Besonders großen Verhandlungsspielraum gibt es demnach derzeit bei unsanierten Bestandsimmobilien. Für Objekte mit den Energieeffizienzklassen C bis E lagen die tatsächlichen Verkaufspreise 2023 im Schnitt zeitweise sieben Prozent unter den Angebotspreisen. Derzeit sind es noch knapp vier Prozent.

    Noch stärker fallen die Preisabschläge bei Immobilien in den niedrigen Effizienzklassen F bis H aus. Hier beträgt der Unterschied zu den Angebotspreisen aktuell minus 4,5 Prozent. Neben dem Kaufpreis fallen dann aber auch Modernisierungskosten an.

    Die derzeitige Entwicklung spiegelt sich auch in Zahlen der Baubranche wider. Die Aufträge sind im Oktober den zweiten Monat in Folge merklich gefallen – trotz der steigenden Nachfrage nach Wohnungen. Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe schrumpfte inflationsbereinigt um 6,3 Prozent zum Vormonat.

    Der Hochbau, der vor allem durch den Wohnungsbau geprägt und überwiegend von der privaten Nachfrage abhängig ist, meldete ein Minus von 14,9 Prozent, so das Statistische Bundesamt.

    Das Neugeschäft im Tiefbau, wozu beispielsweise der staatlich dominierte Straßenbau zählt, legte im Oktober zu: Hier wuchs der Auftragseingang real um 2,4 Prozent zum Vormonat. Im Wohnungsbau allein zog die Nachfrage dem Reuters-Bericht zufolge an, und zwar um 5,4 Prozent.

    #Berlin #immobilier

  • Berliner Clan : So versuchten Unbekannte einen gefangenen Remmo zu befreien
    https://www.berliner-zeitung.de/news/berlin-gefangenenbefreiung-eines-clan-mitglieds-scheitert-li.217056

    Berlin a ses Mesrine de pacotille. Ces jeunes gens vivent leur propre mythe. Leurs triomphes éphémères (le vol de la pièce d’or la plus lourd du monde, une intrusion armée dans la bijouterie du KaDeWe, l’accumulation d’un patrimoine immobilier) sont célébrés par les rappeurs et l’entreprise criminelle tourne sans relâche.

    Pourtant tenir le cap est plus difficile dans vraie vie que dans les histoires. La tentative de libération d’un membre de la bande vient d’échouer parce que l’évasion a été mal préparée. C’est l’hybris chez les fiers braqueurs.

    On se rappelle de la fin de la traque de Mesrine. Les cambrioleurs les plus fiers de Berlin, les frères Sass, ont été assassinés après l’arrivée au pouvoir des nazis. La bande des Remmo aura réussi son entrée dans la ligue des braqueurs historiques. Espérons que leur fin sera moins dramatique.

    Les grands criminels qui ont réussi à bätir une fortune pour les génerations suivantes ont fait preuve de grande discrétion et de compétences en politique. Pour ne citer que les exemples les mieux connus, il s’agit des familles derrière Porsche, BMW et Mercedes. Leurs ancêtres ont su transmettre leurs fortunes acquises par la guerre et le génocide au dela la fin du fascisme allemand . Ils ont réussi à rétablir les bonnes relations d’avant-guerre avec les impérialistes états-uniens. Aujourd’hui ces familles font partie du cartel qui contrôle le destin de l’Allemagne

    Les kurdo-arabes Remmo n’accederont jamais à ce niveau de pérennité. Ils n’ont pu qu’agir à l’encontre des lois. Leurs adversaires sont les forces qui travaillent pour les criminels qui font les règles dans l’état allemand. On le sait déjà quelle bande gagnera.

    21.12.2023 von Christian Gehrke - Ein Mitglied eines Berliner Clans sollte aus einem gesicherten Krankenhaus in Buch befreit werden. Wachleute bemerkten die Aktion jedoch. Der Berliner Zeitung liegen weitere Details vor.

    Ein Mitglied des bekannten arabischstämmigen Remmo-Clans in Berlin sollte aus einem gesicherten Krankenhaus für Kriminelle befreit werden. Der Versuch der Gefangenenbefreiung in der Nacht zu Mittwoch im Stadtteil Buch im Norden Berlins scheiterte aber, weil Wachleute den Einbruch bemerkten. Das Clan-Mitglied befand sich in einem sogenannten Krankenhaus des Maßregelvollzugs, einer Klinik für psychisch kranke Straftäter.

    Am Donnerstag werden weitere Details zur Tat bekannt. Nach Informationen der Berliner Zeitung verschafften sich vier mit Sturmhauben maskierte Männer, die dunkel gekleidet waren, über die Zufahrt des benachbarten Helios-Klinikums Zugang zu dem gesicherten Krankenhaus. Mit einem Winkelschleifer durchtrennten sie den Außenzaun und hebelten mit einem Kuhfuß die Durchgangstür auf.

    Die Täter liefen danach zu dem Haftraum des 26-jährigen Clan-Mitglieds und gaben ihm durch die vergitterten Fenster einen Winkelschleifer. Mit dem Winkelschleifer und weitere Geräten versuchten die vier Männer und der Inhaftierte, das massive Fenstergitter zu entfernen. Die Alarmanlage wurde ausgelöst, Sicherheitsmitarbeiter störten die Täter. Die vier Männer ergriffen die Flucht in einem BMW und einem Audi und ließen den Inhaftierten zurück. Dieser wurde in einen anderen Bereich des Krankenhauses verlegt, bei ihm wurden mehrere Mobiltelefone gefunden.
    Remmo-Clan: Polizei Berlin kennt die Kennzeichen der Fluchtautos

    Die Ermittler werten jetzt Videoaufnahmen aus und versuchen, die Täter so zu überführen. Die Kennzeichen der Fluchtautos sind ihnen bekannt.

    Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) teilte mit, der „dreiste Versuch“ beweise einmal mehr, dass es im Zusammenhang mit der bekannten Großfamilie Täter gebe, die den Rechtsstaat missachteten. „Wir hoffen, dass die Videoaufnahmen zur Überführung der Täter führen. Dann müssten sie auch nicht wieder mit Flex Zäune und Gitter durchtrennen, sondern könnten gleich in der Zelle nebenan Platz nehmen.“

    Guten Morgen!
    Nach Recherche von @DennisMeischen sollte in der Nacht zu Mittwoch ein kriminelles Mitglied der Familie Remmo aus dem Maßregelvollzug in Buch befreit werden - Der Fluchtversuch scheiterte dank aufmerksamer Arbeit des Personals https://t.co/TpUvl100ZE pic.twitter.com/E0Csx6IkLE
    — GdP Berlin (@GdPHauptstadt) December 21, 2023

    #Allemagne #Berlin #criminalité #mythologie

  • 20 Jahre „Arm, aber sexy“: Was hat Berlin noch zu bieten?
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/berlin-20-jahre-nach-klaus-wowereits-arm-aber-sexy-was-hat-die-haup

    13.12.2023 vin Ralf Hutter - Ende 2003 pries der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit Berlin in aller Welt mit dem Slogan an, der berühmt wurde. Er hat der Stadt damit geschadet, findet unser Autor.

    Berlin sei arm, aber sexy – die berühmte Aussage von Berlins damaligem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist nun 20 Jahre alt. Sie ist nicht nur in Deutschland sehr bekannt. Eine Internetsuche nach „Berlin poor but sexy“ erbringt gleich auf der ersten Ergebnisseite sowohl Artikel in großen Medien wie Financial Times, Bloomberg und The Economist als auch wissenschaftliche Texte.

    Kürzlich sendete Arte eine sehenswerte fünfteilige Dokureihe über die Geschichte Berlins seit dem Mauerfall namens „Capital B“. Der vierte Teil trägt ebenfalls den Titel: „Arm, aber sexy“. Darin gestehen sogar zwei Wowereit-Kritiker zu, diese Diagnose habe Lage und Lebensgefühl der Stadt gut getroffen.

    Das ist aber zu unkritisch. Wowereits wirkmächtige Aussage drückt auf kürzestmögliche Weise den politischen Ansatz aus, mit dem Ausverkauf der Stadt selbige „groß“ zu machen. Das Zitat ist oft spöttisch wiedergegeben, aber vielleicht nie fundamental kritisiert worden. Wer seine Bedeutung analysiert, wird es nicht witzig finden.

    Arm, aber sexy: Zum ersten Fall fiel der Spruch im Focus-Money-Interview

    Wenn ein Bürgermeister seine Stadt als sexy bezeichnet, klingt das vielleicht positiv. Das wäre aber ein Irrtum. Die so bezeichnete Attraktivität der Stadt soll vor allem eine für Externe sein. Der historische Hintergrund bei Wowereit wird in der Arte-Doku benannt, auch von den politischen Protagonisten selbst: In West-Berlin sprudelten die Sondersubventionen für das einst permanent von jenseits der Mauer begaffte Schaufenster des Kapitalismus nicht mehr, im Osten waren viele Großbetriebe abgewickelt worden. Nun galt es, sich neu auf dem Weltparkett zu Wort zu melden und Investitionen anzuziehen. Aber womit? Was hatte Berlin, was die Welt brauchte?

    Jedenfalls keine Hard Facts. Zur Veranschaulichung: Unter den Nachgeborenen dürfte kaum bekannt sein, dass der noch viel mehr als Wowereits Aussage bespöttelte neue Hauptstadtflughafen schon in den frühen 1990ern geplant wurde – er sollte ursprünglich 2007 eröffnen –, und dass das Projekt erst 2003 von der öffentlichen Hand übernommen wurde, weil das jahrelang interessierte privatwirtschaftliche Konsortium nicht das ganze Kostenrisiko tragen wollte.

    Sprich: Ein neuer Flughafen versprach trotz Schließung der alten nicht unbedingt Profitabilität. Deutschland hatte gerade eine jahrelange Privatisierungswelle hinter sich, aber niemand wollte ohne staatliche Hilfe den Flughafen der Hauptstadt betreiben.

    In dieser Situation, im November 2003, fiel Wowereits Aussage in der Zeitschrift Focus Money. Er wollte eine Kultur, ein Lebensgefühl vermarkten. Dabei besteht prinzipiell eine Gefahr, die die Tourismusforschung so auf den Punkt gebracht hat: Indem die Touris das finden, was sie suchen, tragen sie zu seiner Zerstörung bei. Kultur ist kein beliebig vermehrbares Produkt.

    Wir können nun so gnädig sein, Wowereit zu konzedieren, dass er vielleicht nicht ganz so viel von dem zerstörerischen Tourismus und Immobilienkapital hier haben wollte, wie es nun schon seit etlichen Jahren Realität ist. Es bleibt aber ein grundsätzliches Problem bei seinem Zitat: Es richtete sich nach außen. Die Aussage ergibt gegenüber der eigenen Bevölkerung keinen Sinn.

    Stellen wir uns zum Beispiel eine protestierende Menschenmenge vor, die einem Bürgermeister entgegenruft: Wir verarmen! Wir können uns die Mieten in unserem Stadtteil nicht mehr leisten! Unsere Kinder hängen auf den Straßen rum, weil weder wir noch die öffentliche Hand nennenswert Räume für sie hat! Kein Stadtoberhaupt würde antworten: Hey Leute, aber immerhin ist unsere Stadt doch sexy!

    Wowereits Lob war vergiftet, geradezu heimtückisch. Was auch immer er mit „sexy“ meinte – die Armen hatten immer weniger davon, je mehr Leute von außerhalb an den sexy Dingen teilhaben wollten. Es ist eine allgemeine, auf sozialer Ungleichheit beruhende Dynamik: Wenn die Armen gewisse nette kulturelle Elemente ausbilden, die auf der Verfügbarkeit von freien beziehungsweise billigen Räumen beruhen, dann wird das alles umso mehr verschwinden, je mehr Menschen mit ordentlich Geld dazukommen, die diese Räume vereinnahmen und die Preise für Alltagsdinge wie Miete und Gastronomie steigen lassen.

    Genau so hat Berlin sich entwickelt: Freiräume werden kleiner, Kulturorte werden vertrieben oder teurer, das Leben ist aufgrund der hohen Mieten und des Verdrängungsdrucks stressiger.

    Wowereit konnte die Karriere des Slogans nicht voraussehen

    Wie wenig Wowereit bei seiner Aussage an seine eigene Bevölkerung dachte, wird noch klarer, wenn wir das Zitat auf die individuelle Ebene ziehen. Kaum jemand würde so über sich selbst sprechen: Ich bin arm, aber sexy. Es bringt einem kaum was in seiner Armut, wenn man sexy ist.

    Wo soll da der Sinn sein? Bevor ich hungern muss, kann ich immer noch auf den Strich gehen? Es ist kein Zusammenhang vorhanden. Die Aussage ist austauschbar mit so etwas wie: Ich bin arm, aber ich habe keinen Krebs. Oder: ... aber ich lebe in einer Stadt, in der es keine Erdbeben gibt. Das sind bestenfalls Durchhalteparolen.

    Wowereit konnte die Karriere dieser Aussage nicht vorhersehen, und er hat sie wohl auch nie als Kampagnenmotto genutzt. Aber seine Politik zielte auf genau diese Kulturvermarktung ab, wie auch in der Arte-Doku deutlich wird. Im immer globaleren Wettbewerb um den bestmöglichen Ausverkauf der Städte wurde Deutschlands Hauptstadt als sexy herausgeputzt ins weltweite Schaufenster gestellt, um kapitalkräftigere Leute anzulocken. Wenn wir die sexuelle Metapher aufgreifen, können wir heute feststellen: Weil Berlin so sexy war, wird es seitdem immer mehr vom Kapital penetriert.

    Das lässt sich mittlerweile ohne Metaphern beschreiben. Im Stadtteil Kreuzberg gründete sich im sogenannten Reichenbergerkiez im Herbst 2022 die Nachbarschaftsinitiative No Hype No Hide (der komische Name kommt vom komischen, niemandem verständlichen Namen des Bauprojekts Hype & Hide), weil die Leute festgestellt hatten, dass innerhalb weniger Straßenzüge ein halbes Dutzend Baustellen laufen, bei denen sehr teure Eigentumswohnungen in Innenhöfen errichtet werden sollen.

    Noch mehr Beton und Autos in einem dicht bebauten Innenstadtviertel, noch weniger Bäume und andere Pflanzen in den im Sommer immer stärker aufgeheizten Höfen, noch mehr Wohnraum, den sich kein normaler Mensch leisten kann. Das Kapital aus aller Welt dringt immer tiefer in die Stadt ein.

    Schon 2021, als sich ein berlinweites Bündnis für den Erhalt von Grünflächen gegründet hatte, sagte Florian Schmidt, Grünen-Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung in Friedrichshain-Kreuzberg, dem Mitgliedermagazin des Berliner Mietervereins: „Seitdem der vorgeschriebene Mindestabstand in der vorletzten, rot-roten Koalition auf das 0,4-fache der Gebäudehöhe gesenkt wurde, sehen wir eine zunehmende Nachverdichtung in den Hinterhöfen, die wieder in Richtung der Gründerzeitdichten geht.“

    Mit besagter Koalition regierte Wowereit. Dass lange vorher durch Abrisse (größere) Innenhöfe geschaffen wurden und Berlins Bevölkerung nun nicht mehr so dicht gedrängt wie vor 100 Jahren leben muss, gilt als Fortschritt. Jetzt erleben wir den politisch hervorgerufenen Rückschritt. Leute wie Wowereit riefen das Kapital aus aller Welt, und das baut nun die als Anreiz dienenden Freiräume wortwörtlich zu.

    Deshalb geht nun, auch im Sinne einer selbstbestimmten Sexualität, eine Ansage aus der Berliner Innenstadt raus: Hallo Welt! Du findest uns sexy, wir dich aber nur so lala. Wir waren und sind weltoffen, aber wir haben damit auch schlechte Erfahrungen gemacht. Du penetrierst uns immer stärker, Welt, wogegen wir nicht prinzipiell etwas haben, aber du tust es auf respektlose Weise. Wir glauben nicht, dass du wirklich auf unsere inneren Werte stehst, die uns wichtig sind. Unsere Freiheitsliebe ist tiefgehend und schließt schädliche Freiheiten aus, zum Beispiel die Freiheit zur Ausbeutung. Deine Freiheitsliebe ist oft nur oberflächlich und, wie wir seit Langem erleben, nicht nachhaltig. Du zerstörst hier Freiräume.

    Viele Menschen aus vielen Ländern haben sich in den vergangenen Jahrzehnten von unserem Widerstandsgeist angezogen gefühlt, der uns vor sehr vielen Metropolen auf dem Planeten auszeichnet. Wir finden nun: Wir brauchen mehr solcher Menschen, die uns nützen, und weniger, die uns ausnutzen.

    Berlin hat in der jüngeren Geschichte ein historisch bedeutsames Zeichen in die Welt gesetzt. Nein, nicht 1989, als wir daran beteiligt waren, den sozialistischen Imperialismus zu stürzen. Schon 1988 zelebrierte Berlin den ersten großen Gipfelprotest gegen den kapitalistischen Imperialismus, als sich Weltbank und Internationaler Währungsfonds hier trafen. Da war übrigens auch Ost-Berlin ein bisschen beteiligt.

    Im Westen, im Umfeld des Gipfels, wendete die Zivilgesellschaft ihre üblichen Mittel des politischen Kampfes an: Gegenkongress, Großdemo, Brandanschläge auf Firmensitze und Autos. Wenn du an massive Gipfelproteste denkst, dann bestimmt an die Periode ab den legendären Blockaden von Seattle 1999, Welt. Wir waren elf Jahre vorher am Start. Leider ist das wegen 1989 in Vergessenheit geraten.

    Aber zum Glück nicht bei allen. Als die schwedische Band Refused, eine der erfolgreichsten und wichtigsten Hardcore-Bands überhaupt, 2016 hier spielte, sagte Sänger Dennis Lyxzen auf der Bühne: „Für uns als eine Band der 90er war Berlin immer eine harte Stadt.“ Nachdem er über 20 Jahre lang seinen Antikapitalismus ins Mikrofon geschrien hatte – zwischendurch bei den heute wohl bekannteren The (International) Noise Conspiracy –, bekannte er, sich in den 90ern nicht hart genug für diese Stadt gefühlt zu haben. „Berlin ist eine politische Stadt“, führte Lyxzen aus, und das bewunderten diese „paar Feiglinge aus Nordschweden“ nach wie vor.

    Es ist kein Zufall, Welt, dass Lyxzen Berlin nicht sexy nannte. Wahre Zuneigung macht sich nicht an Oberflächlichkeiten fest.

    Wir holen aktuell wieder zu einem welthistorischen Schlag aus. Wir werden in ein paar Jahren den zweiten Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienfirmen gewinnen. Und dann, Welt, werden nicht nur viele Leute in Deutschland blöd schauen, die das Thema bisher weitgehend ignorieren; dann werden nicht nur SPD und Grüne bundesweit auf eine Zerreißprobe gestellt, weil sie sich entscheiden müssen zwischen der Akzeptanz eines Volksentscheids und der sozialistischen Elemente des Grundgesetzes auf der einen Seite und dem üblichen politischen Murks auf der anderen.

    Dann werden wir nicht nur darauf hinweisen, dass Artikel 15 Grundgesetz neben der Vergesellschaftung von Grund und Boden auch die von Naturschätzen und Produktionsmitteln erlaubt; dann werden nicht nur in anderen deutschen Städten Initiativen es uns nachtun wollen – sondern dann werden wir auch sehen, wer auf diesem Planeten uns wirklich toll findet, wie wir sind, und sich auch bei diesem Thema von uns inspirieren lässt.

    Und vor allem, Welt: Wenn wir das geschafft haben, werden wir uns nicht nur sexy fühlen, sondern in allen Bedeutungen des Wortes so richtig geil.

    Ralf Hutter ist studierter Soziologe und lebt seit 20 Jahren in Berlin-Kreuzberg, die letzten 14 Jahre war er als Journalist tätig.

    #Berlin #Politik #Gentrifizierung #Immobilien #Ausverkaiuf

  • Quartier »Bricks Berlin Schöneberg« von GRAFT - Backsteinhöhle
    https://www.db-bauzeitung.de/bauen-im-bestand/bricks-berlin-schoeneberg-graft

    Bestand saniert, leerstehende Dächer ausgebaut, neue Gebäude ergänzt: Beim Nachverdichten eines Postareals zum gemischt genutzten Quartier setzt das Büro GRAFT auf Ziegel als gestalterische Klammer – aber natürlich mit parametrischer Verfremdung.

    Was heute unter dem Namen »Bricks Berlin Schöneberg« vermarktet wird, blickt auf eine über hundertjährige Geschichte zurück. Das Postamt in Berlin-Schöneberg wurde von Otto Spalding 1902 im Stil der Neo-Renaissance errichtet. Spalding, ehemals Partner des Berliner U-Bahn-Architekten Alfred Grenander, war »Post-Baurat«. Von ihm stammen viele Fernmeldeämter in Berlin, daneben ist er auch der Schöpfer des Kurhauses in Binz auf Rügen.

    1933 erhielt das Schöneberger Postamt in einem der Innenhöfe einen Anbau für das »Fernsprechamt Süd«. Die Telefontechnik hatte sich bereits von der gesteckten Verbindung durch das »Fräulein vom Amt« zur Selbstwähl-Telefonie weiterentwickelt und auch die Architektur des Amtes tat einen großen Sprung nach vorn. Ein langer ziegelbekleideter Riegel mit rundem Kopfende und horizontalen Bandfassaden, in Mendelsohn’scher Manier entworfen von Fritz Nissle, drückte die Begeisterung für die neuen Stromlinienformen aus – die Deutsche Reichspost wurde damals gerade motorisiert. Im Jahr 1935 richtete man in dem Ensemble dann eine der ersten Fernsehstuben Deutschlands ein.

    Das Areal durchquert inzwischen einen ganzen Block von der Haupt- bis zur Belziger Straße. Der Postbetrieb wurde in den 80er Jahren aufgegeben, die Gebäude anschließend von der Telekom genutzt. Seit 1996 stehen sie unter Denkmalschutz. Jetzt hat das Büro GRAFT das Ensemble modernisiert und um zwei Neubauten erweitert. Es ist nun ein Gewerbezentrum mit Büros, Restaurants, Geschäften und Wohnungen. Zugleich wurden die alten Dächer für gewerbliche Nutzungen ausgebaut und mit Fenstern perforiert, bei denkmalgeschützten Gebäuden immer ein heikler Punkt. Daher wurden nur die Dachflächen zum Hof umgestaltet, bei der Straßenansicht ließ die Denkmalpflege nicht mit sich reden. Bauherr des Um- und Neubaus ist das Immobilienunternehmen Trockland.

    »Um sich in das Ensemble einzufügen, erhielten die Neubauten Ziegelfassaden« geben die Architekten an und liefern damit eine Erklärung für den Namen »Bricks Berlin Schöneberg«. Den Zugang zum Areal von der Hauptstraße in den Hof haben sie aufwendig inszeniert. Die Ziegel folgen einer parametrisch entworfenen geschwungenen Geometrie und bilden einen höhlenartigen Eingang aus. Wie schon zuvor bei ihrem Entwurf für das Paragon-Wohnareal in Berlin-Prenzlauer Berg versuchen die Planer von GRAFT aus einer unregelmäßigen Stapelung von Fensterkästen, die aus der Fassade hervortreten, architektonische Funken zu schlagen. Im Innenraum lassen sich diese Elemente als Sitzerker nutzen. Außen heben sich die hellen, beigefarbenen Fenstereinfassungen deutlich von der dunkleren Backsteinfläche ab – ein Gestaltungsprinzip, das in verfremdeter Form vom alten Postamt nebenan übernommen wurde. Die Hoffassaden sind – ebenfalls analog zum Postamt – deutlich sparsamer gestaltet.

    Am anderen Ende des Areals, in einer Baulücke an der Belziger Straße, markierte ein kleines Torhaus den Zugang zum Gelände. Es wurde erhalten, zum Café umfunktioniert und, um die Baulücke nutzen zu können, brückenartig mit einem Wohngebäude überspannt. Dieses knüpft mit geschwungenen Balkonbrüstungen Bezüge zu den abgerundeten Ecken des alten Torhauses. Der herrliche ehemalige Vermittlungssaal des Telegrafenamtes im Innern des Blocks dient jetzt als ein jüdisches Kaballah-Zentrum.

    ~Ulf Meyer, Christian Schönwetter

    #Berlin #Schöneberg #Geschichte #Architektur #Fernmeldeamt #Hauptstraße #Belziger_Straße #Post #Fernsehen #Fernsehstube #Fernseh-Großbildstelle

  • „Hauptstadt des Verbrechens“
    https://anwaltsblatt.berlin/hauptstadt-des-verbrechens-2

    Bemerkenswert: Verbrechen als Krankheit, von der Verbrecher befallen werden.

    Von Julia Steinmetz - Zeitreise zu den historischen Gerichts- und Gefängnisgebäuden der 1920er-Jahre.

    Schon der Treffpunkt der Reisegruppe, bestehend aus Mitgliedern des Berliner Anwaltsvereins und des Richterbunds, war am 14. Juni um 16 Uhr ein historischer: der #Tränenpalast an der #Friedrichstraße. Von dort aus sollte das diesjährige Sommerhighlight, die „Krimitour durch Berlin“, organisiert durch den Berliner Anwaltsverein, starten. Aufgrund einer kleinen Busverspätung (der Berliner Verkehr) stellen die beiden Referenten Arne Krasting und Alexander Vogel vor dem Einstieg in den Bus sich und auch die Idee zur gemeinsamen Tour vor.

    Arne Krasting ist Historiker und Autor zweier Bücher. Sein erstes Buch „Fassadengeflüster. Berliner Bauten der Weimarer Republik“ erschien 2021. Gemeinsam mit dem Juristen Alexander Vogel veröffentlichte er 2022 das Buch „Justizgeflüster. Gerichte und Gefängnisse in Berlin“. Um Letzteres sollte es bei der Kriminaltour gehen, in der ein Blick auf die „dunkle Seite“ von Berlin, auch inspiriert von der Kultserie „Babylon Berlin“, geworfen werden sollte. Die Gegend um den #Bahnhof_Friedrichstraße schien hierfür der optimale Startpunkt, war sie doch in den 1920er-Jahren ein Ort des Amüsements, aber auch der Kriminalität und Prostitution mit zahlreichen Theatern und Bars in der Nähe.

    „Die Geschichte Berlins ist eine Geschichte von Kriminalität“

    Die Tour beginnt mit dem zwischenzeitlich eingetroffenen Reisebus, welcher im Inneren mit großen Bildschirmen ausgestattet ist, auf denen die Referenten untermalendendes Bild- und Videomaterial zeigen. Passend zur Fahrt über die Berliner Friedrichstraße und der Straße #Unter_den_Linden berichten die Referenten von der Diebstahlsgeschichte der Quadriga auf dem #Brandenburger_Tor sowie über die weithin bekannte Geschichte des Betrügers Friedrich Wilhelm Voigt, dem Hauptmann von Köpenick. Vorbei an der #Marienkirche, die im 13. Jahrhundert das Zentrum des mittelalterlichen Berlins darstellte und damals Schauplatz eines berüchtigten Lynchmordes wurde, der einen päpstlichen Bann über Berlin nach sich zog und erst nach Zahlungen und dem Aufstellen eines Sühnekreuzes wieder aufgehoben wurde, geht es zum #Alexanderplatz. Vogel macht schon zum Beginn der Tour deutlich: „Die Geschichte Berlins ist eine Geschichte von Kriminalität“.

    DER ALEXANDERPLATZ – SCHON VOR 100 JAHREN EIN KRIMINALITÄTSHOTSPOT

    Da gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Kriminalität um den Alexanderplatz immer mehr zunahm, wurde 1890 genau dort das große neue Polizeipräsidium von Berlin gebaut, welches sich vorher am #Molkenmarkt befunden hatte. In das neue Gebäude zog auch der berühmteste Kommissar der Zeit ein: Ernst Gellert, auch der „Buddha vom Alex“ genannt. Er leitete die erste modern arbeitende Mordkommission und erfand, laut Vogel und Krasting, die Tatortarbeit. Auch neu war ein Fernsehformat, was in den zahlreich eröffnenden Berliner Fernsehstuben ab 1935 gezeigt wurde. In „Die Polizei bittet um Mithilfe“ zog Gellert die Bevölkerung in seine Ermittlungsarbeit ein; ein Format, was auch heute noch im Fernsehen zu finden ist. Nach der Fahrt rund um den Alex kommt die Reisegruppe in der #Littenstraße an. Ziel ist hier das Gerichtsgebäude, der sogenannte „Justizpalast“, der 1904 fertiggestellt wurde. Der Architekt des Gebäudes, so erklärt Krasting, sei Otto Schmalz, der für die Architektur vor allem Elemente des Rokokos und des Jugendstils gewählt habe, darüber hinaus gebe es viele Einzelheiten, die Krasting den Teilnehmenden vor Ort und anhand von Bildern erläutert. Nachdem alle Teilnehmer wieder sicher im Bus sitzen, geht die Fahrt über den #Straußberger_Platz, im Mittelalter der als „#Rabenstein“ bekannte Hinrichtungsplatz vor den Toren Berlins, weiter in das #Scheunenviertel.

    DAS VERBRECHERVIERTEL DER 20ER-JAHRE

    Vogel erklärt, dass die Gegend in den 1920er-Jahren der Ort des organisierten Verbrechens in Berlin gewesen sei und daher auch in „Babylon Berlin“ immer wieder Ort des Geschehens ist. In den sogenannten Ring-Vereinen, die ursprünglich gemeinnützige Organisationen zur Wiedereingliederung von Strafgefangenen und ehemaligen Häftlingen sein sollten, entwickelten sich damals kriminelle Strukturen und Verbrecherbörsen. Ort der Planung für die nächsten Coups waren oft Bars und Kneipen wie die „Mulackritze“, in der sich Gestalten wie „Muskel- Adolf“ oder Adolf Leu (der Schränker) trafen.

    „In den sogenannten Ring-Vereinen entwickelten sich damals kriminelle Strukturen und Verbrecherbörsen“

    Wie sehr Verbrechen und Tod zu dieser Zeit zum Alltag der Bevölkerung dazugehörten, wird auch in der #Hannoverschen_Straße 6 deutlich, dem ehemaligen Leichenschauhaus. Hier war es laut Vogel in den 1920er-Jahren üblich, am Sonntag zur Leichenschau zu kommen, in der unbekannte Opfer von Tötungstaten hinter Glasfenstern ausgestellt wurden, damit Besucher diese identifizieren konnten.

    RUND UM DIE LEHRTER STRASSE

    Ziel der letzten Station der Tour sollte die Gegend um die #Lehrter_Straße sein, in der seit den 1840er-Jahren verschiedene Gefängnisgebäude entstanden waren, die heute nur noch teilweise bestehen. An das große Zellengefängnis in der Lehrter Straße erinnert nur noch der Geschichtspark Zellengefängnis #Moabit, der 2006 eröffnet wurde. Kriminalität wurde 1840 als ansteckende Krankheit angesehen, sodass Ziel des damaligen Gefängnisneubaus die Unterbringung der Gefangenen in Einzelzellen war, in der zwischenmenschliche Kommunikation nicht möglich sein sollte. Auch beim einstündigen Freigang am Tag kamen die Gefangenen durch die panoptische Architektur niemals mit ihren Mithäftlingen in Kontakt. Diese unmenschliche Art der Unterbringung bestand bis 1910. Nach dem Attentat auf Adolf Hitler 1944 wurden in dem Gefängnis verdächtigte Beteiligte festgehalten, unter anderem Albrecht Haushofer und Klaus Bonhoeffer, die im April 1945 dort erschossen wurden. Ersterer schrieb während seiner Gefangenschaft die „Moabiter Sonette“, 80 Gedichte, die heute im Park in einer nachempfundenen Zelle über Lautsprecher vorgelesen werden.

    Zu Fuß ging es zum Schluss noch zum ehemaligen Frauengefängnis in der #Lehrter_Straße 60, in dem von 1945–1985 weibliche Gefangene aus Westberlin untergebracht waren. Ursprünglich war dieses Gebäude eine Militär-Arrestanstalt, nach dem Ersten Weltkrieg ein Gefängnis für Männer ohne Militärgerichtsbarkeit, in dem auch Kurt Tucholsky einsaß. 1973 und 1975 gelingt weiblichen Gefangenen zweimal der spektakuläre Ausbruch aus dem Gefängnis, sodass anschließend ein neues Frauengefängnis in Berlin-Charlottenburg gebaut wurde. Seit 2012 steht das Gebäude leer. Zukünftig geplant sei hier, laut Krasting, Proberäume für Musiker und Kunstateliers unterzubringen. Zudem diente das ehemalige Gefängnis als Drehort für „Babylon Berlin“.

    Auf dem Weg zurück zur Friedrichstraße und somit dem Endpunkt der gemeinsamen Tour erzählten die Referenten noch einen letzten Fall: die „Pleiten, Pech und Pannen-Karriere“ der Gebrüder Sass, Einbrecher, die als erstes auf die Idee kamen, Geldschränke nicht mehr aufzustemmen, sondern aufzuschweißen. Gegen 18:30 Uhr endete die sehr kurzweilige, höchst interessante Tour, an die alle Teilnehmenden sicher gern zurückdenken werden.

    #Berlin #Geschiichte #Kriminalität #Stadtführung #Sightseeing #Krankheit #Fernsehstube #Fernseh-Großbildstelle

  • Hermannplatz
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hermannplatz

    Der Hermannplatz stellt sich als breite Spange zwischen zwei Kreuzungen dar. An der nördlichen Kreuzung treffen #Urbanstraße, #Kottbusser_Damm und #Sonnenallee auf den Platz. Die Urbanstraße wurde 1874 angelegt und trifft von Westen auf den Platz. Der Kottbusser Damm hieß bis 1874 #Rixdorfer_Damm. Dieser Straßenname geht bis ins 16. Jahrhundert zurück und die Straße ist eine der ältesten im Bezirk Kreuzberg. Die ältesten Aufzeichnungen der heutigen Sonnenallee stammen von 1890. Seit 1893 ist für die Straße der Name #Kaiser-Friedrich_Straße bekannt. 1938 bekam die Straße östlich des Hermannplatzes mit #Braunauer_Straße (benannt nach dem Geburtsort Hitlers) einen nationalsozialistischen Namen. 1947 verschwand dieser wieder aus dem Straßenbild und der Straßenzug erhielt den Namen Sonnenallee.

    Die Kreuzung an der Südseite des Hermannplatzes ist der Treffpunkt der Straßen #Hasenheide, #Hermannstraße und #Karl-Marx-Straße. Die Straße Hasenheide wurde bereits um 1678 als Weg angelegt und 1854 als befestigte Chaussee ausgebaut. Die Hermannstraße hat als Verbindung nach Britz ebenfalls eine sehr lange Vergangenheit und hieß bis Ende des 19. Jahrhunderts auch nur #Straße_nach_Britz. Im Jahr 1712 wurde über die aktuelle Trasse der Hermannstraße führend die #Poststraße Berlin – Mittenwalde – Dresden eröffnet. Die Karl-Marx-Straße (bis 31. Juli 1947 Berliner Straße) ist (wie der Kottbusser Damm) eine der ältesten Straßen am Platz. Schon bevor die Poststraße nach Dresden über die Hermannstraße eröffnet wurde, führte über die Berliner Straße ein Postweg nach Cottbus.

    #Berlin #Kreuzberg #Neukölln

  • Von Marzahn nach Spandau : Berliner Rettungswagen braucht 46 Minuten zum Notfall
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/von-marzahn-nach-spandau-berliner-rettungswagen-braucht-46-minuten-

    Le service d’aide médicale urgente de Berlin n’est plus capable d’intervenir dans des délais raisonnables. La croissance de la ville, le manque d’effectifs et de véhicules et les files d’attente dans les autres service médicales ont crée une trop grande demande pour le SAMU. Après des décennies d’austérité et de restructurations du secteur médical la survie des patients est menacé par de très longues temps d’attente.

    14.12.2023 von Andreas Kopietz - Berliner sollten keinen medizinischen Notfall erleiden – und wenn, dann nur zu bestimmten Tageszeiten. Oft ist kein Rettungswagen frei. So häufig galt im Dezember Ausnahmezustand.

    Es gibt inzwischen Feuerwehrleute, die bei dem Thema sarkastisch werden: Den Herzinfarkt, die Niereninsuffizienz oder den Schlaganfall solle man besser verschieben, wenn man in Berlin wohnt. Die Feuerwehr hat nämlich zu wenige Rettungswagen (RTW). In diesem Monat ist es besonders schlimm. Jeden Tag herrscht „Ausnahmezustand Rettungsdienst“. Zeitweise steht nicht ein einziger Rettungswagen zur Verfügung. Und wenn, dann brauchen die Retter oft zu lange zum Patienten – mitunter mehr als 30 Minuten. Denn sie müssen weite Strecken durch die Stadt zurücklegen.

    So musste sich nach Informationen der Berliner Zeitung zum Beispiel in der vergangenen Woche der RTW 6110 von seinem Stützpunkt in Marzahn mit Blaulicht durch die gesamte Stadt bis nach Spandau quälen. Er benötigte dafür 46 Minuten. Gerufen wurde er wegen Rückenschmerzen. Diese sind in den meisten Fällen harmlos. Selten könnte die Ursache aber auch ein Herzinfarkt sein, dessen Schmerz in den Rücken ausstrahlt.
    So oft gab es im Dezember schon Ausnahmezustand Rettungsdienst:

    Am Mittwoch war bisher der schlimmste Tag für die Rettungskräfte: 16 Stunden Ausnahmezustand.

    Am Mittwoch war bisher der schlimmste Tag für die Rettungskräfte: 16 Stunden Ausnahmezustand.Berliner Zeitung

    Der Ausnahmezustand Rettungsdienst wird immer dann ausgerufen, wenn mehr als 80 Prozent der Rettungswagen ausgelastet sind und die vorgegebene Zeit vom Notruf bis zum Eintreffen der ersten Helfer nicht mehr gehalten werden kann. Dann muss Personal, das laut Plan auf Löschfahrzeugen sitzt, Rettungswagen besetzen – was zulasten des Brandschutzes geht. Ein Beispiel: Laut der vom Lagedienst erstellten Stärkemeldung waren am Montag dieser Woche 22 Löschfahrzeuge personalgemindert oder gar nicht besetzt. Es fehlten 14 RTW, davon 13 von den Hilfsorganisationen, die über einen extremen Mangel an Notfallsanitätern klagen. Diese wandern nach der Ausbildung oft in andere Bundesländer ab, wo das Arbeiten angenehmer und die Bezahlung besser sind.

    Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen
    Meistgelesene Artikel

    Notfallrettung in Not: Warum Sie im Dezember in Berlin keinen Infarkt bekommen sollten

    Berliner Rettungsdienst: Feuerwehr rückt mit Blaulicht und Notarzt wegen Nagelbettentzündung an
    Im Durchschnitt elf Stunden und 22 Minuten Ausnahmezustand

    Bei Ausnahmezustand können die Rettungswagen nur für nötigste Arbeiten, wie etwa das Auffüllen von Material, außer Betrieb genommen werden. Für Putzen und Pausen ist da keine Zeit.

    Im Durchschnitt dauerte der tägliche Ausnahmezustand im Dezember elf Stunden und 22 Minuten. Im Allgemeinen setzt der Mangel gegen Mittag ein und dauert bis in die Nacht. An diesem Donnerstag wurde der Ausnahmezustand um 10.08 Uhr ausgerufen. Er endete am Freitagmorgen, um 1.15 Uhr. Und so droht der Dezember den Rekord vom November zu schlagen, als an 25 Tagen die RTW knapp waren.

    Experten nennen viele Ursachen für die Krise des Rettungsdienstes: etwa der Mangel an ausgebildeten Notfallsanitätern. Oder ein hohes Anspruchsdenken in der Bevölkerung, weshalb wegen Kleinigkeiten sofort der Notruf 112 gewählt wird. Als eine weitere Ursache wird auch das System der Arztpraxen benannt, wo Kassenpatienten keine Termine bekommen und sich deshalb an die Feuerwehr oder direkt an die Notaufnahmen der Krankenhäuser wenden. Der Rettungsdienst muss im Grunde die Mängel des Gesundheitssystems ausbaden.
    Innenverwaltung stoppt Ausschreibung an private Dienstleister

    Kritisiert wird von vielen das sture Anwenden des Standardisierten Notruf-Abfrageprotokolls (SNAP), weshalb ein RTW beziehungsweise Notarzt auch wegen einer Nagelbettenzündung oder wegen „Blutung mit internistischer Ursache“ (Nasenbluten) losfährt. Mit den standardisierten Fragen sei es nicht möglich, bei der Notrufannahme zu differenzieren, lautet einer der Kritikpunkte. Etwa bei der Frage „Atmet die Person normal?“ Der Verein „Berlin brennt“, ein Zusammenschluss von Feuerwehrleuten, würde SNAP deshalb am liebsten abschaffen, während andere, wie die Deutsche Feuerwehrgewerkschaft, dafür werben, SNAP klug anzuwenden, weil es Rechtssicherheit gebe. Es schütze die Kollegen, argumentiert auch ein Behördensprecher.

    „Berlin brennt“ kritisiert in einer Presseerklärung zudem, dass die Senatsinnenverwaltung den benötigten Mehrbedarf an RTW nun doch nicht durch einen privaten Dienstleister auffüllen will wie zunächst geplant. Sie habe eine Ausschreibung von 18 zusätzlichen RTW ohne Angabe von plausiblen Gründen oder wirksamen Ersatzmaßnahmen überhastet gestoppt. Der feuerwehrpolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Alexander Herrmann, sagt dazu: „Es ist eine Grundsatzfrage, ob man privatisiert oder die Hilfsorganisationen stärkt. Wir favorisieren die Stärkung der Hilfsorganisationen.“

    #Allemagne #Berlin #SAMU #austérité #santé

  • Wildes West-Berlin – Gespräch mit dem Fotografen Christian Schulz
    https://www.tip-berlin.de/stadtleben/geschichte/west-berlin-fotos-interview-christian-schulz

    Ohne Fotografen wie Christian Schulz würden wir heute weniger über Berlin wissen. Seit den frühen 1980er-Jahren hält er flüchtige Augenblicke des Stadtlebens fest. Vor allem seine Fotos aus West-Berlin sind wichtige historische Dokumente, die viel vom Alltag in der Mauerstadt erzählen. Jenseits von Prunk und Glamour ging der Autodidakt einfach los und machte spontan seine Bilder. In besetzten Villen in Zehlendorf, im Kreuzberger Kiez, vor dem KaDeWe, bei linken Demos und dem Sechstagerennen. Er veröffentlichte in der „taz“ und der ZITTY, später in der „Berliner Zeitung“. Wir sprachen mit Schulz über seine ersten Schritte als Fotograf, Inspirationen, das Verhältnis von Theater und Hausbesetzungen, türkische Ölringer im Görlitzer Park und den Mauerfall.


    Der Fotograf Christian Schulz dokumentiert seit Jahrzehnten das Leben in Berlin. Dieses Selbstporträt zeigt ihn 1983. Foto: Christian Schulz

    Christian Schulz wurde 1961 geboren, er wuchs in Frankfurt am Main und später einer Kleinstadt auf. Nach einer Ausbildung zum Maler und Lackierer folgten erste fotografische Arbeiten um 1980. Er zog 1981 nach West-Berlin, lebte in besetzten Häusern und gründete 1990 eine Fotoagentur. Seit Ende der 1990er-Jahre arbeitete er für die „Berliner Zeitung“ und als Setfotograf bei Dreharbeiten, unter anderem für Regisseure wie Christian Petzold und Oskar Roehler.

    tipBerlin Herr Schulz, Sie kamen 1981 nach West-Berlin, waren Sie da schon Fotograf oder begann Ihre Laufbahn erst in der Mauerstadt?

    Christian Schulz Ich fing in Westdeutschland an, mit einer einäugigen Rolleiflex zu fotografieren, aber damals noch nicht beruflich. Ich machte erst eine Maler- und Lackiererlehre und interessierte mich sehr für Filme, las Bücher und Zeitschriften, wusste alles über Filme von Michelangelo Antonioni oder Elia Kazan. Dabei habe ich deren Filme nie gesehen, konnte aber jeden Kameramann und Ausstatter nennen. Diese Filme wurden in dem Kino in meiner Kleinstadt aber einfach nicht gezeigt.
    Fotograf Christian Schulz: „Ich wollte raus aus der Kleinstadt“

    tipBerlin Deshalb kamen Sie nach West-Berlin – wegen der Programmkinos?

    Christian Schulz Ja. Ich wollte raus aus der Kleinstadt, Menschen und Filme sehen, die mir entsprachen, ein ganz anderes Leben leben. Zur gleichen Zeit kam die Bundeswehr, die was von mir wollte. Die Musterung habe ich noch über mich ergehen lassen und dann war ich weg. Es war im Grunde eine Flucht vor dem bürgerlichen Leben, das mich da erwartet hätte.

    tipBerlin Dann begann also die Fotografie, die Sie seit nunmehr als 40 Jahren betreiben?

    Christian Schulz Ich bin Autodidakt, zwar habe ich am Anfang in Berlin überlegt mich beim Lette Verein zu bewerben, verwarf aber die Idee. Es gab in Friedenau noch einen Laden, der hieß Märzfoto und die haben mit Senatsgeld Jugendliche zu Fotografen ausgebildet, nach einem halben Jahr wurden aber die Förderungen gestrichen und das war es dann mit meiner Ausbildung. Ich fing an, mir Fotobücher von Richard Avedon, Diane Arbus und Edward Steichen zukaufen. Der Fotograf Robert Lebeck inspirierte mich, das war meine Art zu studieren: Learning by doing. 1982 kaufte ich mir meine erste Nikon F2, damit fühlte ich mich schon mal richtig professionell.

    tipBerlin Wie fanden Sie Anschluss in der neuen Stadt?

    Christian Schulz Einige Leute aus meinem Umfeld kamen vor mir nach West-Berlin. So bin ich also erst einmal dort untergekommen, wohnte bei Freunden in Schöneberg. Darüber kam die Verbindung zu einem besetzten Haus in Zehlendorf.


    Party in der besetzen Villa in der Limastraße in Zehlendorf, 1981. Foto: Christian Schulz

    tipBerlin Es gab besetzte Häuser in Zehlendorf?

    Christian Schulz Das erste von jungen Leuten besetzte Gebäude in Zehlendorf war eine Brauerei, von dort sind dann weitere Besetzungen erfolgt. Es wurde immer nach geeigneten Häusern geschaut, davon gab es in West-Berlin ziemlich viele. Zum Höhepunkt der Hausbesetzerbewegung in den frühen 1980er-Jahren waren etwa 180 Häuser in der Stadt besetzt. Jedenfalls habe ich dann mit zehn Leuten eine alte leerstehende Villa mit riesigem Garten besetzt, die der katholischen Kirche gehörte. Die anderen Bewohner kannte ich kaum, ich begegnete denen bei irgendeinem Plenum und dann ging es rein. Das war ein ziemliches Abenteuer und auch nicht immer politisch. Ich war 20 Jahre alt und wollte gucken, was überhaupt möglich ist.

    tipBerlin Was war möglich, wie sah Ihr Leben in der besetzten Villa aus?

    Christian Schulz Wir hatten holzvertäfelte Säle, Kamine, allein der Wintergarten war gewaltig. Schon absurd. Die Nachbarschaft war durchaus wohlwollend, es gab nicht nur Ablehnung. Ich blieb aber nicht sehr lang und zog dann in die Muthesius-Villa in der Limastraße, auch in Zehlendorf.

    tipBerlin Von einer besetzten Villa in die nächste, nicht schlecht! Wer ist denn Muthesius?

    Christian Schulz Herrmann Muthesius war ein deutscher Architekt, der um die Jahrhundertwende einige Stadtvillen in Berlin baute. Zu der Villa gehörte ein riesiger Garten und ein Swimmingpool. Die Leute, mit denen ich dort gewohnt hatte, waren größtenteils Studenten der Theaterwissenschaften. Ein Nachbar von uns war deren Professor, die kannten sich von der Uni. Das war sehr sympathisch. Ein anderer Nachbar war Peter Lorenz, der CDU-Politiker, der 1975 von der Bewegung 2. Juni entführt wurde. Seine Frau sammelte Unterschriften, damit wir geräumt werden. Die hatte Angst um ihren Mann.

    „Die Leute orientierten sich am unsichtbaren Theater“

    tipBerlin Wurden Sie auf die Initiative von Frau Lorenz geräumt?

    Christian Schulz Erst einmal nicht. Man hat uns das Wasser abgestellt, aber das konnten wir kreativ lösen. Die Limastraße blieb bis 1982 besetzt, ich wohnte aber nicht bis zum Schluss dort. Vor allem erinnere ich mich an die Theateraktionen in der Lima. Die Theaterleute orientierten sich damals am „unsichtbaren Theater“. Man wollte das Geschehen mitten in die Stadt bringen, also zogen sie zu zehnt los und fingen plötzlich an, etwas zu inszenieren. Es ging nicht darum, es echt aussehen zu lassen, eher darum, über den Happening-Charakter politische Inhalte zu transportieren.

    tipBerlin Theater und Hausbesetzung, das passte gut zusammen?

    Christian Schulz Sehr gut sogar. Einmal gab es in der Lima ein ganzes Wochenende lang ein Theaterfest in dem Garten. Auch der Chef der Polizeiwache mit seiner Familie war da, als Gast. Ein anderer Polizist aus der Gegend wollte das Fest beenden. Der Chef sagte dem, das ist schon in Ordnung, lass die mal in Ruhe.


    Die im Februar 2021 verstorbene Musikerin Françoise Cactus (Stereo Total) arbeitete in den 1980er-Jahren als Layouterin bei der „taz“. Foto: Christian Schulz

    tipBerlin Warum zogen sie vor der Räumung weg?

    Christian Schulz Ich wollte in die Stadt und ging nach Kreuzberg, erst nach 61 in eine Fabriketage und dann nach 36. Ich war viel unterwegs in den Straßen, um das Leben einzufangen, der Begriff Straßenfotografie war damals noch nicht so geläufig. Außerdem fotografierte ich für die „taz“ und lernte dadurch Françoise Cactus kennen, mit der ich eine Weile in einem Hausprojekt gewohnt habe.

    tipBerlin Wie war damals die Stimmung in der „taz“, die Geschichte der linken Tageszeitung hatte ja da gerade erst angefangen.

    Christian Schulz Gut. Ich kam zur „taz“, indem ich einfach in die Redaktion ging, mit einem Foto von nackten Protestierenden und Polizisten, das bei einer Tuwat-Demo entstand. Ich fragte, ob sie das veröffentlichen wollen. Das war mein Anfang als Fotograf dort. Françoise Cactus hat damals bei der „taz“ als Layouterin gearbeitet. So lernten wir uns kennen. Die „taz“, hatte ein eigenes Fotolabor und so konnte ich selbst entwickeln. Meistens hing ich also mit den anderen Fotografen in der Bildredaktion ab. Dann zogen wir los und machten Fotos.


    Wilde Fotos aus West-Berlin: 1981 wurde nackt gegen das Vermummungsverbot protestiert: Teilnehmerinnen der Tuwat-Demo vor (bekleideten) Polizisten. Foto: Christian Schulz

    tipBerlin Die Mauerstadt war schon aufgrund der politischen Situation eine Besonderheit. An Motiven dürfte es nicht gemangelt haben. War es ein Paradies für Fotografen?

    Christian Schulz Architektur oder Stadtbild haben mich wenig interessiert, sondern die Menschen, die darin leben. Bis heute fotografiere ich kaum Landschaften, auch keine Stadtlandschaften. Ich flaniere eher durch die Straßen, beobachte und mache spontan meine Fotos. Auch bei der Berlinale, die ich ab 1987 für die „taz“ fotografierte, habe ich so gearbeitet. Es war nicht alles so reglementiert, man musste selten Termine machen, um die Schauspieler:innen oder Regisseur:innen zu fotografieren, meistens standen sie nach der Pressekonferenz noch rum und sprachen mit den Journalisten. Man konnte sie dann einfach fotografieren. Sehr intensive und offene Arbeitsphasen waren das.

    „Dann endete die wilde West-Berliner Zeit“

    tipBerlin Erinnern Sie sich jenseits der Berlinale an bestimmte Ereignisse oder Momente, die Sie fotografiert haben und die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

    Christian Schulz Da war zum Beispiel die Tuwat-Demo. Ich weiß nicht mehr, wie viele Leute daran teilnahmen, aber ein großer Teil entledigte sich der Kleider und lief nackt über die Yorckstraße. Oder die Öl-Ringkämpfe im Görlitzer Park, in die ich zufällig geraten bin. Ich habe in den 1980er-Jahren Fotos gemacht, die aussahen, als wären sie in den 1960er-Jahren entstanden. So gesehen also die einmalige West-Berliner-Zeit festgehalten. Dabei aber selten die Szenehelden der Ära fotografiert, weder Nick Cave noch Blixa Bargeld. Ich war auch nur zwei oder drei mal in der legendären Kneipe Risiko. Dafür oft im Marabu in der Görlitzer Straße, wo ich gewohnt habe. Ich wollte einfach mein Ding durchziehen, meine Szenen festhalten, abseits von gängigen Vorstellungen und vor allem hatte ich keine finanziellen Sorgen, weil man mit relativ wenig Geld gut klarkommen konnte. Das ging alles sehr entspannt.


    Noch nicht der richtige Mauerfall. 1987 errichtete das Büro für Ungewöhnliche Massnahmen auf der Kottbusser Brücke ein Mauer aus Pappe. Foto: Christian Schulz

    tipBerlin Wie haben Sie den Mauerfall erlebt?

    Christian Schulz Obwohl ich sehr nah an der Mauer lebte, fühlte ich mich nicht von ihr eingesperrt. Ich habe sie zwar fotografiert, aber keine systematische Dokumentation oder sowas dazu gemacht. Den Mauerfall habe ich aber exzessiv durchfotografiert. Am 9. November stand ich am Checkpoint Charlie, das war zwar nicht der ideale Ort, weil die meisten Bilder, die an den nächsten Tagen publiziert wurden, am Brandenburger Tor gemacht wurden. Fotografisch war es aber ein Rausch. Dann endete die wilde West-Berliner Zeit. In den 1990ern gründete ich mit anderen Kollegen eine Agentur und meine fotografische Laufbahn professionalisierte sich.

    Buchtipp: „Christian Schulz: Die wilden Achtziger. Fotografien aus West-Berlin“, herausgegeben von Mathias Bertram mit einem Vorwort von Arno Widmann, Lehmstedt 2016, 160 S. mit 125 ganzseitigen Duotone-Tafeln, 24,90 €. Christian Schulz wird durch die Galerie Collection Regard vertreten. Mehr über Schulz und mehr West-Berlin Fotos auf www.cs-christianschulz.de.

    Mehr wilde West-Berlin Fotos von Christian Schulz


    Anwohner beschimpfen Teilnehmer einer Demonstration gegen die vom damaligen Innensenator Heinrich Lummer (CDU) angeordneten Räumung von acht besetzen Häusern. Bei der Demo kam der junge Berliner Hausbesetzer Klaus-Jürgen Rattay ums Leben, 22. September 1981. Foto: Christian Schulz

    Elefantenparade am Ku’Damm


    Elefantenparade des American Circus auf dem Kurfürstendamm an der Gedächniskirche, 1986. Foto: Christian Schulz

    Massage im Bearwaldbad


    Massage in der öffentlichen Badeanstalt Baerwaldbad in der Baerwaldstraße, 1983. Foto: Christian Schulz

    Wilmersdorfer Witwen vor dem KaDeWe


    Der Eingangsbereich des KadeWe am Tauenzien, 1981. Foto: Christian Schulz

    Schultheiss und Sechstagerennen


    Sechstagerennen in der Deutschlandhalle, 1983. Foto: Christian Schulz

    Türkische Ringer im Park


    West-Berlin Fotos: Ölringkämpfe im Görlitzer Park, 1983. Foto: Christian Schulz

    Vor den Smartphones


    Öffentliche Telefonzellen, 1988. Foto: Christian Schulz

    Kiez-Friseure


    West-Berlin Fotos: Straßenfest im Wrangelkiez, 1983. Foto: Christian Schulz

    Wilde Brache: Görlitzer Park


    Performance der Mutoid Waste Company im Görlitzer Park, 1989. Foto: Christian Schulz

    #Berlin #Geschichte #Fotografie

  • »Manches offene Wort geführt«
    https://www.spiegel.de/politik/manches-offene-wort-gefuehrt-a-a88a5842-0002-0001-0000-000013496025

    Der Napoleon von #Lummerland starb 2019.

    3.9.1989 Der Generalbundesanwalt muß mögliche strafrechtliche Folgen einer sorgsam vertuschten Spionageaffäre prüfen: Der ehemalige Berliner Bürgermeister und Innensenator Heinrich Lummer, zeitweise einer der bestinformierten Politiker des Westens, verschwieg lange Zeit private Beziehungen zu einer jungen DDR-Agentin.

    Im Rathaus Schöneberg floß der Schampus. Heinrich Lummer, Stimmungskanone und damals Berliner Innensenator, feierte am 21. November 1982 seinen 50. Geburtstag mit einem feuchtfröhlichen Empfang. »Heinrich fürs Grobe«, wie der rechte Christdemokrat auch von Parteigängern genannt wird, genoß die Gratulationscour, zu der Freund und Feind angetreten waren.

    Unter den Präsenten fand Lummer auch einen üppigen Blumenstrauß aus Ost-Berlin, dem eine Glückwunschkarte beigefügt war. Die Botschaft kam von »Susanne, Micha und W. Lindner«, die ihre »Hoffnung auf ein persönliches Wiedersehen in Nah und Fern« ausdrückten und dem CDU-Politiker »Gesundheit und Mut für unsere weitere Partnerschaft« wünschten.

    Lummer allein wußte, was die Ost-Post in Wahrheit bedeutete: eine verschlüsselte Pression. Absender des Blumengrußes waren Spitzenspione des Ost-Berliner Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), die dem Innensenator und obersten Chef des West-Berliner Geheimdienstes deutlich machen wollten, daß ihn die DDR politisch in der Hand habe - aufgrund intimer Lummer-Eskapaden mit einer Ost-Berliner Agentin, durch die der Christdemokrat sich erpreßbar gemacht hatte.

    Die Liebesgrüße vom MfS sind das wohl bizarrste Detail einer Spionageaffäre, die zumindest in der Geschichte der CDU ohne Beispiel ist und die den Berliner Christdemokraten ebenso peinlich sein muß wie die jahrelange Kette von Schmierfilz-Skandalen und Immobilienschiebereien örtlicher Unionsfreunde.

    In der geteilten Stadt, die auch nach dem Ende des Kalten Krieges weiterhin Hochburg internationaler Spionageaktivitäten und Kulisse ungezählter Polit-Thriller war, lief über Jahre eine östliche Geheimdienstoperation ab, wie sie sich Frederick Forsyth, John Le Carre oder andere Romanautoren kaum skurriler hätten ausdenken können.


    Klaus-Rüdiger Landowsky
    https://de.wikipedia.org/wiki/Klaus-R%C3%BCdiger_Landowsky

    Die Verquickung von Frauengeschichten und Politik im Fall Lummer erinnert ein wenig an den Skandal, den der britische Kriegsminister John Profumo 1963 seinem konservativen Kabinett bescherte: Der Politiker stürzte über eine Liebschaft mit dem rothaarigen Callgirl Christine Keeler, das von einem kommunistischen Masseur betreut wurde. Getroffen hatte sich Profumo mit seiner Mätresse in einer Wohnung, in der auch ein Agent des sowjetischen Militärgeheimdienstes verkehrte.

    In der jahrelang sorgsam vertuschten Affäre Lummer figurieren, neben West-Berlins einstigem Bürgermeister, eine offenbar betörende DDR-Spionin und ihre Führungsoffiziere im Stasi-Ministerium, ferner ein ranghoher Ost-Berliner KGB-Resident, der westdeutsche Generalbundesanwalt Kurt Rebmann und, am Rande, auch der derzeitige Bundespräsident und einstige Berliner Stadtregent Richard von Weizsäcker.

    Schauplätze sind die Bürgermeisterräume im Schöneberger Rathaus und die zerschossenen Bürgerkriegsstädte des Libanon, die Büros des West-Berliner Verfassungsschutzes sowie diverse Deckadressen in Ost-Berlin.

    Der Fall, in dem es um politisch motivierte Erpresserpost und um Fotos von verborgenen Techtelmechteln geht, hat hochpolitische und womöglich strafrechtliche Aspekte: Ausgerechnet der stramme Unionsrechtsaußen Lummer ("Ich bin Antikommunist, weil ich Demokrat bin") ist dem kommunistischen Nachrichtendienst Ost-Berlins mit schier unglaublicher Naivität auf den Leim gegangen.

    Nach amtlichen Feststellungen hat es der CDU-Sicherheitsexperte lange Zeit versäumt, den West-Berliner Verfassungsschutz, dessen oberster Vorgesetzter er von 1981 bis 1986 war, über seine Beziehungen zu östlichen Agenten rechtzeitig und umfassend zu informieren - eine Unterlassung, wie sie nicht einmal einem kleinen Polizeibeamten oder Bundeswehrsoldaten nachgesehen wird.

    Mehr noch: Der Senat, dem Lummer angehörte, und Lummer-Untergebene im Verfassungsschutz haben jahrelang dazu beigetragen, die Spionageaffäre zu verheimlichen - obwohl sich in deren Verlauf der CDU-Prominente nicht nur erpreßbar gemacht hat, sondern auch wiederholt handfesten Erpressungsversuchen ausgesetzt war.

    Die Bemühungen, den Fall aus politischen Gründen unter der Decke zu halten, führten dazu, daß ein östlicher Kontaktmann Lummers - obwohl dem Christdemokraten längst als Agent bekannt - ungehindert weiter in West-Berlin operieren konnte:

    Eine Festnahme hätte, wie Geheimdienstler warnten, womöglich zu unliebsamer Publizität und zum vorzeitigen Ausscheiden Lummers aus dem Senat geführt.

    Das Fehlverhalten des christdemokratischen Sicherheitsexperten begann vor fast zwei Jahrzehnten. Bereits 1970 setzte Ost-Berlin erstmals einen Agenten auf den Unionspolitiker an: einen langjährigen Bekannten Lummers namens Sven Bergmann, der CDU-Interna und das Privatleben des Politikers ausforschen sollte.

    Lummer, von seinem Bekannten von Anfang an eingeweiht, informierte dennoch weder seine Partei noch die zuständigen Behörden, sondern ließ den MfS-Kundschafter, angeblich nach Absprache mit ihm, in Ost-Berlin Bericht erstatten.

    Und zurück bis in das Jahr 1973 - damals trennte sich Lummer von seiner Ehefrau Aurelia - reichen intime Beziehungen, die er zu der damals 25jährigen DDR-Bürgerin Susanne Rau unterhielt, einer Frau, die sich ihm als ledig und im staatlichen Kunsthandel der DDR beschäftigt vorstellte, von der er aber spätestens seit 1981 weiß, daß auch sie für das MfS tätig war.

    Die Affäre mit Susanne, die rund acht Jahre lang dauerte, hatte harmlos angefangen. Zusammen mit West-Berliner Freunden Lummers und Kneipen-Bekanntschaften aus der DDR unternahm das Paar Ausflüge, so etwa an einem Vatertag, wahrscheinlich 1973, zum Müggelsee oder, 1975, nach Köpenick.

    Bei diesen Wanderungen wurde auch fotografiert. Am Müggelsee drückte unter anderem Kumpel Bergmann auf den Auslöser, von dem Trip nach Köpenick schickte später ein unbekannter Informant den Sicherheitsbehörden eine Aufnahme, die, neben anderen, Lummer und Susanne Rau zeigte - womöglich ein Indiz dafür, daß im Lummer-Umfeld schon damals die Beziehung zu Susanne politisch suspekt erschien.

    Gewißheit, auch beim Tete-a-tete Zielperson des MfS zu sein, erhielt Lummer, inzwischen zum Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses avanciert, im März 1981. Telefonisch bat Langzeit-Freundin Susanne um einen Besuch Lummers in Ost-Berlin; als Treffpunkt wurde das Hotel Metropol verabredet.

    Das älteste und meistfrequentierte Devisenhotel am Bahnhof Friedrichstraße, gegenüber dem Internationalen Handelszentrum, ist bei kapitalistischer Kundschaft und Stasi-Kundschaftern gleichermaßen gefragt. An der Valuta-Bar bieten Damen diskret ihre Liebesdienste an, bei denen nach westlicher Geheimdienst-Einschätzung die Kunden für die Stasi ausgehorcht werden. In den noblen Salons tafeln nicht nur Diplomaten, Kaufleute und Notabeln des DDR-Außenhandelsministeriums, auch Stasi-Personal feiert dort bisweilen Betriebsfeste.

    An jenem Märztag aber wollte Susanne Rau nicht im Hotel bleiben. Und auch Lummers Wunsch, gemeinsam ein nettes Lokal aufzusuchen, fand sie nicht so passend. Sie überredete den CDU-Politiker, mit in ihre Wohnung im Neubauviertel Marzahn zu kommen. Lummer folgte der Bitte, wie er später behauptete, nur widerstrebend, weil er angeblich wenig Zeit hatte.

    Damals, zwei Monate vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus, mußte Lummer im Westteil der Stadt, gemäß seinem Credo, nicht nur Wahlkampf für »die ethische Motivation der Politik durch die christliche Ethik« führen. Gleichzeitig hatte er mit Betty Bedecker, 22, einer Schauspielerin und Miterbin des Babynahrungsherstellers Hipp, wie Bild vermeldete, »Berlins größte Romanze«.

    Die Marzahner Heinrich-Rau-Straße 50, damalige Wohnadresse der Susanne Rau, ist Teil eines elfstöckigen, langgestreckten Häuserblocks; das Haus Nummer 50 besteht aus 33 Wohneinheiten. Den Eingang ziert ein Bronzeschild mit der sogenannten Goldenen Hausnummer, die vorbildlichen sozialistischen Wohnkollektiven verliehen wird.

    Das Beisammensein des Politikers mit der Agentin wurde jäh gestört. Kurz nach dem Eintreffen in der Wohnung klingelten zwei Männer, die sich unter den Namen »Wagner« und »Lindner« als Beauftragte der DDR-Regierung vorstellten und mit Lummer ein politisches Gespräch führen wollten.

    Der Christdemokrat akzeptierte den Vorschlag, die Unterhaltung in einem Lokal fortzusetzen. Statt in eine Kneipe fuhr das Quartett jedoch zu einer Wohnung, nach Lummers Erinnerung in der Karl-Marx-Allee. Das Zusammensein war nett arrangiert. Eine Serviererin reichte Speisen und Getränke.

    Zufall oder nicht: Im bundesdeutschen Nachrichtendienstlichen Informationssystem (Nadis) ist eine Frau Rau, Vorname unbekannt, unter der Deckadresse Gubener Straße 13 d registriert - unmittelbar hinter der Karl-Marx-Allee. Auf der Klingelleiste dieses Hauses steht auch heute noch der Name »Rau«.

    Daß der DDR-Geheimdienst über Jahre hinweg immer wieder versucht hat, gerade Lummer auszuforschen und zu erpressen, macht politisch Sinn. Als Mitglied des Sicherheitsausschusses des West-Berliner Abgeordnetenhauses hatte der Christdemokrat schon Anfang der siebziger Jahre Zugang zu mancherlei vertraulichen Informationen; in geheimer Parteimission operierte er bisweilen auch in der Grauzone zwischen CDU und Rechtsextremisten.

    Später, als Berliner Innensenator, zählte Lummer zu den bestinformierten Politikern des Westens. Seiner Behörde waren die Daten des Berliner Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) zugänglich und darüber hinaus, aufgrund des Nachrichtenaustausches mit den Westalliierten, vielerlei Erkenntnisse der amerikanischen CIA, des britischen MI 5 und der französischen Securite, die in West-Berlin weiterreichende Abhörbefugnisse haben als in ihren Heimatländern. Über die Nadis-Computer war die von Lummer kontrollierte Senatsbehörde außerdem elektronisch vernetzt mit allen westdeutschen Geheimdiensten: dem Bundesnachrichtendienst, dem Militärischen Abschirmdienst und den Verfassungsschutzämtern von Bund und Ländern.

    Lummer will an jenem Abend mit Susanne Rau offengelassen haben, ob er der Aufforderung der beiden Männer zu weiteren Gesprächen folgen wolle. Die Gelegenheit ergab sich - unfreiwillig, wie Lummer später behauptete - etwa sechs Wochen darauf.

    Als Susanne Rau bei ihm anrief und um ein neuerliches Treffen bat, wollte Lummer sie angeblich unter vier Augen wegen des überfallartigen Besuchs der beiden Herren zur Rede stellen. Doch als er zum Treffen ins Hotel Metropol kam, erwartete ihn in der Empfangshalle schon wieder das komplette Trio, das ihn abermals zur Karl-Marx-Allee bugsierte.

    Auch diesmal war ein Essen vorbereitet. Nach einer politischen Tour d’horizon erboten sich »Wagner« und »Lindner«, dem damaligen West-Berliner Parlamentspräsidenten Lummer private Einladungen etwa zu Jagdausflügen in die DDR zu vermitteln - was der Christdemokrat indes ebenso ausschloß wie eine Fortsetzung der politischen Diskussionen.

    In der Folgezeit mied Lummer Ost-Berlin und die DDR. Ende Juli oder Anfang August 1981, Lummer war seit kurzem Innensenator und Stellvertreter des Regierenden Bürgermeisters von Weizsäcker, setzte die Stasi einen weiteren Sendboten auf ihn an: einen Mann namens Michael Piek, gemeinsamer Bekannter des Duos Lummer/Rau.

    Piek war Lummer, gelegentlich einer Prag-Reise im Sommer 1980, von Susanne Rau vorgestellt worden. Alle drei logierten damals, kaum zufällig, im selben Hotel. Der promovierte Ost-Berliner Piek, nach Erkenntnissen westlicher Dienste ein hochrangiger »Inoffizieller Mitarbeiter« des MfS, wohnte oder wohnt im Hatzenporter Weg 1 - unweit der Rau-Wohnung und der Liegenschaften prominenter DDR-Bürger wie des Anwalts und Honecker-Vertrauten Wolfgang Vogel.

    Gegenüber Lummer gab sich Piek als Pädagoge aus, der in der internationalen Jugendarbeit tätig sei und deshalb ohne weiteres jederzeit nach West-Berlin einreisen könne. Als Piek im Sommer 1981, nach telefonischer Verabredung, den kurz zuvor gewählten CDU-Innensenator im Flanier-Cafe Möhring am Kurfürstendamm traf, wurde Lummer an die aufdringlichen Ost-Berliner Gesprächspartner erinnert - Piek richtete Grüße von »Wagner« und »Lindner« aus.

    Im Auftrag dieser - laut Piek - hohen Regierungsvertreter versuchte der Emissär später, vom U-Bahnhof Krumme Lanke aus, den Christdemokraten telefonisch zur Wiederaufnahme der privaten Polit-Runde in Ost-Berlin zu überreden, notfalls auch an einem für Lummer unverfänglichen Ort im Ausland, etwa in Wien oder Triest. Doch der Senator (CDU-Schnack: »Lummer ist kein Dummer") blieb diesmal unnachgiebig: Mit MfS-Beauftragten rede er nicht, will er das Angebot abgewehrt haben.

    Nach weiteren erfolglosen Bemühungen Pieks, Lummer umzustimmen, schlug die Stasi eine härtere Gangart ein. Ende Mai 1982 avisierte Piek dem Innensenator telefonisch einen Brief, der bei einer Bekannten für ihn deponiert werde. Die Botschaft enthielt mehrere jener Fotos, die bei den Zusammenkünften und geselligen Treffen in Ost-Berlin aufgenommen worden waren. Lummer verstand die Drohung: Er beschimpfte Piek am Telefon, erklärte ihm, daß er sich nicht erpressen lasse, und brach das Gespräch ab.

    Daß Lummer in jenen Monaten nachdrücklicher als früher die Annäherungsversuche zurückwies, lag wohl kaum daran, daß der Senator plötzlich Skrupel wegen seiner jahrelangen Ost-Berliner Eskapaden bekommen hätte. Vielmehr wurden ihm im Februar 1982 neue Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über Piek mitgeteilt - aus denen sich der dringende Verdacht ergab, daß der MfS-Agent gezielt auf Lummer angesetzt war.

    Der Diplom-Sportlehrer Kurt Johannes Mocker, 48, im Jahr zuvor von Berlin-Ost nach Berlin-West übergesiedelt, hatte beim Landesamt für Verfassungsschutz ausgepackt. Er berichtete von einem »Dr. Michael Piek«, der »im Jugendbereich« des MfS arbeite und Veranstaltungen organisiere.

    Diesen Dr. Piek, so Mocker, habe er Ende 1980 auf der Preußen-Ausstellung in Ost-Berlin beobachtet, wie er Lummer bei einem Rundgang durch die Ausstellungsräume führte. Argwöhnisch sei er geworden, weil er Piek als MfS-Mann kenne, dem jegliche fachliche Qualifikation als Museumsführer fehle.

    Seine Skepsis, berichtete der promovierte Sportlehrer, habe sich noch verstärkt, als er Piek Monate später in West-Berlin, nahe dem Schöneberger Rathaus, erneut begegnet sei. Die anzügliche Frage, ob er hinter Lummer herspioniere, habe den ehemaligen Studienkollegen verlegen gemacht. »Verstört« habe Piek erklärt, er kenne Lummer seit einer »privaten Prag-Reise«.

    Am 9. Februar 1982 wurde Lummer vom Verfassungsschutz schriftlich über die Mocker-Aussage unterrichtet. An den Rand der Mitteilung schrieb der Christdemokrat die handschriftliche Notiz »Trifft zu«, mehr nicht. Eine nähere Erläuterung zu seinen Ost-Kontakten gab er nicht.

    Erst fünf Monate später gab der Innensenator in einem Gespräch mit dem ihm unterstellten Chef des Landesamts für Verfassungsschutz, Franz Natusch, weitere Auskünfte, die aber teils unvollständig, teils falsch waren. So verschwieg er die lange Dauer seiner Beziehung zu Susanne Rau wie auch deren Namen und die wiederholten Anrufe Pieks vor der Brief-Zustellung. Und er unterschlug, daß er sich auf ausführliche Gespräche mit »Wagner« und »Lindner« eingelassen hatte.

    Doch selbst die geschönte Lummer-Version alarmierte den gestandenen Dienst-Mann. Natusch empfahl dem Senator, unverzüglich den Regierenden Bürgermeister von Weizsäcker zu informieren. Um den drohenden Schaden zu begrenzen, schlug er außerdem vor, Weizsäcker möge bei passender Gelegenheit dem sowjetischen Generalkonsul oder einem anderen hohen Sowjetfunktionär klarmachen, daß Piek als MfS-Agent enttarnt sei. Moskau solle auf die Stasi einwirken, die Finger von Lummer zu lassen.

    Die delikate Mission wurde, mit Weizsäckers Erlaubnis, dem damaligen Chef der Senatskanzlei, Hansjürgen Schierbaum, übertragen. Weizsäcker selbst wußte den kompetenten Ansprechpartner: Walentin Dmitrijewitsch Kosobrodow, 55, Botschaftsrat in der Sowjetbotschaft in Ost-Berlin, Generalmajor des KGB und vormals stellvertretender Generalkonsul in West-Berlin.

    Mit dem Russen ließ sich sogar deutsch reden. Der studierte Germanist kann, nahezu akzentfrei, auswendig Goethe rezitieren, vom »Faust« bis zum »Westöstlichen Divan«. Schierbaums Demarche blieb gleichwohl fruchtlos - wenige Monate später erhielt Lummer, wieder vorab von Piek telefonisch angekündigt, erneut Druck-Post vom MfS.

    Diesen zweiten Brief, zugestellt an die Adresse der Lummer-Tochter Barbara, beurteilte das LfV als noch handfesteren Pressionsversuch. Die Verfasser hoben besonders die »seit 1975« bestehenden intimen Kontakte Lummers zu ihrer »Mitarbeiterin« Susanne hervor - ein Umstand, den Lummer dem Verfassungsschutz bislang verheimlicht hatte. In einer späteren Analyse zog das Amt daraus den Schluß, daß die junge Frau von vornherein mit einem Ausspähungsauftrag Lummer zugeführt worden war.

    Die Geheimdienstler, die in West-Berlin an der Straße Auf dem Grat residieren, waren schon zuvor in heller Aufregung gewesen - ausgelöst offenbar durch Erkenntnisse aus dem Schierbaum/Kosobrodow-Gespräch. Amtschef Natusch war mittlerweile klargeworden, daß Lummer ihm eine lückenhafte Darstellung der Vorgänge gegeben hatte. Er drängte den Innensenator zu einem weiteren Gespräch, in dem Lummer, Ende August 1982, seine erste Aussage in wesentlichen Fakten korrigierte und ergänzte. Nun erinnerte sich Lummer etwas genauer. Er gab zu, daß er schon »bald nach 1972« mit Besuchen in Ost-Berlin begonnen habe, etwa viermal pro Jahr, »in unterschiedlichen Lokalen«. An den Zusammenkünften habe bisweilen auch Walter Sickert (SPD), der frühere Präsident des Abgeordnetenhauses, und sehr häufig sein Bekannter Bergmann teilgenommen.

    Bergmann, 59, nach eigenen Angaben »ein guter Freund Lummers«, hatte den Christdemokraten 1963 bei der Freiwilligen Polizeireserve, einer Art Bürgerwehr gegen Ost-Infiltration, kennengelernt. Schräg gegenüber von Bergmanns Wohnung in der Lankwitzer Gallwitzallee übten beide in einer Gruppe Objektschutz und Stadtverteidigung. Bergmann: »Ich war sein Unterführer, er führte mir das Wachbuch.«

    Bergmann, ehemals SPD-Mitglied, betätigte sich bisweilen als Fluchthelfer für DDR-Bürger. Bei einer Transitfahrt im Januar 1970 wurde er im Osten gestellt und unter Haftandrohung zum Spitzeldienst verpflichtet. Seine Aufgabe war es, über Veranstaltungen der West-Berliner Union und die Person des Polit-Aufsteigers Lummer zu berichten.

    Fünf Jahre lang lieferte Bergmann seine Berichte, die er mit Lummer abgesprochen haben will, nach Ost-Berlin. Der CDU-Politiker hat demnach 1971 in seiner Sicherheitserklärung die bei Geheimnisträgern obligatorische Frage nach »nachrichtendienstlichen Kontakten, Verpflichtungen oder Umständen, die auf entsprechende Versuche hindeuten können«, wissentlich falsch beantwortet - mit nein.

    Erst 1975 informierte Lummer den Verfassungsschutz und gab eine merkwürdige Begründung für das lange Stillhalten. Er habe »das Spiel mitgemacht«, um zu erfahren, was das MfS von ihm wollte. Zu seiner und Bergmanns rechtlichen Absicherung habe er einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) konsultiert und ihm laufend berichtet.

    Das war, wieder mal, nur die halbe Wahrheit. Der BND bestätigte dem Berliner Verfassungsschutz lediglich eine »gesprächsweise« Erstinformation und bestritt ausdrücklich, über den weiteren Fortgang unterrichtet worden zu sein. Erst einen Monat vor seiner Offenbarung beim Verfassungsschutz bekannte Lummer seinem BND-Kontaktmann das ganze Ausmaß der MfS-Anforderungen an Bergmann, der inzwischen sogar mit technischem Gerät für Lauschoperationen ausgestattet worden sei.

    Sogar der Generalbundesanwalt beschwerte sich seinerzeit darüber, daß Lummer eigenmächtig gehandelt und wesentliche Tatsachen verheimlicht habe. Das Bundesamt für Verfassungsschutz forderte die Berliner Kollegen auf, Lummer in die Schranken zu weisen: Solche Fälle gehörten ohne Rücksicht auf parteipolitische Aspekte in die Hand der zuständigen Behörden.

    Bergmann ("Ich bin ein kleiner Mann im Öffentlichen Dienst") wollte vorige Woche auf Fragen des SPIEGEL nach seiner Tätigkeit für den »Konsum« (Insider-Jargon für das MfS) nicht eingehen. Den Namen von Lummers Ost-Berliner Bekannten Susanne Rau will er nie gehört haben: »Susanne wie?«

    Vor 13 Jahren, beim LfV, war Bergmann gesprächiger. Damals berichtete er, Lummer besuche seit langem Ost-Berlin, führe in Kneipen Gespräche mit DDR-Bürgern und habe dort ein Verhältnis mit einer Susanne. Er äußerte sogar die Befürchtung, daß die Dame die Beziehung nicht nur aus Liebe pflege.

    Als dann die Kontakte zwischen Weizsäckers Senatskanzlei und dem KGB-Residenten Kosobrodow nichts fruchteten und das MfS seine Erpressungsversuche fortsetzte, begannen die West-Berliner Verfassungsschützer unruhig zu werden. Amtschef Natusch erkannte, daß der Spionagefall Lummer nicht nur für Lummer, sondern auch für das Landesamt brenzlig werden könnte.

    Natusch und sein Spionageabwehrleiter befürchteten, daß Lummer auch zu Fall gebracht werden könnte, wenn er den Anwerbeversuchen widerstehe - allein dadurch, daß der gegnerische Dienst westlichen Medien gezielt Indiskretionen zuspiele. Selbst ein Eingreifen Weizsäckers oder gar des Bundeskanzlers, so die Einsicht, würde dies nicht verhindern.

    Mit einer verqueren Logik verwarfen die Verfassungsschützer die auch ihrer Meinung nach »an sich« gebotene Möglichkeit, Staatsanwaltschaft und Polizei einzuschalten, um den nach wie vor aktiven Kundschafter Piek bei einer seiner West-Touren zu fassen.

    Einerseits wäre das Amt nach der Rechtslage verpflichtet gewesen, den Fall an die Exekutivorgane abzugeben, weil die Verfassungsschützer sich vom Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel nichts versprachen. Andererseits hätte eine Festnahme Pieks, wie das Amt realistisch urteilte, ebenso zwangsläufig den Sturz Lummers zur Folge gehabt.

    Die verunsicherten Verfassungsschützer faßten daher gar keinen Entschluß, sondern schoben die Entscheidung den Politikern zu. Am 22. November 1982, einen Tag nach Lummers Geburtstagsfete, sprach Natusch bei Weizsäcker vor. Doch es blieb beim Aussitzen: Im Februar 1984 schloß der Verfassungsschutz die Akte Lummer - bis zum Machtwechsel an der Spree.

    Denn der Hardliner Lummer, ein »populistischer Stimmenfänger«, wie ihn die Süddeutsche Zeitung nannte, mußte von dem liberalen Weizsäcker im Amt gehalten werden, um die konservative Stammkundschaft der West-Berliner CDU einzubinden. Außerdem stand im Herbst 1982 ein Bundestagswahlkampf bevor; da hätte die Enttarnung von Lummers Ost-Kontakten eine verheerende Wirkung gehabt.

    Auch in der Folgezeit bemühte sich die Ost-Berliner Spionagezentrale hartnäckig um Kontakte zu Lummer. Sogar als der Senator auf DDR-Fahrt mit Polizeischülern die Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück besuchte, folgte ihm ein Stasi-Schatten.

    Aber auch Weizsäcker-Nachfolger Eberhard Diepgen wurde einer Entscheidung enthoben, weil Lummer, der des öfteren sorglos Kontakte knüpfte, über eine ganz andere Affäre stolperte: Als der CDU-Politiker am 8. April 1986 zum letzten Mal einen Drohbrief vom MfS erhielt, hatte er tags zuvor als Innensenator zurücktreten müssen - vor allem deshalb, weil der SPIEGEL enthüllt hatte, daß Lummer 15 Jahre zuvor einer Neonazi-Gruppe, die SPD-Plakate überkleben sollte, 2000 Mark aus der CDU-Kasse gezahlt hatte.

    Sieben Jahre nach Lummers Einlassungen beim Verfassungsschutz wird nun die Akte doch noch zum Fall - und wohl auch zum Politikum. Ein anonymer Brief, der im Juli vorigen Jahres bei den Nachrichtendienstlern einging, bezichtigte Mocker, den Hinweisgeber in der Lummer-Sache, selber für das MfS aktiv gewesen zu sein. Bei ihren Recherchen stießen die Verfassungsschützer im Tresor des LfV-Leiters auf die alten Vermerke über Lummers MfS-Connection.

    Dabei stellten die Geheimdienstler fest, daß die frühere Behördenleitung sträflich geschlampt hatte. Der - 1986 pensionierte - LfV-Chef Natusch (SPD) hatte, aus Furcht vor einem politischen Skandal, nichts unternommen, um den Hintergrund der dubiosen Lummer-Kontakte aufzuhellen. Auch unter dem parteilosen Natusch-Nachfolger Dieter Wagner, der bis März dieses Jahres amtierte, wurden die Papiere im Tresor nicht angerührt: Während Natusch sich erinnert, beim Amtswechsel den Panzerschrank »Ordner für Ordner« übergeben zu haben, will Wagner »lediglich den Schlüssel vorgefunden« haben.

    Erst die Nachschau unter dem vom rot-grünen Senat eingesetzten neuen Amtschef Dieter Schenk offenbarte, daß noch erheblicher Aufklärungsbedarf besteht. Eine erste Überprüfung verstärkte die Befürchtung, daß Lummer jahrelang von der DDR »abgeschöpft« (Geheimdienstjargon) worden sei, außerdem habe der CDU-Politiker durch das Verschweigen seiner Kontakte die Festnahme eines Ost-Agenten vereitelt. Der Vorgang wurde daraufhin an den Generalbundesanwalt weitergereicht.

    Bei Kurt Rebmanns Behörde, die bisher »keine Ermittlungen« führt, aber die strafrechtliche Relevanz des Falles prüfen muß, liegt nun ein brisantes Bündel von Beweisstücken und internen Bewertungen. Dazu zählen Vermerke, die Natusch, um den Kreis der Mitwisser im Amt klein zu halten, handschriftlich gefertigt hatte.

    Das Material bietet tiefe Einblicke in die hartnäckigen Anwerbungsversuche der Ost-Berliner Stasi und das leichtfertige Verhalten des West-Berliner Grenzgängers Lummer, der sich jenseits der Mauer mehr als eine Blöße gab.

    Das Ausmaß der Affäre um Heinrich Lummer, 56, mit zweitem Vornamen Jodokus (keltisch: »Krieger"), ist kaum abzusehen. Denn bislang sind keinerlei Ermittlungen angestellt worden, um herauszufinden, was der leutselige CDU-Politiker, der einem Ohrenzeugen zufolge auch in Ost-Berlin »manches offene Wort geführt« hat, in geselliger Runde oder trauter Zweisamkeit drüben ausgeplaudert haben könnte.

    Umgarnt worden war von der DDR-Staatssicherheit ein ethisch motivierter Katholik, dessen umtriebiges Nachtleben seit Jahren in Berlin für Gesprächsstoff sorgt und der offen zugibt, daß er weiblichen Reizen gern erliegt. Die mit ihm befreundete Stasi-Mitarbeiterin, die sich Susanne Rau nannte und möglicherweise auch so heißt, hatte daher mutmaßlich leichtes Spiel.

    Dabei mußte sich der Sicherheitspolitiker Lummer, aufgewachsen in der Kalten-Kriegs-Atmosphäre der Frontstadt Berlin, bei seinen Beziehungen zu Susanne Rau über das von östlichen Nachrichtendiensten bevorzugte »Mata-Hari-Modell« im klaren gewesen sein: Experten umschreiben damit die Methode, Informanten durch geheimdienstlich geschulte Frauen zu ködern - nach dem Vorbild jener holländischen Nackttänzerin, die im Ersten Weltkrieg in Paris für die Deutschen spioniert haben soll und 1917 erschossen wurde.

    Wenn nichts sonst, dann hätte spätestens die Enttarnung des Bonner Kanzleramtsspions Günter Guillaume 1974 den Innenpolitiker alarmieren müssen - zumal Lummer damals umgehend Strafanzeige gegen den zurückgetretenen Bundeskanzler Willy Brandt wegen angeblich fahrlässiger Preisgabe von Staatsgeheimnissen erstattete. Der Christdemokrat war zu jenem Zeitpunkt selber bereits seit vier Jahren in die geheimdienstlichen Aktionen des Ostens verwoben.

    Wie bei der Stasi-Verstrickung wurde Lummer auch bei der 2000-Mark-Spende an die Rechtsextremisten ein Opfer zweier ihn kennzeichnender Mängel an Gespür: Bei der Wahl seiner Freunde verliert der Christdemokrat allzuoft das Gefühl für politische Hygiene, und wenn er durch derlei Umgang in die Bredouille gerät, behindert er die Wahrheitsfindung regelmäßig durch sein fast pathologisch schlechtes Gedächtnis - er erinnert sich grundsätzlich an nichts, bis zum Beweis des Gegenteils.

    Ins Zwielicht geriet Lummer auch durch seine Beziehung zu dem Wuppertaler Autohändler Otto Putsch. Der inzwischen zu zwei Jahren Haft verurteilte Kaufmann hatte Lummer um Vermittlung beim geplanten Billig-Erwerb des Erbbaurechts für 2000 landeseigene Wohnungen bemüht. Lummer will seinen Bekannten lediglich an die »zuständigen Fraktionsstellen« weitergereicht haben. Während Putsch an Eides Statt versicherte, es habe 1984 deswegen vier Treffen mit Lummer gegeben, mag sich der nur an zwei erinnern.

    Die Putsch-Behauptung, der CDU-Baustadtrat Wolfgang Antes habe mit Wissen Lummers von ihm »Parteispenden oder Schmiergelder« kassiert, konterte der Senator mit der Erklärung, »wenn der Begriff Forderung gefallen sein sollte«, könne sich das »nur darauf« bezogen haben, ob etwa die Charlottenburger Verwaltung »irgendwelche Preisforderungen« gestellt habe.

    Daß der Christdemokrat seinem Bekannten Putsch durchaus zu Gegenleistungen verpflichtet gewesen sein könnte, legten weitere Putsch-Enthüllungen nahe: »Herr Lummer wurde von mir bzw. meiner Firma auf Wunsch einer Bonner Dienststelle im Frühjahr 1973 nebst zwei weiteren Herren zu einer Libanon-Reise nach Beirut eingeladen.«

    Eine ganz andere Version, wer den Libanon-Flug - neben einer weiteren »Gesellschaftsreise« (Bergmann) nach Syrien im selben Jahr - mitfinanziert hat, kommt aus dem Dunstkreis der Lummer-Bandeleien mit der Staatssicherheit der DDR. Die westlichen Dienste gehen davon aus, daß das MfS aus Informationsinteresse beide Reisen mit je 1200 Mark bezuschußt hat - was Lummer auch bekannt gewesen sei.

    Dafür sprechen weitere Indizien. Libanon-Freund Lummer, der in den siebziger Jahren insgesamt 17mal zu den bedrängten Christenmilizen reiste, bekam für die beiden ersten Trips, 1970 und an der Jahreswende 1971/72, die Flugkosten vom Bundespresseamt erstattet. 1973 hingegen haben, wie der damalige Staatsminister im Kanzleramt, Friedrich Vogel, vor dem Bundestag versicherte, weder das Presseamt noch die anderen »drei in Frage kommenden Bundesressorts« - Auswärtiges Amt, Entwicklungshilfeministerium und das Ministerium für innerdeutsche Beziehungen - Lummers Libanon-Reise bezahlt.

    Welche Dienste der Antikommunist Lummer der DDR womöglich unwissentlich geleistet hat, läßt sich aufgrund der nachlässigen Aufklärung kaum abschätzen. Der über viele Hintergründe Bonner Politik informierte CDU-Bundestagsabgeordnete ist auch heute noch Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, des Unterausschusses für Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Jede Äußerung einer Zielperson, zumal eines Politikers wie Lummer, in Anwesenheit eines feindlichen Agenten gilt nach CIA-Sprachgebrauch als »human intelligence«, von Personen beschaffte Nachrichten. Informationen dieser Art »sind im allgemeinen die spärlichsten, am schwersten zu beschaffen, aber potentiell am wertvollsten«, schreibt der US-Spionagekenner Thomas Powers.

    Strafrechtlich ist es gleichgültig, wie ergiebig eine von Ost-Agenten angezapfte Polit-Quelle sprudelt. Wie genau es die westdeutsche Justiz mit Ost-Kontakten nimmt, machte Ende 1978 ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg deutlich. Der dritte Strafsenat verurteilte damals den Hamburger Kriminaloberkommissar Rolf Grunert wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe.

    Der Angeklagte, früher Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, hatte zwischen 1971 und 1977 etwa 30mal seine Schwester in Ost-Berlin besucht und sich dabei regelmäßig mit einem ihrer Bekannten, angeblich einem Gewerkschaftssekretär, unterhalten.

    Das Gericht sah es als erwiesen an, daß der Mann MfS-Agent gewesen sei, an den der Kripo-Beamte Geheimnisse verraten habe. Grunert bestritt die Vorwürfe vehement, Beweise gegen ihn gab es nicht. Doch Indizien und der Augenschein genügten den Richtern für ihren Schuldspruch. Der gebürtige Thüringer Grunert, durch das Urteil in seiner bürgerlichen Existenz ruiniert und hoch verschuldet, wanderte sieben Jahre später in die DDR aus.

    Die Parallelen dieses Falles zur fast zeitgleichen Ost-Connection Lummers sind augenfällig. Der CDU-Politiker konnte an der wahren Identität seiner Gesprächspartner schließlich eher noch weniger Zweifel haben, als sie der Verurteilte Grunert nach Ansicht des Gerichts gegenüber seinem Ost-Berliner Bekannten hätte haben dürfen.

    Wer sich zur »Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen« a n einen gegnerischen Geheimdienst »oder einen seiner Mittelsmänner« bereit erklärt, riskiert laut Strafgesetzbuch bis zu fünf, in schweren Fällen bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.

    Dabei »braucht der Täter nicht selbst Agent im technischen Sinne zu sein«, erläutert ein Strafrechtskommentar, es genüge »für die mittäterschaftliche Beteiligung das Sicheinspannenlassen« in die Agententätigkeit.

    Die Kriterien könnte Heinrich Lummer erfüllt haben. Der jetzige Innensenator Erich Pätzold (SPD) mochte sich vorige Woche, vom SPIEGEL befragt, zu den »unterstellten Vorgängen nicht äußern« - jedenfalls »noch nicht«.

    https://www.mz.de/mitteldeutschland/seltsame-allianzen-wie-die-stasi-versuchte-westdeutsche-neonazis-zu-unterwandern-

    Aktion Reiskorn e.V. - Wir über uns
    http://www.aktion-reiskorn.de/Verein/Wir-ueber-uns

    Wir haben weltweit mehr als 100.000 Menschen in Not geholfen

    Es fing damit an, daß Joachim Siegerist Anfang der „Achtziger“ als Chef-Reporter der HÖRZU ins „Goldene Dreieck“ nach Thailandreiste und dort unglaubliches Elend sah. Sterbende Kinder, Sklavenarbeit, Kinder-Prostitution. Danach nur noch die Idee im Kopf „Du darfst nicht nur berichten, Du mußt berichten und helfen zugleich.“

    Mit Hilfe von Max Schmeling gründete Joachim Siegerist das Kinderhilfswerk AKTION REISKORN e.V. Joachim Siegerist ist Vorsitzender dieses gemeinnützigen Vereins, Vorsitzender der Deutschen Konservativen und der Motor des DEUTSCHLAND-Magazin. Mit diesem „Trio“ wurden im Laufe der vergangenen 25 Jahre mehr als 100 000 Menschen weltweit geholfen.

    Nie nach Rasse und Religion gefragt

    Dabei wurde nie nach Rasse, Religion oder Herkunft gefragt. Ohne die vielen Freunde dieser Zeitung wäre solche Hilfe gar nicht möglich. Hilfe für verarmte Deutsche in Namibia, Deutsch-Balten, Letten, Juden, Russen, Muslimen auf der Flucht vor fanatischen Serben, evangelischen und katholischen Projekten in siebenbürgischen Rumänien, von Medizinmännern gejagten Albino-Kindern in Afrika. Hilfsprojekte gegen Kinder-Prostitution in Thailand. Die Liste der Hilfe ist ellen lang, würde mehr als ein dickes Buch füllen.

    Konservativ – das heißt auch sozial

    Joachim Siegerist: „Konservativ bedeutet für mich auch immersozial – was mit sozialistisch absolut nichts zu tun hat.“

    Während andere Hilfsorganisationen unter Vertrauensverlust leiden, bekommt die AKTION REISKORN e.V. mehr und mehr Zustimmung.

    http://homepagedesigner.telekom.de/imageprocessor/processor.cls/CMTOI/cm4all/com/widgets/PhotoToi/11/93/82/54/13f67442683/scale_1200_0%3Bdonotenlarge/13f67442683
    Heinrich Lummer (rechts) und Joachim Siegeristreisten im Kosovo-Krieg nach Albanien und halfen dort von fanatischen Serben verfolgtenMuslimen – hier auf dem Foto in einem Kinderdorf. Der Berliner Bürgermeisterund Innensenator a. D. Heinrich Lummer ist Ehren-Präsident der Konservativen.

    #Berlin #CDU #Stasi #Prostitution #Rechte #Politik

  • Explosion in Berlin-Charlottenburg : Unbekannte sprengen Blitzer am Kurfürstendamm
    https://www.berliner-zeitung.de/news/berlin-charlottenburg-explosion-von-blitzer-am-kurfuerstendamm-li.2

    C’est la guerre. Après de nombreux assassinats et des agressions quotidiennes contre les autres automobilistes, motards, cyclistes et piétons la guérilla des conducteurs death-proof vient de faire sauter une colonne radar placée au début de son circuit préféré Kurfürstendamm à Berlin-Halensee.

    12.12.2023 von Eva Maria Braungart - Trümmerteile des Blitzers flogen bis zu 60 Meter weit. Bereits Ende Oktober explodierte ein Blitzer in der gleichen Straße.

    Unbekannte haben in der Nacht zu Dienstag einen Blitzer auf dem Berliner Kurfürstendamm in Charlottenburg gesprengt. Ein Passant gab an, dass das Gerät gegen 2.15 Uhr explodierte. Wie die Berliner Polizei mitteilte, flogen Trümmerteile der Säule bis zu 60 Meter weit durch die Luft.

    Die alarmierten Einsatzkräfte sicherten am Ort Spuren, die auf die Verwendung eines pyrotechnischen Gegenstands schließen lassen. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt zu dem oder den Tätern und fertigt offenbar mehrere Anzeigen an. Darunter sei das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und schwere Sachbeschädigung.

    Bereits am 20. Oktober wurde eine Blitzersäule ebenfalls am Kurfürstendamm gesprengt. Die Kosten eines Blitzers belaufen sich je nach Ausstattung auf 80.000 bis 130.000 Euro.

    Kurfürstendamn
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kurf%C3%BCrstendamm

    Straßenlänge: 3500 Meter
    ...
    Der Kurfürstendamm wurde um 1542 als Dammweg vom Berliner Stadtschloss zum Jagdschloss Grunewald angelegt und diente zunächst als Reitweg für den Kurfürsten Joachim II.

    #Berlin #Halensee #Kurfürstendamn #excès_de_vitesse

  • BVG lässt am 3. Advent historische U-Bahn fahren
    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/12/berlin-bvg-advent-historische-bahn.html

    9.12.23 - Am dritten Adventssonntag können Fans in Berlin mit einer historischen U-Bahn der Baureihe EIII fahren. Die AG U-Bahn, die die historischen Fahrzeuge pflegt, lädt an diesem Tag zu Sonderfahrten auf der Linie U5 ein, wie die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) am Freitag mitteilte.

    Die erste Fahrt beginnt am 17. Dezember um 9:06 Uhr ab Friedrichsfelde, die letzte Fahrt beginnt um 14:10 Uhr am Hauptbahnhof. Für die Mitfahrt reicht ein normales VBB-Ticket.

    Der letzte Zug fuhr 1994

    Die Wagen der Baureihe EIII, die ab 1963 im U-Bahnnetz im Osten Berlins unterwegs waren, hatten schon ein Vorleben. Im Frühjahr 1962 hatte das Verkehrsministerium der DDR beschlossen, ältere S-Bahnwagen der Baureihe ET168 für den Einsatz im U-Bahnnetz umzubauen. Insgesamt 86 Einheiten aus Trieb- und Beiwagen wurden letztlich gebaut. Damit begann ein Umbauprogramm, das praktisch bis zum Ende der DDR andauerte.

    Vier Baureihen von S-Bahnen wurden auf diesem Weg über mehr als zwei Jahrzehnte zu „Spenderwagen“ für die U-Bahn. Nötig wurde der Umbau der S-Bahnwagen, weil nach Kriegsende 1945 insgesamt 120 Wagen der U-Bahn-Baureihe C nach Moskau gebracht worden waren. Damit standen keine Großprofilwagen mehr für die damalige Linie E (heute U5) zur Verfügung.

    Es wurden stattdessen umgebaute Kleinprofilzüge eingesetzt. Sie waren noch bis Ende der 1960er Jahre im Einsatz, bis sie schließlich komplett durch die EIII-Züge ersetzt wurden. In ihrem „zweiten Leben“ blieben die Züge der Baureihe EIII bis nach dem Mauerfall im Einsatz. Der letzte reguläre Zug fuhr 1994.

    DR-Baureihe ET 165
    https://de.wikipedia.org/wiki/DR-Baureihe_ET_165


    Dieser Typ war 69 Jahre lang im Einsatz von 1928 bis 1997.

    Die ET 165, später Baureihe 275 (DR), ab 1993 475, waren elektrische Triebwagen, die von 1928 bis 1932 für die Berliner S-Bahn gebaut wurden. Sie waren bis 1997 im Einsatz und wurden bis 2004 mit Ausnahme einiger Museumsgarnituren verschrottet. Nach der Berliner Stadtbahn wurden sie auch Stadtbahner genannt.

    #Berlin #U-Bahn #Geschichte

  • Sprecher der Berliner Fahrgäste: „Mit der U8 fahre ich nicht mehr“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/sprecher-der-berliner-fahrgaeste-mit-der-u8-fahre-ich-nicht-mehr-li

    Die Bettler sind da und bevölkern die U-Bahn Linie 8. Unterträglich ist das für alle biederen Bürger.

    26.01.2023 von Peter Neumann - Zum Fototermin mit der Berliner Zeitung steigt Jens Wieseke in den U-Bahnhof Heinrich-Heine-Straße hinab. Doch normalerweise nutzt der Vizevorsitzende und Sprecher des Fahrgastverbands IGEB die düstere Station an der U8 nicht mehr. Im Interview erklärt der 58-jährige Berliner, der aus dem Osten der Stadt stammt und seinen Berufsweg als Briefträger mit Abitur begann, warum er manchmal lieber mit seinem Auto fährt. Der Fahrgastlobbyist äußert sich auch zum Desaster auf der U2 unter dem Alexanderplatz, zu Gottesdienstbesuchen mit Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch, ob der BER einen U-Bahnanschluss braucht – und darüber, ob er wählen geht.
    ...
    Apropos Frau Jarasch: Vor Weihnachten haben Sie ein Foto getwittert, das Sie und die Grünen-Politikerin nach einem katholischen Gottesdienst in Berlin zeigt. Sehen Sie sich häufiger in der Kirche?

    Ich möchte nur so viel dazu sagen: Wir sind beide Katholiken, und es kommt vor, dass wir uns in dieser Eigenschaft sonntags sehen. Und ja, es kommt vor, dass es danach auch um unser gemeinsames Thema geht. Als nach dem Fahrplanwechsel im Dezember Probleme im Regionalzugverkehr deutlich wurden, schrieb mir die Senatorin zwei Stunden nach dem Gottesdienst eine Mail und bat um Hinweise. Wenige Tage später lud der Senat die Beteiligten zu einem Krisentreffen ein. Aber ich achte darauf, die Begegnungen nicht zu überfrachten. Auch Frau Jarasch hat ein Recht auf einen möglichst arbeitsfreien Sonntag.
    ...
    Wie kommen Sie zur Arbeit?

    Derzeit nicht mit dem öffentlichen Verkehr. Zwar liegt der Bahnhof Südkreuz nicht weit von meinem Arbeitsplatz in Schöneberg entfernt. Ich weigere mich aber, die U8 zu nutzen. Mit der U8 fahre ich nicht mehr, diese U-Bahn-Linie tue ich mir seit einigen Jahren nicht mehr an. In der warmen Jahreszeit gehe ich stattdessen ein paar Schritte weiter zur U2, zum U-Bahnhof Spittelmarkt, vom Potsdamer Platz nehme ich dann die S-Bahn oder den Regionalexpress. Aber im Winter fahre ich in den meisten Fällen mit meinem Auto zur Arbeit.
    ...
    Warum fahren Sie nicht mehr mit der U8?

    In unserem Verein gibt es den Spruch: Alles ist besser als die U8. Es sind viele negative Erlebnisse, die sich über die Jahre zu einem negativen Bild verdichtet haben. Es geht um Schmutz, Verwahrlosung und um vieles andere mehr, sowohl in den U-Bahnhöfen als auch in den Zügen. Wenn ich auf den Bahnhof Heinrich-Heine-Straße komme und alle Sitzbänke sind mit Drogenabhängigen oder Wohnungslosen besetzt, ist das einfach nicht schön. Ich stelle nicht in Abrede, dass es den Junkies schlecht geht und dass man sich um sie kümmern muss. Aber der Nahverkehr kann nicht die sozialen Probleme Berlins zulasten der Fahrgäste lösen. Das wäre unzumutbar. Auf der U8 ist es schon seit vielen Jahren nicht schön, und es wird immer schlimmer. Ich werfe den Bezirken und dem Senat vor, dass sie zu wenig unternehmen.

    #Berlin #U-Bahn #Alexanderplatz #Heinrich-Heine-Straße #Potsdamer_Platz #Spittelmarkt #Südkreuz #Religion #Bettler

  • Nationalsozialismus: Vergessene Zwangsarbeiter
    https://taz.de/Nationalsozialismus/!5978208


    Das Lichtenberger Arbeitshaus in Rummelsburg, Die Lichtenberger Aktionswoche erinnert an die Opfer des Arbeitshauses Foto: dpa | Felix Zahn

    4.12.2023 von Peter Nowak - In der Lichtenberger Aktionswoche wird mit einem Gedenkspaziergang an die Opfer des Lichtenberger Arbeitshauses erinnert.

    BERLIN taz | Rund 30 Personen versammeln sich am sich am Sonntagnachmittag vor der Hauptstraße 8. Dort wartet bereits der Historiker Thomas Irmer, der über das Berliner Arbeitshaus geforscht hat, das dort seit 1879 für viele arme Menschen ein Ort des Schreckens war. Im Kaiserreich mussten die Menschen vor allem auf den Rieselfeldern schuften, die damals zur Reinigung der Abwässer angelegt wurden. Der Historiker zitiert aus zeitgenössischen Dokumenten, aus denen hervorgeht, dass es sich dabei um Zwangsarbeit handelte.

    In der NS-Zeit verschärfte sich die Situation für die In­sas­s*in­nen in jeder Hinsicht. „Jetzt mussten sie nicht mehr auf den Rieselfeldern, sondern in der Rüstungsindustrie schuften, die sich in Lichtenberg angesiedelt hatte“, erklärte Irmer. 1933 sorgten Razzien und Verhaftungswellen dafür, dass das Arbeitshaus bald überbelegt war. Arrestzellen für Homosexuelle und “psychisch Abwegige„, ein “Bewahrungshaus„ für “Asoziale„ und eine “Sonderabteilung„ für Juden wurden eingerichtet.

    Nach einem Erlass des Reichsinnenministeriums von 1937 wurden die Insassen aus Rummelsburg, soweit sie für den “Zwangs­arbeitsein­satz„ ungeeignet waren, in Konzentrationslager überführt, berichtet Irmer über die Intensivierung des Terrors im NS. Am 13. Januar 1941 wurden 30 jüdische In­sas­s*in­nen des Arbeitshauses in die Tötungsanstalt Bernberg gebracht und dort mit Gas ermordet. Unter ihnen war Auguste Löwenthal, die im Alter von 67 Jahren im Juni 1939 verhaftet wurde, weil ihr vorgeworfen wurde, als Prostituierte zu arbeiten. Über ihr Schicksal hat Irmer geforscht und die Frau so dem Vergessen entrissen. „Arme Menschen schreiben keine Geschichte und hinterlassen oft kaum Dokumente“, sagt Irmer.

    Für den 2007 gegründeten Arbeitskreis Marginalisierte Gestern und heute ein Grund, sich für das Gedenken der als asozial stigmatisierten In­sas­s*in­nen des Arbeitshauses einzusetzen. Seit 2015 informieren Tafeln über die Menschen, die zu den verschiedenen Zeiten dort verfolgt wurden. In der DDR dienten die Gebäude als Gefängnis. Dort waren auch Menschen inhaftiert, die bei Demonstrationen und Proteste in der letzten Phase der DDR festgenommen wurden.

    Der Gedenkspaziergang am Sonntag war Teil der Lichtenberger Aktionswochen gegen Sozialchauvinismus, die von einem Bündnis von Antifaschist*innen, der Berliner Obdachlosenhilfe und der Erwerbsloseninitiative Basta organisiert werden. Noch bis Mitte Dezember soll es an unterschiedlichen Orten Veranstaltungen geben, die sich mit der Abwertung von armen Menschen befassen. So soll am 8. Dezember ab 18 Uhr im Café Maggie in der Frankfurter Allee 205 über das Gedenken an die heutigen Opfern sozialchauvinistischer Gewalt diskutiert werden. Zwei davon gab es in Lichtenberg: 1993 wurde dort Kurt Schneider von Neonazis ermordet und 2016 Eugeniu Botnar von einem Warenhausdetektiv erschlagen.

    #Berlin #Lichtenberg #Rummelsburg #Hauptstraße
    #Armut #Nazis

  • SEZ an der Landsberger Allee gehört jetzt wieder Berlin: Das ist geplant
    https://www.berliner-zeitung.de/news/sez-an-der-landsberger-allee-gehoert-jetzt-wieder-berlin-das-ist-ge

    Na wunderbar, das SEZ ist wieder in Berliner Hand und zugleich auch nicht. Freibad, Wellenbad, Sportplatt und Partylocation wird es nicht wieder geben. Die „Stadt“ hat Angst daran wie die DDR pleite zu gehen und wird nun wohl das Gelände für Immobilienprojekte ausschreiben. Eklig.

    1.12.2023 - Der jahrelange Rechtsstreit um die Nutzung des früheren Sport- und Erholungszentrums (SEZ) in Berlin-Friedrichshain ist nach Angaben von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) beendet.

    Das Land könne nun wieder über das vor 20 Jahren verkaufte Grundstück an der Landsberger Allee verfügen und dieses neu entwickeln, teilte Evers am Freitag mit. Laut aktuellem Bebauungsplan sind dort rund 500 Wohnungen und eine neue Schule vorgesehen.
    Das SEZ in Berlin-Friedrichshain musste 2002 schließen

    Das SEZ, 1981 eröffnet, war mit seinen verschiedenen Sport und Freizeitangeboten ein Prestigeobjekt in der ehemaligen DDR. Nach der Wende wurde der Betrieb zu teuer. 2002 musste das SEZ schließen.

    Das Grundstück war 2003 vom Land an einen Investor verkauft worden. Seit 2016 wurde vor Gericht darüber gestritten, ob der damalige Käufer seine vertraglichen Pflichten eingehalten hat. Das Kammergericht hatte 2022 entschieden, dass der Investor das SEZ- Gelände an das Land zurückgeben muss. Seine dagegen gerichtete sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesgerichtshof nach Angaben der Finanzverwaltung nun ab. Damit bleibe das Urteil des Kammergerichts bestehen. Die Details der Rückgabe des Areals und dessen weitere Entwicklung würden zeitnah geklärt.

    „Das SEZ geht zurück an das Land Berlin und kommt damit endlich wieder den Berlinerinnen und Berlinern zu Gute“, erklärte Evers. „Das ist eine großartige Nachricht. Ich danke allen Beteiligten, die sich in diesem viel zu langen Rechtsstreit mit viel Herzblut für die Interessen der Allgemeinheit eingesetzt haben. Jetzt geht es darum, aus dieser Fläche gemeinsam das Beste für Berlin zu machen.“

    #Berlin #Friedrichshain #Landsberger_Allee #Danziger_Straße #SEZ #Sport #Wohnen #Politik #DDR

  • Berlin Gesundbrunnen
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Gesundbrunnen

    Im Jahr 1861 wurden Gesundbrunnen und der benachbarte Wedding nach Berlin eingemeindet. Mit dem Groß-Berlin-Gesetz von 1920 gingen beide Orte im Bezirk Wedding auf. Der heutige Ortsteil Gesundbrunnen entstand mit anderer Abgrenzung im Rahmen der Verwaltungsreform 2001 durch Teilung des alten Bezirks Wedding.

    Die Reform fasste die ehemaligen Verwaltungsbezirke Wedding, Mitte und Tiergarten in einem neuen Bezirk Mitte zusammen, der aus den Ortsteilen Wedding, Gesundbrunnen, Mitte, Tiergarten, Moabit und Hansaviertel besteht.

    Karte von Gesundbrunnen
    https://www.openstreetmap.org/relation/28426
    Karte von Wedding
    https://www.openstreetmap.org/relation/28267


    Travemünder Straße Flohmarkt an der Panke, Juli 2019
    https://www.openstreetmap.org/way/1105274569


    Pankemühle, Juni 2016
    https://www.openstreetmap.org/way/36606093

    Berlin Britz
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Britz

    Britz gehörte zum Kreis Teltow der preußischen Provinz Brandenburg. Bei der Bildung Groß-Berlins im Jahr 1920 kam der Ort mit 13.475 Einwohnern zum Berliner Bezirk Neukölln. Auf dem Gelände des ehemaligen Ritterguts entstand in der Zeit ab 1925 die Großsiedlung Britz (früher: Fritz-Reuter-Stadt), bestehend aus der Hufeisensiedlung und der Krugpfuhlsiedlung.
    ...
    In den 1960er Jahren entstand die Großwohnsiedlung Britz-Buckow-Rudow, die seit 2002 den eigenen Ortsteil Gropiusstadt bildet.

    https://www.openstreetmap.org/relation/162901

    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Britz


    Mehr Fifties-Idylle geht nicht. Oktober 2011
    https://www.openstreetmap.org/way/51095474

    Berlin Halensee
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Halensee

    Benannt 1880 nach dem gleichnamigen See, zur damaligen Kolonie Grunewald gehörig, und angetrieben durch die Eröffnung des Ringbahnhofs Berlin-Grunewald (heute: Bahnhof Halensee) entstand der Ortsteil als Villen- und Mietshaussiedlung Ende des 19. Jahrhunderts. Der Bereich Halensee entwickelte sich rasch zu einem bevorzugten Wohnort von pensionierten Militärs, Beamten, Literaten und Rentiers. Bis zum Jahr 1914 war die Bebauung praktisch abgeschlossen.
    ...
    Halensee wurde zusammen mit der Stadt Wilmersdorf im Jahr 1920 nach Groß-Berlin eingemeindet.

    https://www.openstreetmap.org/relation/55741


    Eduard-Winter-Haus, Kurfürstendamm 106 Ecke Karlsruher Straße, April 2010
    https://www.openstreetmap.org/node/6273647384

    Berlin Charlottenburg
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Charlottenburg

    Charlottenburg ist ein Ortsteil des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin.

    Im Jahr 1705 als Stadt gegründet, wurde Charlottenburg 1893 zur Großstadt. Bei der Eingemeindung 1920 nach Groß-Berlin wurde daraus der eigenständige Bezirk Charlottenburg. Zuvor war Charlottenburg zeitweise die Gemeinde mit dem höchsten Steueraufkommen pro Kopf in Deutschland gewesen.[1] Nach der Fusion mit dem damaligen Bezirk Wilmersdorf zum neuen Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf bei der Verwaltungsreform 2001 wurde der Bezirk Charlottenburg zum Ortsteil herabgestuft. Eine Neuordnung der Ortsteile des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf erfolgte 2004, wodurch das Gebiet des ehemaligen Bezirks Charlottenburg in die heutigen Ortsteile Westend, Charlottenburg-Nord und Charlottenburg aufgeteilt wurde.

    https://www.openstreetmap.org/relation/110126


    Hotel Kempinski, Mai 2010 (2023 Hotel Bristol),
    https://www.openstreetmap.org/node/3037805654
    https://www.openstreetmap.org/node/254307082

    Berlin Nikolassee
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Nikolassee

    Nikolassee liegt im Südwesten Berlins zwischen den Ortsteilen Wannsee, Grunewald, Zehlendorf und Schlachtensee. Im Westen grenzt Nikolassee an die Havel mit dem Großen Wannsee.

    Die Villenkolonie Nikolassee wurde 1901 gegründet und 1910 zu einer selbstständigen preußischen Landgemeinde im Landkreis Teltow.
    Bei der Bildung von Groß-Berlin 1920 wurde Nikolassee ein Ortsteil des neu gegründeten Bezirks Zehlendorf. Südliche Grenze war die Dreilindenstraße, über die damals der Fernverkehr geführt wurde, angrenzende Gebiete kamen erst 1928 mit der Auflösung des Gutsbezirks Düppel zu Nikolassee und damit zu Berlin. In den 1930er Jahren kam am Ostrand von Nikolassee die Siedlung Wonnegauviertel hinzu.

    Seit 2001 ist Nikolassee Ortsteil des Bezirks Steglitz-Zehlendorf. Im Dezember 2020 gab Nikolassee einen größeren Gebietsteil an den neugebildeten Ortsteil Schlachtensee ab.

    https://www.openstreetmap.org/relation/409219
    https://www.openstreetmap.org/way/24747969


    Berliner Yacht-Club, Ansegeln April 2017

    Alle Bilder von https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Fridolin_freudenfett

    #Berlin #Mitte #Gesundbrunnen #Travemünder_Straße #Neukölln #Britz #Schlosserweg #Charlottenburg-Wilmersdorf #Halensee #Kurfürstendamm #Karlsruher_Straße ##Charlottenburg #Fasanenstraße #Nikolassee #Dreilindenstraße #Wannseebadweg #Fotografie
    #VW-Käfer

  • Lieferdienst Wolt: Im Nebel der Subunternehmerketten
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1178185.arbeitsverhaeltnisse-lieferdienst-wolt-im-nebel-der-subunternehme


    Nach der Verhandlung am 30.11. bringen Unterstützer*innen ihre Kritik am Lieferdienst Wolt zum Ausdruck.

    Die Kläger waren schlecht vorbereitet. Den Nachweis dafür, davon überzeugt gewesen zu sein nicht für einen Subunternehmer zu arbeiten hätten sie substatiieren können. Davon abgesehen hätten sie auf einem schriftlichen Arbeitsvertrag bestehen müssen.

    39.11.2023 von Christian Lelek - Zunächst fühlt es sich nach einer Niederlage an, die zwei ehemalige Lieferkuriere am Donnerstagmittag einstecken müssen. Sie hatten Klage vor dem Landesarbeitsgericht Berlin eingereicht, um feststellen zu lassen, dass ein Arbeitsvertrag zwischen ihnen und dem Unternehmen Wolt bestanden hatte. Darauf aufbauend forderten sie von Wolt Löhne ein, die ihnen mutmaßlich vorenthalten wurden.

    Die Firma Wolt, die sich durch eine Anwältin vertreten ließ, argumentierte, dass keine Anstellung der sogenannten Rider erfolgt sei. Aber man habe im fraglichen Zeitraum mit dem Subunternehmen GW Trans zusammengearbeitet. Etwaige Schulden aus einem Arbeitsverhältnis hätten die Rider gegenüber GW Trans geltend zu machen.

    Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

    nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik - aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin - ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

    Vor Gericht geben die beiden Kläger an, von GW Trans nie etwas gehört zu haben. Stattdessen hätten sie sich über Anzeigen im Internet beworben, die damit geworben hätten, für Wolt einzustellen. Das Einstellungsverfahren sei dann über einen Handyladen in Neukölln gelaufen. Dort hätten sie Arbeitskleidung und Zugang zur Wolt-App bekommen. Für sie sei nicht erkennbar gewesen, dass sie nicht für Wolt direkt arbeiteten.

    Die Verhandlung dauert zwei Stunden lang. Die Kläger hätten versuchen müssen, das Gericht davon zu überzeugen, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis mit Wolt und nicht mit einem Subunternehmen bestanden habe. Am Ende seien hierfür aber keine Beweise vorgebracht worden, konstatiert der Richter.

    Die klagenden Kuriere und ihr Anwalt plädieren darauf, dass es nicht zum Schaden der Arbeitnehmer sein dürfe, wenn Wolt ein Umfeld schaffe, in dem nicht zu unterscheiden sei, ob die Fahrer für Wolt oder ein Subunternehmen arbeiteten.

    Trotz aller Mühen: Der Richter lässt durchblicken, dass er Wolt keine Teilschuld zuweisen würde. Daher bietet Klägeranwalt Martin Bechert am Ende einen Vergleich an: 1000 Euro statt der geforderten 3000. Die Gegenseite willigt ein. Der Vergleich beinhaltet die bemerkenswerte Feststellung, dass beide Parteien anerkennen, dass für 2022 und 2023 zwischen Wolt und dem Kläger kein Arbeitsverhältnis bestand. »Wir hätten verloren, deshalb ist der Vergleich ein Erfolg«, sagt Bechert.

    Ein richtungsweisendes Urteil bleibt am Donnerstag also aus. Arbeiter*innen werden sich weiterhin nebulösen Subunternehmerketten gegenübersehen, deren System sie nicht verstehen. Im Zweifel bleiben sie die Leidtragenden, die Lohngeprellten, die die Schuld der Unternehmen beweisen müssen.

    Die ehemaligen Rider und ihre Unterstützer*innen ziehen dennoch keine negative Bilanz. »Nach acht Monaten kommt endlich ein Verfahren zu Ende, in dem wir von Wolt 1000 Euro erkämpft haben«, sagt einer, »und das obwohl die nie zahlen wollten.« Es sei ein erster Schritt, um nachzuweisen, dass Wolt für fehlende Löhne und Diskriminierung Verantwortung übernehmen müsse. Man hoffe, dass sich mehr Rider aus der Deckung trauten.

    Der Unterstützerkreis behauptet zudem, dass Wolt gezielt junge, ausländische Studierende mit kurzen oder unsicheren Aufenthalten rekrutiere. »Es geht dabei nicht allein um Wolt«, sagt ein unterstützender Lieferando-Fahrer. »Es ist das deutsche Wirtschaftssystem, das den Unternehmen die Bedingungen für derlei Machenschaften zur Verfügung stellt.«

    Wolt sieht sich durch das Verfahren in seiner Auffassung bestätigt. »Aus unserer Sicht sind pragmatische, endgültige Klärungen langen und teuren Gerichtsverfahren stets vorzuziehen«, sagt eine Sprecherin zu »nd«. Man habe daher den Vergleich angenommen.

    Aus Wettbewerbsgründen wollte sich das Unternehmen nicht dazu äußern, in welchem Ausmaß Subunternehmen zum Einsatz kommen. »Wolt überprüft seine Partner vor und während der Zusammenarbeit regelmäßig und gründlich«. Im Zweifelsfall würden die Beziehungen beendet. »Wolt verhält sich zu jedem Zeitpunkt – auch im Kontext des angesprochenen Verfahrens – rechtskonform«, teilte Wolt »nd« mit.

    #Berlin #Justiz #Arbeit #Ausbeutung #Lieferdienste #Vergleich

  • Signa insolvent : Muss Berlin um das KaDeWe bangen ? Das sagt Kaufhauschef Michael Peterseim
    https://www.berliner-zeitung.de/stil-individualitaet/signa-insolvent-muss-berlin-um-das-kadewe-bangen-das-sagt-kaufhausc

    Le propriétaire du bâtiment du grand magasin de luxe KaDeWe vient d’annoncer son insolvabilité. Le patron du KaDeWe réagit dans une interview parfaite. C’est un cas d’école de communication professionnelle en situation de crise.

    29.11.2023 von Manuel Almeida Vergara, Marcus Weingärtner - Was seit Tagen ohnehin schon durch die Medien waberte, wurde nun durch die Signa Holding bestätigt: Das österreichische Unternehmenskonglomerat hat beim Handelsgericht in Wien die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung beantragt. Das teilte die Gruppe des Immobilien- und Handelsunternehmers René Benko am Mittwoch mit.

    Rund 1000 Unterfirmen gehören zur Signa Holding, die, so heißt es, durch gestiegene Bau- und Energiekosten im Zuge des Ukraine-Kriegs in Schieflage geraten war; dem Unternehmen gehören zahlreiche Geschäftsimmobilien in Österreich und Deutschland. Die Meldung der Signa-Pleite sorgt für große Verunsicherung – auch und gerade in Berlin.

    Hier wurden bereits Anfang des Monats sämtliche Bauprojekte der Gruppe auf Eis gelegt, wie es mit geplanten Projekten wie dem Umbau der Karstadt-Filiale am Hermannplatz und des Bremsenwerks am Ostkreuz weitergeht, ist derzeit unklar. Außerdem gehören der österreichischen Gruppe prestigeträchtige Bauten wie das „Upper West“-Hochhaus am Bahnhof Zoo – und das Gebäude des KaDeWe.

    In der Stadt machen sich nun Sorgen breit um die Zukunft des Traditionskaufhauses, das seine rund 60.000 Quadratmeter Verkaufsfläche von der insolventen Holding mietet. Das weiß auch Michael Peterseim: Noch keine vier Wochen ist der neue CEO der KaDeWe Group im Amt – und schon muss er sich mit Unkenrufen auseinandersetzen, die ein Ende des Luxustempels am Tauentzien prophezeien. Was er darauf antwortet? Das haben wir Peterseim am Telefon gefragt.

    Herr Peterseim, muss Berlin um das KaDeWe bangen? Aktuelle Medienberichte legen das nahe.

    Das KaDeWe gibt es seit mehr als 100 Jahren. Und ich würde sagen, das KaDeWe gibt es auch noch in den kommenden 100 Jahren. Es geht uns aktuell sehr gut. Die KaDeWe Group wurde 2014 aus der Karstadt-Gruppe rausgelöst, mit der neuen Strategie „Luxury Up“, die seitdem mit hohen Investitionen erfolgreich umgesetzt wurde. Und aktuelle Zahlen zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Insgesamt wird die KaDeWe Group mit ihren drei Department Stores in Berlin, Hamburg und München dieses Kalenderjahr mit 800 Millionen Euro Umsatz abschließen – doppelt so viel, wie 2014 und ein zweistelliger Prozentsatz mehr als in Zeiten vor der Pandemie.

    Die aktuellen Medienberichte beziehen sich allerdings weniger auf die wirtschaftliche Stärke des KaDeWe als auf die Meldung der Signa-Insolvenz. Wie genau sind die Verflechtungen zwischen Ihrer Gruppe und der österreichischen Holding?

    Wir haben einen Mehrheitsgesellschafter, die Central Group aus Thailand, und diese hat aufgrund der Mehrheit in den Gesellschafteranteilen auch die alleinigen Entscheidungsrechte, operativ, strategisch wie finanziell. Die Central Group hat immer bekräftigt, dass sie in jeder Phase zu uns steht, um unser Geschäftsmodell vollumfänglich zu unterstützen. Als börsennotierter, traditionsreicher Händler betreibt sie weltweit führende Luxuseinzelhandelsunternehmen mit den besten Markenpartnern, der besten Sortimentsauswahl und außergewöhnlichen Kundenerlebnissen an allen ihren Standorten. Europa bleibt ein strategischer Schlüsselmarkt für die Central Group. Signa hingegen ist ein Minderheitsgesellschafter ohne strategischen und operativen Einfluss.

    Aber Signa ist eben Eigentümerin aller deutschen Kaufhausgebäude Ihrer Gruppe, vom KaDeWe in Berlin über das Alsterhaus in Hamburg bis zum Oberpollinger in München.

    Auf der Immobilienseite sind wir zunächst Mieter. Und tatsächlich ist es so, dass die Vermietungsgesellschaften, die jeweils eines unserer Gebäude halten, im Signa-Verbund verortet sind. Aber wir haben unsere Standorte über sehr lange laufende Mietverträge abgesichert. Die drei ikonischen Standorte Alsterhaus, Oberpollinger und Kadewe gehören zu unserem Geschäftsmodell, das ohne diese Gebäude nicht möglich ist. Wir haben eine sehr enge Verbindung zu den Gebäuden und diese haben wir mit Mietverträgen, die noch mehr als 30 Jahre laufen, abgesichert.

    Und diese Verträge sind nicht hinfällig, wenn der Vermieter pleitegeht?

    Grundsätzlich gilt, die Signa Holding ist nicht an den Mietverträgen beteiligt. Zudem laufen Mietverträge im Allgemeinen auch während einer eingetretenen Insolvenz weiter und sind von der Insolvenz in der Laufzeit nicht betroffen.

    Bereits im März hatte die Central Group 49,9 Prozent der Anteile am Kaufhausgebäude des KaDeWe von der Signa gekauft. Nun liegt es nahe, dass sie den gesamten Bau übernimmt. Wäre das in Ihrem Sinne?

    Ich spekuliere nicht. Aber auch in diesem Fall hätte dies keine Auswirkungen auf unser Tun. Wir konzentrieren uns auf unser Geschäft, das gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit besonders wichtig ist und sehr viel Spaß macht.

    Was bedeutet die Signa-Pleite dann überhaupt konkret für die KaDeWe Group? Im Grunde nur, dass Sie jetzt Schadensbegrenzung betreiben müssen, was das mediale Echo angeht?

    Sie sehen mich sehr entspannt. Bei Signa läuft nun ein strukturierter Prozess, das beobachten wir mit großer Ruhe.

    Trotzdem dürfte das Wort „Insolvenz“ in Verbindung mit dem KaDeWe aktuell nicht nur in den Medien, sondern auch bei Ihrer Kundschaft sowie Ihrer Belegschaft hängenbleiben. Wie ist im Moment die Stimmung im Kaufhaus?

    Wenn ich dieser Tage bei uns durchs Haus gehe, dann nehme ich vor allem eine wunderbare Weihnachtsstimmung wahr. In Gesprächen mit Kundinnen und Kunden, auch mit unseren Mitarbeitenden ist aktuell vor allem die Freude über diese tolle Atmosphäre zu spüren.

    In einem Artikel des Business Insider hieß es kürzlich, für alle drei Kaufhäuser in Deutschland zahle Ihre Gruppe jährlich eine Gesamtmiete von 65 Millionen Euro an Signa, wovon 40 Millionen allein für das Gebäude des KaDeWe entfielen.

    Unsere Mietverträge behandeln wir wie alle anderen unserer Verträge vertraulich. Wir haben langlaufende Mietverträge mit den jeweiligen Objektgesellschaften. Aber natürlich ist es unsere Aufgabe als Geschäftsführung – das liegt in der Natur der Sache –, Verträge permanent auf den Prüfstand zu stellen.

    Sind solche Mieten eigentlich an die Wirtschaftlichkeit eines Hauses gekoppelt? Gibt es also Episoden, in denen Sie als Geschäftsführer sagen könnten und sagen würden: „Dieses Jahr lief es nicht ganz so gut, können wir mal über die Miete reden?“

    Wie bereits gesagt, optimieren wir stets Verträge und somit auch Mietverträge. In meiner Funktion erscheint mir natürlich jede Miete zu hoch und sollte immer verhandelt werden.

    Und wie sieht es mit den Store-in-Store-Konzepten im Erdgeschoss des KaDeWe aus, wo namhafte Marken eigene kleine Geschäfte betreiben? Sind diese wiederum Mieter Ihrer Gruppe oder mieten Labels wie Dior oder Prada ihre Flächen im Erdgeschoss ebenso von Signa?

    An allen drei Standorten sind wir alleinige Mieter des jeweiligen gesamten Gebäudes, und alle bei uns vertretenen Marken, egal in welchem Geschäftsmodell, haben Verträge mit der KaDeWe Group. Wir haben unterschiedliche Geschäftsmodelle, unter anderem „Concession Partner“ wie Prada oder Dior sowie Bereiche, für die unser eigenes 30-köpfiges Einkaufsteam weltweit auf Messen und Fashion Shows einkauft, um unseren Kundinnen und Kunden das beste kuratierte Sortiment aus internationalen und angesagten Nischen-Brands zu bieten.

    Herr Peterseim, Sie bekleiden Ihre neue Position als Hauptgeschäftsführer der KaDeWe Group erst seit dem 1. November und müssen sich keine vier Wochen nach Ihrem Antritt schon mit Themen der Insolvenz auseinandersetzen. Hätten Sie sich Ihren Einstand anders gewünscht?

    Wir bieten wundervolle Erlebniswelten in allen unseren Stores. Schon seit mehr als fünf Jahren bin ich, bislang als zweiter Geschäftsführer, für die Gruppe tätig und auch in der Zeit gab es immer wieder Herausforderungen, die wir erfolgreich gemeinsam gemeistert haben. Ich stehe auf dem Standpunkt: Stillstand bedeutet Rückschritt und ich freue mich auf alles, was kommt. Ich habe den schönsten Job der Welt.
    –---
    Zur Person

    Michael Peterseim wurde 1969 geboren und leitet seit dem 1. November als CEO die Geschäftsführung der KaDeWe Group, zu der neben dem Berliner Stammhaus auch das Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg gehören. Für beide Kaufhäuser war er vor seiner aktuellen Position bereits rund fünf Jahre tätig. Zuvor war er in ähnlichen Positionen für unterschiedliche Unternehmen tätig, etwa für das Modeunternehmen Clinton Großhandels GmbH oder für den Tourismuskonzern Thomas Cook.

    #Berlin #économie #immobilier #crise #communication

  • Wintereinbruch: Welche Regeln Berliner über das Schneeschippen kennen müssen
    https://www.berliner-zeitung.de/news/winterdienst-schnee-schippen-das-muessen-die-menschen-in-berlin-bei

    Na dann schippt mal schön.

    29.11.2023 von Jule Damaske - In Berlin ist der Winter eingebrochen. Schnee, Eis und Glätte beschäftigen die Menschen nun schon seit einigen Tagen. Doch was müssen Anwohnerinnen und Anwohner bei der Räumung von Schnee und Eis beachten? Wer ist für den Winterdienst verantwortlich? Und wo kommt der beseitigte Schnee hin? Ein Überblick.

    Wer ist für Beseitigung von Schnee und Eis auf den Gehwegen zuständig?

    Für die Schnee- und Glättebekämpfung auf den Gehwegen sind gemäß dem Berliner Straßenreinigungsgesetzes (StrReinG) grundsätzlich die Anliegenden einer öffentlichen Straße verantwortlich. Anliegende sind Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken, Erbbauberechtigte, Nießbrauchende sowie Inhabende eines im Grundbuch vermerkten dinglichen Nutzungsrechts, wie aus einer Mitteilung des Bezirksamts Treptow-Köpenick am Mittwoch hervorgeht.

    Was genau gehört zu den Aufgaben beim Winterdienst?

    Schneeberäumung: Je nach Fußgängeraufkommen muss Schnee in der Breite von mindestens einem Meter, 1,5 Meter auf Gehwegen der Hauptverkehrsstraßen und Geschäftsstraßen und drei Meter in besonderen Fällen, beispielsweise am Kurfürstendamm geräumt werden.

    – Winter- und Eisglätte abstreuen
    - Eisbildungen beseitigen, denen nicht ausreichend durch Streuen entgegengewirkt werden kann
    – Hydranten, Zugänge zu Telefonzellen, Notrufsäulen, Aufzügen, Briefkästen und Parkautomaten von Schnee und Eis befreien

    Wann muss der Winterdienst geleistet werden?

    Grundsätzlich gilt: Schnee soll unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls, bei anhaltendem Schneefall auch mehrfach, geräumt werden. Schnee- und Eisglätte müssen unmittelbar nach ihrem Entstehen bekämpft werden. Wenn es nach 20 Uhr schneit, muss der Winterdienst bis 7 Uhr am folgenden Morgen oder 9 Uhr (an Sonn- und Feiertagen) durchgeführt werden.

    Kann jemand anderes den Winterdienst für mich übernehmen?

    Anliegende haben die Möglichkeit, andere geeignete Personen oder Firmen mit der Durchführung des Winterdienstes zu beauftragen. Sie sind sogar dazu verpflichtet, wenn sie nicht selbst die Pflicht zum Winterdienst erfüllen können oder wollen. Außerdem gilt dem Bezirksamt zufolge: „Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer sind verpflichtet, die ordnungsgemäße Durchführung des Winterdienstes zu kontrollieren“, auch wenn sie es durch Dritte vornehmen lassen.

    Wenn Anliegende körperlich oder wirtschaftlich nicht in der Lage sind, den Winterdienst durchzuführen oder durchführen zu lassen, kann das Land Berlin nach einem gesonderten Antrag diese Verpflichtung übernehmen. Der Antrag kann hier gestellt werden.
    Darf zum Auftauen Salz verwendet werden?

    Die Nutzung von Auftaumitteln jeglicher Art ist allgemein verboten. Warum das so ist und welche Alternativen es gibt, erklärt der BUND Berlin. Nur die Berliner Stadtreinigung (BSR) darf Tausalz zur Räumung der Fahrbahnen nutzen.

    Wohin kommt der geräumte Schnee?

    Der geräumte Schnee kann dem Bezirksamt zufolge auf dem Gehweg am Fahrbahnrand gesammelt werden. Der Schnee darf nicht im Rinnstein landen, ebenso wenig auf Gullys, vor Ein- und Ausfahrten, in Haltestellenbereichen der öffentlichen Verkehrsmittel, auf Radfahrstreifen und Radwegen und Bereichen von gekennzeichneten Behindertenparkplätzen. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass der Schnee neben Fußgängerüberwegen, Straßenkreuzungen und -einmündungen nur so hoch angehäuft werden darf, dass keine Sichtbehinderungen riskiert werden.
    Was ist zu beachten, wenn das eigene Grundstück ein Eckgrundstück ist?

    Diejenigen, deren Grundstücke an Straßenkreuzungen oder -einmündungen liegen, müssen „zusätzlich die Fortführungen der Gehwege bzw. Fußgängerbereiche bis an den Fahrbahnrand in der erforderlichen Breite“ räumen und streuen, so das Bezirksamt. „In nicht genügend ausgebauten Straßen sind die Fortführungen der Gehwege bzw. Fußgängerbereiche über die Fahrbahn bis zur Straßenmitte zu beräumen und zu streuen.“

    Was ist zu beachten, wenn sich vor dem Grundstück eine Haltestelle befindet?

    Für die Haltestellenbereiche der öffentlichen Verkehrsmittel, einschließlich der Wege zu den Wartehallen, ist die BSR zuständig. Ausgenommen sind die Mittelinseln, die von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) geräumt werden.

    Welche Konsequenzen drohen, wenn der Winterdienst nicht durchgeführt wird?

    Wenn Anliegende ihrer Pflicht zum Winterdienst nicht nachkommen, „kann die zuständige Behörde eine Ersatzvornahme auf dessen Kosten anordnen“. Laut dem Bezirksamt kann ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem StrReinG eingeleitet werden. In dem Fall, dass es aufgrund des unterlassenen Winterdienstes zu einem Unfall kommt, kann darüber hinaus ein Strafverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet werden. Eine betroffene Person kann dann zivilrechtliche Forderungen, beispielsweise Behandlungskosten oder Schadensersatz, gegen die Verantwortlichen geltend machen.

    #Berlin #Winter #Straßenreinigung

  • Immobilienspekulation : Für Signa wird es eng
    https://www.jungewelt.de/artikel/464103.immobilienspekulation-f%C3%BCr-signa-wird-es-eng.html


    L’insolvabilité du spéculateur immobilier Signa met en danger les emplois de tous les employés des grands magasins Karstadt. En même temps s’ouvre la perspective de l’achat des grands magasins historiques par la ville de Berlin qui pourra les transformer en espaces culturels adaptés aux besoins de sa population croissante. On a le droit de rêver, non ?

    28.11.2023 von Gudrun Giese - Deutsche Tochter des angeschlagenen Immobilienkonzerns insolvent. Angeblich bis zu 600 Millionen Euro für Sanierung nötig

    Signa hat alle Bauvorhaben in Berlin gestoppt – unter anderem das Projekt um das Karstadt-Haus am Hermannplatz

    Mindestens eine halbe Milliarde Euro benötigt die seit Wochen kriselnde Signa-Gruppe des österreichischen Investors René Benko. Das berichten seit vergangener Woche verschiedene Medien in Deutschland und Österreich.

    Am Freitag hatten Vertreter der Tochtergesellschaft Signa Real Estate Management Germany GmbH (Signa REM) beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenz angemeldet. Die Gesellschaft ist Teil der Signa Prime Selection und fungiert als Dienstleister für einen Teil des Immobilienportfolios, wie das Handelsblatt am Montag berichtete. Eigene Gebäude besitzt die Tochter nicht. Im Jahr 2021 hätte die ­Signa REM mit 139 Beschäftigten einen Umsatz von knapp 54 Millionen Euro erwirtschaftet und damit einen für den Konzern eher kleinen Beitrag zur Gesamtbilanz geleistet. Der Insolvenzantrag zeige aber, dass Signa drastische Probleme bei der Finanzierung laufender Projekte habe und die Prime Selection nicht genügend Mittel zur Verfügung stellen könne, um eine Insolvenz abzuwenden, so das Handelsblatt.

    Nach diversen Insolvenzen in den Handelssparten der Signa-Gruppe, die z. B. während der Coronapandemie zweimal die Warenhaustochter Galeria Karstadt-Kaufhof und zuletzt die Tochtergesellschaften von Signa Sports United trafen, Verkäufen von Unternehmen wie den Möbelketten Kika/Leiner in Österreich sowie dem Stopp von Bauprojekten wie dem »Elbtower« in Hamburg sollte eigentlich der als Insolvenzverwalter bekannt gewordene Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Arndt Geiwitz aus Neu-Ulm den Gesamtkonzern sanieren. Laut einer Signa-Pressemitteilung von Anfang November sollte er inzwischen längst die Zügel in der Chefetage übernommen haben, was nach einem Bericht der Lebensmittelzeitung vom Wochenende aber noch nicht geschehen ist. Er sei immer noch Berater. Geiwitz selbst äußerte sich dazu nicht.

    Offenbar steht und fällt alles mit der Zusage, erhebliche Finanzmittel für Signa zu beschaffen. Davon habe der Insolvenzexperte seinen Einstieg in die Geschäftsführung abhängig gemacht, weil er sonst sein in Grundzügen bereits ausgearbeitetes Sanierungskonzept nicht umsetzen könne. An der Beschaffung der als notwendig erachteten Summe von 500 bis 600 Millionen Euro sind das Bankhaus Rothschild und die Anwaltskanzlei White & Case beteiligt.

    Die Gespräche mit potentiellen Investoren laufen auf Hochtouren. Das Handelsblatt berichtete in der vergangenen Woche von Verhandlungen mit dem auf Restrukturierungsfinanzierungen spezialisierten Investor »Attestor«. Die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtete am Montag, bei Signa werde ein Mezzanine-Investor gesucht, der bereit sei, gegen extrem hohe Zinsen und wenig direktes Mitspracherecht eine gute halbe Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen. Mezzanine-Kapital ist eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital. Zinsen und zusätzliche Gebühren könnten Kreditkosten von zwanzig Prozent pro Jahr bedeuten, also 100 Millionen Euro.

    Unterdessen erwägt Klaus-Michael Kühne, Logistikunternehmer und bereits Großinvestor der Signa-Gruppe, die komplette Übernahme des Hamburger Prestigeprojekts »Elbtower«. Laut Handelsblatt habe Kühne dazu erste Gespräche mit Vertretern der Hamburger Landesregierung geführt. Er selbst äußerte sich nicht dazu. Am »Elbtower«, dessen Baukosten auf insgesamt 960 Millionen Euro geschätzt werden, ruhen seit Wochen die Arbeiten, weil Signa die Rechnungen für den bisher rund 100 Meter hohen Rohbau nicht beglichen hat. Auch andere Bauprojekte ruhen oder wurden erst gar nicht begonnen, wie etwa das auf dem Gelände der ehemaligen Gänsemarkt-Passagen in Hamburg. Sorgen machen sich auch die Betreiber der geschrumpften Warenhauskette Galeria Karstadt-Kaufhof, die nach zwei Insolvenzen in zweieinhalb Jahren eigentlich wieder rentabel fortgeführt werden sollte. Doch auch bei dieser Tochter ist die Liquidität knapp. Ohne eine kräftige Finanzspritze für Signa könnte es für das gesamte Firmenkonglomerat bald sehr düster aussehen.

    #Allemagne #Berlin #spéculation_immobilière

  • Wohnungsnot und üble Zustände in Schmargendorf : „Mir trampeln Tag und Nacht neun Studenten auf dem Kopf herum“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/melanie-g-mir-trampeln-tag-und-nacht-neun-studenten-auf-dem-kopf-he


    Das Mehrfamilienhaus in Schmargendorf mit 20 indischen Untermietern. Foto : Gerd Engelsmann

    Il y a quelques annêes encore on pensait aux squats et foyers de sans abris quand on parlait du logement précaire à Berlin. Désormais les marchands de sommeil sont arrivés à Berlin. Voici comment fonctionne l’économie politique du métier.

    26.11.2013 von Kerstin Hense - Die 49-Jährige ist eine der letzten Hauptmieter eines Mehrfamilienhauses in Schmargendorf und wehrt sich gegen üble Zustände.

    Melanie G. ist mit ihren Nerven am Ende. Sie ist eine der letzten beiden Mieter eines Mehrfamilienhauses in Schmargendorf, die nach einem Eigentümerwechsel vor drei Jahren noch übrig geblieben sind. Seitdem lebt die alleinerziehende Mutter unter unschönen Umständen. Nachts funktionieren die Heizung und das Warmwasser nicht und sie hat mit Feuchtigkeit zu kämpfen. Außerdem leben über ihr neun Studenten, beengt in einer Dreizimmerwohnung, die Tag und Nacht über ihrem Kopf herumtrampeln würden, sagt sie.

    „Ich werde von dem Lärm sogar nachts aus dem Schlaf gerissen, weil die Wohnung mit neun Personen völlig überbelegt ist. Ich war schon ein paar Mal oben und habe ihnen Bescheid gesagt“, erklärt die 49-jährige. Passiert sei seitdem nichts. Sie halte den Zustand nun nicht mehr aus und hat sich deshalb an die Berliner Zeitung gewandt. Als wir Reporter bei ihr in der Küche sitzen, hören wir ebenfalls permanent schwere dumpfe Schritte über unseren Köpfen.

    In der Wohnung ist es auffallend kalt, sodass man auch tagsüber eine Jacke tragen muss. Sie bekäme die 98 Quadratmeter große Wohnung nicht richtig warm, da sie nachts komplett auskühle, erzählt Melanie G. „Die schalten uns von 23 Uhr abends bis 6 Uhr morgens die Heizung aus und dann haben wir auch kein warmes Wasser mehr.“

    In ihrem Arbeitszimmer ist schon seit ein paar Wochen erneut ein großer feuchter Fleck unter der Decke zu sehen, der durch einen Wasserschaden in der darüberliegenden Wohnung entstanden ist. „Durch die Kälte wird es immer schlimmer“, sagt sie. Ihr Nachbar im Erdgeschoss habe seit ein paar Tagen ebenfalls einen Wasserschaden, da in den Wohnungen über ihnen ohne Vorhang geduscht werde.
    Die Hausverwaltung bleibt untätig

    Mehrmals hat Melanie G. deshalb schon mit ihrer Hausverwaltung Kontakt aufgenommen. Doch bislang erfolglos. „Entweder bekomme ich keine Antwort oder ich werde vertröstet. Das geht schon seit Monaten so“, erklärt sie. In den Google- Bewertungen beklagen sich auch andere Mieter über eine Nicht-Kommunikation.

    Die Mutter einer 13-jährigen Tochter ist eine der letzten beiden Hauptmieter in dem Mehrfamilienhaus, in dem bei ihrem Einzug vor fünf Jahren ursprünglich mal acht Parteien lebten.

    Nachdem der vorherige Eigentümer das Haus 2020 verkaufte, begannen die Probleme. Es werde sich seitdem um nichts mehr gekümmert, so schildert sie. Melanie G. glaubt, dass man gern alle Mieter raushaben wolle. „Uns wurde seitens der Hausverwaltung bei einer Eigentümerversammlung kommuniziert, dass demnächst ein Dachausbau geplant ist und die Mieter aus anderen Stockwerken erhielten bei einem Auszug Abfindungsangebote in Höhe von 30.000 Euro“, erklärt sie.


    Die Studenten aus Indien leben zu neunt in dieser Dreizimmerwohnung. Sie wollen unerkannt bleiben. Foto: Gerd Engelsmann

    Etliche Mieter hätten das Angebot angenommen. Sie selbst habe keines bekommen. „Ich denke, die haben es sich bei mir gar nicht erst getraut“, so betont sie. Denen sei klar gewesen, dass sie es nicht in Anspruch genommen hätte. „Ich habe sehr viel Geld in die Renovierung meiner Wohnung gesteckt und hätte so schnell in Berlin keine bezahlbare andere gefunden“, so Melanie G. Sie zahlt 1175 Euro warm für ihre Dreizimmerwohnung.

    Sie und ein weiterer Mieter, der ebenfalls im Erdgeschoss lebt, sind die letzten Bewohner, die noch von den alten Mietern übrig geblieben sind. „Die anderen vier Wohnungen sind seit ein paar Monaten an ausländische Studenten, die an einer privaten Hochschule in Charlottenburg studieren, untervermietet worden“, erklärt Melanie G.

    An den Briefkästen stehen insgesamt 20 indische Namen, die kaum zu entziffern sind. „Der Postbote hat sich schon ein paar Mal bei mir beklagt, dass er Schwierigkeiten hat, die Briefe zuzustellen, weil er durch den Dschungel der Namen nicht mehr durchsteigt. Außerdem soll es das achte Haus in seinem Zuständigkeitsbereich sein, in dem so viele Studenten aus dem Ausland untergebracht sind“, sagt Melanie G.

    Die alleinerziehende Mutter findet das „unwürdig und kriminell“, Menschen so beengt unterzubringen und dafür auch noch viel Miete zu kassieren. Aus einem Untermietvertrag der Studenten, den die Berliner Zeitung einsehen konnte, geht hervor, dass jeder von ihnen 450 Euro Miete zahlen soll.


    Die Klamotten liegen auf dem Boden, weil es zu wenige Schränke gibt. Foto: Gerd Engelsmann

    Die Reporter der Berliner Zeitung haben sich in einer der Wohnungen, die an die Studenten vermietet werden, umgesehen. Ein junger Mann, der ebenfalls anonym bleiben möchte, führt uns durch die drei Zimmer. In der Küche stehen zwei junge Männer am Herd und bereiten sich gerade eine warme Mahlzeit zu.

    Die etwa 98 Quadratmeter große Wohnung ist spärlich ausgestattet. Im Badezimmer gibt es nur eine Badewanne, ohne Duschvorhang. In drei Zimmern verteilt sind insgesamt drei Holzbetten und sechs Matratzen auf dem Boden. „Wir leben hier zu siebt und mitunter auch zu neunt. Das ist schon sehr beengt und schwierig, unter solchen Umständen zu lernen“, erklärt der junge Mann.

    Die 450 Euro pro Kopf an Miete würden jeden Monat von einem Mann abgeholt werden. Dieser wolle das Geld in bar haben, berichtet der Student. Die Berliner Immobilienfirma, die die Wohnung an die jungen Männer vermietet hat, ist nur unter der Postanschrift der Schwesterfirma zu finden. Es ist weder eine Mailadresse noch eine gültige Telefonnummer im Netz zu finden.

    Die Studenten haben das Zimmer über eine WhatsApp-Gruppe für indische Studenten in Berlin gefunden. „Es ist schwer, ein Zimmer in dieser Stadt zu bekommen, und wir sind froh, dass wir nicht auf der Straße sind“, erklärt einer von ihnen. Außerdem sei die Wohnung zentral gelegen und nur 15 Minuten mit dem Fahrrad von der Universität entfernt.

    Die Berliner Zeitung fragte bei der zuständigen Hausverwaltung an, ob ihnen die Zustände in dem Mehrfamilienhaus bekannt sind. Doch die Antwort blieb bis Redaktionsschluss aus.

    Der Eigentümer des Hauses, die Fortis Real Estate Investment AG, teilte mit: „Insbesondere der geplante Ausbau des Dachgeschosses zur Schaffung von neuem Wohnraum als auch die notwendigen Strangsanierungen und erforderlichen Wohnungsrenovierungen bringen die Erfordernis mit sich, dass Wohnungen temporär nicht bewohnt sein sollten“, so Vorstand Marco Mendler. Dabei werde aber für jeden Mieter eine individuelle Lösung gefunden, und hier im Haus habe es auch einige Mieter gegeben, die nach Ausführung der baulichen Maßnahmen nicht mehr hätten zurückziehen wollen. Sie hätten Mieter dabei unterstützt und Ersatzwohnungen nach deren individuellen Wünschen beschafft.


    Die vielen Paar Schuhe der neuen Untermieter. Foto: Gerd Engelsmann

    Die Heizung im Haus verfüge zur Energieeinsparung über eine übliche Nachtabsenkung. Eine Auskühlung in dem von Ihnen beschriebenen Maße sei hierbei jedoch unüblich und die Warmwasserversorgung von der automatischen Nachtabsenkung ebenfalls nicht betroffen. Die Heizungsanlage sei vor etwa 14 Tagen von einer Fachfirma überprüft und eingestellt worden. „Wir veranlassen jedoch umgehend die Überprüfung der Heizungsfunktion und deren Einstellung“, versprach Mendler.

    Die von Mietern beklagten Wasserschäden, die vermeintlich durch das Duschen ohne Vorhang in den Wohnungen darüber ausgelöst und bislang noch nicht behoben worden sind, seien inzwischen in Bearbeitung und sie stünden dazu bereits mit den betroffenen Mietern in Kontakt. Ein Wasserschaden vom vergangenen Freitag sei inzwischen in Augenschein genommen und der notwendige Reparatur- und Renovierungsumfang sowie der zeitliche Ablauf würden aktuell ermittelt. Ebenfalls sei eine Duschtrennwand bestellt, die noch nicht geliefert worden sei.

    Zum Untermietverhältnis äußerte sich der Vorstand folgendermaßen: „Grundsätzlich haben wir Mietern die Untervermietung erlaubt, aber was hier nun vermeintlich gemacht wurde, entbehrt jeglichem Verständnis und ist von uns weder gewünscht, noch geduldet. In der kommenden Woche wird durch eine Wohnungsbegehung dieser Umstand vor Ort geprüft und umgehend abgestellt“, erklärt Mendler weiter. Er versprach auch, nach Ersatzwohnungen aus seinem Bestand für die Studenten zu suchen.


    Melanie G. möchte unerkannt bleiben. Sie steht mit Jacke und Mütze in ihrer Wohnung, weil sie friert. Foto: Gerd Engelsmann

    Die Berliner Zeitung hat sich auch auf dem Gelände der Immobilienfirma im Osten Berlins umgesehen, die mit den indischen Studierenden die Mietverträge geschlossen hat. Doch nach unserem Klingeln machte niemand auf, an den Fenstern waren die Jalousien heruntergezogen.
    Berliner Mieterverein sieht darin ein „übles System“

    Dem Berliner Mieterverein sind solche Fälle bekannt. „Wir erleben zunehmend, dass insbesondere Migrantinnen und Migranten, aber auch Studierende aus dem EU-Ausland und anderen Kontinenten zimmerweise in überbelegten Wohnungen unterkommen und dieser üblen Masche ausgesetzt sind“, erläutert Geschäftsführer Sebastian Bartels.

    Man habe es hier offenbar mit einem dreisten Versuch zu tun, aus der Wohnungsnot möglichst viel Profit zu ziehen. Solche Untermietverhältnisse mit Briefkastenfirmen seien in der Regel konstruiert, um den starken gesetzlichen Kündigungsschutz zu unterlaufen.

    Der Berliner Mieterverein erkenne ein übles System hinter diesen Fällen: Unter Verstoß gegen die Mietpreisbremse würden einzelne Zimmer einer Wohnung untervermietet, wobei die vermeintlichen Untermieter nur konstruierte Briefkastenfirmen oder vorgeschobene Hausverwalter des Eigentümers seien. Typisch sei, dass Mängel selten beseitigt würden. Sobald Mieterinnen und Mieter sich gegen diese Zustände wehrten, hagele es Kündigungen – mit der Begründung, das Untermietverhältnis sei erloschen, da der Vermieter dem Hauptmieter gekündigt habe.

    Menschen, die mit dem Mietrecht nicht vertraut seien, könnten diesem vorgeschobenen Argument nichts entgegensetzen. „Wir beobachten seit Jahren eine Zunahme solcher Fälle und raten allen Betroffenen, solche Kündigungen nicht zu akzeptieren, also trotz Kündigung in der Wohnung zu bleiben“, so Bartels weiter.

    Daneben sollten die Betroffenen ihre Miethöhe überprüfen lassen und die Beseitigung von Mängeln einfordern. Dabei sei es jedoch wichtig, sich rechtlich vertreten zu lassen, denn die Firmen seien gewieft und schickten oft Anwaltskanzleien vor.

    Melanie G. hofft, dass nun bald Ruhe in ihrem Haus einkehren wird und sie wieder Frieden in ihren eigenen vier Wänden finden kann. Sie sagt: „Der Alltag ist stressig genug. Wenn man sich in seinem Zuhause nicht mehr wohlfühlt, ist das sehr belastend.“

    #Allemagne #Berlin #immobilier #logement #immigration