• »Deliveroo kürzt uns einfach das Gehalt« | DIGITAL PRESENT
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    Taxifahrer sind Härten gewohnt. Es geht noch schlimmer. Die Stadt füllt sich mit Menschen, deren beruflichte Tätigkeit sich am besten mit einem Filmtitel beschrieben läßt: Ein Mann, den sie Pferd nannten .

    Ihr Stundenlohn ist unsittlich niedrig, sie haben als Scheinselbstständige keine Arbeitnehmerrechte und sind so der Willkür ihrer Chefs ohnmächtig ausgeliefert. Jetzt beginnen sie sich zu organisieren.

    ... wie genau ist euer Arbeitsablauf organisiert?

    Ich suche mir meine Schichten auf einem Stundenplan im Internet selbst aus. Dort kann ich alle Zeiten wählen, zu denen noch Schichten frei sind. Die Schichten sind immer für die laufende Woche und die Woche darauf. Das heißt, ich kann eine Schicht nächste Woche übernehmen, oder morgen, oder sogar heute, wenn ich sehe, dass im Stundenplan eine frei ist, oder jemand tauschen will. Bei manchen Schichten gibt es 20 Fahrer, zum Beispiel in Mitte um die Mittagszeit oder am Wochenende in Neukölln. In Tiergarten oder Wilmersdorf hingegen gibt es nur einen, zwei, vielleicht drei Fahrer, weil da einfach nichts los ist. Es lohnt sich aber immer eher, in den Bezirken zu fahren, wo viel los ist.

    In der Schicht selbst bekommt ihr dann per App mitgeteilt, wohin ihr müsst?

    Praktisch läuft das so: Ich bekomme eine Mitteilung, wenn während meiner Schicht jemand in dem Bezirk etwas bestellt, inklusive Ortsangabe von dem Restaurant. Dort hole ich dann das Essen ab und bestätige das. Anschließend wird mir der Weg zu der Person angezeigt, die bestellt hat. Wenn ich abgeliefert habe, warte ich irgendwo, bis ich die nächste Bestellung bekomme.

    Wie viele Lieferungen machst du in einer Schicht?

    In einer guten Abendschicht hat man drei, vier Lieferungen pro Stunde, wobei sich das geändert hat in den letzten Wochen. Letzten Dienstag zum Beispiel, da hatte ich lediglich zwei Lieferungen in sechs Stunden.

    Wie werdet ihr für eure Arbeit bezahlt?

    Als Freelancer habe ich einen Basis-Stundenlohn, der bei 7,50 Euro liegt. Und dann bekomme ich je einen Euro zusätzlich je gefahrenem Auftrag. Im Gesamtschnitt bin ich bei weniger als 1,5 Aufträgen pro Stunde. Zusätzlich zum Lohn bekomme ich öfters auch mal Trinkgeld. Das hängt aber sehr davon ab, wo du fährst. In Neukölln zum Beispiel bekommt man viel, in Mitte auch. In anderen Bezirken bekommst du merkwürdigerweise viel weniger. Es ist oft auch so, dass du zu einem Büro fährst und die Lieferung am Eingang lässt. Dann geben sie dir gar kein Trinkgeld. Die könnten zwar auch direkt bei der Bestellung online schon Trinkgeld angeben. Aber wenn es mehrere Leute sind, die zusammenschmeißen, hat scheinbar derjenige, der für alle bestellt keinen Bock, für die anderen das Trinkgeld mit zu bezahlen. Das sind so Sachen, die man mit der Zeit merkt, die soziologischen Aspekte der Bestellung sozusagen.

    Auf wie viel kommst du also insgesamt?

    Wenn man alles zusammenrechnet, war ich bisher im Schnitt bei knapp unter 11 Euro die Stunde, inklusive Trinkgeld. Und inklusive der Wochenend-Bonus, der zwar nicht in meinem Vertrag steht, den ganzen Winter über aber den Fahrern bezahlt wurde. Das heißt, du musstest Freitag eine Abendschicht, Samstag eine Abendschicht und Sonntag eine Abendschicht übernehmen. Wenn du diese drei Nächte gefahren bist, bekamst du 50 Euro pro Wochenende extra. Oder 30 Euro, wenn du nur Sonntagabend und an einem der beiden anderen Abende gefahren bist. Dieser Bonus wurde uns nur mündlich versprochen und er stand auf der Powerpoint-Präsentation beim Onboarding. Vor zwei Wochen kam dann jedoch eine Mail, dass der Bonus künftig wegfällt, weil der Winter vorbei ist und es deswegen „an den Wochenenden nicht mehr so kritisch ist“. Nun sollen nur noch sonntagabends 2,50 Euro pro Stunde Bonus bezahlt werden. Das sind dann 10 bis 15 Euro pro Wochenende, also weitaus weniger.

    Du sagst, der Bonus war also inoffiziell. Wie konntet ihr ihn denn dann abrechnen?

    Das lief so, dass Deliveroo uns immer alle zwei Wochen eine Mail geschickt hat, in der stand, wie viele Stunden man genau eingeloggt war, wie viele Bestellungen wir abgeliefert haben und wie viel Online-Trinkgeld wir bekommen haben. Den Bonus haben sie dort nie hinein geschrieben. Das wäre für sie ein Problem geworden. Wir selbst haben ihn immer auf unsere Rechnungen aufgeschlagen. Es gab nie Probleme damit, ihn abzurechnen.

    Was bedeutet es für dich, wenn der Bonus wegfällt?

    Da ich das hauptberuflich mache, bedeutet das 100 bis 150 Euro weniger pro Monat. Das ist für mich ein Problem. Wenn man 1.400 bis 1.600 Euro im Monat bekommt, ist das ein ziemlich großer Teil. Als Freelancer muss ich ganz schön viel selbst bezahlen. Ich zahle 280 Euro im Monat für meine Krankenkasse. Ich habe 123 Euro für die Genossenschaft Verkehr ausgegeben. Das muss man als Kurierfahrer bezahlen, um sein Gewerbe anmelden zu können. Außerdem brauche ich 30 bis 60 Euro monatlich für Fahrradreparaturen. Dazu kommt das Smartphone. Um ohne Zeitverzögerungen navigieren zu können, braucht man zudem einen guten Anbieter. Achja, und die Kleidung. Hose, Jacke, Pullover, Rucksack, einen Handy-Ladeakku und eine Rennfahrer-Cap bekommen wir von Deliveroo gestellt, alles großflächig mit Deliveroo-Promo versehen. Tragen will das eigentlich keiner von uns. 130 Euro Kaution mussten wir trotzdem dafür hinterlegen. Eigentlich sollte ich auch eine Haftpflichtversicherung haben, habe ich aber nicht. Und wir sind die ganze Zeit im Straßenverkehr. Wenn mir etwas passiert, ist das alleine mein Problem. Viele Fahrer fahren sogar ohne Krankenversicherung. Das ist zwar nicht erlaubt, bleibt aber oft unbemerkt. Und nun wollen sie uns einfach das Gehalt kürzen! Nur weil der Winter vorbei ist.

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    LONDON, ENGLAND - DECEMBER 07: Co-Founder and CEO of @deliveroo William Shu during Hyperlocality in Europe during TechCrunch Disrupt London 2015 - Day 1 at Copper Box Arena on December 7, 2015 in London, England. (Photo by John Phillips/Getty Images for TechCrunch), license : https://creativecommons.org/licenses/by/2.0

    Ein Mann, den sie Pferd nannten
    https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_Mann,_den_sie_Pferd_nannten

    Der englische Aristokrat Lord John Morgan wird von Lakota-Sioux gefangengenommen. Zunächst wird er nur als niedriger Sklave wie ein Haustier behandelt und gehört Buffalo Cow Head, der Mutter des Häuptlings Yellow Hand. Die Indianer geben ihm den Namen „Pferd“. Batise, ein anderer Gefangener, bringt Morgan die Sprache und Sitten der Indianer bei. Er hatte versucht zu fliehen und ist deshalb von den Indianern verstümmelt worden. Jetzt ist er der „Hofnarr“ der Indianer. Auch Morgan versucht einmal zu fliehen, sieht dann aber seine einzige Chance in der Anpassung an die Sitten des Stammes. Im Lauf des Films identifiziert er sich dabei immer mehr mit den Indianern und beginnt ihre ihm zunächst „barbarisch“ vorkommenden Sitten zu verstehen. In Kämpfen mit einem anderen Stamm tötet er zwei Krieger, worauf er selber in den Krieger-Status aufsteigt. In einer schmerzhaften Einweihungszeremonie, dem Sonnentanz, wird er in den Stamm aufgenommen und heiratet die Schwester des Häuptlings, „Lockendes Reh“ (im Original: Running Deer). Durch angreifende Shoshone werden Häuptling Yellow Hand und die von Pferd schwangere Running Deer getötet. Nachdem Pferd den Angriff zurückschlagen konnte, nimmt er Buffalo Cow Head als Mutter an, um sie vor der Verbannung zu schützen. Nach ihrem Tod reist Pferd nach England zurück.

    #Berlin #Transport #Fahrradkuriere #Gewerkschaft #Ausbeutung