• @seenthis
      @arno @fil @rastapopoulos @colporteur @biggrizzly

      #seenthis-howto

      Ok donc le fil RSS permet de récupérer dans Thunderbird les 25 (environ) derniers messages étoilés. Mais comment récupérer plus, c’est à dire plus ancien ? Maintenant que c’est en place dans mon Thunderbird, je vais avoir archivé automatiquement tous les messages futurs. Mais pas ceux d’avant.

      Les commentaires futurs sont archivés aussi automatiquement, mais ailleurs dans Thunderbird : ils me sont envoyés par mail (option de configuration sur le frontend Web de seenthis).

      Pour le passé, j’ai l’impression que la seule option qui me reste est de faire passer un petit aspirateur de web bien configuré. Ce qui ne doit pas être bien compliqué. (La consultation pour cette partie ancienne ne sera donc pas dans Thunderbird mais dans un navigateur).

    • Déjà il y a une confusion dans l’interface : ce ne sont pas des flux RSS du tout, mais des flux Atom. Le but est sensiblement le même, mais ce n’est pas le même format XML du tout du tout.

      Dans le format Atom, il y a absolument tous les outils pour faire la pagination comme dans les pages web (25 suivants, 25 précédents, etc, ou même changer le pas de pagination). Mais… ce n’est pas implémenté actuellement, ça fait partie des manques. :(

      Pour le pas de pagination ça me parait chiant à faire en l’état car ya plein de trucs en dur dans le code à « 25 » en plusieurs endroits. Par contre à la racine de chaque flux Atom normalement on devrait être capable d’ajouter des balises indiquant les pages précédente et suivante (et le nombre de résultats total aussi). Mais bon ça reste pas implémenté quand même en l’état…

  • @seenthis #seenthis
    Love this platform!
    One feedback as newcomer, on the profile editing page, when uploading several attachments or an attachment more than 6MB I get an error. There’s an error that could be fixed with an adjustment of nginx.conf (increase max body size). “Nginx Error: Request Entity Too Large”. Even if the only result may be that the site will inform me that my images are too large. At least then users know to make their images smaller.

    Image:

    • @b_b yes, that’s a good idea. I would set nginx to:

      # set client body size to min 30M #
      client_max_body_size 30M;

      and PHP’s upload_max_filesize to 18M.
      Or whatever you think is adequate for filesize.

      It’s better to get a “file too large” error from the PHP layer than NGINX’s request entity too large.

      Files above 10MB could also be reduced and stored as JPG/WEBP on the sever instead of large image files. Some phones have insane resolutions nowadays.

      Btw I’m very happy about the latest addition to SPIP with image_oriente_selon_exif that was another issue when uploading phone images with exif rotations.

    • The question is should we let people use large image on profile (because it’s he only part of seenthis needing image upload).

      Btw I’m very happy about the latest addition to SPIP with image_oriente_selon_exif that was another issue when uploading phone images with exif rotations.

      This will not be available here since seenthis.net use an outdated version of #SPIP

  • Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, 1935-1939,(Dritte Fassung) – aus: Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser Hrsg. Walter Benjamin – Gesammelte Schriften Band I, Teil 2, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1980, S. 471–508,
    https://de.wikisource.org/wiki/Das_Kunstwerk_im_Zeitalter_seiner_technischen_Reproduzierbarkeit_(Dri

    Pourquoi ce texte ? La lisibilité sur #seenthis est meilleure que sur wikisource.

    Die Begründung der schönen Künste und die Einsetzung ihrer verschiedenen Typen geht auf eine Zeit zurück, die sich eingreifend von der unsrigen unterschied, und auf Menschen, deren Macht über die Dinge und die Verhältnisse verschwindend im Vergleich zu der unsrigen war. Der erstaunliche Zuwachs aber, den unsere Mittel in ihrer Anpassungsfähigkeit und ihrer Präzision erfahren haben, stellt uns in naher Zukunft die eingreifendsten Veränderungen in der antiken Industrie des Schönen in Aussicht. In allen Künsten[WS 1] gibt es einen physischen Teil, der nicht länger so betrachtet und so behandelt werden kann wie vordem; er kann sich nicht länger den Einwirkungen der modernen Wissenschaft und der modernen Praxis entziehen. Weder die Materie, noch der Raum, noch die Zeit sind seit zwanzig Jahren, was sie seit jeher gewesen sind. Man muß sich darauf gefaßt machen, daß so große Neuerungen die gesamte Technik der Künste verändern, dadurch die Invention selbst beeinflussen und schließlich vielleicht dazu gelangen werden, den Begriff der Kunst selbst auf die zauberhafteste Art zu verändern.

    Paul Valéry: Pièces sur l’art. Paris [o. J.], p. 103/104 (»La conquête de l’ubiquité«).

    Vorwort

    Als Marx die Analyse der kapitalistischen Produktionsweise unternahm, war diese Produktionsweise in den Anfängen. Marx richtete seine Unternehmungen so ein, daß sie prognostischen Wert bekamen. Er ging auf die Grundverhältnisse der kapitalistischen Produktion zurück und stellte sie so dar, daß sich aus ihnen ergab, was man künftighin dem Kapitalismus noch zutrauen könne. Es ergab sich, daß man ihm nicht nur eine zunehmend verschärfte Ausbeutung der Proletarier zutrauen könne, sondern schließlich auch die Herstellung von Bedingungen, die die Abschaffung seiner selbst möglich machen.

    Die Umwälzung des Überbaus, die viel langsamer als die des Unterbaus vor sich geht, hat mehr als ein halbes Jahrhundert gebraucht, um auf allen Kulturgebieten die Veränderung der Produktionsbedingungen zur Geltung zu bringen. In welcher Gestalt das geschah, läßt sich erst heute angeben. An diese Angaben sind gewisse prognostische Anforderungen zu stellen. Es entsprechen diesen Anforderungen aber weniger Thesen über die Kunst des Proletariats nach der Machtergreifung, geschweige die der klassenlosen Gesellschaft, als Thesen über die Entwicklungstendenzen der Kunst unter den gegenwärtigen Produktionsbedingungen. Deren Dialektik macht sich im Überbau nicht weniger bemerkbar als in der Ökonomie. Darum wäre es falsch, den Kampfwert solcher Thesen zu unterschätzen. Sie setzen eine Anzahl überkommener Begriffe – wie Schöpfertum und Genialität, Ewigkeitswert und Geheimnis – beiseite – Begriffe, deren unkontrollierte (und augenblicklich schwer kontrollierbare) Anwendung zur Verarbeitung des Tatsachenmaterials in faschistischem Sinn führt. Die im folgenden neu in die Kunsttheorie eingeführten Begriffe unterscheiden sich von geläufigeren dadurch, daß sie für die Zwecke des Faschismus vollkommen unbrauchbar sind. Dagegen sind sie zur Formulierung revolutionärer Forderungen in der Kunstpolitik brauchbar.
    I

    Das Kunstwerk ist grundsätzlich immer reproduzierbar gewesen. Was Menschen gemacht hatten, das konnte immer von Menschen nachgemacht werden. Solche Nachbildung wurde auch ausgeübt von Schülern zur Übung in der Kunst, von Meistern zur Verbreitung der Werke, endlich von gewinnlüsternen Dritten. Dem gegenüber ist die technische Reproduktion des Kunstwerkes etwas Neues, das sich in der Geschichte intermittierend, in weit auseinanderliegenden Schüben, aber mit wachsender Intensität durchsetzt. Die Griechen kannten nur zwei Verfahren technischer Reproduktion von Kunstwerken: den Guß und die Prägung. Bronzen, Terrakotten und Münzen waren die einzigen Kunstwerke, die von ihnen massenweise hergestellt werden konnten. Alle übrigen waren einmalig und technisch nicht zu reproduzieren. Mit dem Holzschnitt wurde zum ersten Male die Graphik technisch reproduzierbar; sie war es lange, ehe durch den Druck auch die Schrift es wurde. Die ungeheuren Veränderungen, die der Druck, die technische Reproduzierbarkeit der Schrift, in der Literatur hervorgerufen hat, sind bekannt. Von der Erscheinung, die hier in weltgeschichtlichem Maßstab betrachtet wird, sind sie aber nur ein, freilich besonders wichtiger Sonderfall. Zum Holzschnitt treten im Laufe des Mittelalters Kupferstich und Radierung, sowie im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts die Lithographie.

    Mit der Lithographie erreicht die Reproduktionstechnik eine grundsätzlich neue Stufe. Das sehr viel bündigere Verfahren, das die Auftragung der Zeichnung auf einen Stein von ihrer Kerbung in einen Holzblock oder ihrer Ätzung in eine Kupferplatte unterscheidet, gab der Graphik zum ersten Mal die Möglichkeit, ihre Erzeugnisse nicht allein massenweise (wie vordem) sondern in täglich neuen Gestaltungen auf den Markt zu bringen. Die Graphik wurde durch die Lithographie befähigt, den Alltag illustrativ zu begleiten. Sie begann, Schritt mit dem Druck zu halten. In diesem Beginnen wurde sie aber schon wenige Jahrzehnte nach der Erfindung des Steindrucks durch die Photographie überflügelt. Mit der Photographie war die Hand im Prozeß bildlicher Reproduktion zum ersten Mal von den wichtigsten künstlerischen Obliegenheiten entlastet, welche nunmehr dem ins Objektiv blickenden Auge allein zufielen. Da das Auge schneller erfaßt, als die Hand zeichnet, so wurde der Prozeß bildlicher Reproduktion so ungeheuer beschleunigt, daß er mit dem Sprechen Schritt halten konnte. Der Filmoperateur fixiert im Atelier kurbelnd die Bilder mit der gleichen Schnelligkeit, mit der der Darsteller spricht. Wenn in der Lithographie virtuell die illustrierte Zeitung verborgen war, so in der Photographie der Tonfilm. Die technische Reproduktion des Tons wurde am Ende des vorigen Jahrhunderts in Angriff genommen. Diese konvergierenden Bemühungen haben eine Situation absehbar gemacht, die Paul Valéry mit dem Satz kennzeichnet: »Wie Wasser, Gas und elektrischer Strom von weither auf einen fast unmerklichen Handgriff hin in unsere Wohnungen kommen, um uns zu bedienen, so werden wir mit Bildern oder mit Tonfolgen versehen werden, die sich, auf einen kleinen Griff, fast ein Zeichen einstellen und uns ebenso wieder verlassen«.[1] Um neunzehnhundert hatte die technische Reproduktion einen Standard erreicht, auf dem sie nicht nur die Gesamtheit der überkommenen Kunstwerke zu ihrem Objekt zu machen und deren Wirkung den tiefsten Veränderungen zu unterwerfen begann, sondern sich einen eigenen Platz unter den künstlerischen Verfahrungsweisen eroberte. Für das Studium dieses Standards ist nichts aufschlußreicher, als wie seine beiden verschiedenen Manifestationen – Reproduktion des Kunstwerks und Filmkunst – auf die Kunst in ihrer überkommenen Gestalt zurückwirken.

    II

    Noch bei der höchstvollendeten Reproduktion fällt eines aus: das Hier und Jetzt des Kunstwerks – sein einmaliges Dasein an dem Orte, an dem es sich befindet. An diesem einmaligen Dasein aber und an nichts sonst vollzog sich die Geschichte, der es im Laufe seines Bestehens unterworfen gewesen ist. Dahin rechnen sowohl die Veränderungen, die es im Laufe der Zeit in seiner physischen Struktur erlitten hat, wie die wechselnden Besitzverhältnisse, in die es eingetreten sein mag.[2] Die Spur der ersteren ist nur durch Analysen chemischer oder physikalischer Art zu fördern, die sich an der Reproduktion nicht vollziehen lassen; die der zweiten ist Gegenstand einer Tradition, deren Verfolgung von dem Standort des Originals ausgehen muß.

    Das Hier und Jetzt des Originals macht den Begriff seiner Echtheit aus. Analysen chemischer Art an der Patina einer Bronze können der Feststellung ihrer Echtheit förderlich sein; entsprechend kann der Nachweis, daß eine bestimmte Handschrift des Mittelalters aus einem Archiv des fünfzehnten Jahrhunderts stammt, der Feststellung ihrer Echtheit förderlich sein. Der gesamte Bereich der Echtheit entzieht sich der technischen – und natürlich nicht nur der technischen – Reproduzierbarkeit.[3] Während das Echte aber der manuellen Reproduktion gegenüber, die von ihm im Regelfalle als Fälschung abgestempelt wurde, seine volle Autorität bewahrt, ist das der technischen Reproduktion gegenüber nicht der Fall. Der Grund ist ein doppelter. Erstens erweist sich die technische Reproduktion dem Original gegenüber selbständiger als die manuelle. Sie kann, beispielsweise, in der Photographie Ansichten des Originals hervorheben, die nur der verstellbaren und ihren Blickpunkt willkürlich wählenden Linse, nicht aber dem menschlichen Auge zugänglich sind, oder mit Hilfe gewisser Verfahren wie der Vergrößerung oder der Zeitlupe Bilder festhalten, die sich der natürlichen Optik schlechtweg entziehen. Das ist das Erste. Sie kann zudem zweitens das Abbild des Originals in Situationen bringen, die dem Original selbst nicht erreichbar sind. Vor allem macht sie ihm möglich, dem Aufnehmenden entgegenzukommen, sei es in Gestalt der Photographie, sei es in der der Schallplatte. Die Kathedrale verläßt ihren Platz, um in dem Studio eines Kunstfreundes Aufnahme zu finden; das Chorwerk, das in einem Saal oder unter freiem Himmel exekutiert wurde, läßt sich in einem Zimmer vernehmen.

    Die Umstände, in die das Produkt der technischen Reproduktion des Kunstwerks gebracht werden kann, mögen im übrigen den Bestand des Kunstwerks unangetastet lassen – sie entwerten auf alle Fälle sein Hier und Jetzt. Wenn das auch keineswegs vom Kunstwerk allein gilt sondern entsprechend z. B. von einer Landschaft, die im Film am Beschauer vorbeizieht, so wird durch diesen Vorgang am Gegenstande der Kunst ein empfindlichster Kern berührt, den so verletzbar kein natürlicher hat. Das ist seine Echtheit. Die Echtheit einer Sache ist der Inbegriff alles von Ursprung her an ihr Tradierbaren, von ihrer materiellen Dauer bis zu ihrer geschichtlichen Zeugenschaft. Da die letztere auf der ersteren fundiert ist, so gerät in der Reproduktion, wo die erstere sich dem Menschen entzogen hat, auch die letztere: die geschichtliche Zeugenschaft der Sache ins Wanken. Freilich nur diese; was aber dergestalt ins Wanken gerät, das ist die Autorität der Sache.[4]

    Man kann, was hier ausfällt, im Begriff der Aura zusammenfassen und sagen: was im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks verkümmert, das ist seine Aura. Der Vorgang ist symptomatisch; seine Bedeutung weist über den Bereich der Kunst hinaus. Die Reproduktionstechnik, so ließe sich allgemein formulieren, löst das Reproduzierte aus dem Bereich der Tradition ab. Indem sie die Reproduktion vervielfältigt, setzt sie an die Stelle seines einmaligen Vorkommens sein massenweises. Und indem sie der Reproduktion erlaubt, dem Aufnehmenden in seiner jeweiligen Situation entgegenzukommen, aktualisiert sie das Reproduzierte. Diese beiden Prozesse führen zu einer gewaltigen Erschütterung des Tradierten – einer Erschütterung der Tradition, die die Kehrseite der gegenwärtigen Krise und Erneuerung der Menschheit ist. Sie stehen im engsten Zusammenhang mit den Massenbewegungen unserer Tage. Ihr machtvollster Agent ist der Film. Seine gesellschaftliche Bedeutung ist auch in ihrer positivsten Gestalt, und gerade in ihr, nicht ohne diese seine destruktive, seine kathartische Seite denkbar: die Liquidierung des Traditionswertes am Kulturerbe. Diese Erscheinung ist an den großen historischen Filmen am handgreiflichsten. Sie bezieht immer weitere Positionen in ihr Bereich ein. Und wenn Abel Gance 1927 enthusiastisch ausrief: »Shakespeare, Rembrandt, Beethoven werden filmen … Alle Legenden, alle Mythologien und alle Mythen, alle Religionsstifter, ja alle Religionen … warten auf ihre belichtete Auferstehung, und die Heroen drängen sich an den Pforten«[5] so hat er, ohne es wohl zu meinen, zu einer umfassenden Liquidation eingeladen.

    III

    Innerhalb großer geschichtlicher Zeiträume verändert sich mit der gesamten Daseinsweise der menschlichen Kollektiva auch die Art und Weise ihrer Sinneswahrnehmung. Die Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert – das Medium, in dem sie erfolgt – ist nicht nur natürlich sondern auch geschichtlich bedingt. Die Zeit der Völkerwanderung, in der die spätrömische Kunstindustrie und die Wiener Genesis entstanden, hatte nicht nur eine andere Kunst als die Antike sondern auch eine andere Wahrnehmung. Die Gelehrten der Wiener Schule, Riegl und Wickhoff, die sich gegen das Gewicht der klassischen Überlieferung stemmten, unter dem jene Kunst begraben gelegen hatte, sind als erste auf den Gedanken gekommen, aus ihr Schlüsse auf die Organisation der Wahrnehmung in der Zeit zu tun, in der sie in Geltung stand. So weittragend ihre Erkenntnisse waren, so hatten sie ihre Grenze darin, daß sich diese Forscher begnügten, die formale Signatur aufzuweisen, die der Wahrnehmung in der spätrömischen Zeit eigen war. Sie haben nicht versucht – und konnten vielleicht auch nicht hoffen –, die gesellschaftlichen Umwälzungen zu zeigen, die in diesen Veränderungen der Wahrnehmung ihren Ausdruck fanden. Für die Gegenwart liegen die Bedingungen einer entsprechenden Einsicht günstiger. Und wenn Veränderungen im Medium der Wahrnehmung, deren Zeitgenossen wir sind, sich als Verfall der Aura begreifen lassen, so kann man dessen gesellschaftliche Bedingungen aufzeigen.

    Es empfiehlt sich, den oben für geschichtliche Gegenstände vorgeschlagenen Begriff der Aura an dem Begriff einer Aura von natürlichen Gegenständen zu illustrieren. Diese letztere definieren wir als einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag. An einem Sommernachmittag ruhend einem Gebirgszug am Horizont oder einem Zweig folgen, der seinen Schatten auf den Ruhenden wirft – das heißt die Aura dieser Berge, dieses Zweiges atmen. An der Hand dieser Beschreibung ist es ein Leichtes, die gesellschaftliche Bedingtheit des gegenwärtigen Verfalls der Aura einzusehen. Er beruht auf zwei Umständen, die beide mit der zunehmenden Bedeutung der Massen im heutigen Leben zusammenhängen. Nämlich: Die Dinge sich räumlich und menschlich »näherzubringen« ist ein genau so leidenschaftliches Anliegen der gegenwärtigen Massen[6] wie es ihre Tendenz einer Überwindung des Einmaligen jeder Gegebenheit durch die Aufnahme von deren Reproduktion ist. Tagtäglich macht sich unabweisbarer das Bedürfnis geltend, des Gegenstands aus nächster Nähe im Bild, vielmehr im Abbild, in der Reproduktion, habhaft zu werden. Und unverkennbar unterscheidet sich die Reproduktion, wie illustrierte Zeitung und Wochenschau sie in Bereitschaft halten, vom Bilde. Einmaligkeit und Dauer sind in diesem so eng verschränkt wie Flüchtigkeit und Wiederholbarkeit in jener. Die Entschälung des Gegenstandes aus seiner Hülle, die Zertrümmerung der Aura, ist die Signatur einer Wahrnehmung, deren »Sinn für das Gleichartige in der Welt« so gewachsen ist, daß sie es mittels der Reproduktion auch dem Einmaligen abgewinnt. So bekundet sich im anschaulichen Bereich was sich im Bereich der Theorie als die zunehmende Bedeutung der Statistik bemerkbar macht. Die Ausrichtung der Realität auf die Massen und der Massen auf sie ist ein Vorgang von unbegrenzter Tragweite sowohl für das Denken wie für die Anschauung.

    IV

    Die Einzigkeit des Kunstwerks ist identisch mit seinem Eingebettetsein in den Zusammenhang der Tradition. Diese Tradition selber ist freilich etwas durchaus Lebendiges, etwas außerordentlich Wandelbares. Eine antike Venusstatue z. B. stand in einem anderen Traditionszusammenhange bei den Griechen, die sie zum Gegenstand des Kultus machten, als bei den mittelalterlichen Klerikern, die einen unheilvollen Abgott in ihr erblickten. Was aber beiden in gleicher Weise entgegentrat, war ihre Einzigkeit, mit einem anderen Wort: ihre Aura. Die ursprüngliche Art der Einbettung des Kunstwerks in den Traditionszusammenhang fand ihren Ausdruck im Kult. Die ältesten Kunstwerke sind, wie wir wissen, im Dienst eines Rituals entstanden, zuerst eines magischen, dann eines religiösen. Es ist nun von entscheidender Bedeutung, daß diese auratische Daseinsweise des Kunstwerks niemals durchaus von seiner Ritualfunktion sich löst.[7] Mit anderen Worten: Der einzigartige Wert des »echten« Kunstwerks hat seine Fundierung im Ritual, in dem es seinen originären und ersten Gebrauchswert hatte. Diese mag so vermittelt sein wie sie will, sie ist auch noch in den profansten Formen des Schönheitsdienstes als säkularisiertes Ritual erkennbar.[8] Der profane Schönheitsdienst, der sich mit der Renaissance herausbildet, um für drei Jahrhunderte in Geltung zu bleiben, läßt nach Ablauf dieser Frist bei der ersten schweren Erschütterung, von der er betroffen wurde, jene Fundamente deutlich erkennen. Als nämlich mit dem Aufkommen des ersten wirklich revolutionären Reproduktionsmittels, der Photographie (gleichzeitig mit dem Anbruch des Sozialismus) die Kunst das Nahen der Krise spürt, die nach weiteren hundert Jahren unverkennbar geworden ist, reagierte sie mit der Lehre vom l’art pour l’art, die eine Theologie der Kunst ist. Aus ihr ist dann weiterhin geradezu eine negative Theologie in Gestalt der Idee einer »reinen« Kunst hervorgegangen, die nicht nur jede soziale Funktion sondern auch jede Bestimmung durch einen gegenständlichen Vorwurf ablehnt. (In der Dichtung hat Mallarmé als erster diesen Standort erreicht.)

    Diese Zusammenhänge zu ihrem Recht kommen zu lassen, ist unerläßlich für eine Betrachtung, die es mit dem Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit zu tun hat. Denn sie bereiten die Erkenntnis, die hier entscheidend ist, vor: die technische Reproduzierbarkeit des Kunstwerks emanzipiert dieses zum ersten Mal in der Weltgeschichte von seinem parasitären Dasein am Ritual. Das reproduzierte Kunstwerk wird in immer steigendem Maße die Reproduktion eines auf Reproduzierbarkeit angelegten Kunstwerks.[9] Von der photographischen Platte z. B. ist eine Vielheit von Abzügen möglich; die Frage nach dem echten Abzug hat keinen Sinn. In dem Augenblick aber, da der Maßstab der Echtheit an der Kunstproduktion versagt, hat sich auch die gesamte soziale Funktion der Kunst umgewälzt. An die Stelle ihrer Fundierung aufs Ritual tritt ihre Fundierung auf eine andere Praxis: nämlich ihre Fundierung auf Politik.

    V

    Die Rezeption von Kunstwerken erfolgt mit verschiedenen Akzenten, unter denen sich zwei polare herausheben. Der eine dieser Akzente liegt auf dem Kultwert, der andere auf dem Ausstellungswert des Kunstwerkes.[10][11] Die künstlerische Produktion beginnt mit Gebilden, die im Dienste des Kults stehen. Von diesen Gebilden ist, wie man annehmen darf, wichtiger, daß sie vorhanden sind als daß sie gesehen werden. Das Elentier, das der Mensch der Steinzeit an den Wänden seiner Höhle abbildet, ist ein Zauberinstrument. Er stellt es zwar vor seinen Mitmenschen aus; vor allem aber ist es Geistern zugedacht. Der Kultwert als solcher scheint heute geradezu daraufhinzudrängen, das Kunstwerk im Verborgenen zu halten: gewisse Götterstatuen sind nur dem Priester in der cella zugänglich, gewisse Madonnenbilder bleiben fast das ganze Jahr über verhangen, gewisse Skulpturen an mittelalterlichen Domen sind für den Betrachter zu ebener Erde nicht sichtbar. Mit der Emanzipation der einzelnen Kunstübungen aus dem Schoße des Rituals wachsen die Gelegenheiten zur Ausstellung ihrer Produkte. Die Ausstellbarkeit einer Portraitbüste, die dahin und dorthin verschickt werden kann, ist größer als die einer Götterstatue, die ihren festen Ort im Innern des Tempels hat. Die Ausstellbarkeit des Tafelbildes ist größer als die des Mosaiks oder Freskos, die ihm vorangingen. Und wenn die Ausstellbarkeit einer Messe von Hause aus vielleicht nicht geringer war als die einer Symphonie, so entstand doch die Symphonie in dem Zeitpunkt, als ihre Ausstellbarkeit größer zu werden versprach als die der Messe.

    Mit den verschiedenen Methoden technischer Reproduktion des Kunstwerks ist dessen Ausstellbarkeit in so gewaltigem Maß gewachsen, daß die quantitative Verschiebung zwischen seinen beiden Polen ähnlich wie in der Urzeit in eine qualitative Veränderung seiner Natur umschlägt. Wie nämlich in der Urzeit das Kunstwerk durch das absolute Gewicht, das auf seinem Kultwert lag, in erster Linie zu einem Instrument der Magie wurde, das man als Kunstwerk gewissermaßen erst später erkannte, so wird heute das Kunstwerk durch das absolute Gewicht, das auf seinem Ausstellungswert liegt, zu einem Gebilde mit ganz neuen Funktionen, von denen die uns bewußte, die künstlerische, als diejenige sich abhebt, die man später als eine beiläufige erkennen mag.[12] So viel ist sicher, daß gegenwärtig die Photographie und weiter der Film die brauchbarsten Handhaben zu dieser Erkenntnis geben.
    VI

    In der Photographie beginnt der Ausstellungswert den Kultwert auf der ganzen Linie zurückzudrängen. Dieser weicht aber nicht widerstandslos. Er bezieht eine letzte Verschanzung, und die ist das Menschenantlitz. Keineswegs zufällig steht das Portrait im Mittelpunkt der frühen Photographie. Im Kult der Erinnerung an die fernen oder die abgestorbenen Lieben hat der Kultwert des Bildes die letzte Zuflucht. Im flüchtigen Ausdruck eines Menschengesichts winkt aus den frühen Photographien die Aura zum letzten Mal. Das ist es, was deren schwermutvolle und mit nichts zu vergleichende Schönheit ausmacht. Wo aber der Mensch aus der Photographie sich zurückzieht, da tritt erstmals der Ausstellungswert dem Kultwert überlegen entgegen. Diesem Vorgang seine Stätte gegeben zu haben, ist die unvergleichliche Bedeutung von Atget, der die Pariser Straßen um neunzehnhundert in menschenleeren Aspekten festhielt. Sehr mit Recht hat man von ihm gesagt, daß er sie aufnahm wie einen Tatort. Auch der Tatort ist menschenleer. Seine Aufnahme erfolgt der Indizien wegen. Die photographischen Aufnahmen beginnen bei Atget, Beweisstücke im historischen Prozeß zu werden. Das macht ihre verborgene politische Bedeutung aus. Sie fordern schon eine Rezeption in bestimmtem Sinne. Ihnen ist die freischwebende Kontemplation nicht mehr angemessen. Sie beunruhigen den Betrachter; er fühlt: zu ihnen muß er einen bestimmten Weg suchen. Wegweiser beginnen ihm gleichzeitig die illustrierten Zeitungen aufzustellen. Richtige oder falsche – gleichviel. In ihnen ist die Beschriftung zum ersten Mal obligat geworden. Und es ist klar, daß sie einen ganz anderen Charakter hat als der Titel eines Gemäldes. Die Direktiven, die der Betrachter von Bildern in der illustrierten Zeitschrift durch die Beschriftung erhält, werden bald darauf noch präziser und gebieterischer im Film, wo die Auffassung von jedem einzelnen Bild durch die Folge aller vorangegangenen vorgeschrieben erscheint.

    VII

    Der Streit, der im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts zwischen der Malerei und der Photographie um den Kunstwert ihrer Produkte durchgefochten wurde, wirkt heute abwegig und verworren. Das spricht aber nicht gegen seine Bedeutung, könnte sie vielmehr eher unterstreichen. In der Tat war dieser Streit der Ausdruck einer weltgeschichtlichen Umwälzung, die als solche keinem der beiden Partner bewußt war. Indem das Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit die Kunst von ihrem kultischen Fundament löste, erlosch auf immer der Schein ihrer Autonomie. Die Funktionsveränderung der Kunst aber, die damit gegeben war, fiel aus dem Blickfeld des Jahrhunderts heraus. Und auch dem zwanzigsten, das die Entwicklung des Films erlebte, entging sie lange.

    Hatte man vordem vielen vergeblichen Scharfsinn an die Entscheidung der Frage gewandt, ob die Photographie eine Kunst sei – ohne die Vorfrage sich gestellt zu haben: ob nicht durch die Erfindung der Photographie der Gesamtcharakter der Kunst sich verändert habe – so übernahmen die Filmtheoretiker bald die entsprechende voreilige Fragestellung. Aber die Schwierigkeiten, welche die Photographie der überkommenen Ästhetik bereitet hatte, waren ein Kinderspiel gegen die, mit denen der Film sie erwartete. Daher die blinde Gewaltsamkeit, die die Anfänge der Filmtheorie kennzeichnet. So vergleicht Abel Gance z. B. den Film mit den Hieroglyphen: »Da sind wir denn, infolge einer höchst merkwürdigen Rückkehr ins Dagewesene, wieder auf der Ausdrucksebene der Ägypter angelangt … Die Bildersprache ist noch nicht zur Reife gediehen, weil unsere Augen ihr noch nicht gewachsen sind. Noch gibt es nicht genug Achtung, nicht genug Kult für das was sich in ihr ausspricht.«[13] Oder Séverin-Mars schreibt: »Welcher Kunst war ein Traum beschieden, der … poetischer und realer zugleich gewesen wäre! Von solchem Standpunkt betrachtet würde der Film ein ganz unvergleichliches Ausdrucksmittel darstellen, und es dürften in seiner Atmosphäre sich nur Personen adligster Denkungsart in den vollendetsten und geheimnisvollsten Augenblicken ihrer Lebensbahn bewegen.«[14] Alexandre Arnoux seinerseits beschließt eine Phantasie über den stummen Film geradezu mit der Frage: »Sollten nicht all die gewagten Beschreibungen, deren wir uns hiermit bedient haben, auf die Definition des Gebets hinauslaufen?«[15] Es ist sehr lehrreich zu sehen, wie das Bestreben, den Film der »Kunst« zuzuschlagen, diese Theoretiker nötigt, mit einer Rücksichtslosigkeit ohnegleichen kultische Elemente in ihn hineinzuinterpretieren. Und doch waren zu der Zeit, da diese Spekulationen veröffentlicht wurden, schon Werke vorhanden wie »L’Opinion publique« und »La ruée vers l’or«. Das hindert Abel Gance nicht, den Vergleich mit den Hieroglyphen heranzuziehen, und Séverin-Mars spricht vom Film wie man von Bildern des Fra Angelico sprechen könnte. Kennzeichnend ist, daß auch heute noch besonders reaktionäre Autoren die Bedeutung des Films in der gleichen Richtung suchen und wenn nicht geradezu im Sakralen so doch im Übernatürlichen. Anläßlich der Reinhardtschen Verfilmung des Sommernachtstraums stellt Werfel fest, daß es unzweifelhaft die sterile Kopie der Außenwelt mit ihren Straßen, Intérieurs, Bahnhöfen, Restaurants, Autos und Strandplätzen sei, die bisher dem Aufschwung des Films in das Reich der Kunst im Wege gestanden hätte. »Der Film hat seinen wahren Sinn, seine wirklichen Möglichkeiten noch nicht erfaßt … Sie bestehen in seinem einzigartigen Vermögen, mit natürlichen Mitteln und mit unvergleichlicher Überzeugungskraft das Feenhafte, Wunderbare, Übernatürliche zum Ausdruck zu bringen.«[16]

    VIII

    Definitiv wird die Kunstleistung des Bühnenschauspielers dem Publikum durch diesen selbst in eigener Person präsentiert; dagegen wird die Kunstleistung des Filmdarstellers dem Publikum durch eine Apparatur präsentiert. Das letztere hat zweierlei zur Folge. Die Apparatur, die die Leistung des Filmdarstellers vor das Publikum bringt, ist nicht gehalten, diese Leistung als Totalität zu respektieren. Sie nimmt unter Führung des Kameramannes laufend zu dieser Leistung Stellung. Die Folge von Stellungnahmen, die der Cutter aus dem ihm abgelieferten Material komponiert, bildet den fertig montierten Film. Er umfaßt eine gewisse Anzahl von Bewegungsmomenten, die als solche der Kamera erkannt werden müssen – von Spezialeinstellungen wie Großaufnahmen zu schweigen. So wird die Leistung des Darstellers einer Reihe von optischen Tests unterworfen. Dies ist die erste Folge des Umstands, daß die Leistung des Filmdarstellers durch die Apparatur vorgeführt wird. Die zweite Folge beruht darauf, daß der Filmdarsteller, da er nicht selbst seine Leistung dem Publikum präsentiert, die dem Bühnenschauspieler vorbehaltene Möglichkeit einbüßt, die Leistung während der Darbietung dem Publikum anzupassen. Dieses kommt dadurch in die Haltung eines durch keinerlei persönlichen Kontakt mit dem Darsteller gestörten Begutachters. Das Publikum fühlt sich in den Darsteller nur ein, indem es sich in den Apparat einfühlt. Es übernimmt also dessen Haltung: es testet.[17] Das ist keine Haltung, der Kultwerte ausgesetzt werden können.

    IX

    Dem Film kommt es viel weniger darauf an, daß der Darsteller dem Publikum einen anderen, als daß er der Apparatur sich selbst darstellt. Einer der ersten, der diese Umänderung des Darstellers durch die Testleistung gespürt hat, ist Pirandello gewesen. Es beeinträchtigt die Bemerkungen, die er in seinem Roman »Es wird gefilmt« darüber macht, nur wenig, daß sie sich darauf beschränken, die negative Seite der Sache hervorzuheben. Noch weniger, daß sie an den stummen Film anschließen. Denn der Tonfilm hat an dieser Sache nichts Grundsätzliches geändert. Entscheidend bleibt, daß für eine Apparatur – oder, im Fall des Tonfilms, für zwei – gespielt wird. »Der Filmdarsteller«, schreibt Pirandello, »fühlt sich wie im Exil. Exiliert nicht nur von der Bühne, sondern von seiner eigenen Person. Mit einem dunklen Unbehagen spürt er die unerklärliche Leere, die dadurch entsteht, daß sein Körper zur Ausfallserscheinung wird, daß er sich verflüchtigt und seiner Realität, seines Lebens, seiner Stimme und der Geräusche, die er verursacht, indem er sich rührt, beraubt wird, um sich in ein stummes Bild zu verwandeln, das einen Augenblick auf der Leinwand zittert und sodann in der Stille verschwindet … Die kleine Apparatur wird mit seinem Schatten vor dem Publikum spielen; und er selbst muß sich begnügen, vor ihr zu spielen.«[18] Man kann den gleichen Tatbestand folgendermaßen kennzeichnen: zum ersten Mal – und das ist das Werk des Films – kommt der Mensch in die Lage, zwar mit seiner gesamten lebendigen Person aber unter Verzicht auf deren Aura wirken zu müssen. Denn die Aura ist an sein Hier und Jetzt gebunden. Es gibt kein Abbild von ihr. Die Aura, die auf der Bühne um Macbeth ist, kann von der nicht abgelöst werden, die für das lebendige Publikum um den Schauspieler ist, welcher ihn spielt. Das Eigentümliche der Aufnahme im Filmatelier aber besteht darin, daß sie an die Stelle des Publikums die Apparatur setzt. So muß die Aura, die um den Darstellenden ist, fortfallen – und damit zugleich die um den Dargestellten.

    Daß gerade ein Dramatiker, wie Pirandello, in der Charakteristik des Films unwillkürlich den Grund der Krise berührt, von der wir das Theater befallen sehen, ist nicht erstaunlich. Zu dem restlos von der technischen Reproduktion erfaßten, ja – wie der Film – aus ihr hervorgehenden Kunstwerk gibt es in der Tat keinen entschiedeneren Gegensatz als das der Schaubühne. Jede eingehendere Betrachtung bestätigt dies. Sachkundige Beobachter haben längst erkannt, daß in der Filmdarstellung »die größten Wirkungen fast immer erzielt werden, indem man so wenig wie möglich ›spielt‹ … Die letzte Entwicklung« sieht Arnheim 1932 darin, »den Schauspieler wie ein Requisit zu behandeln, das man charakteristisch auswählt und … an der richtigen Stelle einsetzt.«[19] Damit hängt aufs Engste etwas anderes zusammen. Der Schauspieler, der auf der Bühne agiert, versetzt sich in eine Rolle. Dem Filmdarsteller ist das sehr oft versagt. Seine Leistung ist durchaus keine einheitliche, sondern aus vielen einzelnen Leistungen zusammengestellt. Neben zufälligen Rücksichten auf: Ateliermiete, Verfügbarkeit von Partnern, Dekor usw., sind es elementare Notwendigkeiten der Maschinerie, die das Spiel des Darstellers in eine Reihe montierbarer Episoden zerfällen. Es handelt sich vor allem um die Beleuchtung, deren Installation die Darstellung eines Vorgangs, der auf der Leinwand als einheitlicher geschwinder Ablauf erscheint, in einer Reihe einzelner Aufnahmen zu bewältigen zwingt, die sich im Atelier unter Umständen über Stunden verteilen. Von handgreiflicheren Montagen zu schweigen. So kann ein Sprung aus dem Fenster im Atelier in Gestalt eines Sprungs vom Gerüst gedreht werden, die sich anschließende Flucht aber gegebenenfalls wochenlang später bei einer Außenaufnahme. Im übrigen ist es ein Leichtes, noch weit paradoxere Fälle zu konstruieren. Es kann, nach einem Klopfen gegen die Tür, vom Darsteller gefordert werden, daß er zusammenschrickt. Vielleicht ist dieses Zusammenfahren nicht wunschgemäß ausgefallen. Da kann der Regisseur zu der Auskunft greifen, gelegentlich, wenn der Darsteller wieder einmal im Atelier ist, ohne dessen Vorwissen in seinem Rücken einen Schuß abfeuern zu lassen. Das Erschrecken des Darstellers in diesem Augenblick kann aufgenommen und in den Film montiert werden. Nichts zeigt drastischer, daß die Kunst aus dem Reich des »schönen Scheins« entwichen ist, das solange als das einzige galt, in dem sie gedeihen könne.

    X

    Das Befremden des Darstellers vor der Apparatur, wie Pirandello es schildert, ist von Haus aus von der gleichen Art wie das Befremden des Menschen vor seiner Erscheinung im Spiegel. Nun aber ist das Spiegelbild von ihm ablösbar, es ist transportabel geworden. Und wohin wird es transportiert? Vor das Publikum.[20] Das Bewußtsein davon verläßt den Filmdarsteller nicht einen Augenblick. Der Filmdarsteller weiß, während er vor der Apparatur steht, hat er es in letzter Instanz mit dem Publikum zu tun: dem Publikum der Abnehmer, die den Markt bilden. Dieser Markt, auf den er sich nicht nur mit seiner Arbeitskraft, sondern mit Haut und Haaren, mit Herz und Nieren begibt, ist ihm im Augenblick seiner für ihn bestimmten Leistung ebensowenig greifbar, wie irgendeinem Artikel, der in einer Fabrik gemacht wird. Sollte dieser Umstand nicht seinen Anteil an der Beklemmung, der neuen Angst haben, die, nach Pirandello, den Darsteller vor der Apparatur befällt? Der Film antwortet auf das Einschrumpfen der Aura mit einem künstlichen Aufbau der »personality« außerhalb des Ateliers. Der vom Filmkapital geförderte Starkultus konserviert jenen Zauber der Persönlichkeit, der schon längst nur noch im fauligen Zauber ihres Warencharakters besteht. Solange das Filmkapital den Ton angibt, läßt sich dem heutigen Film im allgemeinen kein anderes revolutionäres Verdienst zuschreiben, als eine revolutionäre Kritik der überkommenen Vorstellungen von Kunst zu befördern. Wir bestreiten nicht, daß der heutige Film in besonderen Fällen darüber hinaus eine revolutionäre Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen, ja an der Eigentumsordnung befördern kann. Aber darauf liegt der Schwerpunkt der gegenwärtigen Untersuchung ebenso wenig wie der Schwerpunkt der westeuropäischen Filmproduktion darauf liegt.

    Es hängt mit der Technik des Films genau wie mit der des Sports zusammen, daß jeder den Leistungen, die sie ausstellen, als halber Fachmann beiwohnt. Man braucht nur einmal eine Gruppe von Zeitungsjungen, auf ihre Fahrräder gestützt, die Ergebnisse eines Radrennens diskutieren gehört zu haben, um sich das Verständnis dieses Tatbestandes zu eröffnen. Nicht umsonst veranstalten Zeitungsverleger Wettfahrten ihrer Zeitungsjungen. Diese erwecken großes Interesse unter den Teilnehmern. Denn der Sieger in diesen Veranstaltungen hat eine Chance, vom Zeitungsjungen zum Rennfahrer aufzusteigen. So gibt zum Beispiel die Wochenschau jedem eine Chance, vom Passanten zum Filmstatisten aufzusteigen. Er kann sich dergestalt unter Umständen sogar in ein Kunstwerk – man denke an Wertoffs »Drei Lieder um Lenin« oder Ivens’[WS 2] »Borinage« – versetzt sehen. Jeder heutige Mensch kann einen Anspruch vorbringen, gefilmt zu werden. Diesen Anspruch verdeutlicht am besten ein Blick auf die geschichtliche Situation des heutigen Schrifttums.

    Jahrhunderte lang lagen im Schrifttum die Dinge so, daß einer geringen Zahl von Schreibenden eine vieltausendfache Zahl von Lesenden gegenüberstand. Darin trat gegen Ende des vorigen Jahrhunderts ein Wandel ein. Mit der wachsenden Ausdehnung der Presse, die immer neue politische, religiöse, wissenschaftliche, berufliche, lokale Organe der Leserschaft zur Verfügung stellte, gerieten immer größere Teile der Leserschaft – zunächst fallweise – unter die Schreibenden. Es begann damit, daß die Tagespresse ihnen ihren »Briefkasten« eröffnete, und es liegt heute so, daß es kaum einen im Arbeitsprozeß stehenden Europäer gibt, der nicht grundsätzlich irgendwo Gelegenheit zur Publikation einer Arbeitserfahrung, einer Beschwerde, einer Reportage oder dergleichen finden könnte. Damit ist die Unterscheidung zwischen Autor und Publikum im Begriff, ihren grundsätzlichen Charakter zu verlieren. Sie wird eine funktionelle, von Fall zu Fall so oder anders verlaufende. Der Lesende ist jederzeit bereit, ein Schreibender zu werden. Als Sachverständiger, der er wohl oder übel in einem äußerst spezialisierten Arbeitsprozeß werden mußte – sei es auch nur als Sachverständiger einer geringen Verrichtung –, gewinnt er einen Zugang zur Autorschaft. In der Sovjetunion kommt die Arbeit selbst zu Wort. Und ihre Darstellung im Wort macht einen Teil des Könnens, das zu ihrer Ausübung erforderlich ist. Die literarische Befugnis wird nicht mehr in der spezialisierten, sondern in der polytechnischen Ausbildung begründet, und so Gemeingut.[21] Alles das läßt sich ohne weiteres auf den Film übertragen, wo Verschiebungen, die im Schrifttum Jahrhunderte in Anspruch genommen haben, sich im Laufe eines Jahrzehnts vollzogen. Denn in der Praxis des Films – vor allem der russischen – ist diese Verschiebung stellenweise bereits verwirklicht worden. Ein Teil der im russischen Film begegnenden Darsteller sind nicht Darsteller in unserem Sinn, sondern Leute, die sich – und zwar in erster Linie in ihrem Arbeitsprozeß – darstellen. In Westeuropa verbietet die kapitalistische Ausbeutung des Films dem legitimen Anspruch, den der heutige Mensch auf sein Reproduziertwerden hat, die Berücksichtigung. Unter diesen Umständen hat die Filmindustrie alles Interesse, die Anteilnahme der Massen durch illusionäre Vorstellungen und durch zweideutige Spekulationen zu stacheln.

    XI

    Eine Film- und besonders eine Tonfilmaufnahme bietet einen Anblick, wie er vorher nie und nirgends denkbar gewesen ist. Sie stellt einen Vorgang dar, dem kein einziger Standpunkt mehr zuzuordnen ist, von dem aus die zu dem Spielvorgang als solchen nicht zugehörige Aufnahmeapparatur, die Beleuchtungsmaschinerie, der Assistentenstab usw. nicht in das Blickfeld des Beschauers fiele. (Es sei denn, die Einstellung seiner Pupille stimme mit der des Aufnahmeapparats überein.) Dieser Umstand, er mehr als jeder andere, macht die etwa bestehenden Ähnlichkeiten zwischen einer Szene im Filmatelier und auf der Bühne zu oberflächlichen und belanglosen. Das Theater kennt prinzipiell die Stelle, von der aus das Geschehen nicht ohne weiteres als illusionär zu durchschauen ist. Der Aufnahmeszene im Film gegenüber gibt es diese Stelle nicht. Dessen illusionäre Natur ist eine Natur zweiten Grades; sie ist ein Ergebnis des Schnitts. Das heißt: Im Filmatelier ist die Apparatur derart tief in die Wirklichkeit eingedrungen, daß deren reiner, vom Fremdkörper der Apparatur freier Aspekt das Ergebnis einer besonderen Prozedur, nämlich der Aufnahme durch den eigens eingestellten photographischen Apparat und ihrer Montierung mit anderen Aufnahmen von der gleichen Art ist. Der apparatfreie Aspekt der Realität ist hier zu ihrem künstlichsten geworden und der Anblick der unmittelbaren Wirklichkeit zur blauen Blume im Land der Technik.

    Der gleiche Sachverhalt, der sich so gegen den des Theaters abhebt, läßt sich noch aufschlußreicher mit dem konfrontieren, der in der Malerei vorliegt. Hier haben wir die Frage zu stellen: wie verhält sich der Operateur zum Maler? Zu ihrer Beantwortung sei eine Hilfskonstruktion gestattet, die sich auf den Begriff des Operateurs stützt, welcher von der Chirurgie her geläufig ist. Der Chirurg stellt den einen Pol einer Ordnung dar, an deren anderm der Magier steht. Die Haltung des Magiers, der einen Kranken durch Auflegen der Hand heilt, ist verschieden von der des Chirurgen, der einen Eingriff in den Kranken vornimmt. Der Magier erhält die natürliche Distanz zwischen sich und dem Behandelten aufrecht; genauer gesagt: er vermindert sie – kraft seiner aufgelegten Hand – nur wenig und steigert sie – kraft seiner Autorität – sehr. Der Chirurg verfährt umgekehrt: er vermindert die Distanz zu dem Behandelten sehr – indem er in dessen Inneres dringt – und er vermehrt sie nur wenig – durch die Behutsamkeit, mit der seine Hand sich unter den Organen bewegt. Mit einem Wort: zum Unterschied vom Magier (der auch noch im praktischen Arzt steckt) verzichtet der Chirurg im entscheidenden Augenblick darauf, seinem Kranken von Mensch zu Mensch sich gegenüber zu stellen; er dringt vielmehr operativ in ihn ein. – Magier und Chirurg verhalten sich wie Maler und Kameramann. Der Maler beobachtet in seiner Arbeit eine natürliche Distanz zum Gegebenen, der Kameramann dagegen dringt tief ins Gewebe der Gegebenheit ein.[22] Die Bilder, die beide davontragen, sind ungeheuer verschieden. Das des Malers ist ein totales, das des Kameramanns ein vielfältig zerstückeltes, dessen Teile sich nach einem neuen Gesetze zusammen finden. So ist die filmische Darstellung der Realität für den heutigen Menschen darum die unvergleichlich bedeutungsvollere, weil sie den apparatfreien Aspekt der Wirklichkeit, den er vom Kunstwerk zu fordern berechtigt ist, gerade auf Grund ihrer intensivsten Durchdringung mit der Apparatur gewährt.

    XII

    Die technische Reproduzierbarkeit des Kunstwerks verändert das Verhältnis der Masse zur Kunst. Aus dem rückständigsten, z. B. einem Picasso gegenüber, schlägt es in das fortschrittlichste, z. B. angesichts eines Chaplin, um. Dabei ist das fortschrittliche Verhalten dadurch gekennzeichnet, daß die Lust am Schauen und am Erleben in ihm eine unmittelbare und innige Verbindung mit der Haltung des fachmännischen Beurteilers eingeht. Solche Verbindung ist ein wichtiges gesellschaftliches Indizium. Je mehr nämlich die gesellschaftliche Bedeutung einer Kunst sich vermindert, desto mehr fallen – wie das deutlich angesichts der Malerei sich erweist – die kritische und die genießende Haltung im Publikum auseinander. Das Konventionelle wird kritiklos genossen, das wirklich Neue kritisiert man mit Widerwillen. Im Kino fallen kritische und genießende Haltung des Publikums zusammen. Und zwar ist der entscheidende Umstand dabei: nirgends mehr als im Kino erweisen sich die Reaktionen der Einzelnen, deren Summe die massive Reaktion des Publikums ausmacht, von vornherein durch ihre unmittelbar bevorstehende Massierung bedingt. Und indem sie sich kundgeben, kontrollieren sie sich. Auch weiterhin bleibt der Vergleich mit der Malerei dienlich. Das Gemälde hatte stets ausgezeichneten Anspruch auf die Betrachtung durch Einen oder durch Wenige. Die simultane Betrachtung von Gemälden durch ein großes Publikum, wie sie im neunzehnten Jahrhundert aufkommt, ist ein frühes Symptom der Krise der Malerei, die keineswegs durch die Photographie allein, sondern relativ unabhängig von dieser durch den Anspruch des Kunstwerks auf die Masse ausgelöst wurde.

    Es liegt eben so, daß die Malerei nicht imstande ist, den Gegenstand einer simultanen Kollektivrezeption darzubieten, wie es von jeher für die Architektur, wie es einst für das Epos zutraf, wie es heute für den Film zutrifft. Und so wenig aus diesem Umstand von Haus aus Schlüsse auf die gesellschaftliche Rolle der Malerei zu ziehen sind, so fällt er doch in dem Augenblick als eine schwere Beeinträchtigung ins Gewicht, wo die Malerei durch besondere Umstände und gewissermaßen wider ihre Natur mit den Massen unmittelbar konfrontiert wird. In den Kirchen und Klöstern des Mittelalters und an den Fürstenhöfen bis gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts fand die Kollektivrezeption von Gemälden nicht simultan, sondern vielfach gestuft und hierarchisch vermittelt statt. Wenn das anders geworden ist, so kommt darin der besondere Konflikt zum Ausdruck, in welchen die Malerei durch die technische Reproduzierbarkeit des Bildes verstrickt worden ist. Aber ob man auch unternahm, sie in Galerien und in Salons vor die Massen zu führen, so gab es doch keinen Weg, auf welchem die Massen in solche Rezeption sich selbst hätten organisieren und kontrollieren können.[23] So muß eben dasselbe Publikum, das vor einem Groteskfilm fortschrittlich reagiert, vor dem Surrealismus zu einem rückständigen werden.

    XIII

    Seine Charakteristika hat der Film nicht nur in der Art, wie der Mensch sich der Aufnahmeapparatur, sondern wie er mit deren Hilfe die Umwelt sich darstellt. Ein Blick auf die Leistungspsychologie illustriert die Fähigkeit der Apparatur zu testen. Ein Blick auf die Psychoanalyse illustriert sie von anderer Seite. Der Film hat unsere Merkwelt in der Tat mit Methoden bereichert, die an denen der Freudschen Theorie illustriert werden können. Eine Fehlleistung im Gespräch ging vor fünfzig Jahren mehr oder minder unbemerkt vorüber. Daß sie mit einem Male eine Tiefenperspektive im Gespräch, das vorher vordergründig zu verlaufen schien, eröffnete, dürfte zu den Ausnahmen gezählt haben. Seit der »Psychopathologie des Alltagslebens« hat sich das geändert. Sie hat Dinge isoliert und zugleich analysierbar gemacht, die vordem unbemerkt im breiten Strom des Wahrgenommenen mitschwammen. Der Film hat in der ganzen Breite der optischen Merkwelt, und nun auch der akustischen, eine ähnliche Vertiefung der Apperzeption zur Folge gehabt. Es ist nur die Kehrseite dieses Sachverhalts, daß die Leistungen, die der Film vorführt, viel exakter und unter viel zahlreicheren Gesichtspunkten analysierbar sind, als die Leistungen, die auf dem Gemälde oder auf der Szene sich darstellen. Der Malerei gegenüber ist es die unvergleichlich genauere Angabe der Situation, die die größere Analysierbarkeit der im Film dargestellten Leistung ausmacht. Der Szene gegenüber ist die größere Analysierbarkeit der filmisch dargestellten Leistung durch eine höhere Isolierbarkeit bedingt. Dieser Umstand hat, und das macht seine Hauptbedeutung aus, die Tendenz, die gegenseitige Durchdringung von Kunst und Wissenschaft zu befördern. In der Tat läßt sich von einem innerhalb einer bestimmten Situation sauber – wie ein Muskel an einem Körper – herauspräparierten Verhalten kaum mehr angeben, wodurch es stärker fesselt: durch seinen artistischen Wert oder durch seine wissenschaftliche Verwertbarkeit. Es wird eine der revolutionären Funktionen des Films sein, die künstlerische und die wissenschaftliche Verwertung der Photographie, die vordem meist auseinander fielen, als identisch erkennbar zu machen.[24]

    Indem der Film durch Großaufnahmen aus ihrem Inventar, durch Betonung versteckter Details an den uns geläufigen Requisiten, durch Erforschung banaler Milieus unter der genialen Führung des Objektivs, auf der einen Seite die Einsicht in die Zwangsläufigkeiten vermehrt, von denen unser Dasein regiert wird, kommt er auf der anderen Seite dazu, eines ungeheuren und ungeahnten Spielraums uns zu versichern! Unsere Kneipen und Großstadtstraßen, unsere Büros und möblierten Zimmer, unsere Bahnhöfe und Fabriken schienen uns hoffnungslos einzuschließen. Da kam der Film und hat diese Kerkerwelt mit dem Dynamit der Zehntelsekunden gesprengt, so daß wir nun zwischen ihren weitverstreuten Trümmern gelassen abenteuerliche Reisen unternehmen. Unter der Großaufnahme dehnt sich der Raum, unter der Zeitlupe die Bewegung. Und so wenig es bei der Vergrößerung sich um eine bloße Verdeutlichung dessen handelt, was man »ohnehin« undeutlich sieht, sondern vielmehr völlig neue Strukturbildungen der Materie zum Vorschein kommen, so wenig bringt die Zeitlupe nur bekannte Bewegungsmotive zum Vorschein, sondern sie entdeckt in diesen bekannten ganz unbekannte, »die gar nicht als Verlangsamungen schneller Bewegungen sondern als eigentümlich gleitende, schwebende, überirdische wirken.«[25] So wird handgreiflich, daß es eine andere Natur ist, die zu der Kamera als die zum Auge spricht. Anders vor allem dadurch, daß an die Stelle eines vom Menschen mit Bewußtsein durchwirkten Raums ein unbewußt durchwirkter tritt. Ist es schon üblich, daß einer vom Gang der Leute, sei es auch nur im Groben, sich Rechenschaft ablegt, so weiß er bestimmt nichts von ihrer Haltung im Sekundenbruchteil des Ausschreitens. Ist uns schon im Groben der Griff geläufig, den wir nach dem Feuerzeug oder dem Löffel tun, so wissen wir doch kaum von dem, was sich zwischen Hand und Metall dabei eigentlich abspielt, geschweige wie das mit den verschiedenen Verfassungen schwankt, in denen wir uns befinden. Hier greift die Kamera mit ihren Hilfsmitteln, ihrem Stürzen und Steigen, ihrem Unterbrechen und Isolieren, ihrem Dehnen und Raffen des Ablaufs, ihrem Vergrößern und ihrem Verkleinern ein. Vom Optisch-Unbewußten erfahren wir erst durch sie, wie von dem Triebhaft-Unbewußten durch die Psychoanalyse.

    XIV

    Es ist von jeher eine der wichtigsten Aufgaben der Kunst gewesen, eine Nachfrage zu erzeugen, für deren volle Befriedigung die Stunde noch nicht gekommen ist.[26] Die Geschichte jeder Kunstform hat kritische Zeiten, in denen diese Form auf Effekte hindrängt, die sich zwanglos erst bei einem veränderten technischen Standard, d. h. in einer neuen Kunstform ergeben können. Die derart, zumal in den sogenannten Verfallszeiten, sich ergebenden Extravaganzen und Kruditäten der Kunst gehen in Wirklichkeit aus ihrem reichsten historischen Kräftezentrum hervor. Von solchen Barbarismen hat noch zuletzt der Dadaismus gestrotzt. Sein Impuls wird erst jetzt erkennbar: Der Dadaismus versuchte, die Effekte, die das Publikum heute im Film sucht, mit den Mitteln der Malerei (bzw. der Literatur) zu erzeugen.

    Jede von Grund auf neue, bahnbrechende Erzeugung von Nachfragen wird über ihr Ziel hinausschießen. Der Dadaismus tut das in dem Grade, daß er die Marktwerte, die dem Film in so hohem Maße eignen, zugunsten bedeutsamerer Intentionen – die ihm selbstverständlich in der hier beschriebenen Gestalt nicht bewußt sind – opfert. Auf die merkantile Verwertbarkeit ihrer Kunstwerke legten die Dadaisten viel weniger Gewicht als auf ihre Unverwertbarkeit als Gegenstände kontemplativer Versenkung. Diese Unverwertbarkeit suchten sie nicht zum wenigsten durch eine grundsätzliche Entwürdigung ihres Materials zu erreichen. Ihre Gedichte sind »Wortsalat«, sie enthalten obszöne Wendungen und allen nur vorstellbaren Abfall der Sprache. Nicht anders ihre Gemälde, denen sie Knöpfe oder Fahrscheine aufmontierten. Was sie mit solchen Mitteln erreichen, ist eine rücksichtslose Vernichtung der Aura ihrer Hervorbringung, denen sie mit den Mitteln der Produktion das Brandmal einer Reproduktion aufdrücken. Es ist unmöglich, vor einem Bild von Arp oder einem Gedicht August Stramms sich wie vor einem Bild Derains oder einem Gedicht von Rilke Zeit zur Sammlung und Stellungnahme zu lassen. Der Versenkung, die in der Entartung des Bürgertums eine Schule asozialen Verhaltens wurde, tritt die Ablenkung als eine Spielart sozialen Verhaltens gegenüber.[27] In der Tat gewährleisteten die dadaistischen Kundgebungen eine recht vehemente Ablenkung, indem sie das Kunstwerk zum Mittelpunkt eines Skandals machten. Es hatte vor allem einer Forderung Genüge zu leisten: öffentliches Ärgernis zu erregen.

    Aus einem lockenden Augenschein oder einem überredenden Klanggebilde wurde das Kunstwerk bei den Dadaisten zu einem Geschoß. Es stieß dem Betrachter zu. Es gewann eine taktile Qualität. Damit hat es die Nachfrage nach dem Film begünstigt, dessen ablenkendes Element ebenfalls in erster Linie ein taktiles ist, nämlich auf dem Wechsel der Schauplätze und Einstellungen beruht, welche stoßweise auf den Beschauer eindringen. Man vergleiche die Leinwand, auf der der Film abrollt, mit der Leinwand, auf der sich das Gemälde befindet. Das letztere lädt den Betrachter zur Kontemplation ein; vor ihm kann er sich seinem Assoziationsablauf überlassen. Vor der Filmaufnahme kann er das nicht. Kaum hat er sie ins Auge gefaßt, so hat sie sich schon verändert. Sie kann nicht fixiert werden. Duhamel, der den Film haßt und von seiner Bedeutung nichts, aber manches von seiner Struktur begriffen hat, verzeichnet diesen Umstand mit der Notiz: »Ich kann schon nicht mehr denken, was ich denken will. Die beweglichen Bilder haben sich an den Platz meiner Gedanken gesetzt.«[28] In der Tat wird der Assoziationsablauf dessen, der diese Bilder betrachtet, sofort durch ihre Veränderung unterbrochen. Darauf beruht die Chockwirkung des Films, die wie jede Chockwirkung durch gesteigerte Geistesgegenwart aufgefangen sein will.[29] Kraft seiner technischen Struktur hat der Film die physische Chockwirkung, welche der Dadaismus gleichsam in der moralischen noch verpackt hielt, aus dieser Emballage befreit.[30]

    XV

    Die Masse ist eine matrix, aus der gegenwärtig alles gewohnte Verhalten Kunstwerken gegenüber neugeboren hervorgeht. Die Quantität ist in Qualität umgeschlagen: Die sehr viel größeren Massen der Anteilnehmenden haben eine veränderte Art des Anteils hervorgebracht. Es darf den Betrachter nicht irre machen, daß dieser Anteil zunächst in verrufener Gestalt in Erscheinung tritt. Doch hat es nicht an solchen gefehlt, die sich mit Leidenschaft gerade an diese oberflächliche Seite der Sache gehalten haben. Unter diesen hat Duhamel sich am radikalsten geäußert. Was er dem Film vor allem verdenkt, ist die Art des Anteils, welchen er bei den Massen erweckt. Er nennt den Film »einen Zeitvertreib für Heloten, eine Zerstreuung für ungebildete, elende, abgearbeitete Kreaturen, die von ihren Sorgen verzehrt werden … ein Schauspiel, das keinerlei Konzentration verlangt, kein Denkvermögen voraussetzt …, kein Licht in den Herzen entzündet und keinerlei andere Hoffnung erweckt als die lächerliche, eines Tages in Los Angeles ›Star‹ zu werden.«[31] Man sieht, es ist im Grunde die alte Klage, daß die Massen Zerstreuung suchen, die Kunst aber vom Betrachter Sammlung verlangt. Das ist ein Gemeinplatz. Bleibt nur die Frage, ob er einen Standort für die Untersuchung des Films abgibt. – Hier heißt es, näher zusehen. Zerstreuung und Sammlung stehen in einem Gegensatz, der folgende Formulierung erlaubt: Der vor dem Kunstwerk sich Sammelnde versenkt sich darein; er geht in dieses Werk ein, wie die Legende es von einem chinesischen Maler beim Anblick seines vollendeten Bildes erzählt. Dagegen versenkt die zerstreute Masse ihrerseits das Kunstwerk in sich. Am sinnfälligsten die Bauten. Die Architektur bot von jeher den Prototyp eines Kunstwerks, dessen Rezeption in der Zerstreuung und durch das Kollektivum erfolgt. Die Gesetze ihrer Rezeption sind die lehrreichsten.

    Bauten begleiten die Menschheit seit ihrer Urgeschichte. Viele Kunstformen sind entstanden und sind vergangen. Die Tragödie entsteht mit den Griechen, um mit ihnen zu verlöschen und nach Jahrhunderten nur ihren »Regeln« nach wieder aufzuleben. Das Epos, dessen Ursprung in der Jugend der Völker liegt, erlischt in Europa mit dem Ausgang der Renaissance. Die Tafelmalerei ist eine Schöpfung des Mittelalters, und nichts gewährleistet ihr eine ununterbrochene Dauer. Das Bedürfnis des Menschen nach Unterkunft aber ist beständig. Die Baukunst hat niemals brach gelegen. Ihre Geschichte ist länger als die jeder anderen Kunst und ihre Wirkung sich zu vergegenwärtigen von Bedeutung für jeden Versuch, vom Verhältnis der Massen zum Kunstwerk sich Rechenschaft abzulegen. Bauten werden auf doppelte Art rezipiert: durch Gebrauch und durch Wahrnehmung. Oder besser gesagt: taktil und optisch. Es gibt von solcher Rezeption keinen Begriff, wenn man sie sich nach Art der gesammelten vorstellt, wie sie z. B. Reisenden vor berühmten Bauten geläufig ist. Es besteht nämlich auf der taktilen Seite keinerlei Gegenstück zu dem, was auf der optischen die Kontemplation ist. Die taktile Rezeption erfolgt nicht sowohl auf dem Wege der Aufmerksamkeit als auf dem der Gewohnheit. Der Architektur gegenüber bestimmt diese letztere weitgehend sogar die optische Rezeption. Auch sie findet von Hause aus viel weniger in einem gespannten Aufmerken als in einem beiläufigen Bemerken statt. Diese an der Architektur gebildete Rezeption hat aber unter gewissen Umständen kanonischen Wert. Denn: Die Aufgaben, welche in geschichtlichen Wendezeiten dem menschlichen Wahrnehmungsapparat gestellt werden, sind auf dem Wege der bloßen Optik, also der Kontemplation, gar nicht zu lösen. Sie werden allmählich nach Anleitung der taktilen Rezeption, durch Gewöhnung, bewältigt.

    Gewöhnen kann sich auch der Zerstreute. Mehr: gewisse Aufgaben in der Zerstreuung bewältigen zu können, erweist erst, daß sie zu lösen einem zur Gewohnheit geworden ist. Durch die Zerstreuung, wie die Kunst sie zu bieten hat, wird unter der Hand kontrolliert, wie weit neue Aufgaben der Apperzeption lösbar geworden sind. Da im übrigen für den Einzelnen die Versuchung besteht, sich solchen Aufgaben zu entziehen, so wird die Kunst deren schwerste und wichtigste da angreifen, wo sie Massen mobilisieren kann. Sie tut es gegenwärtig im Film. Die Rezeption in der Zerstreuung, die sich mit wachsendem Nachdruck auf allen Gebieten der Kunst bemerkbar macht und das Symptom von tiefgreifenden Veränderungen der Apperzeption ist, hat am Film ihr eigentliches Übungsinstrument. In seiner Chockwirkung kommt der Film dieser Rezeptionsform entgegen. Der Film drängt den Kultwert nicht nur dadurch zurück, daß er das Publikum in eine begutachtende Haltung bringt, sondern auch dadurch, daß die begutachtende Haltung im Kino Aufmerksamkeit nicht einschließt. Das Publikum ist ein Examinator, doch ein zerstreuter.

    Nachwort

    Die zunehmende Proletarisierung der heutigen Menschen und die zunehmende Formierung von Massen sind zwei Seiten eines und desselben Geschehens. Der Faschismus versucht, die neu entstandenen proletarisierten Massen zu organisieren, ohne die Eigentumsverhältnisse, auf deren Beseitigung sie hindrängen, anzutasten. Er sieht sein Heil darin, die Massen zu ihrem Ausdruck (beileibe nicht zu ihrem Recht) kommen zu lassen.[32] Die Massen haben ein Recht auf Veränderung der Eigentumsverhältnisse; der Faschismus sucht ihnen einen Ausdruck in deren Konservierung zu geben. Der Faschismus läuft folgerecht auf eine Ästhetisierung des politischen Lebens hinaus. Der Vergewaltigung der Massen, die er im Kult eines Führers zu Boden zwingt, entspricht die Vergewaltigung einer Apparatur, die er der Herstellung von Kultwerten dienstbar macht.

    Alle Bemühungen um die Ästhetisierung der Politik gipfeln in einem Punkt. Dieser eine Punkt ist der Krieg. Der Krieg, und nur der Krieg, macht es möglich, Massenbewegungen größten Maßstabs unter Wahrung der überkommenen Eigentumsverhältnisse ein Ziel zu geben. So formuliert sich der Tatbestand von der Politik her. Von der Technik her formuliert er sich folgendermaßen: Nur der Krieg macht es möglich, die sämtlichen technischen Mittel der Gegenwart unter Wahrung der Eigentumsverhältnisse zu mobilisieren. Es ist selbstverständlich, daß die Apotheose des Krieges durch den Faschismus sich nicht dieser Argumente bedient. Trotzdem ist ein Blick auf sie lehrreich. In Marinettis Manifest zum äthiopischen Kolonialkrieg heißt es: »Seit siebenundzwanzig Jahren erheben wir Futuristen uns dagegen, daß der Krieg als antiästhetisch bezeichnet wird … Demgemäß stellen wir fest: … Der Krieg ist schön, weil er dank der Gasmasken, der schreckenerregenden Megaphone, der Flammenwerfer und der kleinen Tanks die Herrschaft des Menschen über die unterjochte Maschine begründet. Der Krieg ist schön, weil er die erträumte Metallisierung des menschlichen Körpers inauguriert. Der Krieg ist schön, weil er eine blühende Wiese um die feurigen Orchideen der Mitrailleusen bereichert. Der Krieg ist schön, weil er das Gewehrfeuer, die Kanonaden, die Feuerpausen, die Parfums und Verwesungsgerüche zu einer Symphonie vereinigt. Der Krieg ist schön, weil er neue Architekturen, wie die der großen Tanks, der geometrischen Fliegergeschwader, der Rauchspiralen aus brennenden Dörfern und vieles andere schafft … Dichter und Künstler des Futurismus … erinnert Euch dieser Grundsätze einer Ästhetik des Krieges, damit Euer Ringen um eine neue Poesie und eine neue Plastik … von ihnen erleuchtet werde!«[33]

    Dieses Manifest hat den Vorzug der Deutlichkeit. Seine Fragestellung verdient von dem Dialektiker übernommen zu werden. Ihm stellt sich die Ästhetik des heutigen Krieges folgendermaßen dar: wird die natürliche Verwertung der Produktivkräfte durch die Eigentumsordnung hintangehalten, so drängt die Steigerung der technischen Behelfe, der Tempi, der Kraftquellen nach einer unnatürlichen. Sie findet sie im Kriege, der mit seinen Zerstörungen den Beweis dafür antritt, daß die Gesellschaft nicht reif genug war, sich die Technik zu ihrem Organ zu machen, daß die Technik nicht ausgebildet genug war, die gesellschaftlichen Elementarkräfte zu bewältigen. Der imperialistische Krieg ist in seinen grauenhaftesten Zügen bestimmt durch die Diskrepanz zwischen den gewaltigen Produktionsmitteln und ihrer unzulänglichen Verwertung im Produktionsprozeß (mit anderen Worten, durch die Arbeitslosigkeit und den Mangel an Absatzmärkten). Der imperialistische Krieg ist ein Aufstand der Technik, die am »Menschenmaterial« die Ansprüche eintreibt, denen die Gesellschaft ihr natürliches Material entzogen hat. Anstatt Flüsse zu kanalisieren, lenkt sie den Menschenstrom in das Bett ihrer Schützengräben, anstatt Saaten aus ihren Aeroplanen zu streuen, streut sie Brandbomben über die Städte hin, und im Gaskrieg hat sie ein Mittel gefunden, die Aura auf neue Art abzuschaffen.

    »Fiat ars – pereat mundus« sagt der Faschismus und erwartet die künstlerische Befriedigung der von der Technik veränderten Sinneswahrnehmung, wie Marinetti bekennt, vom Kriege. Das ist offenbar die Vollendung des l’art pour l’art. Die Menschheit, die einst bei Homer ein Schauobjekt für die Olympischen Götter war, ist es nun für sich selbst geworden. Ihre Selbstentfremdung hat jenen Grad erreicht, der sie ihre eigene Vernichtung als ästhetischen Genuß ersten Ranges erleben läßt. So steht es um die Ästhetisierung der Politik, welche der Faschismus betreibt. Der Kommunismus antwortet ihm mit der Politisierung der Kunst.
    Fußnoten

    Paul Valéry: Pièces sur l’art. Paris [o. J.], p. 105 (»La conquête de l’ubiquité«).
    Natürlich umfaßt die Geschichte des Kunstwerks noch mehr: die Geschichte der Mona Lisa z. B. Art und Zahl der Kopien, die im siebzehnten, achtzehnten, neunzehnten Jahrhundert von ihr gemacht worden sind.
    Gerade weil die Echtheit nicht reproduzierbar ist, hat das intensive Eindringen gewisser Reproduktionsverfahren – es waren technische – die Handhabe zur Differenzierung und Stufung der Echtheit gegeben. Solche Unterscheidungen auszubilden, war eine wichtige Funktion des Kunsthandels. Dieser hatte ein handgreifliches Interesse, verschiedene Abzüge von einem Holzstock, die vor und die nach der Schrift, von einer Kupferplatte und dergleichen auseinanderzuhalten. Mit der Erfindung des Holzschnitts, so darf man sagen, war die Echtheitsqualität an der Wurzel angegriffen, ehe sie noch ihre späte Blüte entfaltet hatte. »Echt« war ein mittelalterliches Madonnenbild ja zur Zeit seiner Anfertigung noch nicht; das wurde es im Laufe der nachfolgenden Jahrhunderte und am üppigsten vielleicht in dem vorigen.
    Die kümmerlichste Provinzaufführung des »Faust« hat vor einem Faustfilm jedenfalls dies voraus, daß sie in Idealkonkurrenz zur Weimarer Uraufführung steht. Und was an traditionellen Gehalten man vor der Rampe sich in Erinnerung rufen mag, ist vor der Filmleinwand unverwertbar geworden – daß in Mephisto Goethes Jugendfreund Johann Heinrich Merck steckt, und was dergleichen mehr ist.
    Abel Gance: Le temps de l’image est venu, in: L’art cinématographique II. Paris 1927, p. 94–96.
    Menschlich sich den Massen näherbringen zu lassen, kann bedeuten: seine gesellschaftliche Funktion aus dem Blickfeld räumen zu lassen. Nichts gewährleistet, daß ein heutiger Portraitist, wenn er einen berühmten Chirurgen am Frühstückstisch und im Kreise der Seinen malt, dessen gesellschaftliche Funktion genauer trifft als ein Maler des sechzehnten Jahrhunderts, der seine Ärzte repräsentativ, wie zum Beispiel Rembrandt in der »Anatomie«, dem Publikum darstellt.
    Die Definition der Aura als »einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag«, stellt nichts anderes dar als die Formulierung des Kultwerts des Kunstwerks in Kategorien der raum-zeitlichen Wahrnehmung. Ferne ist das Gegenteil von Nähe. Das wesentlich Ferne ist das Unnahbare. In der Tat ist Unnahbarkeit eine Hauptqualität des Kultbildes. Es bleibt seiner Natur nach »Ferne so nah es sein mag«. Die Nähe, die man seiner Materie abzugewinnen vermag, tut der Ferne nicht Abbruch, die es nach seiner Erscheinung bewahrt.
    In dem Maße, in dem der Kultwert des Bildes sich säkularisiert, werden die Vorstellungen vom Substrat seiner Einmaligkeit unbestimmter. Immer mehr wird die Einmaligkeit der im Kultbilde waltenden Erscheinung von der empirischen Einmaligkeit des Bildners oder seiner bildenden Leistung in der Vorstellung des Aufnehmenden verdrängt. Freilich niemals ganz ohne Rest; der Begriff der Echtheit hört niemals auf, über den der authentischen Zuschreibung hinauszutendieren. (Das zeigt sich besonders deutlich am Sammler, der immer etwas vom Fetischdiener behält und durch seinen Besitz des Kunstwerks an dessen kultischer Kraft Anteil hat.) Unbeschadet dessen bleibt die Funktion des Begriffs des Authentischen in der Kunstbetrachtung eindeutig: mit der Säkularisierung der Kunst tritt die Authentizität an die Stelle des Kultwerts.
    Bei den Filmwerken ist die technische Reproduzierbarkeit des Produkts nicht wie z. B. bei den Werken der Literatur oder der Malerei eine von außen her sich einfindende Bedingung ihrer massenweisen Verbreitung. Die technische Reproduzierbarkeit der Filmwerke ist unmittelbar in der Technik ihrer Produktion begründet. Diese ermöglicht nicht nur auf die unmittelbarste Art die massenweise Verbreitung der Filmwerke, sie erzwingt sie vielmehr geradezu. Sie erzwingt sie, weil die Produktion [482] eines Films so teuer ist, daß ein Einzelner, der z. B. ein Gemälde sich leisten könnte, sich den Film nicht mehr leisten kann. 1927 hat man errechnet, daß ein größerer Film, um sich zu rentieren, ein Publikum von neun Millionen erreichen müsse. Mit dem Tonfilm ist hier allerdings zunächst eine rückläufige Bewegung eingetreten; sein Publikum schränkte sich auf Sprachgrenzen ein, und das geschah gleichzeitig mit der Betonung nationaler Interessen durch den Faschismus. Wichtiger aber als diesen Rückschlag zu registrieren, der im übrigen durch die Synchronisierung abgeschwächt wurde, ist es, seinen Zusammenhang mit dem Faschismus ins Auge zu fassen. Die Gleichzeitigkeit beider Erscheinungen beruht auf der Wirtschaftskrise. Die gleichen Störungen, die im Großen gesehen zu dem Versuch geführt haben, die bestehenden Eigentumsverhältnisse mit offener Gewalt festzuhalten, haben das von der Krise bedrohte Filmkapital dazu geführt, die Vorarbeiten zum Tonfilm zu forcieren. Die Einführung des Tonfilms brachte sodann eine zeitweilige Erleichterung. Und zwar nicht nur, weil der Tonfilm von neuem die Massen ins Kino führte, sondern auch weil der Tonfilm neue Kapitalien aus der Elektrizitätsindustrie mit dem Filmkapital solidarisch machte. So hat er von außen betrachtet nationale Interessen gefördert, von innen betrachtet aber die Filmproduktion noch mehr internationalisiert als vordem.
    Diese Polarität kann in der Ästhetik des Idealismus, dessen Begriff der Schönheit sie im Grunde als eine ungeschiedene umschließt (demgemäß als eine geschiedene ausschließt) nicht zu ihrem Rechte gelangen. Immerhin meldet sie sich bei Hegel so deutlich an, wie dies in den Schranken des Idealismus denkbar ist. »Bilder«, so heißt es in den Vorlesungen zur Philosophie der Geschichte, »hatte man schon lange: die Frömmigkeit bedurfte ihrer schon früh für ihre Andacht, aber sie brauchte keine schönen Bilder, ja diese waren ihr sogar störend. Im schönen Bilde ist auch ein Äußerliches vorhanden, aber insofern es schön ist, spricht der Geist desselben den Menschen an; in jener Andacht aber ist das Verhältniß zu einem Dinge wesentlich, denn sie ist selbst nur ein geistloses Verdumpfen der Seele … Die schöne Kunst ist … in der Kirche selbst entstanden, … obgleich … die Kunst schon aus dem Principe der [483] Kirche herausgetreten ist.« (Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Vollständige Ausgabe durch einen Verein von Freunden des Verewigten. Bd. 9: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Hrsg. von Eduard Gans. Berlin 1837, p. 414.) Auch eine Stelle in den Vorlesungen über die Ästhetik weist darauf hin, daß Hegel hier ein Problem gespürt hat. »… wir sind«, so heißt es in diesen Vorlesungen, »darüber hinaus Werke der Kunst göttlich verehren und sie anbeten zu können, der Eindruck, den sie machen, ist besonnenerer Art, und was durch sie in uns erregt wird, bedarf noch eines höheren Prüfsteins«. (Hegel, l. c. Bd. 10: Vorlesungen über die Aesthetik. Hrsg. von H. G. Hotho. Bd. 1. Berlin 1835, p. 14.)
    [483] Der Übergang von der ersten Art der künstlerischen Rezeption zur zweiten bestimmt den geschichtlichen Verlauf der künstlerischen Rezeption überhaupt. Demungeachtet läßt sich ein gewisses Oszillieren zwischen jenen beiden polaren Rezeptionsarten prinzipiell für jedes einzelne Kunstwerk aufweisen. So zum Beispiel für die Sixtinische Madonna. Seit Hubert Grimmes Untersuchung weiß man, daß die Sixtinische Madonna ursprünglich für Ausstellungszwecke gemalt war. Grimme erhielt den Anstoß zu seinen Forschungen durch die Frage: Was soll die Holzleiste im Vordergrunde des Bildes, auf die sich die beiden Putten stützen? Wie konnte, so fragte Grimme weiter, ein Raffael dazu kommen, den Himmel mit einem Paar Portieren auszustatten? Die Untersuchung ergab, daß die Sixtinische Madonna anläßlich der öffentlichen Aufbahrung des Papstes Sixtus in Auftrag gegeben worden war. Die Aufbahrung der Päpste fand in einer bestimmten Seitenkapelle der Peterskirche statt. Auf dem Sarge ruhend war, im nischenartigen Hintergrunde dieser Kapelle, bei der feierlichen Aufbahrung Raffaels Bild angebracht worden. Was Raffael auf diesem Bilde darstellt ist, wie aus dem Hintergrunde der mit grünen Portieren abgegrenzten Nische die Madonna sich in Wolken dem päpstlichen Sarge nähert. Bei der Totenfeier für Sixtus fand ein hervorragender Ausstellungswert von Raffaels Bild seine Verwendung. Einige Zeit danach kam es auf den Hochaltar in der Klosterkirche der Schwarzen Mönche zu Piacenza. Der Grund dieses Exils liegt im römischen Ritual. Das römische Ritual untersagt, Bilder, die bei Bestattungsfeierlichkeiten ausgestellt worden sind, dem Kult auf dem Hochaltar zuzuführen. Raffaels Werk war durch diese Vorschrift in gewissen Grenzen entwertet. Um dennoch einen entsprechenden Preis dafür zu erzielen, entschloß sich die Kurie, ihre stillschweigende Duldung des Bilds auf dem Hochaltar in den Kauf zu geben. Um Aufsehen zu vermeiden, ließ man das Bild an die Bruderschaft der entlegenen Provinzstadt gehen.
    Analoge Überlegungen stellt, auf anderer Ebene, Brecht an: »Ist der Begriff Kunstwerk nicht mehr zu halten für das Ding, das entsteht, wenn ein Kunstwerk zur Ware verwandelt ist, dann müssen wir vorsichtig und behutsam, aber unerschrocken diesen Begriff weglassen, wenn wir nicht die Funktion dieses Dinges selber mitliquidieren wollen, denn durch diese Phase muß es hindurch, und zwar ohne Hintersinn, es ist kein unverbindlicher Abstecher vom rechten Weg, sondern was hier mit ihm geschieht, das wird es von Grund auf ändern, seine Vergangenheit auslöschen, so sehr, daß, wenn der alte Begriff wieder aufgenommen werden würde – und er wird es werden, warum nicht? – keine Erinnerung mehr an das Ding durch ihn ausgelöst werden wird, das er einst bezeichnete.« ([Bertolt] Brecht: Versuche 8–10. [Heft] 3. Berlin 1931, p. 301/302; »Der Dreigroschenprozess«.)
    Abel Gance, l. c. [S. 478], p. 100/101.
    cit. Abel Gance, l. c. [S. 478], p. 100.
    Alexandre Arnoux: Cinéma. Paris 1929, p. 28.
    Franz Werfel: Ein Sommernachtstraum. Ein Film von Shakespeare und Reinhardt. »Neues Wiener Journal«, cit. Lu, 15 novembre 1935.
    »Der Film … gibt (oder könnte geben): verwendbare Aufschlüsse über menschliche Handlungen im Detail … Jede Motivierung aus dem Charakter unterbleibt, das Innenleben der Personen gibt niemals die Hauptursache und ist selten das hauptsächliche Resultat der Handlung«. (Brecht, l. c. [S. 484], p. 268.) Die Erweiterung des Feldes des Testierbaren, die die Apparatur am Filmdarsteller zustandebringt, entspricht der außerordentlichen Erweiterung des Feldes des Testierbaren, die durch die ökonomischen Umstände für das Individuum eingetreten ist. So wächst die Bedeutung der Berufseignungsprüfungen dauernd. In der Berufseignungsprüfung kommt es auf Ausschnitte aus der Leistung des Individuums an. Filmaufnahme und Berufseignungsprüfung gehen vor einem Gremium von Fachleuten vor sich. Der Aufnahmeleiter im Filmatelier steht genau an der Stelle, an der bei der Eignungsprüfung der Versuchsleiter steht.
    Luigi Pirandello: On tourne, cit. Léon Pierre-Quint: Signification du cinéma, in: L’art cinématographique II, l. c. [S. 478], p. 14/15.
    Rudolf Arnheim: Film als Kunst. Berlin 1932, p. 176/177. – Gewisse scheinbar nebensächliche Einzelheiten, mit denen der Filmregisseur sich von den Praktiken der Bühne entfernt, gewinnen in diesem Zusammenhang ein erhöhtes Interesse. So der Versuch, den Darsteller ohne Schminke spielen zu lassen, wie unter anderen Dreyer ihn in der Jeanne d’Arc durchführt. Er verwendete Monate darauf, die einigen vierzig Darsteller ausfindig zu machen, aus denen das Ketzergericht sich zusammensetzt. Die Suche nach diesen Darstellern glich der nach schwer beschaffbaren Requisiten. Dreyer verwandte die größte Mühe darauf, Ähnlichkeiten des Alters, der Statur, der Physiognomie zu vermeiden. (cf. Maurice Schultz: Le maquillage, in: L’art cinématographique VI. Paris 1929, p. 65/66.) Wenn der Schauspieler zum Requisit wird, so fungiert auf der andern Seite das Requisit nicht selten als Schauspieler. Jedenfalls ist es nichts Ungewöhnliches, daß der Film in die Lage kommt, dem Requisit eine Rolle zu leihen. Anstatt beliebige Beispiele aus einer unendlichen Fülle herauszugreifen, halten wir uns an eines von besonderer Beweiskraft. Eine in Gang befindliche Uhr wird auf der Bühne immer nur störend wirken. Ihre Rolle, die Zeit zu messen, kann ihr auf der Bühne nicht eingeräumt werden. Die astronomische Zeit würde auch in einem naturalistischen Stück mit der szenischen kollidieren. Unter diesen Umständen ist es für den Film höchst bezeichnend, daß er bei Gelegenheit ohne weiteres eine Zeitmessung nach der Uhr verwerten kann. Hieran mag man deutlicher als an manchen anderen Zügen erkennen, wie unter Umständen jedes einzelne Requisit entscheidende Funktionen in ihm übernehmen kann. Von hier ist es nur ein Schritt bis zu Pudowkins Feststellung, daß »das Spiel des Darstellers, das mit einem Gegenstand verbunden und auf ihm aufgebaut ist, … stets eine der stärksten Methoden filmischer Gestaltung« ist. (W. Pudowkin: Filmregie und Filmmanuskript. [Bücher der Praxis, Bd. 5] Berlin 1928, p. 126.) So ist der Film das erste Kunstmittel, das in der Lage ist zu zeigen, wie die Materie dem Menschen mitspielt. Er kann daher ein hervorragendes Instrument materialistischer Darstellung sein.
    Die hier konstatierbare Veränderung der Ausstellungsweise durch die Reproduktionstechnik macht sich auch in der Politik bemerkbar. Die heutige Krise der bürgerlichen Demokratien schließt eine Krise der Bedingungen ein, die für die Ausstellung der Regierenden maßgebend sind. Die Demokratien stellen den Regierenden unmittelbar in eigener Person und zwar vor Repräsentanten aus. Das Parlament ist sein Publikum! Mit den Neuerungen der Aufnahmeapparatur, die es erlauben, den Redenden während der Rede unbegrenzt vielen vernehmbar und kurz darauf unbegrenzt vielen sichtbar zu machen, tritt die Ausstellung des politischen Menschen vor dieser Aufnahmeapparatur in den Vordergrund. Es veröden die Parlamente gleichzeitig mit den Theatern. Rundfunk und Film verändern nicht nur die Funktion des [492] professionellen Darstellers, sondern genau so die Funktion dessen, der, wie es die Regierenden tun, sich selber vor ihnen darstellt. Die Richtung dieser Veränderung ist, unbeschadet ihrer verschiedenen Spezialaufgaben, die gleiche beim Filmdarsteller und beim Regierenden. Sie erstrebt die Aufstellung prüfbarer, ja übernehmbarer Leistungen unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen. Das ergibt eine neue Auslese, eine Auslese vor der Apparatur, aus der der Star und der Diktator als Sieger hervorgehen.
    Der Privilegiencharakter der betreffenden Techniken geht verloren. Aldous Huxley schreibt: »Die technischen Fortschritte haben … zur Vulgarität geführt … die technische Reproduzierbarkeit und die Rotationspresse haben eine unabsehbare Vervielfältigung von Schriften und Bildern ermöglicht. Die allgemeine Schulbildung und die verhältnismäßig hohen Gehälter haben ein sehr großes Publikum geschaffen, das lesen kann und Lesestoff und Bildmaterial sich zu verschaffen vermag. Um diese [494] bereitzustellen, hat sich eine bedeutende Industrie etabliert. Nun aber ist künstlerische Begabung etwas sehr Seltenes; daraus folgt …, daß zu jeder Zeit und an allen Orten der überwiegende Teil der künstlerischen Produktion minderwertig gewesen ist. Heute aber ist der Prozentsatz des Abhubs in der künstlerischen Gesamtproduktion größer als er es je vorher gewesen ist … Wir stehen hier vor einem einfachen arithmetischen Sachverhalt. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts hat sich die Bevölkerung Westeuropas etwas über das Doppelte vermehrt. Der Lese- und Bildstoff aber ist, wie ich schätzen möchte, mindestens im Verhältnis von 1 zu 20, vielleicht aber auch zu 50 oder gar zu 100 gewachsen. Wenn eine Bevölkerung von x Millionen n künstlerische Talente hat, so wird eine Bevölkerung von 2x Millionen wahrscheinlich 2n künstlerische Talente haben. Nun läßt sich die Situation folgendermaßen zusammenfassen. Wenn vor 100 Jahren eine Druckseite mit Lese- und Bildstoff veröffentlicht wurde, so veröffentlicht man dafür heute zwanzig, wenn nicht hundert Seiten. Wenn andererseits vor hundert Jahren ein künstlerisches Talent existierte, so existieren heute an dessen Stelle zwei. Ich gebe zu, daß infolge der allgemeinen Schulbildung heute eine große Anzahl virtueller Talente, die ehemals nicht zur Entfaltung ihrer Gaben gekommen wären, produktiv werden können. Setzen wir also …, daß heute drei oder selbst vier künstlerische Talente auf ein künstlerisches Talent von ehedem kommen. Es bleibt nichtsdestoweniger unzweifelhaft, daß der Konsum von Lese- und Bildstoff die natürliche Produktion an begabten Schriftstellern und begabten Zeichnern weit überholt hat. Mit dem Hörstoff steht es nicht anders. Prosperität, Grammophon und Radio haben ein Publikum ins Leben gerufen, dessen Konsum an Hörstoffen außer allem Verhältnis zum Anwachsen der Bevölkerung und demgemäß zum normalen Zuwachs an talentierten Musikern steht. Es ergibt sich also, daß in allen Künsten, sowohl absolut wie verhältnismäßig gesprochen, die Produktion von Abhub größer ist als sie es früher war; und so muß es bleiben, so lange die Leute fortfahren so wie derzeit einen unverhältnismäßig großen Konsum an Lese-, Bild- und Hörstoff zu üben.« (Aldous Huxley: Croisière d’hiver. Voyage en Amérique Centrale (1933) [Traduction de Jules Castier]. Paris 1935, p. 273–275.) Diese Betrachtungsweise ist offenkundig nicht fortschrittlich.
    Die Kühnheiten des Kameramanns sind in der Tat denen des chirurgischen Operateurs vergleichbar. Luc Durtain führt in einem Verzeichnis spezifisch gestischer Kunststücke der Technik diejenigen auf, »die in der Chirurgie bei gewissen schwierigen Eingriffen erforderlich sind. Ich wähle als Beispiel einen Fall aus der Oto-Rhino-Laryngologie …; ich meine das sogenannte endonasale Perspektiv-Verfahren; oder ich weise auf die akrobatischen Kunststücke hin, die, durch das umgekehrte Bild im Kehlkopfspiegel geleitet, die Kehlkopfchirurgie auszuführen hat; ich könnte auch von der an die Präzisionsarbeit von Uhrmachern erinnernde Ohrenchirurgie sprechen. Welch reiche Stufenfolge subtilster Muskelakrobatik wird nicht von dem Mann gefordert, der den menschlichen Körper reparieren oder ihn retten will, man denke nur an die Staroperation, bei der es gleichsam eine Debatte des Stahls mit beinahe flüssigen Gewebeteilen gibt, oder an die bedeutungsvollen Eingriffe in die Weichgegend (Laparotomie).« (Luc Durtain: La technique et l’homme, in: Vendredi, 13 mars 1936, No. 19.)
    Diese Betrachtungsweise mag plump anmuten; aber wie der große Theoretiker Leonardo zeigt, können plumpe Betrachtungsweisen zu ihrer Zeit wohl herangezogen werden. Leonardo vergleicht die Malerei und die Musik mit folgenden Worten: »Die Malerei ist der Musik deswegen überlegen, weil sie nicht sterben muß, sobald sie ins Leben gerufen ist, wie das der Fall der unglücklichen Musik ist … Die Musik, die sich verflüchtigt, sobald sie entstanden ist, steht der Malerei nach, die mit dem Gebrauch des Firnis ewig geworden ist.« ([Leonardo da Vinci: Frammenti letterarii e filosofici] cit. Fernand Baldensperger: Le raffermissement des techniques dans la littérature occidentale de 1840, in: Revue de Littérature Comparée, XV/I, Paris 1935, p. 79 [Anm. 1].)
    Suchen wir zu dieser Situation eine Analogie, so eröffnet sich eine aufschlußreiche in der Renaissancemalerei. Auch da begegnen wir einer Kunst, deren unvergleichlicher Aufschwung und deren Bedeutung nicht zum wenigsten darauf beruht, daß sie eine Anzahl von neuen Wissenschaften oder doch von neuen Daten der Wissenschaft integriert. Sie beansprucht die Anatomie und die Perspektive, die Mathematik, die Meteorologie und die Farbenlehre. »Was ist uns entlegener«, schreibt Valéry, »als der befremdliche Anspruch eines Leonardo, dem die Malerei ein oberstes Ziel und eine höchste Demonstration der Erkenntnis war, so zwar, daß sie, seiner Überzeugung nach, Allwissenheit forderte und er selbst nicht vor einer theoretischen Analyse zurückschreckte, vor welcher wir Heutigen ihrer Tiefe und ihrer Präzision wegen fassungslos dastehen.« (Paul Valéry: Pièces sur l’art, l. c. [S. 475], p. 191, »Autour de Corot«.)
    Rudolf Arnheim, l. c. [S. 490], p. 138.
    »Das Kunstwerk«, sagt André Breton, »hat Wert nur insofern als es von Reflexen der Zukunft durchzittert wird.« In der Tat steht jede ausgebildete Kunstform im Schnittpunkt dreier Entwicklungslinien. Es arbeitet nämlich einmal die Technik auf eine bestimmte Kunstform hin. Ehe der Film auftrat, gab es Photobüchlein, deren [501] Bilder durch einen Daumendruck schnell am Beschauer vorüberflitzend, einen Boxkampf oder ein Tennismatch vorführten; es gab die Automaten in den Bazaren, deren Bilderablauf durch eine Drehung der Kurbel hervorgerufen wurde. – Es arbeiten zweitens die überkommenen Kunstformen in gewissen Stadien ihrer Entwicklung angestrengt auf Effekte hin, welche später zwanglos von der neuen Kunstform erzielt werden. Ehe der Film zur Geltung kam, suchten die Dadaisten durch ihre Veranstaltungen eine Bewegung ins Publikum zu bringen, die ein Chaplin dann auf natürlichere Weise hervorrief. – Es arbeiten drittens oft unscheinbare, gesellschaftliche Veränderungen auf eine Veränderung der Rezeption hin, die erst der neuen Kunstform zugute kommt. Ehe der Film sein Publikum zu bilden begonnen hatte, wurden im Kaiserpanorama Bilder (die bereits aufgehört hatten, unbeweglich zu sein) von einem versammelten Publikum rezipiert. Dieses Publikum befand sich vor einem Paravant, in dem Stereoskope angebracht waren, deren auf jeden Besucher eines kam. Vor diesen Stereoskopen erschienen automatisch einzelne Bilder, die kurz verharrten und dann anderen Platz machten. Mit ähnlichen Mitteln mußte noch Edison arbeiten, als er den ersten Filmstreifen (ehe man eine Filmleinwand und das Verfahren der Projektion kannte) einem kleinen Publikum vorführte, das in den Apparat hineinstarrte, in welchem die Bilderfolge abrollte. – Übrigens kommt in der Einrichtung des Kaiserpanoramas besonders klar eine Dialektik der Entwicklung zum Ausdruck. Kurz ehe der Film die Bildbetrachtung zu einer kollektiven macht, kommt vor den Stereoskopen dieser schnell veralteten Etablissements die Bildbetrachtung durch einen Einzelnen noch einmal mit derselben Schärfe zur Geltung wie einst in der Betrachtung des Götterbilds durch den Priester in der cella.
    Das theologische Urbild dieser Versenkung ist das Bewußtsein, allein mit seinem Gott zu sein. An diesem Bewußtsein ist in den großen Zeiten des Bürgertums die Freiheit erstarkt, die kirchliche Bevormundung abzuschütteln. In den Zeiten seines Niedergangs mußte das gleiche Bewußtsein der verborgenen Tendenz Rechnung tragen, diejenigen Kräfte, die der Einzelne im Umgang mit Gott ins Werk setzt, den Angelegenheiten des Gemeinwesens zu entziehen.
    Georges Duhamel: Scènes de la vie future. 2e éd., Paris 1930, p. 52.
    Der Film ist die der gesteigerten Lebensgefahr, der die Heutigen ins Auge zu sehen haben, entsprechende Kunstform. Das Bedürfnis, sich Chockwirkungen auszusetzen, ist eine Anpassung der Menschen an die sie bedrohenden Gefahren. Der Film entspricht tiefgreifenden Veränderungen des Apperzeptionsapparates – Veränderungen, wie sie im Maßstab der Privatexistenz jeder Passant im Großstadtverkehr, wie sie im geschichtlichen Maßstab jeder heutige Staatsbürger erlebt.
    Wie für den Dadaismus sind dem Film auch für den Kubismus und Futurismus wichtige Aufschlüsse abzugewinnen. Beide erscheinen als mangelhafte Versuche der Kunst, ihrerseits der Durchdringung der Wirklichkeit mit der Apparatur Rechnung zu tragen. Diese Schulen unternahmen ihren Versuch, zum Unterschied vom Film, nicht durch Verwertung der Apparatur für die künstlerische Darstellung der Realität, sondern durch eine Art von Legierung von dargestellter Wirklichkeit und dargestellter Apparatur. Dabei spielt die vorwiegende Rolle im Kubismus die Vorahnung von der Konstruktion dieser Apparatur, die auf der Optik beruht; im Futurismus die Vorahnung der Effekte dieser Apparatur, die im rapiden Ablauf des Filmbands zur Geltung kommen.
    Duhamel, l. c. [S. 503], p. 58.
    Hier ist, besonders mit Rücksicht auf die Wochenschau, deren propagandistische Bedeutung kaum überschätzt werden kann, ein technischer Umstand von Wichtigkeit. Der massenweisen Reproduktion kommt die Reproduktion von Massen besonders entgegen. In den großen Festaufzügen, den Monstreversammlungen, in den Massenveranstaltungen sportlicher Art und im Krieg, die heute sämtlich der Aufnahmeapparatur zugeführt werden, sieht die Masse sich selbst ins Gesicht. Dieser Vorgang, dessen Tragweite keiner Betonung bedarf, hängt aufs engste mit der Entwicklung der Reproduktions- bzw. Aufnahmetechnik zusammen. Massenbewegungen stellen sich im allgemeinen der Apparatur deutlicher dar als dem Blick. Kaders von Hunderttausenden lassen sich von der Vogelperspektive aus am besten erfassen. Und wenn diese Perspektive dem menschlichen Auge ebensowohl zugänglich ist wie der Apparatur, so ist doch an dem Bilde, das das Auge davonträgt, die Vergrößerung nicht möglich, welcher die Aufnahme unterzogen wird. Das heißt, daß Massenbewegungen, und so auch der Krieg, eine der Apparatur besonders entgegenkommende Form des menschlichen Verhaltens darstellen.
    cit. La Stampa Torino.

    #art #photographie #cinéma

  • @ tou·te·s

    Je dois déplacer la machine virtuelle de SeenThis vers un nouveau serveur. Ça doit durer entre une et deux heures. C’est un déplacement à froid, de ESX à Proxmox*. C’est à dire que la machine virtuelle est éteinte et indisponible pendant le déplacement.

    A votre avis, je fais ça quand ? Début de matinée le dimanche ? Début de matinée la semaine ? En milieu de journée ? En début de soirée ?

    Il faut que ce soit fait d’ici au 31/12.

    Ça va dépendre, aussi, de ma propre disponibilité, certes. Mais je me dis que peut-être qu’il y a moyen que vos suggestions m’aident à trouver un compromis.

    * Cette migration se passe mieux que je ne le pensais, Proxmox est supérieur par un certain nombre de points à ESX. Les nouvelles machines physiques OVH sont aussi très intéressantes, surtout du fait que le réseau est bien plus confortable, 25Gbps au lieu de 5Gbps, ça se ressent pour de vrai. Par contre, tout prend du retard, parce que Black Friday, et livraisons difficiles de la part d’OVH. Ici, on doit basculer 8 ESX vers leur équivalent Proxmox, on en est à 60% de réalisé.

  • Qualitätsoffensive : Telepolis überprüft historische Artikel
    https://www.telepolis.de/features/Qualitaetsoffensive-Telepolis-ueberprueft-historische-Artikel-10190173.htm

    Le jour de la Saint Nicolas en Allemagne tous les enfants sages ont droit à des cadeaux et les moins sage sot punis par son valet, le Père Fouettard. Voici que nous sommes tous des enfants punis par le Père Fouettard qui s’appelle désormais Harald Neuber, rédacteur en chef de Telepolis qui nous prive de tous les articles parus avant son époque.

    Dans une sorte d’énorme chilling effect sous prétexte du risque de Abmahnung les éditions Heise et la rédaction de Telepolis anticipent une ére nouvelle qui détruit les souvenirs et toute preuves du passé afin de nous introduire dans l’age des contre-vérité, du double langage et de la réalité farbriquée par les intelligeances dites artificielles mais manipulatrices et réalité.

    Honte à qui manque de culot pour défendre notre passé commun. Demain Der Spiegel et Neues Deutschland élimineront leurs archives aussi afin de nous soulager de comapaisons historiques douloureuses. Bienvenu dans le nouveau monde.

    6.7.2024 von Harald Neuber - Telepolis nimmt alte Texte unter die Lupe. Beiträge von vor 2021 vorerst nicht mehr abrufbar. Aber: Viele Archivperlen werden neu erscheinen.

    Telepolis nimmt alte Texte unter die Lupe. Beiträge von vor 2021 vorerst nicht mehr abrufbar. Aber: Viele Archivperlen werden neu erscheinen.

    Wer seit dieser Woche ältere Texte von Telepolis aufruft, erhält mitunter einen einheitlichen Hinweis: „Dieser Text wird von der Heise Medien GmbH & Co. KG nicht mehr zur Verfügung gestellt.“ Dort wird auch auf das redaktionelle Leitbild und die fortlaufenden Darstellungen der redaktionellen Arbeit verwiesen.

    Frei zugängig bleiben alle Beiträge seit Anfang 2021. Der Grund: Diese Texte werden von der aktuellen Chefredaktion verantwortet und entsprechen den journalistischen Ansprüchen, die wir im redaktionellen Leitbild im Jahr 2022 festgeschrieben haben.

    Kurz: Telepolis setzt auf Transparenz und Glaubwürdigkeit durch inhaltliche Korrektheit, gewissenhafte Recherche, Fehlerkorrektur, Kennzeichnung von Nachricht/Meinung und Werbung sowie Offenlegung von Eigentümerschaft, Finanzierung und möglichen Interessenkonflikten.

    Informationen über Autoren werden zur Verfügung gestellt. Für Telepolis sind Transparenz und Glaubwürdigkeit die Eckpfeiler einer verantwortungsvollen Berichterstattung. Wir achten verstärkt darauf, dass Gastautoren über ihre jeweiligen Fachgebiete schreiben.

    Diesen Weg werden wir mit alten und neuen Autoren konsequent weitergehen – mit Erfolg: In den vergangenen Jahren konnten wir das Redaktionsteam um kompetente Kollegen erweitern und erfahrene Kollegen für neue Projekte wie unseren Podcast gewinnen; die Kooperationen mit renommierten Medien im In- und Ausland wurden und werden ausgebaut. Das Bewertungsportal NewsGuard stuft unsere Arbeit mit der vollen Punktzahl als „sehr glaubwürdig“ ein: Telepolis erfülle alle Standards der Glaubwürdigkeit und Transparenz.

    Ältere Texte haben wir Anfang Dezember 2024 zunächst aus dem Archiv genommen, da wir für deren Qualität nicht pauschal garantieren können. Was uns sehr wichtig ist: Die Deindizierung ist keinesfalls ein Misstrauensvotum gegen frühere Autoren und damalige Beiträge heutiger Autoren. Wir mussten aber einsehen, dass es keine realistische Möglichkeit gibt, die enorme Menge von Artikeln aus gut 25 Jahren hinreichend zu prüfen.

    In einigen dieser alten Beiträge ließen sich mögliche Urheberrechtsverletzungen nicht ausschließen. Auch wenn der Umgang mit urheberrechtlich geschütztem Material in der Frühzeit des Internets lockerer war, sind Verlag und Redaktion unabhängig vom Alter dieses Contents auch heute noch von Abmahnungen bedroht. Zudem waren Bilder nie barrierefrei und damit nicht für alle Leser zugänglich. Das waren auch Gründe, das Archiv aus der Zeit vor 2021 zunächst offline zu nehmen.

    Wie geht es nun weiter? Wir werden die alten Inhalte systematisch und so schnell wie möglich sichten und – soweit sie noch einen Mehrwert bieten – nach unseren Qualitätskriterien bewerten und überarbeiten. Essays und Fachaufsätze haben dabei Vorrang, tagesaktuelle Texte aus der Vergangenheit nicht. Schrittweise sollen die vielen Perlen aus dem Archiv wieder zugänglich gemacht werden – wie bisher kostenlos und ohne Zugangsbeschränkung.

    Das hat aus unserer Sicht mehrere Vorteile: Die wiederveröffentlichten Artikel erscheinen prominenter auf der Seite, werden neuen Lesern vorgestellt und sind in aktualisierter Form leichter zu finden. In der fast 30-jährigen Geschichte von Telepolis haben viele herausragende Autoren zur Berichterstattung beigetragen.

    Neben dem bekannten Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem haben weitere Persönlichkeiten bei uns publiziert oder waren Gegenstand der Berichterstattung:

    Cory Doctorow, ein kanadisch-britischer Science-Fiction-Autor und Journalist, der für seine Beiträge zu digitalen Rechten und Internetfreiheit bekannt ist. Bruce Sterling, US-amerikanischer Science-Fiction-Autor, gilt als Mitbegründer der Cyberpunk-Bewegung. Jaron Lanier, Informatiker, Komponist und Autor, bekannt für seine kritische Haltung gegenüber sozialen Medien und seine Pionierarbeit im Bereich der virtuellen Realität. Evgeny Morozov, belarussischer Schriftsteller und Forscher, der sich intensiv mit den sozialen und politischen Auswirkungen von Technologie auseinandersetzt.

    Hinzu kommen Namen wie Mark Amerika, Autor; Douglas Rushkoff, Medientheoretiker und Autor; Michael Goldhaber, bekannt für Theorie der Aufmerksamkeitsökonomie; Martin Pawley, Architekturtheoretiker; Christoph Butterwegge, Armutsforscher; Christian Hacke, Politikwissenschaftler; Margot Käßmann, Theologin; Antje Vollmer, Politikerin.

    Diese und viele andere Autoren haben durch ihre Perspektiven zur Vielfalt und Einzigartigkeit der Berichterstattung von Telepolis beigetragen.

    Freuen Sie sich also darauf, diese Inhalte demnächst überarbeitet und in neuer Aufmachung bei Telepolis wiederzufinden.

    Wenn Sie Autor von Telepolis sind und Fragen haben, wenden Sie sich bitte an archivtp@heise.de.

    #histoire #WWW #journalisme #Allemagne #censure

  • D’après ChatGPT :

    Seenthis.net est une plateforme en ligne francophone qui fonctionne comme un réseau social pour partager et commenter des contenus. Conçu comme un outil simple et léger, Seenthis permet à ses utilisateurs de publier des messages courts contenant des liens, des citations, ou des réflexions personnelles. Il met l’accent sur la découverte et la diffusion d’informations, souvent en lien avec des thématiques sociales, politiques, économiques ou culturelles.

    Les particularités de Seenthis sont :

    Un format orienté texte et liens : Les messages (appelés « seens ») contiennent souvent des extraits d’articles ou des liens vers des ressources, accompagnés de réflexions ou d’analyses. C’est une plateforme idéale pour le partage d’idées ou de contenus issus de la veille.

    Une forte communauté militante et engagée : Les utilisateurs de Seenthis sont souvent intéressés par des questions de justice sociale, de géopolitique, d’économie critique, ou d’écologie. On y trouve des discussions approfondies sur des sujets d’actualité, souvent avec une perspective alternative ou anti-système.

    L’utilisation des mots-clés : Les hashtags (#) permettent de regrouper les contributions par thèmes, facilitant la navigation et la recherche autour de sujets spécifiques.

    Un design minimaliste et sans publicité : Contrairement aux réseaux sociaux commerciaux, Seenthis met l’accent sur le contenu et n’intègre pas de publicités ni d’algorithmes intrusifs.

    En résumé, Seenthis.net est une plateforme collaborative axée sur le partage d’idées et d’informations, où la discussion et l’échange se font dans une ambiance sobre et focalisée sur le contenu. C’est un outil précieux pour ceux qui s’intéressent à une approche critique de l’information et à la construction d’un réseau d’idées engagé.

    @seenthis

  • @seenthis Attention : le nom de domaine seen.li est pour l’instant dans les choux. Comme il était auparavant chez Gandi, je l’ai déménagé chez Infomaniak, mais du coup c’est cassé (je n’avais pas vu que le déménagement avait été très rapide, contrairement à un .com).

    Du coup je viens d’activer une redirection au niveau du DNS, mais je ne sais pas combien de temps ça va prendre, ni si ça va suffire (ou s’il faudra faire une configuration plus costaude).

    Donc : pour l’instant, faites les partages sur les réseaux sociaux à la main, les partages avec les petits boutons « Kui-kui » « Fessebouque » ne fonctionnent pas.

    [edit] La nouvelle configuration fonctionne. Il y aura peut-être un délai de quelques heures pour que les caches se mettent à jour partout.

  • n’est pas d’accord ! Intrinsèquement le problème n’est pas l’existence de « frontières » — après tout une frontière est la seule petite promesse (certes souvent illusoire) que les choses puissent différer selon de quel côté d’icelle on se situe ; le problème est justement la non-liberté laissée à chacun·e de choisir parmi tous ces petits territoires celui dans lequel iel souhaite se faire exploiter.

    Oui à une carte du monde pleine de pointillés, non à un monde où l’on est cantonné·e à vie derrière une ligne imaginaire — c’est valable pour la nationalité, pour le genre ou pour toute chose où l’on tente de faire passer pour essentiel ce qui n’est qu’existentiel.

    #MamieNicoleSÉnerveEncoreTouteSeuleSiÇaContinueElleVaFaireUneDescenteDOrganes.

  • WWW-Schöpfer Tim Berners-Lee will das Web den Konzernen entreißen
    https://www.heise.de/news/WWW-Schoepfer-Tim-Berners-Lee-will-das-Web-den-Konzernen-entreissen-4179127.ht
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    Solid est un projet libre remarquable sur base de node.js Je ne l’ai pas encore essayé, mais c’est prometteur, ume combinaison de #seenthis, #SPIP et #IPFS .

    Vous connaissez ?

    https://www.inrupt.com/solid

    1.10.2024 von Herbert Braun - Tim Berners-Lee wird Unternehmer und versucht, mit dem Open-Source-Dienst Solid das Web zu dezentralisieren.

    Tim Berners-Lee ist nicht glücklich mit dem, was aus seiner Erfindung – dem WWW – geworden ist, und sieht es an einem kritischen Punkt angekommen. „Das Web hat sich in einen Motor der Ungleichheit und Spaltung entwickelt“, schreibt Berners-Lee und kritisiert diese Entwicklung, hält aber eine Wende zum Besseren für möglich. Daher lässt er seine Aufgaben beim W3C und bei der MIT-Hochschule ruhen und hat mit Partnern das Unternehmen Inrupt gegründet.
    Den Nutzern die Kontrolle über ihre Daten zurückgeben

    Die von Inrupt entwickelte Plattform Solid, hervorgegangen aus einem MIT-Forschungsprojekt, will uns allen vollständige Kontrolle über unsere Daten geben. Das bedeutet: „die Wahl, wo die Daten gespeichert werden, welche Personen und Gruppen auf einzelne Elemente zugreifen können und welche Apps man benutzt“.
    WWW-Schöpfer will das Web den Konzernen entreißen

    Solid will Social-Media-Daten in einer Hand vereinen - in der des
    Nutzers.

    Ein Solid-POD ist ein „Personal Online Data Store“, also ein Daten-Safe, der auf ausgewählte Inhalte Lese- und Schreibrechte gewährt. Das umfasst die üblichen Social-Web-Funktionen wie Likes, Sharing, Kommentieren und die Einbindung in Social Feeds durch Dritt-Apps. Eingebaute Funktionen wie Adressbuch, Chat, Kalender, Dokumente, Links, Mehrbenutzer-Notizbuch und Online-Meeting ermöglichen Zusammenarbeit. Weitere Solid-Apps sind nach Angaben des Unternehmens in Vorbereitung; die Entwicklung steht jedem offen.

    Solids Server-Software ist natürlich Open Source und lässt sich auf eigener Hardware installieren oder als gehosteter Dienst verwenden. Um Solid auszuprobieren, kann man kostenlose PODs bei inrupt.net oder solid.community anlegen. Die Software basiert auf Node.js. (tiw)

    • Solid is a specification that lets people store their data securely in decentralized data stores called Pods. Pods are like secure personal web servers for your data.
      Entities control access to the data in their Pod. Entities decide what data to share and with whom (be those individuals, organizations, applications, etc.), and can revoke access at any time.
      To store and access data in a Pod, Solid-enabled applications use standard, open, and interoperable data formats and protocols.

      Page de présentation du projet : https://solidproject.org/about

  • The Rise of the AI Dark Web : Unfiltered Generative AI Threats
    https://shellypalmer.com/2024/09/the-rise-of-the-ai-dark-web-unfiltered-generative-ai-threats/?mc_cid=2c7fe9f08a

    Il semble qu’on soit toutes et tous condamnés à nous battre avec l’IA du type black hat . Je crois qu’il est mieux d’éviter le combat et de nous habituer à nous servir exclusivement d’outils qui nous éloignent le plus possible des points de mire des Usual Suspects . C’est possible sans consacrer sa vie entière à la cause avec des logiciels que nous développons nous-mêmes, les outils en mode texte et toute solution qui nous permet de rester entre nous sans nous isoler du monde. C’est l’occasion de prononcer un grand #merci à toutes et tous qui travaillent pour que #seenthis continue à exister.

    22.9.2024 by Shelly Palmer - While companies like OpenAI, Anthropic, Meta, and Google focus on responsible AI development, a darker side has emerged on underground networks. Unfiltered AI models are being deployed on the dark web, enabling dangerous applications including tools for cybercrime, the distribution of disinformation, and automated privacy violations. Let’s explore.
    Who’s Involved?

    Several malicious AI models have surfaced, with names like WormGPT, FraudGPT, and PoisonGPT leading the charge. These tools are advertised on dark web marketplaces and encrypted messaging platforms. The creators behind these models often have backgrounds in hacking and market them as unrestrained versions of popular tools like ChatGPT. Designed to serve bad actors, these AI models offer functions that include creating malware, phishing pages, and ransomware, to name a few. That said, even mainstream platforms like Hugging Face have been flagged for unintentionally hosting repositories of uncensored AI models.
    What’s Happening?

    Malicious generative AI models are engineered to bypass the ethical and safety filters of their mainstream counterparts. For example, FraudGPT provides an array of tools for cybercrime, including writing malicious code and crafting scam pages. These tools are sold via subscription, with prices ranging from $200 to $1,700 annually. The rise of platforms like UnfilteredAI, which promotes AI models for unrestricted use, is not intrinsically malicious but highlights how accessible unconstrained models have become.
    Newly Relevant

    While the development of AI models for nefarious purposes is not new, it has rapidly accelerated since 2022. The emergence of FraudGPT and similar models in mid-2023 marked a new wave of AI tools tailored explicitly for malicious use. The term “Deepfake” was coined in 2017, but the relatively recent explosion of manipulated images and short videos is empowered by the extreme pace of AI improvements. Research estimates suggest that more than 96 percent of Deepfakes are pornographic and non-consensual, though these statistics are difficult to verify.
    There Are Bad Guys. So What?

    It’s crucial to understand that while many struggle with the limitations of mainstream AI tools, a whole world of unconstrained AI exists. Your competition may already be leveraging these unrestricted tools. While I’m not advocating for the use of unfiltered models in the workplace, it’s important to recognize why some vendors can produce content that’s unattainable with licensed “safe for work” AI tools.

    Then, there’s the truly dark side – malicious AI models lower the barrier for criminals with minimal technical skills to launch sophisticated cyberattacks and scams. Deepfakes are being weaponized for blackmail and revenge porn. Despite these threats, regulation is lagging. While many governments have begun to criminalize the sharing of AI-generated deepfake images without consent, many parts of the world still lack comprehensive legal frameworks to address the rise of unfiltered AI models.
    What’s Next?

    Addressing these challenges will require a nuanced approach. First, we need to clearly identify and acknowledge the specific issues at hand. Then, we must decide how to balance innovation with regulation (the same issue we have with mainstream AI). Can any of this be regulated or controlled? If it can, who should be in charge? We’re already seeing some local, regional, and national governments pass laws that are not applicable outside their borders. This is unfortunate. We’re going to see this first hand as certain AI models (such as Meta’s upcoming multimodal AI platforms) will not be released in the EU due to their AI regulations.

    Sadly, this is a hot mess. But you can help. Start talking about it. Make this a topic of conversation. Adopt a personal point of view and make it known to others. Contact your elected officials and let them know how you’re thinking about this. It’s the only way we’re going to remain the architects of the future we want to live in.

  • In eigener Sache : taz verkündet „Seitenwende“
    https://taz.de/In-eigener-Sache/!6036349


    In Zukunft nur noch Vergangenheit – eine Montagsausgabe der taz im Briefkasten

    Le 17 octobre 2025 sera le jour de la dernière édition imprimée du journal TAZ. Vu que son contenu ne correspond plus depuis longtemps à sa raison d’être initale, cad faire connaître les événements dans le monde que la presse au mains de la classe capitaliste refuse de communiquer, il est plutôt étonnant qu’il existe encore aujourd’hui. Le blog collectif #Seenthis.net remplit très bien cette fonction sans comité de rédaction. A partir du 18.10.2025 on aura droit à une édition papier du dimanche. C’est un signe de réalisme dans une époque où on achète son poisson emballé sous plastique.

    Aujourd’hui même le papier de toilette n’a plus de raison d’être. On préfère la petite douche hygiénique à contrôle numérique. Journal de merde ou de qualité, c’est périmé avant impression et pollue après utilisation.

    14.9.2024 - Als erste überregionale Tageszeitung erscheint die taz ab Oktober 2025 werktags rein digital. Die wochentaz wird weiterhin gedruckt.

    Berlin taz | Nun ist es raus: Die letzte auf Papier gedruckte werktägliche Ausgabe der taz erscheint am 17.10.2025. Auf der Generalversammlung der taz Verlagsgenossenschaft im Berliner Festsaal Kreuzberg verkündete die Geschäftsführung der taz am Samstag den Zeitpunkt der sogenannten „Seitenwende“ für die seit 1979 täglich erscheinende Tageszeitung aus Berlin.

    Dem vorangegangen waren mindestens sechs Jahre seit dem großen Knall: 2018 verkündete der damalige taz-Geschäftsführer Kalle Ruch, dass der Journalismus der taz „im Netz“ weiterlebe und die geschichtsträchtige linke Zeitung daher eines Tages in der Woche rein digital und nur noch am Wochenende als Printzeitung erscheinen könnte. Andere Medien nahmen Ruch beim Wort, berichteten direkt im Anschluss, es könne „möglicherweise bald“ so kommen, dass die taz ihren werktäglichen Druck einstellt. Ein solches „Szenario“, wie der Geschäftsführer es nannte, gab es in der deutschen Medienbranche kein zweites Mal.

    Kein zweites Mal gibt es auch die Art und Weise, wie die taz sich nun zu diesem historischen Schritt durchgerungen hat. Freilich kann ein Schritt wie die „Seitenwende“ in einer genossenschaftlich organisierten Zeitung nicht einfach durchgesetzt werden. Daher ist es zum Ritual auf der jährlichen Genossenschaftsversammlung geworden, ausgiebig über das Für und Wider dieses Schritts zu diskutieren.

    So ernst wurde es aber noch nie: „Ich glaube, dass der Weg, die tägliche Zeitung ab 17. Oktober 2025 digital erscheinen zu lassen und nur noch die wochentaz zu drucken, der richtige Weg ist, um das Fortbestehen der taz zu sichern“, so lautete der Satz, über den knapp 800 Ge­nos­s*in­nen vor Ort und digital abstimmen durften. Das Ergebnis fiel bemerkenswert aus: rund 77 Prozent stimmten mit „Ja“, 13 Prozent mit „Nein“ und weitere 10 Prozent enthielten sich.
    „Ein Treppenwitz“

    Seitenwende?

    Was ist die Seitenwende und warum machen wir das? Unser Info-Portal liefert ihnen weitere Hintergründe, Einblicke und Ausblicke: taz.de/seitenwende

    Dass eine solch große Mehrheit zusammenkommen könnte, schien dabei zunächst alles andere als klar. Der Abstimmung unmittelbar vorangegangen war ein Redebeitrag des taz-Genossen Junge-Hülsing, der ausführlich begründete, warum er die „Seitenwende“ ablehnt: „Eigentlich sind einige von uns, vielleicht ich selbst, ein bisschen schizophren: Wir halten Genossenschaftsanteile, damit eine linke Tageszeitung gedruckt werden kann, und wir bezahlen hohe Abogebühren, damit wir sie auch kriegen. Aber das einzige Signal ist: Wann hört ihr endlich auf mit dem Zeitunglesen?“

    Junge-Hülsing meinte, es sei ein „Treppenwitz“, dass ausgerechnet die progressive taz nun mit „Alternativlosigkeit“ argumentiere. Letztlich rief er die Chefredaktion und Geschäftsführung dazu auf, eine neue Strategie vorzulegen, die sowohl das Fortbestehen der täglichen Printausgabe als auch die digitale Transformation mit einschließt.

    Es folgte eine Dreiviertelstunde Aussprache mit den Genoss*innen, von denen einige Junge-Hülsings Kritik zustimmten, viele aber mit Verve widersprachen: Es gebe durchaus eine Alternative zur Einstellung des werktäglichen Drucks, merkte eine Genossin an, und zwar: „in Schönheit zu sterben“. Es gelte aber zu bewahren „wofür die taz steht“, und das ginge nur, indem man „jetzt diesen Weg geht“, subsumierte sie unter Applaus.

    Eine zweite Abstimmung forderte von den Ge­nos­s*in­nen schon mehr als gute Stimmung. Weit hergeholt war es daher nicht, dass Vize-Chefredakteurin Katrin Gottschalk vom „Ja-Wort“ sprach, und sich anschließend fast im Freud’schen Sinne versprach, als sie die Formulierung „bis ans Ende unserer Tage“ andeutete. Aber auch auf die Frage, ob die Ge­nos­s*in­nen „in den nächsten zwei Jahren“ auch Abon­nen­t*in­nen bleiben wollen, antworteten 69 Prozent mit „Ja“.

    Ein Blatt wendet sich

    Folglich geht die taz ihren ungewöhnlichen Weg nun aus einer „Position der Stärke“ heraus, wie Geschäftsführerin Aline Lüllmann betonte. Damit erhält der größte Schritt im Prozess der digitalen Transformation der taz nach sechs Jahren Vorbereitungszeit nicht nur ein Datum, sondern auch breite Unterstützung seitens der Genossenschaft.

    Damit bekommt der größte Schritt im Prozess der digitalen Transformation der taz nach sechs Jahren Vorbereitungszeit ein Datum. Seit 2018 verfolgt die taz das strategische Ziel, den Rückgang im traditionellen Print-Abo-Geschäft zu kompensieren und dabei die Leser:innen-Reichweite zu steigern: Inzwischen ist die ehemalige Wochenend-Ausgabe zur Wochenzeitung „wochentaz“ ausgebaut – sie wird auch weiterhin immer samstags bundesweit gedruckt erscheinen.

    Die tägliche Zeitungsausgabe hat bereits ihre eigene App: Das ePaper in der taz-App wird auch nach der Einstellung des Drucks von Montag bis Freitag als abgeschlossenes Zeitungsprodukt erscheinen. Darüber hinaus wird auch die Website der taz weiter ausgebaut und Mitte Oktober 2024 einen umfangreichen Relaunch erfahren.
    Schritt in die Zukunft der taz

    „Wir sind glücklich und erleichtert, dass alle Zukunftsprodukte der taz jetzt so weit entwickelt und auch so erfolgreich sind, dass wir diesen wichtigen Schritt in die publizistische Zukunft der taz gehen können. Es war ein langer Weg bis hierhin und er ist weder uns noch der taz insgesamt leichtgefallen. Mit der Festlegung des Datums der letzten gedruckten werktäglichen Ausgabe haben wir nun eine wichtige Entscheidung getroffen, um die wirtschaftliche Zukunft der taz zu sichern“, erklären Aline Lüllmann und Andreas Marggraf, die beiden taz-GeschäftsführerInnen.

    Natürlich sei dieser Prozess für das konzernunabhängige Haus ein Kraftakt, sagen Lüllmann und Marggraf. Aber: „Mit Stolz können wir sagen, dass die wirtschaftlichen Kennzahlen, nach denen wir unsere Seitenwende orchestriert und jetzt auch terminiert haben, bereits erreicht haben oder absehbar erreichen werden. Die gesamte taz zieht mit, das wissen wir – und unsere LeserInnen und GenossInnen werden uns unterstützen, davon sind wir insbesondere nach den Reaktionen auf der heutigen Generalversammlung überzeugt.“
    Kräfte für noch mehr Journalismus

    Auch die taz-Chefredaktion ist zuversichtlich: „Wir wissen ja längst, dass taz-Journalismus auf allen Kanälen funktioniert – digital ebenso wie in print“, erklären die Chefredakteurinnen Barbara Junge und Ulrike Winkelmann. „Unsere Analysen, Kommentare und Recherchen, unsere Haltung und Ironie bleiben auf mindestens bekanntem Niveau. Die technischen Umbrüche können sogar Kräfte für noch mehr Journalismus freisetzen, damit die taz die wichtigste linke, progressive Stimme in der deutschen Medienlandschaft bleibt.“

    Vize-Chefredakteurin Katrin Gottschalk erklärte am Samstag in ihrer Rede vor der Genossenschaft: „Vor 46 Jahren endet das Editorial der ersten taz mit dem Ausruf: Die taz ist kein Papiertiger! Heute stimmt dies für uns in doppelter Hinsicht. Die taz bleibt relevant und geht als erste überregionale Zeitung diesen wichtigen Schritt in die Zukunft. Wir freuen uns darauf!“

    #Allemagne #presse

  • Olympia 2024: Wie woke-queere Ideologen den fairen Sport infrage stellen
    https://www.telepolis.de/features/Olympia-2024-Wie-woke-queere-Ideologen-den-fairen-Sport-infrage-stellen-98


    Imane Khelif im Boxring nach einem Kampf

    18.8.2024 von Marie-Luise Vollbrecht - Genderaktivisten und ihre Agenda: Hitzige Debatte um intersexuelle Athleten beim Boxen in Paris. Experten und Medien in Aufruhr. (Teil 1)

    Khelif in Paris, 2024. Bild: ProPhoto1234, Shutterstock.com

    Genderaktivisten und ihre Agenda: Hitzige Debatte um intersexuelle Athleten beim Boxen in Paris. Experten und Medien in Aufruhr. (Teil 1)

    Der erste ungleiche Kampf im Amateurboxen am 1. August 2024 zwischen dem Algerier Imane Khelif und der Italienerin Angela Carini in der Gewichtsklasse 66 Kilogramm dauert nur 46 Sekunden. Dann gibt Carini nach einem harten Schlag ins Gesicht, der ihr die Nase verletzt, unter Tränen auf. „Non è giusto“, entfährt es ihr: „Das ist nicht fair.“

    Jeder, der diesen Kampf vorbehaltlos verfolgt, weiß, dass sie recht hat. Hier schlägt ein Mann auf eine Frau ein, die, obwohl sie zur Weltbestenliste zählt, dem nichts entgegenzusetzen hat.

    Es scheint zunächst, als habe es die brutalen Schläge ins Gesicht einer Frau gebraucht, um der ganzen Welt die Konsequenzen der von queer-woken Aktivisten beschworenen angeblichen Vielgeschlechtlichkeit zu demonstrieren. Die deutsche Boxerin Regina Halmich fasst es treffend zusammen: „Lasst diesen Scheiß!“

    Bei der Olympiade in Paris 2024 treten zwei Boxer an, die im Vorjahr von der Internationalen Boxvereinigung (IBA) disqualifiziert wurden: der Algerier Imane Khelif und der Taiwanese Lin-Yu-Ting. Der Grund: Beide haben die Kriterien, welche die IBA an Boxerinnen stellt, nicht erfüllt – das Vorhandensein von zwei X-Chromosomen.

    Trotz der Kontroverse und der Gefahr, die von ihnen für Sportlerinnen ausgeht, lässt das IOC, das Internationale Olympische Komitee, beide dennoch zu, mit der Beteuerung, dass sie immer Frauen gewesen seien. Denn beim IOC zählt, dank jahrelanger Lobbyarbeit von Trans- und Genderaktivisten, ausschließlich der Eintrag „weiblich“ im Pass.

    Binäre Geschlechtlichkeit widerlegen

    Nach diesem ersten Kampf setzt offenbar die Ernüchterung bei den Verantwortlichen und all jenen ein, deren Ziel es war, die binäre Geschlechtlichkeit zu widerlegen. Die Behauptung, es handele sich um ganz normale Frauen, ist schwer aufrechtzuerhalten angesichts der deutlichen Gegenbeweise.

    Eine nahezu unisono geführte Medienkampagne startet, bei der tagelang biologische Fakten ignoriert, geleugnet oder zur Unkenntlichkeit „kontextualisiert“ werden – eine Erklärung absurder als die nächste. Dazu entbrennt im Netz eine polarisierte, erbittert geführte Debatte.

    Ich werde im Folgenden einige der häufigsten und haarsträubendsten Behauptungen, die ungeprüft von den Medien verbreitet wurden, erläutern.

    Ich möchte voranstellen, dass es keine biologisch detaillierte Erklärung benötigt, um zu erkennen, dass es sich bei Khelif um einen Mann handelt.

    Ich verwende den Ausdruck „Mann“ in diesem Kontext, weil eine Frau ein weiblicher erwachsener Mensch ist und Khelif weder weiblich noch biologisch eine Frau ist.
    Verbiegung der Sprache

    Unabhängig davon, wie er sein Leben gestaltet und wie er oder auch sie sich fühlt, ist die Verbiegung der Sprache eine Quelle der Verwirrung, die ich in diesem Text zu vermeiden versuche.

    Menschen ohne jede Kenntnis von Entwicklungsbiologie und Genetik sind in der Lage, unbewusst in Sekundenbruchteilen das Geschlecht ihres Gegenübers zu erkennen. Diese kategorische Wahrnehmung ist ein unbewusster kognitiver Prozess, bei dem Bewegung, Körperbau, Proportionen und Gesicht eines Menschen die Hinweisgeber sind, nach denen unser Gehirn diese Zuordnung vornimmt.

    „Das medizinische Ergebnis, die Blutuntersuchung, zeigt – und das Labor bestätigt – dass diese Boxer männlich sind“, erklärte Dr. Ioannis Filippatos auf einer Pressekonferenz der International Boxing Association (IBA).

    Man habe zwei Testreihen durchgeführt, die von unabhängigen Laboren ausgewertet wurden. Am 17. Mai 2022 wurden in Istanbul Blutproben von Imane Khelif und Lin-Yu-Ting analysiert, nachdem eine Reihe von Beschwerden von Trainern und Boxerinnen eingegangen war.

    Die Ergebnisse der Tests lagen am 24. Mai 2022 vor. Aufgrund der juristischen Implikationen wurde mit dem Einverständnis der beiden Betroffenen ein zweiter Test angeordnet, der im Rahmen der IBA Women’s World Boxing Championship 2023 in Neu-Delhi durchgeführt wurde.

    Der Laborbericht vom 17. März 2023 lag am 23. März 2023 vor und zeigte identische Ergebnisse wie die vorherigen Tests: genetisch männlich, was bedeutet, dass bei beiden XY-Chromosomen gefunden wurden. Entrüstete BBC-Journalisten verlassen daraufhin vor Ende der Konferenz den Saal.
    Angriff auf „wirre Aussagen“

    In einem Artikel im Stern werden seine Erklärungsversuche als „wirre Aussagen“ delegitimiert, und provokant wird gefragt, warum die Expertise in diesem Fall wichtig sein soll; dies „erschließt sich nicht“.

    Einem renommierten Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe abzusprechen, Expertise im Bereich weiblicher Anatomie zu haben, ist das eine, doch sein Fachgebiet erstreckt sich außerdem auch auf die Reproduktionsmedizin, wobei er zusätzlich im Genetic Laboratory Board seiner Klinik sitzt und sich somit mit aktuellen Entwicklungen und Fragen der genetischen Diagnostik beschäftigt.

    Er hätte den Journalisten im „Stern“ auch vermutlich detailliert erklären können, warum die in einem weiteren Artikel aufgestellte Behauptung, dass ungefähr 40 Prozent der über 70-jährigen Männer ihr Y-Chromosom verlieren, in den Bereich der Science-Fiction falle.

    Dieser Nachweis der XY-Chromosomen stellt Journalisten und Aktivisten, die weiterhin auf der „Weiblichkeit“ der beiden Boxer bestehen, vor ein Problem, und so wird zunächst die Validität der Tests an sich angezweifelt. Schnell heißt es, die IBA sei der verlängerte Arm Putins, der es darauf abgesehen habe, die Olympischen Spiele zu sabotieren – angeblich aus Rache, weil Imane Khelif einst ein russisches Nachwuchstalent geschlagen habe.

    Der „Standard“ schreibt von einer „russisch provozierten Olympia-Aufregung“ und einer „russischen Attacke“. Die BBC delegitimiert die IBA schon allein aufgrund des Fakts, dass die IBA – anders als das IOC – weiterhin russischen Sportlern die Teilnahme erlaubt.

    Der Stern lässt verlauten, der „russisch-dominierte Verband“ sei „umstritten“. So wird das IOC, das russische Sportler ausschließt, trotz aller Skandale und Korruptionsvorwürfe der Vergangenheit automatisch zu den „Guten“ und die IBA zum „Boxverband des Bösen“ (Stern).

    Waren es „Zionisten“?

    Das algerische Olympiateam wittert eine orchestrierte zionistische Verschwörung, um einem arabischen Mädchen zu schaden und anti-arabischen Rassismus zu verbreiten. Es mutet seltsam an, dass so viele Medien eher eine derartige Verschwörungstheorie bemühen und so viele Menschen sich zwingen, daran zu glauben, als ihren eigenen Sinnen zu vertrauen und der Realität wortwörtlich ins Auge zu blicken.

    Bis heute wird das Ergebnis der genetischen Tests angezweifelt oder verleugnet, obwohl der renommierte Sportjournalist Alan Abrahamson, früheres Mitglied des IOC-Pressekomitees und Spezialist für olympischen Sport, bestätigte, die Testergebnisse gesehen zu haben.

    IBA darf Ergebnisse nicht veröffentlichen

    Die IBA kann den „Beweis“, also die Testergebnisse, nicht veröffentlichen, da es sich um medizinisch sensible Daten handelt, die nur mit Zustimmung der Betroffenen veröffentlicht werden dürfen. Beide männlichen Boxer schweigen dazu; keiner von beiden bietet an, den Test zu wiederholen, um alle Vorwürfe auszuräumen.

    Die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Boxern sind unübersehbar. Auf internationalem Niveau liegt der durchschnittliche Körperfettanteil von männlichen Boxern bei zwölf Prozent, bei Boxerinnen bei 14 bis 26 Prozent.

    Allein das erklärt, warum in derselben Gewichtsklasse ungleiche körperliche Voraussetzungen so deutlich zu sehen sind, sodass der englische Kommentator in einem Kampf von Lin, der seine Gegnerin um zehn Zentimeter überragt, anmerkte, es sei „so ungewöhnlich, in diesen Gewichtsklassen solche Größenunterschiede zu sehen.“

    Unzählige biologische Unterschiede

    Dazu kommen unzählige weitere biologische Unterschiede, welche den Männern einen Vorteil im Boxen geben, physiologische wie die höhere maximale Sauerstoffaufnahme und stärkere anaerobe Kapazitäten, größere Muskelkraft, welche die Schlagkraft maximiert, ein Skelett mit einer robusteren dichteren Knochenmasse, unterschiedliche Winkel der Gelenke, längere Arme und vieles mehr, was sich schließlich in unterschiedlichen Wettkampftechniken übersetzt, die sogar eine KI zuverlässig detektieren kann.

    Als Lin Yu-ting Svetlana Staneva im Viertelfinale nach drei Runden mit fünf zu null besiegte, formte Staneva ein X mit den Zeigefingern – eine Geste des stillen Protests, um klarzustellen, dass hier eine Frau mit einem Mann kämpft.

    Das ZDF ist etwas schwanger

    Parallel dazu wird das Testergebnis, welches das XY-Chromosom nachweist, in den Medien nicht geleugnet, sondern versucht, durch eine biologische Herleitung die Weiblichkeit trotz XY-Chromosoms zu beweisen, gespeist durch urbane Mythen über Geschlecht, veraltete Erkenntnisse oder neuere woke Geschlechtertheorien über ein angebliches Spektrum.

    Der Sportkommentator des ZDF lässt sich hinreißen, zu sagen, Khelif sei „allenfalls etwas intersexuell“ und „keinesfalls ein Mann“– eine Metapher auf dem gleichen Niveau wie „allenfalls etwas schwanger“ oder „allenfalls etwas tot“.

    Korrekte Bezeichnung verpasst

    Statt diesen Menschen biologisch korrekt als männlich mit einer Mutation zu bezeichnen, erklärt man ihn zur Frau und nutzt konsequent weibliche Anrede und deklariert alle typisch männlichen Charakteristika zu Anomalien. Das Ergebnis dieser sprachlichen Verwirrung seien journalistische Stilblüten wie „weibliche Hoden“, erklärt die Biologin Emma Hilton.

    Nicht jede Frau werde wegen eines Y-Chromosoms zum Mann, heißt es im Faktencheck des linken Portals Volksverpetzers, der – wie viele andere Journalisten – einen Wikipedia-Artikel zu sogenannten „XY-Frauen“ bemüht und als Wissenschaft verkauft. Dessen inhaltliche Fehler alle aufzulisten und zu erklären, würde den Rahmen sprengen.

    Meta löscht Erklärung von Biologin

    Der Biologe Dr. Colin Wright schrieb auf X (ehemals Twitter), dass es, sobald man ein tieferes Verständnis davon hat, dass es nur zwei Geschlechter gibt und ein grundlegendes Wissen über DSDs (Störungen der Sexualentwicklung, häufig auch als „intersexuell“ bezeichnet) sowie allgemeine Genetik besitzt, „sehr einfach ist, durch alle medialen Lügen und ideologischen Fachbegriffe hindurchzusehen, die verwendet werden, um die Realität zu verschleiern.“

    In der hitzigen medialen Debatte fällt auf, dass selten Biologen oder Mediziner als Geschlechterexperten zu Wort kommen, um die Tatsachen sachlich einzuordnen.

    Stattdessen löscht Meta ohne Ankündigung das Facebook-Profil von Richard Dawkins, dem bedeutendsten Evolutionsbiologen unserer Zeit, nachdem er einen erklärenden Beitrag zu männlichen Menschen im Frauensport abgesetzt hatte.

    Diese Debatte ist ein Traum für Kreationisten

    Davon können Kreationisten nur träumen. Der Spiegel interviewte zwar den Physiologen Tommy Lundberg, der erklärte, warum diese Kämpfe körperlich unfair seien, versteckte das Interview jedoch hinter einer Paywall, um eine Woche später nach dem Sieg von Khelif, der niemanden überraschte, zu schwärmen, dass dieser sich auf „eindrucksvolle Weise“ durchgesetzt habe und die chinesische Gegnerin „klar dominierte“. Dazu wird IOC-Präsident Thomas Bach zitiert. Dieser hatte behauptet, dass es „wissenschaftlich keine klare Unterscheidung zwischen Mann und Frau“ gäbe.

    Es wird auch versucht Khelif als eine Frau mit „erhöhten“ Testosteronwerte zu verkaufen, die seine unübersehbare männliche Statur erklären sollen.

    Was die Hormonwerte verraten

    Doch diese Werte, die sein Trainer in einem Interview zugibt, sind ein weiterer Beweis dafür, dass Khelif nicht weiblich sein kann. Frauen haben einen natürlichen Testosteronwert, der sich nicht mit dem männlichen Bereich überlappt, auch nicht, wenn sie natürlich mehr Testosteron produzieren als gewöhnlich. Der normale Wert bei Frauen liegt im Bereich von 0,35 bis 2,08 nmol/L, während er bei Männern zwischen 10,41 und 37,48 nmol/L liegt.

    Alle Kompromisse der Vergangenheit, männliche Menschen bei den Frauen zu „inkludieren“, fokussierten sich darauf, die Testosteronwerte der Betroffenen für einen längeren Zeitraum auf den einer „Frau“ zu bringen. Doch ein kranker oder chemisch kastrierter männlicher Körper wird dadurch nicht zur Frau.

    Eingang von Männern in Frauensport?

    Ein Mann, der sich chemisch kastrieren lässt, um beim Frauensport mitzumachen, erleidet möglicherweise eine Einbuße seiner Fitness durch die Mangelsymptome, die in einem männlichen Körper dadurch entstehen, das ihm Testosteron entzogen wird: Müdigkeit, Schwäche, Osteoporose, Muskelabbau, Kopfschmerzen und Gewichtszunahme, sind nur einige davon. Frauen sind aber weder kastrierte Männer noch Männer mit einem Gendefekt.

    Fakt ist, ein Y-Chromosom lässt sich nicht einfach wegdiskutierend. Da es nicht viele Gene enthält, sondern eine Reihe von sich wiederholenden DNA-Sequenzen, die man früher auch als „Junk-DNA“ bezeichnete, hält sich das Gerücht, dass das Y-Chromosom keine Auswirkungen habe. Heute wissen wir jedoch, dass diese Wiederholungssequenzen wichtige genetische Funktionen erfüllen, etwa als regulatorische Elemente und wir erst am Anfang stehen, die Rolle des Y-Chromosoms für die männliche Physiologie zu verstehen.

    Die frühe embryonale Entwicklung

    In den ersten Wochen der Embryonalentwicklung aktiviert sich bei männlichen Föten durch das Y-Chromosom ein genetisches Netzwerk, das zur Bildung der Hoden führt und gleichzeitig die Entwicklung der Eierstöcke unterdrückt.

    Diese Prozesse setzen eine präzise, synergistische und exakt koordinierte zeitliche und räumliche Wechselwirkung mehrerer Gene und Transkriptionsfaktoren in Gang, die die weitere männliche Differenzierung des Embryos steuern. Das ist eine sehr sensible Phase in der Entwicklung eines Menschen.
    Die Folgen der Entwicklungsstörung

    Störungen in diesem empfindlichen System der bis heute nicht vollständig entschlüsselte genetische Wechselwirkungen können zu DSD (Störungen der Geschlechtsentwicklung) führen.

    Je nachdem, welches Gen betroffen ist, kann ein Junge mit XY-Chromosomen „phänotypisch“ von außen sehr unterschiedlich aussehen. Sie können sogar eine Vagina haben, obwohl Hoden gebildet wurden, die innen liegen können, aber in fast allen Fällen „funktional“ sind, also Testosteron produzieren.

    Es könnte sein, dass er mit uneindeutig aussehenden Genitalien geboren wurde, die möglicherweise wie eine Wölbung oder eine blind endende Vagina aussehen. Diese Menschen sind dennoch nicht im strengen Sinne biologisch weiblich, denn ein Mensch mit Y-Chromosom kann niemals Eizellen bilden.

    Angebliche XY-Superfrauen: Wie ein gefährlicher Mythos verteidigt wird – und von wem
    https://www.telepolis.de/features/Angebliche-XY-Superfrauen-Wie-ein-gefaehrlicher-Mythos-verteidigt-wird-und


    Angela Carini. Bild: fpi.it

    20.8.2014 von Marie-Luise Vollbrecht - Wissenschaftliche Fakten gegen Legenden: Wikipedia-Artikel und Podcasts verbreiten Halbwahrheiten. Warum das im Profisport verheerend sein kann. (Teil 2 und Schluss)

    Ein im ersten Teil dieses Textes erwähnter und viel zitierter Wikipedia-Artikel nennt zwei Extremfälle von Mutationen bei Menschen mit XY-Chromosomen, auf die sich nun alle Geschlechterexperten beziehen: Gonadendysgenesie (46 XY Swyer-Syndrom) und Komplette Androgenresistenz (CAIS).

    Die biologische Fehlinformation ist nicht auf linke Medien beschränkt. Auch die Moderatoren des bei Rechten und Konservativen populären Podcasts „Honigwabe“ verbreiteten die Behauptung, dass es sich vermutlich um das Swyer-Syndrom handle, und bedienten eine Vielzahl urbaner Mythen wie „weibliche Genitalien seien der Normalfall“, und XY-"Superfrauen".

    Bei CAIS kann der Körper trotz der Anwesenheit von Testosteron nicht auf dieses Hormon reagieren, was zu einer Entwicklung äußerer weiblicher Merkmale führt – trotz der Anwesenheit von Hoden und einem intakten XY-Chromosomensatz.

    Auch wenn Körperproportionen und Größe männlich bleiben, kann der Körper kein Testosteron verstoffwechseln und wandelt dieses stattdessen in Östrogen um. Es führt zu Menschen, die genetisch männlich sind, aber weibliche Formen, eine Vagina und haarlosen Körpern haben. Es liegt auf der Hand, warum dies bei Khelif nicht der Fall sein kann, dessen Körper deutliche Spuren einer durchlaufenen männlichen Pubertät zeigt.

    Das Swyer-Syndrom ist von allen möglichen genetischen Mutationen die Einzige, bei der ein XY-Individuum insofern „verweiblicht“ werden kann, dass es möglich ist, dass diese Menschen in Ausnahmefällen eine Schwangerschaft austragen können, wenn ihnen ein fertiger Embryo implantiert wird und sie einen ausreichend entwickelten Uterus gebildet haben.

    In der medizinischen Fachliteratur sind jedoch weniger als 15 solcher Fälle bekannt. Der Grund ist, dass die vorliegende Genmutation in diesen Fällen so stark ist, dass sich der Embryo entwickelt, als hätte er nur ein X-Chromosom.

    Spekulation über äußerst seltenes Syndrom

    Das Swyer-Syndrom tritt geschätzt in einer von 80.000 Geburten auf, was bedeutet, dass in Deutschland etwa neun Neugeborene jährlich betroffen sein könnten.

    Im Vergleich dazu tritt Polydaktylie (das Vorhandensein eines zusätzlichen Fingers an der Hand) mit einer Häufigkeit von 1:3.000 auf, was bedeutet, dass auf ein Kind mit Swyer-Syndrom etwa 24 Kinder mit einem zusätzlichen Finger kommen.

    Dieses Syndrom wird spätestens dann diagnostiziert, wenn sich die fehlenden Sexualhormone dadurch bemerkbar machen, dass die Menstruation und der Einsatz der Pubertät ausbleiben.
    Diagnose des Swyer-Syndroms

    Wird das Syndrom nicht erkannt und mit Hormonen behandelt, bleiben die sekundären Geschlechtsmerkmale unterentwickelt, was zu einer gestörten Knochenmineralisierung und brüchigen Knochen führen kann.

    Der Körperbau ist oft durch Fettansammlungen an Bauch und Hüften gekennzeichnet, während die Fähigkeit, Muskelmasse aufzubauen, fehlt und der Stimmbruch ausbleibt.
    Warum Khelif biologisch nicht weiblich sein kann

    Ein unentdecktes Swyer-Syndrom bei Khelif Statur ist nahezu ausgeschlossen, vor allem, nachdem zusätzlich die Information veröffentlicht wurde, dass bei Khelif ein erhöhter Testosteronspiegel vorlag, eine Unmöglichkeit bei fehlenden Gonaden.

    Zusammenfassend, Imane Khelif kann nicht biologisch weiblich sein. Selbst wenn bei ihm eine DSDs oder „Intersexualität“ vorliegen sollte, bleibt er dennoch biologisch männlich.
    Erziehung als Mädchen ändert Geschlecht nicht

    Bleibt das Beharren darauf, dass er angeblich als Mädchen geboren und aufgewachsen sei, was ihn einer Frau gleichstelle und seinen Ausschluss zu einem „diskriminierenden Akt“ mache. Schließlich heißt es in den IOC-Regeln: „Every person has the right to practise sport without discrimination“.

    Nur ist im Elitesport Diskriminierung (vom lat. discriminare unterscheiden, abgrenzen) aufgrund von Fairness und Leistung keine ungerechtfertigte Benachteiligung, sondern der Normalfall.

    Schwierige Biografie rechtfertigt keine Diskriminierung

    Daraus ergibt sich nicht der moralische Imperativ im Sinne der sozialen Gerechtigkeit einen Ausgleich zu schaffen, indem man Männern mit seltenen Mutationen und trauriger Lebensgeschichte als Wiedergutmachung eine Goldmedaille im Frauensport garantiert, ungeachtet der Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Frauen.

    Denn diese ist real. Lin setzte in einem seiner Kämpfe gegen die Türkin Esra Yildiz Kahraman offenbar einen illegalen „Rabbit Punch“ gegen ihren Hinterkopf ein, was zum Tod oder einer Querschnittslähmung führen kann.

    Die Erfahrung einer Boxerin mit Khelif

    In einem Interview mit der feministischen Plattform Reduxx sprach die bulgarische Boxerin Joana Nwamerue über ihre Begegnung mit Khelif. Nwamerue erklärte, dass Khelif „männliche Kraft“ und „männliche Techniken“ habe und sich respektlos über sie lustig gemacht habe.

    Sie betonte, dass sie ihre Sparrings-Sitzungen aufgezeichnet habe, um dies zu belegen, und äußerte ihre Besorgnis über ihre Sicherheit im Ring. Nwamerue erwähnte auch, dass das algerische Nationalteam behauptet habe, Khelif sei „biologisch verändert, da sie in den Bergen lebe“, was ihre Chromosomen und ihren Testosteronspiegel beeinflusst habe, und dennoch sei sie offiziell eine Frau.

    In einem Radiointerview berichtete der olympische Boxer und technische Kommissar des spanischen Boxteams, Rafa Lozano, von seinen Erfahrungen in einem Trainingslager in Spanien. Lozano erzählte, dass Khelif jede ihrer Trainingspartnerinnen verletzt habe.

    Aufgrund dieser Vorfälle sahen sie sich schließlich gezwungen, Khelif gegen einen männlichen spanischen Profisportler antreten zu lassen, um das Training ausgeglichener zu gestalten und „Chancengleichheit herzustellen“.

    Die mexikanische Boxerin Brianda Tamara Cruz berichtete, dass sie 2022 bei einer Meisterschaft gegen Khelif angetreten sei. Sie erinnert sich daran, dass sie „sehr stark von den Schlägen getroffen wurde“. Obwohl sie seit ihrem 12. Lebensjahr, also seit 13 Jahren, boxt und damit mehr Erfahrung als Khelif habe, habe ihr dies keinen Vorteil verschafft und er sei „außer Reichweite“ gewesen.
    Ignoriert IOC Gefahren?

    Sie fühlte sich, als ob sie knapp einer potenziell tödlichen Situation entkommen sei. Das IOC hat wider besseres Wissen, denn sie wurden bereits 2022 über die Situation informiert, alle Boxerinnen in tödliche Gefahr gebracht und damit den tobenden Meinungskampf erst ermöglicht.

    Die Gefahr und die Unfairness verschwinden nicht, wenn jemand, der wie ein Mann schlägt, beteuert, als Mädchen erzogen worden zu sein.

    Spekulation über seinen Intimbereich verbieten sich. Es ist denkbar, dass er bei der Geburt irrtümlich für ein Mädchen gehalten wurde. Denkbar ist auch, dass er als Säugling ohne Penis geboren wurde, was in einer patriarchalen Gesellschaft wie Algerien nach wie vor dazu führt, dass diese Jungen zu Mädchen umoperiert werden. Intersexuelle Operationen sind in islamischen Ländern ausdrücklich erlaubt, auch wenn Homosexualität oder Transsexualität illegal sind.

    Spätestens mit Einsetzen der Pubertät und den deutlichen männlichen Entwicklungen sowie dem Ausbleiben der Menstruation hätte Klarheit geherrscht.

    Khelif lebte auch nicht auf dem Dorf, sondern zog als Jugendlicher in die Großstadt Tiaret, um dort die Oberstufe für das Abitur zu besuchen – keine Selbstverständlichkeit für viele weibliche Jugendliche in Algerien, da die Schule nur bis zum 15. Lebensjahr verpflichtend ist.
    Alice Schwarzer steigt in den Ring

    Doch selbst Alice Schwarzer springt auf den Zug derer auf, die eine rührende, imaginative Opfergeschichte über eine „Intersexuelle“ spinnen, die hypothetisch von einer Hebamme fernab der Zivilisation geboren wurde, sozial als Mädchen aufwuchs und erst in der Pubertät eindeutig männlich wurde, was damals aber niemand erkannte – ein kleines, raufendes Mädchen, das auf den Straßen mit Jungs Fußball spielte und schließlich entdeckt wurde, und sich die Fahrten zu den Boxtrainingsstunden durch den Verkauf von Altmetall/Brot finanzierte, entgegen der konservativen muslimischen Familie und Gemeinde.

    Die Geschichte eines Underdogs hat jedoch wenig mit der Realität zu tun.

    Khelifs Interview im Jahr 2022

    Vor der Kontroverse am 8. März 2022 erklärte Khelif in einem Interview freimütig, dass er schon als Kind mit athletischer Stärke ausgestattet gewesen sei, was seine Lehrer bemerkt hatten, und ihm halfen, eine Sportkarriere zu verfolgen. Zunächst im Frauenfußball, bevor er im Club de la Protection Civile, vergleichbar mit der freiwilligen Feuerwehr, von Boxtrainer Mohamed Chaara entdeckt wurde und kurz darauf mit 16 Jahren an die Nationale Hochschule für Jugend- und Sportausbildung wechselte, um an seiner Boxsportkarriere zu arbeiten.

    Diese Schilderungen haben wenig mit dem „Mädchenleben“ zu tun, das Frauen in Algerien erleben. „Vielleicht ist das Schönste und Prägendste in meiner Sportkarriere, dass ich nun zur Elite gehöre. Jetzt ist mein Ehrgeiz, die Goldmedaille für Algerien bei den nächsten Olympischen Spielen in Paris 2024 zu gewinnen“, sagte er damals.

    J.K. Rowlings Wortmeldung

    J.K. Rowling hat es dagegen treffender zusammengefasst: Khelif könne nichts dafür, wie „sie“ geboren sei, aber er habe eine Wahl gehabt, zu betrügen, Medaillen zu stehlen und Verletzungen der Gegnerinnen in Kauf zu nehmen. Der Spott, Beleidigung und Drohungen, die Khelif online erhält, sind furchtbar, aber die traurige Konsequenz einer einseitigen Berichterstattung.

    Wenn der Vorwurf des „Rechtsseins“ all jene trifft, die auf Gerechtigkeit und auf ihrer eigenen Wahrnehmung beharren, ist es nur eine Frage der Zeit, bis gerechten Zorn in Hass umschlägt. Khelif, der sich nach seinem Gewinn jetzt in einem Propagandavideo übermäßig feminin präsentiert – Filter und Blümchenbluse inklusive –, hat Anzeige wegen Cybermobbing erstattet.

    Pariser Justiz ermittelt gegen Kritiker

    In Paris ermittelt nun das Büro für Hassverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit offiziell gegen all jene, die gewagt haben, die Wahrheit auszusprechen.

    Khelif ist keine Frau, nicht biologisch weiblich und hat einen unfairen Vorteil seinen Gegnerinnen gegenüber, die um die Chance auf eine Goldmedaille betrogen wurden.

    Während so getan wird, als wiege der „unfaire“ Hass, den Khelif online erntet, seine unfaire Teilnahme auf, interessiert sich niemand für die Gefühle der betrogenen Frauen.

    Hass gegen Carini

    Niemand berichtet, dass Khelif erste Gegnerin, die Italienerin Carini ebenfalls seit dem Kampf mit enormem Hass überzogen wird. Ihr wird vorgeworfen, ihre „white woman tears“, die Tränen einer weißen Frau, als Waffe gegen eine andere Frau einsetzen, im Sinne einer rechtsextremen Regierung agieren und sich allgemein feige zu verhalten.

    Carini hat in diesen 46 Sekunden ihr Bestes gegeben und aufgegeben, als sie erkannte, dass es zu gefährlich wurde. Carini ist die Tochter zweier Polizisten; ihr Vater wurde durch eine Dienstverletzung arbeitsunfähig.

    Wie ihr Vater wurde sie Polizistin, wie ihr Vater begann sie als Minderjährige mit dem Boxen und widmete ihren ersten Sieg im Jugendbereich dem Andenken der Polizisten, die im Kampf gegen das organisierte Verbrechen gestorben waren.

    Vor den Olympischen Spielen postete sie ein Bild von sich mit ihrem inzwischen verstorbenen Vater auf Instagram. Aufgrund des überwältigenden Hasses unter ihren Posts war sie gezwungen, die Kommentare darunter zu deaktivieren.

    #jeux_olympiques #biologie

    • Documenter n’est pas approuver.

      @fil Si tu veux mon avis - c’est un sujet sans importance majeure, juste un truc de propagande de la part de gens qu’on prend pour trop importants, toutes opinions confondues. Qu’on laisse vivre tout le monde comme bien il/elle/etc. lui semble.

      Le problème caché de cette discussion est son prétexte. A mon avis les JO sont un événement qui a ses racines, comme tout le sport moderne, surtout quand il se présente comme une affaire d’état ou commerciale, dans le bellicisme du 19ème siècle . Son caractère profond n’a pas changé. Aujourd’hui les compétitions de sport internationales continuent à amplifier le nationalisme et l’esprit de concurrence entre les gens où on devrait oeuvrer pour la paix, la convivialité et l’entente. Les dernières JO que j’ai essayé de suivre se passaient à Munich en 1972 et tout le monde sait quelles suites elles ont eu. Encore une fois : les JO sont un prétexte pour élever à un niveau supérieur les conflits dans le monde. Elles dissimulent la vérité et glorifient le mensonge.

      Les Jeux Paralympiques sont particulièrement pervers car leurs organisateurs recrutent les victimes de l’idéologie et des pratiques sous-jacentes comme bataillons auxiliaires dans la guerre contre eux-mêmes.

      L’article a paru dans Telepolis qui n’est pas un torchon de droite mais une des rares publications en langue allemande qui donnent accès à une gamme très variée d’opinions. La rédaction a sans doute choisi de publier le texte de Marie-Luise Vollbrecht pour des raisons comparables à celles qui m’ont fait l’incorporer dans ma collection d’opinions sur #seenthis.

      Cette jeune femme bien sur tout rapport représente l’opinion conservatrice modérée à la quelle souscrit un grande partie du public allemand. Elle est biologiste de formation, elles est doctorante, et elle présente ses opinions comme résultat de ses recherches scientifiques sans polémique. Elle défend donc un point de vue important que j’ai envie de décortiquer un jour. Il est évidemment biologiste et je le soupconne de fascisme exterminateur, mais je n’ai pas encore rassemblé assez d’éléments pour le prouver.

      Tu vois, je comprends que tu trouves le texte repoussant, mais il ne faut surtout pas l’ignorer et passer à côté de l’occasion de s’intéresser à une position tellement « raisonnable » au premier abord. Elle ouvre la vue sur le subconscient allemand.

       :-)k++

      P.S. Est-ce que tu prends le WP pour une source plus crédible qu’une publication « du Kremlin » ? En Europe centrale nous nous trouvons au milieu d’une lutte sans merci entre la première puissance impérialiste qui essaye désespérément à ralentir son déclin en provoquant des guerres partout où cela lui semble utile et la Russie avec laquelle nos pays prourraient entretenir des rapports amicaux si nos gouvernements n’avaient pas joué le jeu de l’OTAN donc des États-Unis. Que ces protagonistes s’infligent des coups bas de propagande et que les JO soient le théâtre parfait pour ces intrigues d’imbéciles n’est pas étonnant. Il n’y a rien de nouveau dans ces choses. Ce qui m’inquiète est le fait qu’on ne puisse pas nier la possibilité d’une guerre dans l’Europe entière si personne ne fait entendre raison aux fanatiques occidentaux.

      Voilà, fin de discours, passons aux choses dominicales. Que se bagarrent ceux à qui ca profite, à nous les rayons de soleil de ce dimanche d’automne.

    • Un peu de contextualisation ne fait pas de mal.

      Tes commentaires sur l’amicale Russie sont abjects.

      Profite bien du soleil, puisque tu as la chance de ne pas passer ton dimanche dans un abri anti-aérien.

  • Linda Yaccarino’s Open Letter to Advertisers | Shelly Palmer
    https://shellypalmer.com/2024/08/linda-yaccarinos-open-letter-to-advertisers


    Voilà une déclaration de guerre d’une fraction de la classe capitaliste (on ne me contredira pas, il s’agit d’Elon Musk et de ses sbires.) contre une autre. C’est toujours comme ça que ça se passe. On verra où tomberont les obus. Pourvu qu’on soit assez éloigné sur nos territoires #seenthis et #mastodon.

    Every day, hundreds of millions of people come to X to be part of the only global, real-time conversation. They come to share their thoughts and hear others. To share their content and see more. To debate and be debated. To entertain and be entertained. To inspire and be inspired. There is no substitute for X.

    The power of this community to bring global conversations to life was the reason I was so excited to join X as CEO in June 2023.

    After a career in media and advertising, I thought I had seen everything. Then I read the U.S. House of Representatives Judiciary Committee’s report entitled “GARM’s (Global Alliance for Responsible Media) Harm” last month. The report disclosed that their investigation had found evidence of an illegal boycott against many companies, including X.

    As their report found: “Evidence obtained by the Committee shows that GARM and its members directly organized boycotts and used other indirect tactics to target disfavored platforms, content creators, and news organizations in an effort to demonetize and, in effect, limit certain choices for consumers.”

    The consequence – perhaps the intent – of this boycott was to seek to deprive X’s users, be they sports fans, gamers, journalists, activists, parents or political and corporate leaders, of the Global Town Square.

    To put it simply, people are hurt when the marketplace of ideas is undermined and some viewpoints are not funded over others as part of an illegal boycott.

    This behavior is a stain on a great industry, and cannot be allowed to continue.

    That is why, today, X has filed an antitrust lawsuit against the Global Alliance for Responsible Media (GARM), the World Federation of Advertisers (WFA), and GARM members CVS Health, Mars, Orsted and Unilever. This is not a decision we took lightly, but it is a direct consequence of their actions.

    The illegal behavior of these organizations and their executives cost X billions of dollars.

    Since arriving at X, I made it my mission to continue to build a platform where people, brands and advertisers can thrive in our unique, dynamic and safe environment.

    And because of this commitment to our users, even despite the boycott, usage has reached all time highs. Using a Twitter legacy metric, user active minutes, in August 2022, people spent 7.2 billion active minutes on the platform. Today, that number is more than 9 billion, a 25% increase.

    The same is true for video – even compared to last year, daily video views are up 45% to 8.2 billion. X is innovating and growing.

    We have met and surpassed the requests made by advertisers and groups such as GARM for new tools, both to improve advertiser controls and the effectiveness of our products to drive increased value for our customers.

    We have proven our platform provides advertisers a way to showcase their brands and reach their target audiences safely, efficiently and effectively. That’s why I’ve worked in good faith with marketers across the globe to showcase our innovations and allay any concerns with brands whom I’ve partnered with for decades. The unfortunate reality is that despite all our efforts, hundreds of meetings and research to the contrary, many companies chose to dismiss the facts.

    To those who broke the law, we say enough is enough. We are compelled to seek justice for the harm that has been done by these and potentially additional defendants, depending what the legal process reveals.

    It’s also clear that there are likely others who suffered at the hands of this activity. This case is about more than damages – we have to fix a broken ecosystem that allows this illegal activity to occur.

    We will continue to innovate and ensure X has a vibrant future while the courts will hold accountable those who engaged in illegal behavior.

    To all of you who have been part of the transformative journey we are on, thank you. Rest assured, we will not stop defending our global town square.

    Linda

    #capitalisme #justice #USA #multinationales

  • #McKinsey : qu’ils viennent me chercher | Libé/AFP | 29.05.24

    https://www.liberation.fr/societe/police-justice/affaire-des-cabinets-de-conseil-le-ministere-de-la-sante-a-ete-perquisiti

    Le 17 mars 2022, les sénateurs Eliane Assassi (communiste) et Arnaud Bazin (Les Républicains) avaient présenté un rapport au vitriol contre le recours par l’Etat aux cabinets de conseil. Un phénomène « tentaculaire » dont le coût pour les finances publiques a grimpé en 2021 à près de 900 millions d’euros, tous opérateurs publics confondus. Les cabinets sont « intervenus sur la plupart des grandes réformes » du premier quinquennat d’Emmanuel Macron, mais aussi dans la gestion de la crise sanitaire ou l’organisation de colloques, soulignait le rapport.

    Publié en pleine course à la présidentielle, ce rapport avait empoisonné la campagne d’Emmanuel Macron, accusé par les oppositions de favoritisme en faveur de McKinsey. « S’il y a des preuves de manipulation, que ça aille au pénal », avait-il dit le 27 mars.

    Le parquet national financier (PNF) a d’abord ouvert, le 31 mars 2022, une enquête préliminaire pour blanchiment aggravé de fraude fiscale aggravée à l’encontre de McKinsey. Puis six mois plus tard, les 20 et 21 octobre, le PNF a ouvert deux informations judiciaires, l’une « sur les conditions d’intervention de cabinets de conseil dans les campagnes électorales de 2017 et 2022 » d’Emmanuel Macron, l’autre sur des soupçons de « favoritisme ».

    Et donc perquisitions ce mercredi 29 mai au ministère de la Santé - et ailleurs, dont lieux privés.

    « Qu’ils viennent me chercher » - sauf que là, c’est plutôt l’administration qui prend, pas l’irresponsabilité présidentielle.

    Ah, et MacKiki, c’est pas de l’ingérence étrangère, hein.