https://taz.de

    • Ancien organe central des squatteurs de Berlin (1979 ff.) devenu figure de proue du néolibéralisme belliciste vert (2000 ad infinitum).

      Die Grünen und der Krieg | Overton Magazin
      https://overton-magazin.de/buchempfehlungen/die-gruenen-und-der-krieg


      Die TAZ n’est pas le journal du parti vert mais les positions du parti dominent sa ligne éditoriale.

      »Die Grünen entsandten 19 Jahre nach ihrer Gründung die deutsche Luftwaffe in einen Kriegseinsatz.«

      Die pazifistisch orientierten Mitglieder verloren in einem mehrjährigen innerparteilichen Prozess zusehends an Einfluss. »Ein Teil des pazifistischen Flügels sah in dieser Entscheidung einen Verrat an grünen Prinzipien und verließ die Partei.« Joschka Fischer und seine Unterstützer setzten sich auf breiter Front durch. Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen stimmte unmittelbar vor der Regierungsbeteiligung 1998 mehrheitlich einem Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der NATO im Kosovo zu – ohne Mandat der Vereinten Nationen: »(D)ie Grünen entsandten 19 Jahre nach ihrer Gründung die deutsche Luftwaffe in einen Kriegseinsatz.«

      Formal war die Zustimmung der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen nicht zwingend, politisch hingegen von großer Bedeutung. »Die Beteiligung einer Partei, die maßgeblich aus der deutschen Friedensbewegung hervorgegangen war, war mit großer Wahrscheinlichkeit geradezu entscheidend dafür, dass Deutschland zum ersten Mal nach 1945 bereit war, sich wieder aktiv an einem Krieg zu beteiligen.«

      Hausbesetzer Klaus-Jürgen Rattay - Vom Doppeldecker zu Tode geschleift
      https://www.spiegel.de/geschichte/hausbesetzer-klaus-juergen-rattay-in-west-berlin-1981-tod-unter-dem-bus-a-7c
      En 1980 Die Tageszeitung publiait les meilleures information sur le mouvement des squats berlinois. Les autres médias suivaient ou déformaient les infos. Aux yeux des reporters du TAZ la violence de l’état le situait du côté de l’ennemi. Aujourd’hui le journal a changé de camp et fait de la propagande pour la militarisation de l’Allemagne.

      #irrécupérable #presse #Allemagne #Berlin #Hausbesetzung #squat

  • Die Politik der Rackets - Zur Praxis der herrschenden Klassen
    https://www.dampfboot-verlag.de/shop/artikel/die-politik-der-rackets

    Kai Lindemann, ISBN : 978-3-89691-067-7, 155 Seiten, Preis : 16,00 € Erschienen : 2021

    Daniel Bratanovic, Wir sind hier nicht in Chicago, Max
    https://www.ca-ira.net/verlag/rezensionen/daniel-bratanovic-wir-sind-hier-nicht-in-chicago-max

    Bandenherrschaft. Über Brauchbarkeit und Grenzen der Fragment gebliebenen Racket-Theorie Horkheimers

    Die Rackets und die Souveränität
    https://antideutsch.org/2018/10/19/die-rackets-und-die-souveraenitaet/?amp=1

    2018, Vortrag und Diskussion mit Thorsten Fuchshuber und Gerhard Scheit an der Universität Göttingen

    Verwaltete Welt
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Verwaltete_Welt

    von Theodor W. Adorno 1950 geprägter Begriff der Kritischen Theorie, das die Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg beschreibt

    Der Begriff verwaltete Welt wird auf Theodor W. Adorno zurückgeführt. Er benutzte ihn unter anderem im Untertitel Musik in der verwalteten Welt seines Werks Dissonanzen (Erstausgabe 1956).[1][2] Adorno gebrauchte den Begriff als eine synonyme Bezeichnung für die spätkapitalistische, genauer: nachliberale und nachfaschistische Gesellschaft, in der die „Allherrschaft des Tauschprinzips“ von der „Allherrschaft des Organisationsprinzips“ überlagert werde.[3] Karl Korn hat ihn dann wenige Jahre später für den Buchtitel seiner kritischen Sprachanalysen – Sprache in der verwalteten Welt (Erstausgabe 1959) – aufgegriffen.

    Grundform der Herrschaft
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1169915.kritische-theorie-der-rackets-grundform-der-herrschaft.html

    In kriselnden Staaten tritt die Gewalt hervor, aus der diese entstanden sind. »Rackets« machen daraus ein Geschäftsmodell, erklärt Thorsten Fuchshuber

    Interview: Peter Nowak 06.01.2023

    Überall Rackets
    https://taz.de/Ueberall-Rackets/!5628167

    5.10.2019 - Max Horkheimer wollte mit dem Racket-Begriff einst Herrschaft analysieren. Thorsten Fuchshuber versucht den Ansatz zu systematisieren

    Thorsten Fuchshuber: „Rackets. Kritische Theorie der Bandenherrschaft“, Ca Ira Verlag, Freiburg 2019, 674 Seiten, 29 Euro

    Von Jakob Hayner

    Racket (Herrschaftskritik), Begriff der Kritischen Theorie
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Racket_(Herrschaftskritik)

    Geld regiert die Welt
    https://www.ipg-journal.de/rubriken/demokratie-und-gesellschaft/artikel/geld-regiert-die-welt-5664

    20.01.2022 | Kai Lindemann
    Skandale wie der Cum-Ex-Betrug sind keine Einzelfälle. Hinter ihnen verbirgt sich eine strukturelle Bedrohung durch privilegierte Beutegemeinschaften.

    #impérialisme #criminalité #racket #Horkheimer #Adorno #Uber #internet #Taxi #mondialisation

  • Das Haus Oldenburg und die Nazis: Eine schrecklich braune Familie
    https://taz.de/Das-Haus-Oldenburg-und-die-Nazis/!5359430

    5.12.2016 von Andreas Wyputta - Nikolaus von Oldenburg wollte im Vernichtungskrieg von Wehrmacht und SS seinen Clan bereichern. Seine Enkelin ist Beatrix von Storch.
    Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch.

    HANNOVER taz | Zumindest 1941 muss Nikolaus von Oldenburg noch an den Endsieg geglaubt haben: „Ich wäre ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich kurz wissen lassen würden, ob grundsätzlich die Möglichkeit des Ankaufs größerer Güter im Osten nach Kriegsende für mich gegeben sein wird“, schrieb der letzte Erbgroßherzog Oldenburgs an den „Reichsführer SS“, Heinrich Himmler. Schließlich habe er sechs Söhne, jammerte der einstige Thronfolger, dessen Anspruch auf Oldenburg 1918 die Novemberrevolution hinweggefegt hatte – und er erhielt prompt eine positive Antwort.

    Der Bettelbrief an den millionenfachen Mörder Himmler, geschrieben am 2. Juni 1941 – also 20 Tage vor dem Angriff auf die Sowjetunion – macht deutlich, dass das NSDAP-Mitglied Nikolaus von Oldenburg den Vernichtungskrieg seiner Parteigenossen zur massiven Bereicherung seines Clans nutzen wollte. Der Ex-Großherzog, dessen Titel nach der Weimarer Verfassung nichts mehr galt, schien offenbar zu wissen, dass die Nazis weite Teile Osteuropas entvölkern wollten – und dass der „Reichsführer“ der Mann war, der den Mordplan umsetzen würde.

    Ebenfalls im Juni 1941 kündigte Himmler vor SS-Gruppenführern an, 30 Millionen als „slawisch“ identifizierte Menschen töten lassen zu wollen. Schon in den ersten Monaten des Krieges gegen die Sowjetunion ermordeten Einsatzgruppen seiner „Sicherheitspolizei“ und seines „Sicherheitsdienstes“ SD fast eine Million Menschen. Die Vernichtung der europäischen Juden folgte.
    Typische Anbiederung an die Nazis

    Die Anbiederung des Chefs des Hauses Oldenburg an die Nationalsozialisten war durchaus typisch für den nord- und ostdeutschen Adel. Der Berliner Historiker Stephan Malinowski hat bereits 2003 herausgearbeitet, dass die meisten Adligen die nationalsozialistische „Bewegung“ als nützlich empfanden – schließlich lehnten beide Gruppen die Republik mit ihrer Demokratie und ihren Parteien ebenso ab wie Parlamentarismus und Sozialdemokratie. Außerdem brachten Wiederaufrüstung, Krieg und die Verfolgung von Juden sowie Sozialdemokraten viele Adelige, die nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg quasi arbeitslos waren, erneut in als standesgemäß erachtete Positionen – ob in Offizierslaufbahnen oder in den höheren Verwaltungsdienst.

    Das galt auch für Nikolaus von Oldenburg. Im Heer nur Major der Reserve, brachte er es in der SA immerhin zum Standartenführer, was dem militärischen Rang eines Obristen entspricht. Er scheint aber nicht versucht zu haben, unmittelbar aus der „Arisierung“ des Vermögens von Deutschen jüdischen Glaubens zu profitieren. Im zum Freistaat erklärten ehemaligen Großherzogtum, wo die NSDAP 1932, schon ein Jahr vor der „Machtergreifung“ Hitlers, über die absolute Mehrheit im Landtag verfügte, wurden die Juden genauso entrechtet, verfolgt und vernichtet wie im Rest des Deutschen Reiches: Lebten 1925 noch 320 Juden in der Oldenburger Kernstadt, waren es 1939 noch 99 – Ende 1943 gab es hier kein jüdisches Leben mehr.

    Die Enteignung Hunderter Mitbürger war aber auch nach 1945 jahrzehntelang kein Thema im niedersächsischen Oldenburg. Durchbrochen wurde das Schweigen erst durch die Ausstellung „Ein offenes Geheimnis“. Diese Ausstellung zeigte das Ausmaß der „‚Arisierung‘ in Alltag und Wirtschaft in Oldenburg im Zeitraum von 1933 bis 1945“. „Da bleibt nur Verhungern oder Flucht“, wird Gustav Thal zitiert, der damals in Oldenburg drei Fotogeschäfte besaß. Bis 1940 wurden nicht nur jüdische Geschäftsleute gezwungen, weit unter Wert zu verkaufen. Unter dem Begriff „Ausländische Möbel“ oder „Hollandmöbel“ stand die Einrichtung von zur Emigration gezwungenen oder deportierten Juden billig zum Verkauf.

    Immerhin: Seit 2013 erinnert eine Gedenkwand an die 175 ermordeten jüdischen BürgerInnen Oldenburgs. Und bereits seit 1981 wird mit dem „Erinnerungsgang“ an das Schicksal der jüdischen Männer erinnert, die nach den Novemberpogromen 1938 an der noch brennenden Synagoge vorbei zur Polizeikaserne am Pferdemarkt, der heutigen Landesbibliothek, getrieben wurden. Erst nach Wochen und Monaten kehrten sie, gezeichnet von der Haft im Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin, vorerst zurück.
    Enkelin Beatrix von Storch hetzt gegen Europa

    Ihrer historischen Verantwortung nicht stellen will sich die derzeit wohl bekannteste Vertreterin der einstigen Adelsfamilie Oldenburg, Beatrix von Storch. Die AfD-Hardlinerin, die nach Aussage ihres Vaters Huno von Oldenburg im Ostholsteiner Anzeiger „nach alter deutscher Weise den Namen ihres Mannes“ Sven von Storch angenommen hat, phantasiert lieber vom Schusswaffengebrauch gegen Geflüchtete.

    Für die selbsternannte „Alternative“, deren Vorsitzende Frauke Petry das „Völkische“ positiv besetzen will, sitzt die Enkelin von Nikolaus von Oldenburg im Europaparlament und hetzt dort gegen die europäische Idee – was sie nicht daran hindert, jährlich Diäten und Aufwandsentschädigungen in sechsstelliger Höhe abzugreifen.

    Über so viel Geschäftssinn gefreut hätte sich sicherlich von Storchs Großvater mütterlicherseits: Hitlers Finanzminister, der in Nürnberg wegen der „Arisierung“ des Eigentums deportierter Juden durch die Finanzämter zu zehn Jahren Haft verurteilte Kriegsverbrecher Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk.

    Das Haus Oldenburg und die Nazis: Eine schrecklich braune Familie

    Nikolaus von Oldenburg wollte im Vernichtungskrieg von Wehrmacht und SS seinen Clan bereichern. Seine Enkelin ist Beatrix von Storch.
    Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch.

    HANNOVER taz | Zumindest 1941 muss Nikolaus von Oldenburg noch an den Endsieg geglaubt haben: „Ich wäre ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich kurz wissen lassen würden, ob grundsätzlich die Möglichkeit des Ankaufs größerer Güter im Osten nach Kriegsende für mich gegeben sein wird“, schrieb der letzte Erbgroßherzog Oldenburgs an den „Reichsführer SS“, Heinrich Himmler. Schließlich habe er sechs Söhne, jammerte der einstige Thronfolger, dessen Anspruch auf Oldenburg 1918 die Novemberrevolution hinweggefegt hatte – und er erhielt prompt eine positive Antwort.

    Der Bettelbrief an den millionenfachen Mörder Himmler, geschrieben am 2. Juni 1941 – also 20 Tage vor dem Angriff auf die Sowjetunion – macht deutlich, dass das NSDAP-Mitglied Nikolaus von Oldenburg den Vernichtungskrieg seiner Parteigenossen zur massiven Bereicherung seines Clans nutzen wollte. Der Ex-Großherzog, dessen Titel nach der Weimarer Verfassung nichts mehr galt, schien offenbar zu wissen, dass die Nazis weite Teile Osteuropas entvölkern wollten – und dass der „Reichsführer“ der Mann war, der den Mordplan umsetzen würde.

    Ebenfalls im Juni 1941 kündigte Himmler vor SS-Gruppenführern an, 30 Millionen als „slawisch“ identifizierte Menschen töten lassen zu wollen. Schon in den ersten Monaten des Krieges gegen die Sowjetunion ermordeten Einsatzgruppen seiner „Sicherheitspolizei“ und seines „Sicherheitsdienstes“ SD fast eine Million Menschen. Die Vernichtung der europäischen Juden folgte.
    Typische Anbiederung an die Nazis

    Die Anbiederung des Chefs des Hauses Oldenburg an die Nationalsozialisten war durchaus typisch für den nord- und ostdeutschen Adel. Der Berliner Historiker Stephan Malinowski hat bereits 2003 herausgearbeitet, dass die meisten Adligen die nationalsozialistische „Bewegung“ als nützlich empfanden – schließlich lehnten beide Gruppen die Republik mit ihrer Demokratie und ihren Parteien ebenso ab wie Parlamentarismus und Sozialdemokratie. Außerdem brachten Wiederaufrüstung, Krieg und die Verfolgung von Juden sowie Sozialdemokraten viele Adelige, die nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg quasi arbeitslos waren, erneut in als standesgemäß erachtete Positionen – ob in Offizierslaufbahnen oder in den höheren Verwaltungsdienst.

    Das galt auch für Nikolaus von Oldenburg. Im Heer nur Major der Reserve, brachte er es in der SA immerhin zum Standartenführer, was dem militärischen Rang eines Obristen entspricht. Er scheint aber nicht versucht zu haben, unmittelbar aus der „Arisierung“ des Vermögens von Deutschen jüdischen Glaubens zu profitieren. Im zum Freistaat erklärten ehemaligen Großherzogtum, wo die NSDAP 1932, schon ein Jahr vor der „Machtergreifung“ Hitlers, über die absolute Mehrheit im Landtag verfügte, wurden die Juden genauso entrechtet, verfolgt und vernichtet wie im Rest des Deutschen Reiches: Lebten 1925 noch 320 Juden in der Oldenburger Kernstadt, waren es 1939 noch 99 – Ende 1943 gab es hier kein jüdisches Leben mehr.

    Die Enteignung Hunderter Mitbürger war aber auch nach 1945 jahrzehntelang kein Thema im niedersächsischen Oldenburg. Durchbrochen wurde das Schweigen erst durch die Ausstellung „Ein offenes Geheimnis“. Diese Ausstellung zeigte das Ausmaß der „‚Arisierung‘ in Alltag und Wirtschaft in Oldenburg im Zeitraum von 1933 bis 1945“. „Da bleibt nur Verhungern oder Flucht“, wird Gustav Thal zitiert, der damals in Oldenburg drei Fotogeschäfte besaß. Bis 1940 wurden nicht nur jüdische Geschäftsleute gezwungen, weit unter Wert zu verkaufen. Unter dem Begriff „Ausländische Möbel“ oder „Hollandmöbel“ stand die Einrichtung von zur Emigration gezwungenen oder deportierten Juden billig zum Verkauf.

    Immerhin: Seit 2013 erinnert eine Gedenkwand an die 175 ermordeten jüdischen BürgerInnen Oldenburgs. Und bereits seit 1981 wird mit dem „Erinnerungsgang“ an das Schicksal der jüdischen Männer erinnert, die nach den Novemberpogromen 1938 an der noch brennenden Synagoge vorbei zur Polizeikaserne am Pferdemarkt, der heutigen Landesbibliothek, getrieben wurden. Erst nach Wochen und Monaten kehrten sie, gezeichnet von der Haft im Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin, vorerst zurück.

    Enkelin Beatrix von Storch hetzt gegen Europa

    Ihrer historischen Verantwortung nicht stellen will sich die derzeit wohl bekannteste Vertreterin der einstigen Adelsfamilie Oldenburg, Beatrix von Storch. Die AfD-Hardlinerin, die nach Aussage ihres Vaters Huno von Oldenburg im Ostholsteiner Anzeiger „nach alter deutscher Weise den Namen ihres Mannes“ Sven von Storch angenommen hat, phantasiert lieber vom Schusswaffengebrauch gegen Geflüchtete.

    Für die selbsternannte „Alternative“, deren Vorsitzende Frauke Petry das „Völkische“ positiv besetzen will, sitzt die Enkelin von Nikolaus von Oldenburg im Europaparlament und hetzt dort gegen die europäische Idee – was sie nicht daran hindert, jährlich Diäten und Aufwandsentschädigungen in sechsstelliger Höhe abzugreifen.

    Über so viel Geschäftssinn gefreut hätte sich sicherlich von Storchs Großvater mütterlicherseits: Hitlers Finanzminister, der in Nürnberg wegen der „Arisierung“ des Eigentums deportierter Juden durch die Finanzämter zu zehn Jahren Haft verurteilte Kriegsverbrecher Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk.

    #Deutschland #Oldenburg #Geschichte #Nationalsozialismus #Beatrix_von_Storch #AfD #Adel

    #Allemagne #histoire #nazis #Oldenbourg #shoa #antisemitisme

  • Provenienzforschung an Bibliotheken: „Ein Teil der Familiengeschichte“
    https://taz.de/Provenienzforschung-an-Bibliotheken/!5924788

    11.4.2023 von Claudius Prößer - Sebastian Finsterwalder erforscht die Herkunft von Büchern der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, die in der NS-Zeit zu Unrecht erworben wurden. Sebastian Finsterwalder, 40, ist ausgebildeter Fachangestellter für Medien- und Informationsdienste und an der ZLB als Provenienzforscher tätig.

    taz: Herr Finsterwalder, seit wann erforscht die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) die Provenienz, also die Herkunft von Büchern?

    Sebastian Finsterwalder: Vor rund 20 Jahren hat ein Mitarbeiter an unseren historischen Sammlungen gearbeitet und dabei einige interessante Funde gemacht. Er brachte das Thema NS-Raubgut in der Berliner Stadtbibliothek zum ersten Mal aufs Tapet – es gab dazu dann auch eine Ausstellung und eine Publikation. 2009 wurden dann Stellen für die Durchsicht des Bestands nach Raubgut geschaffen.

    Wie groß ist heute Ihr Arbeitsbereich?

    Unsere personelle Ausstattung schwankt etwas. Wir haben das Äquivalent von 1,7 Stellen, zurzeit unterstützt uns noch ein wissenschaftlicher Mitarbeiter – dessen Stelle nach dem Auslaufen aber hoffentlich wieder besetzt wird.

    Und wie gehen Sie konkret vor?

    Wie sehen uns jedes einzelne Buch an, bei dem es einen Verdacht gibt. Bücher als Raubgut zu identifizieren, funktioniert nur, wenn die Vorbesitzer Spuren hinterlassen haben. Stempel oder Exlibris, also eingeklebte, kunstvoll gestaltete Zettel. So versuchen wir, den konkreten Weg eines Bandes in unserem Bestand zu erforschen und ihn dann nach Möglichkeit zurückzugeben. Wenn diese Bücher Institutionen gestohlen wurden, etwa der SPD oder einer Freimauerloge, ist das relativ einfach, da gibt es meistens Nachfolgeinstitutionen. Deutlich wichtiger ist uns aber die Restitution an Privatpersonen. Bei denen kommt es darauf an, überlebende Familienmitglieder zu finden, die oft auf der ganzen Welt verstreut sind.

    Es geht dabei immer um die Zeit des Nationalsozialismus?

    Unser Fokus liegt klar auf der NS-Zeit, denn damals kamen viele unrechtmäßig erworbene Exemplare in den Bestand der Stadtbibliothek. Entdeckt haben wir allerdings auch andere sogenannte Entzugskontexte: Es gibt Beutegut, das im Zusammenhang mit Kriegshandlungen in die Bibliothek kam, zum Teil sogar schon im Ersten Weltkrieg, auch Raubgut aus der Zeit der SBZ und der DDR oder im Zusammenhang mit der „Aktion K“ der tschechischen Kommunisten gegen katholische Klöster im Jahr 1950. Auf Bücher aus kolonialen Kontexten sind wir noch nicht gestoßen – was nicht bedeutet, dass es sie nicht gibt.

    Reden wir hier nur von der Berliner Stadtbibliothek in der Breiten Straße?

    Heute ist der 5. Internationale Tag der Provenienzforschung, bei der es um die rechtmäßige Herkunft von Kulturgütern geht. Aus diesem Anlass laden diesmal fünf Berliner Institutionen, die sich mit der Sammlung von Büchern und anderen schriftlichen Dokumenten befassen – die Staatsbibliothek, die Bibliothek der Akademie der Künste, die Bibliothek des Deutschen Historischen Museums, das Zentralarchiv der Staatlichen Museen sowie die Zentral- und Landesbibliothek – zu „Provenienzspaziergängen“ ein. Diese führen unter dem Motto „#spurensuche“ an historische Orte in Mitte, die mit der Geschichte ihrer Sammlungen verknüpft sind. Professionelle Guides führen die TeilnehmerInnen über vier Routen, die Gruppen werden an den Stationen von den Forschenden der jeweiligen Einrichtung in Empfang genommen und erfahren mehr über deren Arbeit.

    Fast ausschließlich, ja. Die Stadtbibliothek hat den größten Altbestand, und dieser ist gleichzeitig am besten dokumentiert. In der Amerika Gedenkbibliothek fehlen uns leider die historischen Zugangsbücher. Unsere Aufgabe ist ein Wettlauf mit der Zeit, die Rückgabe wird immer schwieriger und wir müssen mehr als eine Million Bücher durchsehen. Da sind die Chancen, schnell fündig zu werden, bei der Stadtbibliothek einfach am größten.

    Eine Million?

    Das war der Berg, vor dem wir standen: die Bestände, die vor 1945 erworben wurden und damit generell verdächtig sind. Laut Richtlinie werden vor 1945 erworbene Bücher nicht entsorgt, bevor wir sie durchgesehen haben. Nicht alle sind unrechtmäßig erworben, aber das müssen wir eben prüfen.

    Und wie viele haben Sie bis heute geprüft?

    Etwa 150.000. Als NS-Raubgut konnten wir bislang etwa 3.000 identifizieren, die von 195 Personen oder Institutionen stammten. Gut 1.000 davon konnten wir bislang zurückgeben. Einen großen Teil werden wir im Übrigen wohl nie erkennen, weil entsprechende Hinweise fehlen.

    Wie viele geraubte Bücher kamen denn nach Ihrer Schätzung ins Haus?

    Mit Sicherheit mehrere zehntausend. Allein im Jahr 1943 hat die Stadtbibliothek rund 40.000 Bände von der städtischen Pfandleihanstalt gekauft, die aus den Wohnungen deportierter BerlinerInnen stammten. Allerdings haben wir herausgefunden, dass die Bibliothek einen Teil gleich an Privatpersonen weiterverkauft hat. Wie viel sich davon noch im Magazin befindet, ist also unklar. Andererseits kam auch noch lange nach dem Krieg viel Raubgut ins Haus, etwa über Ankäufe aus Antiquariaten, einfach weil das Thema Provenienz bis in die 90er Jahre hinein keine Rolle spielte.

    An wen haben Sie Bücher zurückgegeben?

    Zu den institutionellen Nachfolgern gehören etwa die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Jüdische Gemeinde zu Berlin. Bei ungefähr der Hälfte der Fälle handelte es sich um Bücher von Privatpersonen, oft geht es da um eine kleine Zahl von Exemplaren. Ein etwas größerer Umfang waren rund 40 Bücher aus dem Besitz des Biochemikers Carl Neuberg. Die ersten davon haben wir an die Erben restituiert – als es mehr wurden, haben wir sie auf deren Bitte an das New Yorker Leo Baeck Institute weitergegeben. Komplette Bibliotheken wurden nach unserem Kenntnisstand übrigens nicht übernommen, die waren schon vorher zerpflückt worden.

    Kommt es häufig vor, dass Privatpersonen Bücher nicht annehmen?

    Sehr selten. Mit dem Buch können wir ihnen ja meist einen Teil der Familiengeschichte zurückgeben.

    Und mit der Rückgabe endet Ihre Arbeit im konkreten Fall?

    Nicht ganz: Wir dokumentieren und publizieren unsere Funde in der kooperativen Datenbank Looted Cultural Assets. Die wurde bei uns im Haus entwickelt, mittlerweile betreiben wir sie in einer Kooperation mit der Freien Universität. Beteiligt ist daran inzwischen ein gutes Dutzend Bibliotheken, seit Kurzem auch das Berliner Landesarchiv.

    #Berlin #Bibliotheken #Geschichte

  • Bundesverfassungsgericht zu AfD-Stiftung: Kein Geld ohne Gesetz - taz.de
    https://taz.de/Bundesverfassungsgericht-zu-AfD-Stiftung/!5914331

    22. 2. 2023 von Christian Rath - Bisher hat die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung kein Geld bekommen. Zu Unrecht, sagt Karlsruhe. Der Grund: Die Finanzierung ist unklar geregelt.

    KARLSRUHE taz | Der Bundestag hat die Rechte der AfD auf Chancengleichheit der Parteien verletzt, weil er der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung ohne gesetzliche Grundlage im Jahr 2019 Zuschüsse verweigerte. Dies entschied an diesem Mittwoch das Bundesverfassungsgericht und gab damit einer Organklage der AfD statt. Eine Nachzahlung von Geldern ordnete das Gericht nicht an.

    Derzeit bekommen sechs parteinahe Stiftungen Geld aus dem Bundeshaushalt. Im Jahr 2019 waren es insgesamt 660 Millionen Euro. Empfänger sind die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU-nah), die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD-nah), die Heinrich Böll-Stiftung (grün-nah), die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP-nah), die Rosa-Luxemburg-Stiftung (links-nah) und die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU-nah).

    Zwei Drittel des Geldes fließt in Auslandsprojekte, insbesondere in die weltweite Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Zivilgesellschaft. Knapp ein Viertel der Stiftungsgelder erhalten mehr oder weniger parteinahe Stipendiat:innen. Den Rest, rund 130 Millionen Euro, erhielten die Stiftungen als „Globalzuschüsse“ für politische Bildung, Forschung und Politikberatung.

    Im Karlsruher Verfahren ging es nur um die Globalzuschüsse. Die AfD beantragte ab 2019, dass auch die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) staatliche Zuschüsse erhalten solle. Die AfD hatte die DES als parteinah anerkannt. Vorsitzende ist Erika Steinbach, die zuvor fast 30 Jahre lang für die CDU im Bundestag saß und seit 2022 AfD-Mitglied ist. Der Bundestag verweigerte der AfD-nahen Stiftung jedoch Jahr für Jahr die Zuschüsse.

    „Eingriff in die Rechte der Partei“

    Anfangs hieß es zur Begründung, dass die AfD erst noch zeigen müsse, dass sie eine dauerhafte Kraft ist. Nach dem zweiten Einzug in den Bundestag 2021 beschlossen die anderen Fraktionen erstmals einen Vermerk zum Bundeshaushalt 2022, wonach parteinahe Stiftungen nur dann finanziert werden, wenn keine Zweifel an ihrer Verfassungstreue bestehen. Wieder ging die DES leer aus.

    Im aktuellen Urteil ging es nur um das Jahr 2019. Für die Jahre 2020 und 2021 hatte die AfD zu spät geklagt. Und für das Jahr 2022 wurde das Verfahren abgetrennt, weil die AfD hier ihren Antrag erst zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung Ende Oktober gestellt hatte. Der Bundestag und die Bundesregierung hätten sich darauf nicht ausreichend vorbereiten können. Um die 2022 erstmals geforderte Verfassungstreue ging es daher im Urteil nur am Rande.

    Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts unter Vizepräsidentin Doris König stellte fest, dass die Verweigerung der Finanzierung einer parteinahen Stiftung ein Eingriff in die Rechte der Partei selbst darstellt. Denn die Arbeit der Stiftung nütze ihr im Parteienwettbewerb, auch wenn die Stiftungen personell mit den jeweiligen Parteien nicht identisch sein dürfen und auch keinen Wahlkampf betreiben dürfen. Doch in der politischen Bildung verbreiten die Stiftungen allgemeines Gedankengut der jeweiligen Parteien. Bei der politischen Forschung liefern sie nützliche Erkenntnisse und die Begabtenförderung helfe bei der Gewinnung und Förderung qualifizierten Nachwuchses. Der Nutzen für die jeweilige Partei sei zwar nicht messbar, aber es wäre realitätsfremd, einen Nutzen zu bestreiten, so die Richter:innen.

    Dieser Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien ist nur auf gesetzlicher Grundlage möglich – das ist die zentrale Aussage des aktuellen Urteils. Ein Vermerk im Haushaltsgesetz (wie 2022) genüge nicht, da das Haushaltsgesetz keine Außenwirkung habe. Nur weil ein solches Gesetz fehlt, nahmen die Rich­te­r:in­nen eine Verletzung der Rechte der AfD an.

    Falls der Bundestag der AfD-nahen Stiftung weiter Gelder verweigern will, muss er also ein Gesetz beschließen. Hierfür habe das Parlament einen gewissen „Gestaltungsspielraum“, so die Richter:innen. Unbedenklich sei jedenfalls eine Norm, die parteinahen Stiftungen nur dann Anspruch auf Finanzierung gibt, wenn es sich um eine „dauerhafte, ins Gewicht fallende Grundströmung“ handelt. Möglich sei auch, so Karlsruhe, eine parteinahe Stiftung von der Finanzierung auszuschließen, wenn dies „zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, also zum Schutz von menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaat „erforderlich“ ist. Details hierzu nannten die Rich­te­r:in­nen nicht.

    Ulrich Vosgerau, der Rechtsvertreter der AfD, forderte eine Nachzahlung von Zuschüssen für das Jahr 2019. Dies hat das Gericht jedoch nicht angeordnet. Es hat nur festgestellt, dass die Verweigerung der Zuschüsse für die DES 2019 verfassungswidrig war. Inzwischen kündigten alle Ampelparteien an, dass sie kurzfristig ein entsprechendes Gesetz erarbeiten wollen. „Kein Geld für Verfassungsfeinde – nach diesem Grundsatz werden wir nun schnell ein Stiftungsgesetz im Deutschen Bundestag erarbeiten und verabschieden“, sagte etwa Johannes Fechner, Justiziar der SPD-Fraktion.

    „Es ist Ausdruck der wehrhaften Demokratie der Bundesrepublik Deutschland, dass der freiheitliche Staat nicht die Feinde der Freiheit alimentieren muss“, betonte der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle, „jeder Euro Steuergeld für die AfD-Stiftung wäre ein Euro zu viel“, Für die Grünen wies Konstantin von Notz darauf hin, dass die Fraktion schon in der letzten Wahlperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hatte.

    Mit der Verabschiedung eines Stiftungsgesetzes dürfte die Auseinandersetzung um die AfD-nahe Stiftung aber nicht zu Ende sein. Wenn der Bundestag zu hohe Anforderungen an die Verfassungstreue von Stiftungen stellt, dürfte die AfD gegen­ das Gesetz klagen. Das Bundesverfassungsgericht müsste dann prüfen, ob die Anforderungen unverhältnismäßig sind. Außerdem könnte die Stiftung selbst gegen eine Verweigerung von Geldern klagen, mit dem Argument, sie sei gar nicht so extremistisch wie angenommen. Hierüber würde dann ein Verwaltungsgericht entscheiden.

    Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, sieht solchen Klagen gelassen entgegen: „In Vorstand und Kuratorium der AfD-nahen Stiftung finden sich neben der Vorsitzenden Erika Steinbach Personen, die in der rechtsextremen Szene aktiv sind und direkte Verbindungen in das rechtsextreme Umfeld der Identitären Bewegung haben.“ Davor warne die Bildungsstätte schon seit Jahren, so Mendel.

    #Allemagne #politique #justice #extrême_droite #AfD

  • Eine linke Karriere
    https://taz.de/!504356

    10.12.2005 von CHRISTOPH VILLINGER - taz Serie „1980, 1990 – besetzte Zeiten“ (Teil 5): In den 80er-Jahren startete Rainer Klee .als Taxikollektivist in einem besetzten Haus. Daraus entwickelte sich eher beiläufig die Titanic-Reisebüro-Kette und der heute größte Flugtickethändler Europas.

    „Ich möchte nichts missen!“ Stolz schwingt in der Stimme von Rainer Klee, wenn er von den Ursprüngen seiner Firma erzählt. Heute ist der 47-jährige gelernte Speditionskaufmann Vorstandsvorsitzender der Aerticket AG, Europas größtem Flugticket-Großhändler. Insgesamt 300 Menschen arbeiten dort, allein 180 in der Zentrale in der Kreuzberg Zossener Straße. Etwa eine Million Tickets liefern sie pro Jahr an rund 6.000 Reisebüros.

    Angefangen hatte alles Mitte der 80er-Jahre. Rainer Klee war gerade aus einem besetzten Haus in Charlottenburg ins Kerngehäuse an der Kreuzberger Cuvrystraße gezogen. „Zusammen wohnen und arbeiten“ war in dem schon legalisierten Hausprojekt angesagt, oben gab es große Wohngemeinschaften, unten die Autowerkstatt für fünf Taxikollektive. Klee arbeitete bei den „Schwarz-Roten Reifen“. Die Farben standen für den in einer anarchosyndikalistischen Tradition stehenden Flügel der Hausbesetzer, aber auch für die damaligen Befreiungsbewegungen in Nicaragua und El Salvador.

    „Selber machen“ meinte damals nicht nur das Instandsetzen von Häusern oder das Reparieren der Taxis. Auch mit Kaffeeimporten aus Nicaragua wurden die Strukturen des Weltmarkts umschifft. Einige Taxigenossen gründeten die Berliner Kaffeegenossenschaft, die Marke „Sandino Dröhung“ war schnell etabliert und Rainer Klee als Geschäftsführer der Importfirma mehrmals in Nicaragua.

    Dorthin zog es hunderte Menschen aus der Lateinamerika-Solidaritätsszene. Allein durch ihre Anwesenheit vor Ort bildeten sie bei der Kaffeeernte einen menschlichen Schutz vor den von den USA finanzierten Konterrevolutionären. Auch die Flugtickets für die europäischen Freunde der Sandinisten wurden selbst organisiert. Das Lateinamerika-Zentrum in der Crellestraße vermittelte in diesen Jahren über 1.000 Flugscheine.

    Neben der politischen Arbeit stellten sich persönliche Fragen. „Will man seinen Lebensunterhalt perspektivisch weiter mit Taxifahren verdienen?“, überlegte sich nicht nur Rainer Klee. Manche stießen an ihre gesundheitlichen Grenzen. „Wir orientierten uns in Richtung Reisebüro“, erinnert sich Klee. Das war damals eine Marktlücke im Wrangelkiez. Zu sechst gründete man 1988 das „Titanic-Reisebüro“ in der Oppelner Straße. Arbeit und Politik blieben verknüpft. Das Büro diente etwa als Info-Laden für die Kampagne gegen die Berliner Tagung des Internationalen Währungsfonds im Herbst des gleichen Jahres.

    Allein von dem Laden konnte in den ersten beiden Jahren jedoch niemand leben. „Wir arbeiteten alle noch nebenher, ich zum Beispiel machte Nachtdienste im Krankenhaus“, erzählt Gründungsmitglied Ilona Paschke. „Dafür war das Reisegeschäft noch sehr ruhig. Es gab die drei alliierten Fluggesellschaften ab Tegel und die Interflug ab Schönefeld“, sagt die heute 41-Jährige Geschäftsführerin. In der Aufbauzeit arbeiteten alle gut „60 bis 70 Stunden die Woche“. Für Klee ging dies nicht mehr mit seiner großen WG zusammen. Er zog aus.

    Der Mauerfall brachte dem Titanic-Reisebüro den ersten Großkunden, den Deutschen Rundfunk der DDR. Und fast folgerichtig aus der umfangreichen Solidaritätsarbeit gewann man eine Ausschreibung des Deutschen Entwicklungsdienst (DED), der laut Paschke „größten Organisation, die Menschen in die Dritte Welt schickt“. Mit der Übernahme weiterer Reisebüros endete 1991 die „Aufbau- und Kollektivphase“. Dann bekam die erste Frau ein Kind. Andere wollten „etwas vorantreiben“ und damit „auch ein höheres Maß an Verantwortung tragen“, erinnert sich Paschek. Das brachte auch Enttäuschungen mit sich. Schon zuvor war ein Kollektiv mit 10 bis 15 Leuten schwierig genug, nun war es bei vielen nicht mehr angesagt. Die Beziehung, die Kinder, monatelanger Urlaub und anderes hatte Vorrang. „Es gelang uns nicht mehr, jemanden vom Kollektiveintritt zu überzeugen“, sagt Klee. Titanic wurde ein normales Unternehmen im gemeinschaftlichen Besitz der Betreiber, zwar noch bis 1996 mit Einheitslohn, aber mit Angestellten.

    Konflikte und Streit gab es eher, als man merkte, dass ein Reisebüro „eine noch blödere Dienstleistung als Taxifahren sein kann“. Kunden meckern rum. „Ökotourismus in die Toskana verkaufte sich überhaupt nicht, zu viele wollten einfach nur billig nach Mallorca, egal wie. Wieder andere schimpften wegen Flugreisen in die Dominikanische Republik. „Wegen des dortigen Sextourismus“, sinniert Paschke über die damaligen Auseinandersetzungen.

    Doch man expandierte weiter, ein Reisebüro am Ku’damm brachte sich ein, die Menschen aus den Reisebüros von Artu am Heinrichplatz und in der Zossener Straße wurden Mitgesellschafter. Leute aus einem anderen Taxikollektiv stiegen ins Geschäft mit Bahntickets ein. Daraus entstand das vor allem auf Eisenbahnfahrten spezialisierte Reisebüro „Kopfbahnhof“ in der Yorckstraße. Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich aus dem kleinen Reisebüro Titanic eine Kette mit heute 45 Angestellten und sieben Eigentümern. Als der DED nach Bonn umsiedelte, zog eine der zehn Filialen mit. „Gemessen daran, dass alle anderen aus dem studentischen oder alternativen Milieu kommenden Reisebüros inzwischen von großen Konzernen aufgekauft oder pleite sind, geht’s uns ganz gut“, kommentiert Klee.

    Aber die Devise, „das können wir doch selber machen“, galt weiterhin. Eher beiläufig bot sich an, Flugtickets auch für andere Reisebüros auszustellen, bald waren allein damit drei Leute beschäftigt. Etwa 50 alternative Reisebüros und Mitfahrzentralen gründeten einen Verein, aus dem sich bald „eine Art Einkaufsgenossenschaft“ entwickelte. Spätestens „ab diesem Moment wurden wir von den Fluggesellschaften ernst genommen“, schaut Klee zurück. Heute hat der Verein 600 Mitglieder. Das Ausstellen der Tickets gliederte man in eine Tochtergesellschaft aus, die heutige Aerticket AG, deren Vorstandsvorsitzender Klee nun ist.

    Zwar gebe es kollektive Entscheidungen im Vorstand, sagt Klee. „Aber wir sind kein Kollektiv mehr.“ Mitarbeiter würden inzwischen bei jedem gut geführten Unternehmen in die Entscheidungen miteinbezogen. „Unser Problem ist, in einer Firma zu arbeiten, hinter der man steht. Um die am Leben zu halten, kann man nicht immer das Beste für alle machen“, meint auch Petra Wybieralski. Mitte der 80er-Jahre war auch sie beim „schwarz-roten“ Taxikollektiv und Buchhalterin im Kerngehäuse. „Sich in alles Mögliche reinfummeln zu können“, das sei die größte Stärke des Betriebs, meint die gelernte Germanistin. Ohne je Betriebswirtschaft studiert zu haben, leitet die 51-Jährige die Personalverwaltung und ist Mitarbeitervertreterin. Als solche verteilt sie gerade die hereinkommenden Weihnachtsgeschenke der Fluggesellschaften.

    Politisch greife man nur noch per Spenden ein, erzählt Klee. „So sind wir zum Beispiel der größte Einzelspender von Christian Ströbele“, dem Kreuzberger und Friedrichshainer Vertreter im Bundestag. Drei Stunden lang diskutierte vor kurzem die Betriebsversammlung mit ihm.

    Als verpasste Jahre empfindet Rainer Klee die Zeiten im besetzten Kerngehäuse nicht. Vielmehr „bin ich ein wenig darüber frustriert, wie sie jetzt alle unterm Tannenbaum sitzen“. Früher sei er gerne an Heiligabend Taxi gefahren. Da widerspricht Paschke ihrem langjährigen Kompagnon vehement. „Unsere Weihnachtsfeiern im Betrieb sind für die Mitarbeiter Ausdruck des familiären Betriebsklimas und ganz wichtig“. Rainer Klee erlebt den Unterschied in der Firmenkultur an anderer Stelle: „Bei den großen Treffen mit den Vertretern der Fluggesellschaften werde ich immer ein wenig belächelt“, sagt Klee. „Aber ich bin weiter der Meinung, zusammen wohnen und kollektive Strukturen aufzubauen ist richtig. Mir fehlen dazu eher die Leute.“

    #Berlin #Taxikollektiv

  • An der falschen Halte
    https://taz.de/Archiv-Suche/!456999

    23.3.2006 - In den 80er-Jahren konnte man mit Taxifahren mehr verdienen als bei einem guten Bürojob. Heute ist es oft nur versteckte Arbeitslosigkeit. Dennoch hat das kurze Kutschieren fremder Menschen seinen Reiz: Für Sigrid Sokoll ist es „pures Abenteuer“

    Statt alle vier Jahre ein neues Taxi zu kaufen, müssen die Wagen heute bis zum Zusammenbruch halten

    von CHRISTOPH VILLINGER

    Warten. Taxifahren heißt warten. Mindestens drei Viertel ihrer Zeit stehen die Berliner TaxifahrerInnen im Schnitt an der „Halte“ – so die allgemeine Erfahrung – und langweilen sich. Lesen Zeitung, lösen Sudoku-Rätsel. Frieren manchmal. Und warten. „Steigt dann nach einer Stunde endlich jemand in die Taxe, geht’s auch nur für 5,40 Euro ins nahe Urban-Krankenhaus“, erzählt Sigrid Sokoll, die an der Halte „Zossen“, Ecke Gneisenaustraße, mitten in Kreuzberg, wartet. „Davon kannst du nicht leben“, sagt die 57-Jährige.

    Einen Stundenlohn von 10 Euro brutto hält sie für ihre Arbeit für angemessen. Ihr Taxikollektiv, die Kreuzberger Taxigenossenschaft (KTG), für die sie seit 1998 fährt, kann ihr gerade noch 6 Euro brutto ausbezahlen – und das mit Mühe. Das entspricht bei den angestellten FahrerInnen etwa 40 Prozent der Tageseinnahmen.

    „Sicher gibt es Ausnahmen“, erzählt ihre Kollegin Christel Janke, die seit 20 Jahren Taxi fährt. An diesem Morgen hatte die 58-Jährige zum Beispiel Glück. „Eine Tour von Kreuzberg nach Hennigsdorf macht 38 Euro.“ Aber am Nachmittag waren es nach acht Stunden Arbeit auch nur 68 Euro Umsatz auf dem Taxameter. „Hast dich eben an die falsche Halte gestellt“, scherzt ihre Freundin.

    An der falschen Halte stehen die über 6.500 Taxen in Berlin viel zu häufig. Wenige Ausnahmetage, wie zurzeit der Berlinale oder der Grünen Woche, lösen das strukturelle Problem des Berliner Taxigewerbes nicht. Die Mehrheit der Bevölkerung hat schlicht und einfach nicht das Geld für „diesen Luxus“. Zudem gebe es rund 1.000 Taxen zu viel in der Stadt, sagt der Taxiverband Deutschland.

    Im alten Westberlin war es kein Problem, in wenigen Stunden 200 Mark Umsatz zu machen und davon als von der Sozialversicherung befreite Studentin sogar über 50 Prozent behalten zu dürfen. Der Stundenlohn der KTG betrug bereits Anfang der 80er-Jahre um die 15 Mark, und trotzdem erwirtschaftete der Betrieb Gewinne.

    Damals hatten die Menschen einfach mehr Geld zum Ausgeben – auch für Taxis. Heute muss jede Fahrerin einen vollen Tag oder eine Nacht arbeiten, um mühsam und mit Glück über 100 Euro Umsatz zusammenzufahren. Die schwierige finanzielle Lage der Branche zeigt sich inzwischen auch an den Autos: Statt alle vier Jahre einen neuen Wagen zu kaufen, müssen sie heute halten bis zum Zusammenbruch. Über 650.000 Kilometer hat das liebevoll nach seiner Funknummer „1432“ genannte Mercedes-Taxi der KTG inzwischen auf dem Buckel.

    „Trotzdem macht mir der Job eigentlich Spaß – damals wie heute“, sagt Christel Janke. 1986 hat sie nach drei Monaten Lernen ihren P-Schein, den Personenbeförderungsschein, gemacht. Janke studierte damals Landschaftsplanung, später stieg sie auf Politikwissenschaft um, aber das Taxifahren wurde immer mehr zum Mittelpunkt des Erwerbslebens. „Nachdem ich eine Weile bei diversen Kleinbetrieben und einem Frauen-Taxi-Kollektiv gefahren bin, hab ich mich 1991 exmatrikuliert und dann selbstständig gemacht“, erzählt Janke. Ihr Wunsch damals: ohne allzu große Aufregung und Stress als Alleinfahrerin den Lebensunterhalt sichern.

    Das ist inzwischen eine Illusion. Auch sie kann von der Fahrerei nicht leben: „Ohne einen finanziellen Zuschuss der Familie würde es nicht gehen.“ Und wegen ihrer Gesundheit darf sie auch nicht endlos in der Taxe sitzen „wie andere Kollegen, die täglich zehn bis zwölf Stunden auf dem Bock hocken und trotzdem ihre Familie nicht ernähren können“. „Eigentlich hätten viele TaxifahrerInnen Anrecht auf ergänzendes Arbeitslosengeld II“, meint sie. Sigrid Sokoll, die vor zwölf Jahren ihren P-Schein gemacht hat, gehört zu dieser Gruppe. Sie fährt noch 15 Stunden die Woche, den fehlenden Rest deckt sie mit „ergänzendem Arbeitslosengeld II“ ab.

    Mit wildfremden Menschen für kurze Zeit in ein intensives Gespräch kommen zu können, das macht für Sokoll den Reiz am Taxifahren aus. Reihenweise Anekdoten kann sie darüber erzählen. Etwa die von dem über 90-jährigen Rentnerpaar, das Sokoll vor einigen Jahren an der Love Parade vorbeifuhr. „Ach, wir haben schon den Rock ’n’ Roll nicht verstanden, was sollen wir uns darüber aufregen“, kommentierten die zwei das Techno-Event. Diese Erlebnisse und die gewisse Anerkennung, die sie immer wieder für ihre Arbeit erfährt, sind Sokoll wichtig.

    Da widerspricht Christel Janke. Sie hat oft das Gefühl, in die „unterste Kaste gesteckt zu werden“. Die scheinbare Bewunderung, wie mutig es sei, als Frau Taxi zu fahren, verletze sie eher. Sie fühlt sich weniger gesellschaftlich anerkannt, „eher verkannt“. Besonders seit die Bundesregierung nach Berlin gezogen sei, spüre sie einen Drang zur Elitenbildung, die am Beruf gemessen werde. „Wie oft werde ich gefragt, was ich vorher gemacht habe – als wäre Taxifahren ein Hilfsarbeiterjob.“ Dabei ist sie heilfroh, nicht in einem Büro sitzen zu müssen – und Pause machen zu können, wann sie will.

    Sigrid Sokoll würde am liebsten viermal pro Monat am Wochenende fahren, „so wäre es das pure Abenteuer“. Doch inzwischen schränkt auch sie ihre Gesundheit ein: Der körperlich sehr belastende Job fordert seinen Tribut. „Ich bin um 6 Uhr morgens bei minus 8 Grad am Innsbrucker Platz gestanden und schwitzte im Hochsommer bei Plus 35 Grad am Ostbahnhof in der Sonne.“

    Die Hoffnung auf einen anderen Job hat Sokoll aufgegeben. „Und ich kann jedem Taxifahrer, der einen anderen Job findet, nur empfehlen, diesen anzunehmen“, sagt Sokoll. Melancholisch erzählt sie von einer anderen Kollegin, die in den 80er-Jahren ihren normalen Beruf hinschmiss, weil sie mit Taxifahren genauso viel verdiente, ja sogar noch etwas für die Rente sparen konnte. „Heute zahlt sie von dem Gesparten ihre Miete. Nichts wird’s mit der Rente.“

    An eine arbeitsfreie Altersruhe glauben beide nicht mehr. „So oder so werde ich arm sein“, meint Sokoll, „und deshalb weiterfahren müssen. Ich habe dann aber wenigstens zwei, drei Tage bezahlte Unterhaltung im Alter.“

    #Taxi #Berlin #2006 #Arbeit #Taxikollektiv

  • Les assassins végans
    https://taz.de/Bundeswehroffiziere-ueber-Verpflegung/!5920029

    Hitler était végétarien, soit, mais nous pouvons faire mieux. L’Allemagne se dote alors de commandeurs d’assassins végans.

    Ce n’est étonnant qu’au premier regard car la raison d’être des armées teutones n’a jamais été d’abattres les pauvres animaux et plantes. Bien au contraire, depuis Hermann le Chérusque nous éliminenons (avec l’avènement du véganisme le terme "tuer’"est réservé pour les actes d’agression létale contre les plantes) avec grâce les ennemis humains. Notre Frédéric II de Prusse, dit le Grand et ami temporaire de Voltaire fit le choix d’être enterré à côté de ses chiens plutôt qu’avec une épouse ou un ami humain.

    Nous sommes les amis des fleurs et de la nature que nous protégeons avec nos boucliers. Enfin la guerre moderne nous a libéré du fardeau du sacrifice des pauvres chevaux. Nous n’exposons à l’artillerie ennemie plus que les véhicules motorisés et leurs équipages. Nos guerres modernes ne sont plus les boucheries animalières d’avant et leurs victimes civils sont élevés au rang de dommages collatéraux. Il est établi que nous nous battons du côté du progrès.

    Dans l’interview du journal à peine belliciste TAZ deux compères végans expliquent leurs choix étique avec toute la sincérité d’assassins de bonne fois. Qu’ils soient loués ! Ils donnent raison à notre devise éternelle.

    Am deutschen Wesen mag die Welt genesen.

    Bundeswehroffiziere über Verpflegung : „Es gibt kein veganes Menü“

    22.3.2023 von Friederike Gräff - Die vegan lebenden Bundeswehroffiziere Martin A. und Patrick A. fordern vegane Verpflegung für die Truppe. Doch die Bundeswehr ist zögerlich.
    Zwei Männer in Militäruniform

    Fordern bessere vegane Verpflegung in der Truppe: die Bundeswehroffiziere Martin A. und Patrick A Foto: Privat

    taz: Martin A., Patrick A., Veganismus ist nicht das Erste, was man mit der Truppe verbinden würde. Tut man ihr da unrecht?

    Martin A.: Das Thema ist in der Bundeswehr noch nicht weit verbreitet. Doch auch vegetarische Ernährung war vor Jahrzehnten ein Fremdwort für die Truppe und für uns ist die Weiterentwicklung des vegetarischen Gedankens der nächste logische Schritt.

    Empfinden Sie sich als Avantgarde oder als Exoten innerhalb der Bundeswehr?

    Patrick A.: Weder noch. Ich empfinde eine gewisse Verantwortung, anzusprechen, wenn Sachverhalte überarbeitungswürdig sind. Das sind die Regelungen zur Truppenverpflegung.

    Martin A.: Wir sind beide nicht als Veganer in die Streitkräfte eingetreten, sondern haben eine persönliche Entwicklung durchlaufen, die wir auch in unserer Gesellschaft seit einiger Zeit verstärkt erkennen.

    Wie ist die Reaktion der Bundeswehr?

    Patrick A.: Die Bundeswehr begründet zunächst, wie Truppenverpflegung aussehen soll: bedarfsgerecht, vollwertig, ernährungsphysiologisch ausgewogen und an den Erkenntnissen der Ernährungswissenschaft orientiert. Die Bundeswehr ist der Meinung, dass vegane Ernährung diesen Vorgaben nicht entspricht.

    Inwiefern nicht?

    Patrick A.: Die Bundeswehr orientiert sich eng an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Diese weist zwar auf kritische Nährstoffe hin, macht jedoch auch deutlich, dass eine gut geplante vegane Ernährung bedarfsdeckend und gesundheitsförderlich sein kann. Zudem ergäben sich Chancen, die Klimabilanz der Bundeswehr zu verbessern und als zeitgemäßer Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.
    Martin A. und Patrick A.

    Oberstleutnant Martin A. und Korvettenkapitän Patrick A. sind Offiziere der Bundeswehr. Während Martin A. (36) aus dem Bereich Operative Kommunikation kommt und in seiner letzten Verwendung Kompaniechef war, fuhr Patrick A. (35) bisher unter anderem als Wachoffizier und Verantwortlicher für den Gefechtsdienst auf Marineschiffen zur See. Beide leben aus ethischen Gründen vegan und teilen hier ausschließlich ihre persönlichen Einblicke und Einschätzungen.

    Die Bundeswehr lehnt nicht den Mehraufwand ab, sondern argumentiert mit dem Nährstoffbedarf der Soldat:innen?

    Patrick A.: Sie geht von einem Mangel kritischer Nährstoffe aus und davon, dass vegane Ernährung qualifiziert begleitet werden müsste. Das könne nicht geleistet werden.

    Welches Angebot gibt es derzeit für Ve­ga­ne­r:in­nen in der Kantine oder bei einem Manöver?

    Patrick A.: Es gibt kein reguläres veganes Angebot. Das Essen ist mischköstlich, stets mit einer vegetarischen Variante. Wir plädieren für eine ernstzunehmende vegane Alternative. Wobei es bei der bedarfsdeckenden veganen Verpflegung eine große Rolle spielt, dass industriell verarbeitete Lebensmittel gemieden und möglichst vollwertige pflanzliche Kost zum Einsatz kommt. Wenn das in der Bundeswehr fest auf dem Verpflegungsplan stehen soll, müssten diese Komponenten zu einem Menü arrangiert und durch die Truppenküchen ausgegeben werden.

    Das passiert nicht?

    Patrick A.: Einen veganen Menüvorschlag schließt die aktuelle Vorschriftenlage kategorisch aus. Dabei entspräche ein solches Angebot einfach der gesellschaftlichen Realität. Einen Hinweis liefern da flexitarische Ernährungsgewohnheiten. Ich sehe viele fleischessende Kameradinnen und Kameraden das vegetarische Angebot bestellen. Wenn das Angebot da ist, wird es genutzt. Bei veganer Kost wird das ähnlich sein.

    Warum sind Sie Veganer geworden?

    Martin A.: Ich habe mich schon vor Jahren mit tierrechtlichen Aspekten befasst. Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, kommt man um schockierende Bilder aus der Tierhaltungsindustrie, die auch im Rahmen des rechtlich Zulässigen entstehen, kaum herum. Irgendwann war mir das Verdrängen schlicht nicht mehr möglich.

    Patrick A.: Das kann ich unterstreichen, gerade die Bilder von häufig geradezu missbräuchlichen Methoden in der Haltung sogenannter Nutztiere müssen einen zum Umdenken bringen.

    Martin A., Sie sind wegen Ihrer Forderung nach veganer Verpflegung sogar vor Gericht gegangen. Mit Erfolg?

    Martin A.: In dem Verfahren ging es um Verpflegungspauschalen. Ich habe gegen Abrechnungen geklagt, die mir unterstellten, am Verpflegungssystem der Bundeswehr teilnehmen zu können – was mir praktisch jedoch nicht möglich war. Das Gericht hat den Kern meines Anliegens mit einer sehr ausführlichen Urteilsbegründung gestützt. Mir ging es hier vorrangig darum, zu verdeutlichen, dass die vegane Lebensweise grundrechtlichen Schutz genießt.

    Was stand in der Begründung?

    Martin A.: Das Gericht war überzeugt, dass meine ethisch begründete Entscheidung vegan zu leben in den Schutzbereich der Gewissens- und Weltanschauungsfreiheit fällt. Gleichzeitig hat es festgestellt, dass mir eine Teilnahme am derzeitigen Verpflegungsangebot der Bundeswehr nicht möglich ist.

    In der Praxis hat das Gerichtsurteil aber nichts verändert.

    Martin A.: Auf den ersten Blick nicht. Aus dem Urteil leitet sich kein unmittelbarer Anspruch auf vegane Verpflegung ab. Doch das gerichtlich umfassend mitgetragene Argument, dass der Veganismus eine verfassungsrechtlich schützenswerte Lebensweise ist, kann nun anderen vegan lebenden Soldatinnen und Soldaten helfen.

    Gibt es denn Schritte der Bundeswehr auf Sie zu?

    Martin A.: Wir erkennen durchaus etwas Aufmerksamkeit für das Thema. Vergleichsweise prominent erwähnt der jüngste Bericht der Wehrbeauftragten nun das zweite Jahr in Folge die Anliegen von Veganerinnen und Veganern in der Bundeswehr.

    Aber in der Kantine sehen Sie davon noch nichts.

    Martin A.: Konkrete Vorhaben sind uns nicht bekannt, nein. Allerdings ist uns auch bewusst, dass eine Organisation mit den Personalzahlen und den logistischen Anforderungen, wie sie die Bundeswehr hat, nicht von heute auf morgen Entscheidungen solcher Tragweite treffen wird.

    Wie wollen Sie die Bundeswehr überzeugen?

    Martin A.: Eines der größten Hindernisse scheint die Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung darzustellen. Im internationalen Vergleich ist die DGE noch relativ vorsichtig, sich für eine gänzlich vegane Verpflegung auszusprechen. Jedoch nicht, weil es nicht möglich wäre, sondern weil sie der Bevölkerung mehrheitlich eher nicht zutraut, sich umfassend genug mit der eigenen Ernährung auseinanderzusetzen.

    Ist damit überhaupt Bewegung in der Sache denkbar?

    Martin A.: Die Frage ist doch, sind die Streitkräfte gut beraten, die unumgänglich zunehmende Zahl an Veganerinnen und Veganern in der Bundeswehr zu ignorieren, während die DGE zwar Sorge äußert, aber dennoch bestätigt, dass eine gut geplante pflanzliche Ernährung bedarfsdeckend und gesundheitlich vorteilhaft sein kann? Wir können uns diesem Wandel noch lange entgegenstemmen. Doch verzichten wir damit auf die bereits genannten Chancen.

    Wie glauben Sie, verändern Sie als Veganer den Blick auf die Bundeswehr?

    Patrick A.: Ich denke, die Bundeswehr ist heute diverser als viele Außenstehende es glauben mögen. Wir sind Menschen mit unterschiedlichen Religionen, Interessen, Neigungen und eben Ernährungsgewohnheiten.

    Wenn Sie sagen, die Bundeswehr ist diverser, als man es von außen annimmt, ist sie auch linker?

    Patrick A.: Die vegane Ernährung ist ein buchstäblich junges Thema, nachweislich insbesondere bei den 14- bis 29-Jährigen. Und all jenen würde ich pauschal keine politische Orientierung unterstellen. Der Veganismus ist im Mainstream angekommen.

    Martin A.: Wenn wir für junge Menschen, die wir dringend brauchen, auch künftig eine Option darstellen wollen, müssen wir uns einer Vielzahl an Themen stellen – dazu zählt zeitgemäße Verpflegung. Ich sehe auch keinen Widerspruch zwischen Militärdienst und Veganismus. Ich verstehe meinen Dienst im Kern als das Eintreten für Schutzlose, wenn nötig mit zwingender Gewalt. Die Entscheidung für eine möglichst tierleidfreie Lebensweise führt in meinem Fall, auch ganz ohne politische Verortung, zu einer noch deutlicheren Übereinstimmung meiner persönlichen und dienstlichen Wertvorstellungen.

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Am_deutschen_Wesen_mag_die_Welt_genesen

    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Emanuel_Geibel

    #militaire #alimentation #éthique #véganisme #wtf

  • Amok-Attentäter von Hamburg : Ein misogyner Blender
    https://taz.de/Amok-Attentaeter-von-Hamburg/!5921159

    Les témoins de jehova ont une réputation paisible. Un ancien membre de la secte a commis une tuerie qui montre le degré de violence psychique dont sont victimes les membres de cette secte. L’auteur du journal TAZ a lu le livre que l’assassin a publié chez Amazon et le décrit comme manifeste mysogyne.

    12.3.2023 von Jan Kahlcke - Der mutmaßliche Todesschütze lebte in einer beruflichen Scheinwelt – und in einem Gedankengebäude, in dem Frauen sich unterordnen sollten.

    HAMBURG taz | Wer war der Mann, der in Hamburg am vergangenen Donnerstag bei einer Zusammenkunft von Zeugen Jehovas sieben Menschen erschossen haben soll und anschließend auch sich selbst? Die digitalen Spuren von Philipp F. geben darüber einigen Aufschluss. F. präsentierte sich als erfolgreichen Geschäftsmann. Er hatte eine professionell gestaltete und komplett auf Englisch getextete Website, die ihn als Inhaber einer Beratungsfirma darstellte. Laut seinem Lebenslauf auf dem Businessnetzwerk Linkedin war er „Gründer und CEO“ der Firma, die seinen Namen trug – und offenbar nur aus ihm selbst bestand.

    Die Firma bezeichnete er als „spezialisiertes internationales Beratungs- und Denkfabrik-Unternehmen“, auf seiner Website nannte er einen Honorarsatz von 250.000 Euro – pro Tag. Kundenreferenzen benennt die inzwischen gesperrte Website nicht. Die wenigen genannten Projekte korrespondieren in auffälliger Weise mit früheren Arbeitgebern, die F. in seinem Lebenslauf nennt. Als letzten Arbeitgeber gibt F. den Energieversorger Vattenfall an. Dort will F. für den „Gas Desk für Kontinentaleuropa“ zuständig gewesen sein, doch sein Engagement endete 2022 nach drei Monaten wieder. Vattenfall teilte am Freitag mit, man prüfe noch, ob F. dort beschäftigt gewesen sei.

    Es verdichtet sich das Bild von F. als einem Gernegroß, der sein berufliches Scheitern zu kaschieren versuchte. Seine in hanseatisch-marineblau gehaltene Website gibt eine Firmenadresse im Herzen der Hamburger City an, am Ballindamm, direkt an der Binnenalster. Hier haben die Firmen polierte Messingschilder. Manche von ihnen bewegen Milliarden.

    Und Philipp F.? Kein Schild, nicht mal ein Briefkasten. Nur ein gehobener Coworking-Space, in dem F. zwar Kunde war, aber kein eigenes Büro gemietet hatte und auch die temporär verfügbaren Arbeitsplätze nicht genutzt hat, wie das Hamburger Abendblatt berichtet.

    Die Vita von F. ist unruhig. Nur einmal seit seiner Banklehre führt der bei seinem Tod 35-Jährige eine mehrjährige Beschäftigung auf, beim Hamburger Energieversorger Varo. Sonst dauern seine Arbeitsverhältnisse meist nur einige Monate. 2021/22 klafft eine Lücke von fast anderthalb Jahren. Laut F. ein „Sabbatical“, in dem er sich „persönlichen Projekten“ widmete.
    Lobende Worte für Putin

    Dabei handelte sich wohl vor allem um sein Buch: Eine englischsprachige Schrift, deren Titel sich übersetzen lässt mit „Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan: Ein neuer, reflektierter Ausblick von epochalen Dimensionen“. F. hat das 300-Seiten-Buch im Selbstverlag publiziert und für 62 Euro bei Amazon angeboten. Das E-Book war bis zum Freitag für 9,99 Euro zu haben.

    Nach seiner Amoktat liest es sich wie sein Manifest, wie sein Vermächtnis. Es habe nach einem „Vorfall“, den er nicht näher beschreibt, eine dreijährige persönliche Reise in die Hölle durchgemacht, prophetische Träume gehabt, schreibt F. im Vorwort. Es scheine sogar, als sei Gott ihm persönlich erschienen, um „die Wahrheit ans Licht zu bringen“. F. will nicht weniger als den „Sinn der Schöpfung“ und die wichtigsten Themen der Heiligen Schriften erklären und in Kontext mit den „epochalen Ereignissen der Menschheitsgeschichte“ bringen. F. will damit die Uneinigkeit im Christentum und im Islam überwinden – offenbar nicht zwischen beiden Religionen – und Frieden zwischen „individuellen Gruppen“ schaffen.

    Frieden in Europa, so Philipp F., sei nur möglich, wenn West- und Osteuropa vereint würden. Das sei ursprünglich ein Projekt von Jesus Christus, das tausendjährige Reich Christi, das dieser zunächst durch Adolf Hitler verfolgt habe. Nun nehme Jesus gleichsam einen neuen Anlauf mit dem Versuch, die Ukraine in den Westen zu integrieren. Lobende Worte findet F. für Wladimir Putin: Er sei einer der wenigen Staatsmänner, die öffentlich Gottes Werte verteidigten: Familie, ein starkes Militär, und den konservativen Lebensentwurf. Der Angriff Russlands auf die Ukraine sei eine Art Strafe Gottes dafür, dass sich ukrainische Frauen in Israel prostituiert hätten.
    Besessen von der Frage nach der Rolle der Frau

    Es ist ein wirrer Mix aus historischen Plattitüden, simplistischer Bibelexegese und naiver Frömmelei auf kümmerlichem sprachlichem Niveau. Hätten die Kontrolleure der Hamburger Waffenbehörde nach dem anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung auch nur einen Blick auf das bei Amazon offen einsehbare Vorwort geworfen – sie hätten ernste Zweifel am Geisteszustand des Autors bekommen müssen.

    Regelrecht besessen muss Philipp F. von der Frage nach der Rolle der Frau in Religion und Gesellschaft gewesen sein. Seitenweise lässt er sich darüber aus, wie Gott an Frauen ihre Schönheit schätze, bevor er unter der Kapitelüberschrift „Wichtige Bekanntmachung“ zu Frauen im Hier und Jetzt kommt: Das Verhalten von Frauen habe sich in der Vergangenheit „drastisch zum Schlechten verändert“ und könne heute überwiegend als „blasphemisch“ bezeichnet werden. Für Gott und Jesus sei der Mann immer noch die „Krone der menschlichen Schöpfung“, verantwortlich für das Einkommen – und „immer“ das Familienoberhaupt und der Entscheider. Frauen hätten eine „dekorative“ Rolle, seien dazu da, ihre Männer zu unterstützen und könnten ihren Mann um Rat bitten, um sich eine Meinung zu bilden. Frauen sollten ihren Ehemännern „klar untergeordnet“ sein.

    Philipp F. ist ganz offenbar mit den heute üblichen Geschlechterrollen nicht zurandegekommen. Er hat sich einen misogynen vermeintlichen Naturzustand des Geschlechterverhältnisses herbeiimaginiert und ihn pseudoreligiös gerechtfertigt. Es ist kaum vorstellbar, dass er mit diesen Vorstellungen in der Lage gewesen ist, dauerhafte Beziehungen mit Frauen einzugehen. Einiges spricht dafür, dass er ein „Incel“ gewesen sein könnte, ein unfreiwillig zölibatär lebender Mann, wie viele Amokläufer. Auch, dass er in den Danksagungen zu seinem Buch, nach den Engeln aber noch vor seiner Familie, den „ladies“ dankt, die ihn sehr gut kennen würden. Es liest sich, als wollte er der Welt sagen: Doch, ich habe doch was mit Frauen gehabt! Eine muss für ihn besonders wichtig gewesen sein: Gewidmet hat er seine Schrift „einer faszinierenden, schönen, besonderen Lady“.

    #religion #secte #amok #Allemagne #Hambourg #témoins_de_jehova
    @reka

  • 2 Himmels-Bilder - DaybyDay ISSN 1860-2967
    https://www.daybyday.press/article8213.html

    An Stelle der Imbißbude wo sich 1986 der Mensch gewordene Engel Peter Falk und Solveig Dommartin in ihrer Rolle als Marion unterhalten, hat uns die Stadtverwaltung einen Fahrradständer beschert.

    Zu guter Letzt noch dieser Screenshot aus dem laufenden Film mit einem weiteren Bezug zur aktuellen Lebenswirklichkeit:

    Denn der Standort der Redaktion liegt seit 2022 in unmittelbarer Nachbarschaft zum U-Bahnof "Güntzelstraße, am Prager Platz.

    Wim Wenders: Muffensausen beim „Himmel über Berlin“
    https://www.welt.de/kultur/kino/article846526/Muffensausen-beim-Himmel-ueber-Berlin.html

    Wim Wenders: Ich denke vor allem: „Mensch, wie haben wir das bloß gemacht?“ Das ist ein Film, für den es keine Formel, kein Rezept und kein Vorbild gab. „Das würde ich nie wieder so hinkriegen!“ Das bringt wohl am meisten auf den Punkt, was mir beim heutigen Sehen in den Sinn kommt.

    WELT ONLINE: Woran erinnern Sie sich am liebsten?

    Wenders: An die Arbeit mit dem alten Curt Bois. Wie wir da eines Sonntags morgens auf dem Potsdamer Platz gedreht haben, an der Mauer, unter der Magnetbahn, die damals da noch entlang fuhr. Kein Mensch weit und breit. Das war ja eine Stadtwüste, eine Steppe, ein Niemandsland. Die Sonne schien, es war aber trotzdem kalt. Curt war ein Witzbold. Der brachte uns alle ständig zum Lachen. Und was er alles zu erzählen hatte zu dem alten Platz, den er tatsächlich als junger Mann mit seinem Auto oft überquert hatte. Den armen Otto Sander brachte Curt an dem Tag zur Verzweiflung. Wenn Otto hinter ihm stand, was er ja in seiner Rolle als sein Schutzengel oft genug mußte, ließ Curt sich immer unvermittelt nach hinten fallen, sobald ich „cut“ gesagt hatte. Dann mußte Otto ihn auffangen. „Du bist doch mein Schutzengel!“ begründete Curt das. Auch beim Proben ließ er sich plötzlich nach hinten fallen. Nicht nur angetäuscht. Wenn Otto ihn nicht immer festgehalten hätte, hätte der alte Mann sich Gott weiß was brechen können.

    Pommesbude aus legendärem Film: Jetzt kommt sie in den Frittenhimmel - taz.de
    https://taz.de/Pommesbude-aus-legendaerem-Film/!5288827

    1.4.2016 von Claudius Prösse - In „Himmel über Berlin“ trank Peter Falk hier Kaffee; jetzt wird die im Film zu sehende Pommesbude am U-Bahnhof Güntzelstraße abgerissen. Warum nur?


    Einst stand hier Peter Falk; nun steht hier bald nichts mehr.Foto: dpa

    Nichts weiß die junge Frau über den Mann, den sie sucht, nicht, wie er aussieht, und auch keinen Namen. „Nothing, huh? Now, this is a tough case“, gluckst Peter Falk, der gerade einen Kaffee am Imbiss trinkt. Bundesallee Ecke Trautenaustraße, neben dem Eingang zum U-Bahnhof Güntzelstraße und der Shell-Tankstelle. Was hat Lieutenant Columbo dorthin verschlagen? Ganz einfach: das Drehbuch von Wim Wenders’ „Der Himmel über Berlin“, 1987, Koautor Peter Handke.

    Peter Falk spielt darin einen US-Seriendarsteller namens Peter Falk, der in Wirklichkeit früher Engel war und deshalb gerne mal auf Verdacht mit seinen Exkollegen plaudert, etwa beim Kaffee. In diesem Fall ist die junge Frau aber ein Mensch und auf der Suche nach Bruno Ganz alias Damiel, noch so einem frisch geerdeten Geistwesen.

    Peter Falk ist tot, Solveig Dommartin, die Frau, ebenso. Bruno Ganz spielt nur noch eine einzige Rolle, den grantelnden Alten mit den buschigen Augenbrauen und dem weichen Kern. Überhaupt ist Berlin nicht mehr, was es 1987 mal war. Aber die Bude, die steht noch. Noch!

    Vergilbte Filmszenen

    Denn schon seit Jahren brutzeln hier keine Pommes mehr in Palmin, der Rollladen bleibt unten, und die Screenshots aus dem Film, der die kleine Bräterei ein bisschen berühmt gemacht hat, vergilben hinter verschmiertem Kunststoff. Und in ein paar Wochen soll das Abräumkommando anrücken, sagt der Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Marc Schulte (SPD), auf Anfrage der Grünen im Bezirk. Es gelinge dem Amt nämlich einfach nicht, Kontakt zum heutigen Eigentümer herzustellen. – Mal im Ernst: Wer macht denn so was? Ohne Not die ganz reale Kulisse eines Kultfilms be­seitigen? Um womöglich an derselben Stelle einen Kotbeutelspender oder eine Stromzapfsäule aufzustellen? Das darf nicht passieren.

    An dieser Stelle deshalb die herzliche Bitte an Wim Wenders, der immerhin noch lebt und sich guter Solvenz erfreut: Kaufen Sie die Bude! Lassen Sie dort wieder Fritten im Fettbad schwimmen, oder stellen Sie halt einen Bildschirm rein, auf dem Ihre Filme rauf und runter laufen. Oder besser nur den „Himmel“, das reicht.

    Damit sich die größten Melancholiker unter uns auch künftig davorstellen können, um bedeutungsschwanger ins Leere zu sprechen: „I can’t see you, but I know you’re here. I feel it. Compañero.“

    #Berlin #Wilmersdorf #Taxihalte #Trautenau #Bundesallee #U-Bahnhof_Gützelstraße #Trautenaustraße #Prager_Platz #Film #Himmel_über_Berlin

  • Einwohnerzahl in Berlin: Die Stadt wächst wieder
    https://taz.de/Einwohnerzahl-in-Berlin/!5912645

    14.2.2023 von Bert Schulz - Laut dem Amt für Statistik lebten 3,85 Millionen Menschen in Berlin, gut 75.000 mehr als 2021. Der Zuwachs geht allein auf Zuzug aus dem Ausland zurück.

    BERLIN taz | Berlin geht mit großen Schritten auf vier Millionen Ein­woh­ne­r*in­nen zu. Ende Dezember lebten knapp 3,85 Millionen Menschen in der Stadt, rund 75.000 oder 2 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor, wie das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg am Dienstag mitteilte. Das ist die höchste Zahl seit der Wiedervereinigung. Tatsächlich dürfte die Zahl der Menschen in Berlin noch etwas höher liegen.

    Denn das Statistikamt greift für seine Berechnung auf die Meldedaten zurück. Gezählt werden also jene Menschen, die offiziell ihren Hauptwohnsitz in Berlin haben. „Daher liegen die Daten auch relativ schnell vor“, erklärte Frank Gödicke vom Amt für Statistik auf taz-Nachfrage. Der Zuwachs im vergangenen Jahr ergibt sich vor allem durch die Zuwanderung aus dem Ausland: Mehr als die Hälfte der neu gemeldeten Ein­woh­ne­r*in­nen hatte die ukrainische Staatsangehörigkeit; der größte Teil dieser 42.916 Menschen dürften also Kriegsflüchtlinge sein.

    Diese Zahl wiederum liegt allerdings deutlich unter jener, mit der die Landespolitik agiert, wenn sie von Geflüchteten aus der Ukraine spricht: In der Regel geht man von 100.000 Menschen oder sogar mehr aus, die seit Kriegsausbruch in Berlin untergekommen sind. „Diese 100.000 sind auch deutlich realistischer“, sagte Sascha Langenbach, Sprecher des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF).

    Wo diese Menschen untergekommen sind, etwa bei Freunden, Verwandten und Bekannten oder durch Initiativen der Bezirke, sei dem LAF nicht bekannt; entsprechend gebe es auch keine genauen Zahlen. In den Unterkünften des LAF lebten lediglich rund 4.000 Menschen aus der Ukraine, so Langenbach weiter.

    Seit 2022 sind Personen aus der Ukraine die zweitgrößte Gruppe von Aus­län­de­r*in­nen in Berlin: Insgesamt sind 57.500 Ukrai­ne­r*in­nen hier gemeldet. Die größte Gruppe sind Staatsangehörige aus der Türkei mit 101.300 Personen.

    Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund stieg um 2 Prozentpunkte auf 38,6 Prozent

    Und noch aus einem weiteren Grund dürfte Berlin noch etwas mehr Ein­woh­ne­r*in­nen haben als die registrierten 3,85 Millionen. Schätzungen zufolge leben mindestens mehrere tausend Menschen obdachlos auf der Straße. Zudem leben, ebenfalls laut Schätzungen, mehrere zehntausend Menschen ohne Papiere, sprich Geflüchtete ohne Aufenthaltserlaubnis, in der Stadt.

    Während der Pandemie stoppte der Zuzug

    Berlin wächst seit Mitte der Nullerjahre wieder, nachdem zum Jahrtausendwechsel die Einwohnerzahl sogar dezent sank. Bis 2009 lag dieses Wachstum meist im mittleren vierstelligen Bereich, nahm dann aber bald an Dynamik zu, sodass in den Zehnerjahren grob überschlagen pro Jahr gut 40.000 Menschen mehr nach Berlin als weg zogen. 2019 ging der Zuwachs deutlich zurück – in den Pandemiejahren 2020 und 2021 lag er mit nur 467 und 5.500 sehr niedrig.

    Der Sprung 2022 ist vor allem, aber nicht nur durch den Ukrainekrieg zu erklären. Auch ohne Menschen aus jenem Land hätte es ein Plus von 32.400 Menschen gegeben, so das Amt für Statistik. Notwendig für das Wachstum ist aber Zuwanderung aus dem Ausland, denn die Zahl der Menschen mit deutschem Pass in Berlin ging 2022 um rund 13.500 Menschen zurück.

    Die zweitgrößte Gruppe von Zuwanderern aus dem Ausland stellen Menschen aus Indien dar. 2022 ließen sich fast 7.800 von dort in Berlin nieder, nahezu doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Drittgrößte Gruppe sind Personen aus der Russischen Föderation mit einem Plus von 5.700 Menschen.

    Besonders attraktiv für die Neu­ber­li­ne­r*in­nen war der Bezirk Mitte, wo mehr als 14.100 hinzogen; es folgen Pankow und Lichtenberg mit knapp über beziehungsweise knapp unter 10.000 Neuanmeldungen. Ausgerechnet das als Einwandererbezirk bekannte Neukölln verzeichnet mit nur knapp 4.100 Anmeldungen den niedrigsten Zuwachs. Alle Bezirke verloren Ein­woh­ne­r*in­nen mit deutschem Pass, besonders groß war der Wegzug aus Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Minus von 3.100.

    Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund, also mit einer ausländischen Nationalität oder Herkunft, stieg in Berlin entsprechend um 2 Prozentpunkte auf 38,6 Prozent. In Mitte hatte mehr als die Hälfte der Einwohner einen Migrationshintergrund, in Treptow-Köpenick lag ihr Anteil bei 22,3 Prozent.

    #Berlin #Demographie

  • Kunst in Autos in Berlin: Die Stunde der Art Cars
    https://taz.de/Kunst-in-Autos-in-Berlin/!5910880

    Das Projekt

    CARPARK. Verschiedene Orte in Kreuzberg und Mitte, bis 19. 2., Außeninstallationen 24 Std. einsehbar, Sound je 9–21 Uhr; Audioinstallation von Kinga Kielczynska, ab 15. 2., Bauhütte Kreuzberg; Infos und Film von Peng Zuqiang: www.carpark.berlin; 19. 2.: Finissage mit Performance und Screenings, ab 18 Uhr vor und in Halle 3, Dorfplatz Dragonerareal, Obentrautstr. 19–21

    11.2.2023 von Noemi Molitor - Das Projekt „Carpark“ lässt Pkws zum Kunstort werden. Installationen im öffentlichen Raum und ein Filmprogramm drehen sich um die fahrenden Gefährten.
    Filmszene: Ein Auto steht in einem Wald. Neben der Fahrer- und der Beifahrertür stehen rechts und links jeweils ein Mann in Sommerkleidung. Die Person links im Bild hat sich vom Auto abgewendet. Der Mann rechts im Bild hat die Hand auf den Autospiegel gelehnt und schaut wie in Gedanken ins Leere.

    Im Auto, ums Auto und ums Auto herum. Sill aus Peng Zuqiangs Kurzfilm „Keep in Touch“ (2021) Foto: Peng Zuqiang

    Eingeschneit verstärkt sich der naturgewaltige Effekt von Nike Kühns Autoinstallation noch: Die Scheiben sind von Schnee bedeckt, jedoch einen Spalt breit offen gelassen, sicher damit der Japanische Staudenknöterich, der im Innern des Fahrzeugs gedeit, wenigstens etwas Sauerstoffzufuhr abseits der Photosynthese hat, an der er in Berlin oft bewusst gehindert wird.

    In der Stadt schmiegt sich so ein zum Pflanzenkübel umfunktioniertes Auto weniger vertraut ins Bild als auf dem Land, wo schon mal der ein oder andere alte Käfer pflanzenbewachsen auf einem Grundstück steht, so als Memento an die Fahrten zu Rockkonzerten in den 70ern oder dem einen Date, das alles veränderte.

    Beim Kunstprojekt CARPARK – unter Beteiligung von Dennis Dizon, Anna Ehrenstein & Rebecca Korang, EVBG (Marie Sophie Beckmann & Julie Gaspard), Luki von der Gracht, Tara Habibzadeh, Kinga Kielczynska, Nike Kühn und Göksu Kunak – sind dafür gleich mehrere der Autos bewachsen, die sich als Installationsräume auf diverse Parkplätze in Mitte und Kreuzberg verteilen.

    Auf dem Dragonaareal (Seite Mehringdamm) ist das Kühns Installation „Alien Species“ mit dem Staudenknöterich. Dass hier mal Menschen zu Werk waren, lässt sich nur noch am grellgrünen Duftbäumchen erkennen, das hier mit der Aufschrift „Wunderbaum – Grüner Apfel“ vom Spiegel baumelt. In der Fahrerkabine schaut gerade noch so der Schaltknauf aus der Erde, der Rest gehört bereits der Pflanze. Neophyten wie sie sind oft mit bedrohlichen Adjektiven wie „invasiv“ belegt, gleichzeitig zeigen sie in der Klimakatastrophe besondere Widerstandskräfte. Mitschuld an dieser Klimakrise tragen ja auch nicht die Autos per se, sondern die Treibstoffe, die traditionell für sie verwendet werden.

    Auf der anderen Seite des Dragonerareals gibt es zur Finissage des von Savannah Thümler kuratierten und unter der künstlerischen Leitung von Marenka Krasomil organisierten Projekts eine Performance von Göksu Kunak und ein Filmscreening des kuratorischen Kollektivs EVBG voller Autofilme. Dort wird als Gegengewicht zu Kühns kürzlich noch eingeschneitem Pkw auch Dennis Dizons dampfende Autoinstallation „hotboxx“ (2023) zu sehen sein, die nach Harz riecht (Eingang über Auto Klas).
    Brandneue Kraftstoffe

    Die Installation ist Teil von Dizons künstlerischem Forschungsprojekt „too cool to burn“ über die Harzgewinnung aus Kiefern im Mittelmeerraum. Dieser Harz steht ganz oben auf der Liste der Ersatzstoffe für Erdöl und wird bereits bei bestimmten Tinten und Farben, sowie, je nach Gewinnungsart, sogar als Biokraftstoff gehandelt. Allerdings ist er extrem entflammbar, was bei der steigenden Anzahl an Waldbränden nichts Gutes heißt.

    Autos sind aber nicht nur Umweltfresser und Platzräuber, sondern auch Freiheitsschenker und Rückzugsorte. Zweite Zuhause können nicht nur Lkws, sondern auch Pkws sein. Die imaginäre Fah­re­r*in von Tara Habibzadehs Wagen muss wohl am liebsten „Freed From Desire“ auf ih­ren*s­einen Fahrten gehört haben, dazu für die Pausen Bücher der Genderforscherin Afsaneh Najmabadi. In GALAs Song mischt sich schließlich die Stimme eines jungen Mannes, der Arbeiter in der Ölraffinerie in Abadan beim Streik filmte.

    Ab Mittwoch, den 15. 2., kommt noch für einige Tage Kinga Kielczynskas Installation „XVII“ zur dezentralen Ausstellung dazu. Die Künstlerin wird ihr Vehikel auf dem Gelände der Bauhütte Kreuzberg parken. Sie arbeitete bereits filmisch zum Bialowicza-Urwald in Polen und kennt sich mit bewachsenen Autos aus, die sie zum Beispiel auf der Manifesta 12 in Palermo zeigte oder aber in nicht weiter identifizierten Wäldern ausstellt und fotografisch dokumentiert: Die Welt ohne Mensch, frei nach Alan Weisman.

    Kassettendeck, Platz für etwas Kleingeld und die Hand vom Beifahrersitz aus dem Fenster gestreckt, um mit ihr auf der Luft zu surfen. So könnte auch die Fahrt der zwei Männer in Peng Zuqiangs Super-8-Film „keep in touch“ verlaufen sein bevor sie hier im Wald geparkt haben, um sich – das Auto zwischen ihnen – unentschlossen, aber voneinader angezogen, gegenüber zu stehen. Der experimentelle Kurzfilm, der für die gesamte Projektlaufzeit auf der Webseite zu sehen, ist ein queeres Zeugnis der Zärtlichkeit.

    #Berlin #Kunst #Verkehr

  • 125. Geburtstag von Bertolt Brecht: Berlin will sein Ensemble zurück
    https://taz.de/125-Geburtstag-von-Bertolt-Brecht/!5914996

    10.2.2023 von Bert Schulz - Kurz nach der Wende war Brechts einstiges Theater privatisiert worden. Nun möchte das Land das boomende Haus wieder für sich allein haben.

    BERLIN taz | Klaus Lederer gibt sich überzeugt: „Ich glaube, das würde Brecht gefallen.“ Gemeint ist, dass das Berliner Ensemble (BE) wieder komplett in die Trägerschaft des Landes übergehen soll. Entsprechende Pläne stellen der linke Kultursenator gemeinsam mit BE-Intendant, Alleingesellschafter und Co-Geschäftsführer Oliver Reese am Freitag vor.

    Für Berlin ist diese „Re-Kommunalisierung“, wie sie Lederer nennt, ein doppelter Gewinn: Nicht nur darf sich ein weiteres Haus landeseigen nennen, das BE läuft auch wirtschaftlich gut. 96 Prozent beträgt die Auslastung in dieser Spielzeit bisher, berichtet Reese zufrieden, im Januar seien es sogar 99 Prozent gewesen. Eine halbe Million Euro Plus habe man erwirtschaftet.

    Damit macht das Theater seinem weltberühmten Ruf alle Ehre. Der begründet sich darauf, dass Brecht das damalige Theater am Schiffbauerdamm 1954 übernehmen und dort fortan seine eigenen Stücke spielen konnte. Lange dauerte Brechts Karriere leider nicht mehr: Zwei Jahre später starb er im Alter von nur 58 Jahren. Doch in dieser Zeit habe sich „Brechts Weltruhm manifestiert“, sagt Reese. Brecht gilt heute als einer der wichtigsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker.

    An Oliver Reeses vielen Titeln ist schon erkennbar, dass die heutige rechtliche Konstruktion des Theaters kompliziert ist. Die einstige DDR-Staatsbühne ging nach der Wende ins Eigentum des Landes über, das aber Mühe hatte, die zahlreichen Theater Berlins zu finanzieren. Für das BE fand sich eine besondere Lösung: Einst fünf Gesellschafter übernahmen das Haus, indem sie Anteile von je 10.000 Mark zeichneten. Was nicht heißt, dass das Land nicht viel Geld zuschießt: Zuletzt waren das laut Reese im Jahr 18,7 Millionen Euro.

    Heute ist Reese alleiniger Gesellschaftler. Er sei bereit, seinen Anteil im Wert von gut 50.000 Euro zu verkaufen; das Land würde sie übernehmen, betont Lederer. Dass die beiden die Pläne ausgerechnet am 125. Geburtstag Brechts am 10. Februar bekannt machen, hat vor allem symbolischen Charakter. Denn noch muss Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) zustimmen und abschließend auch das Abgeordnetenhaus. Beides dürfte reine Formsache sein, selbst wenn die Wahl am Sonntag neue politische Verhältnisse ergeben würde.
    Längst keine „Bruchbude“ mehr

    Denn das BE stehe gut da. Vor sechs Jahren noch, zu Beginn seiner Intendanz, habe er es tatsächlich mal „Bruchbude“ genannt, berichtet Reese. Inzwischen sei viel saniert worden, mit dem „Neuen Haus“ eine zweite Bühne und gar ein richtiges kleines Kulturquartier entstanden, offen für alle Berliner*innen. Sowohl Lederer wie Reese nannten das BE als eines der wichtigsten Kulturgüter Berlins, nicht nur wegen des Namens. Bei der gänzlichen Übergabe ans Land geht es Reese vor allem um die Zukunft des Brecht-Theaters: „So ist das Haus auf Dauer abgesichert.“

    #Berlin #Mitte #Schiffbauerdamm #Theater #Politik #Geschichte #Privatisierung #Brecht

  • Gärtnern an der Stadtautobahn: „Das war wie im Paradies“
    https://taz.de/Gaertnern-an-der-Stadtautobahn/!5911236

    12.2.2023 von Michael Kröchert - Autobahnneubau ist in Berlin kein Thema von gestern. Sebastian B., 36 Jahre alt, hat beobachtet, wie die A100 durch Neukölln gesprengt worden ist.

    BERLIN taz | Das war wie im Paradies. Von hier, von diesem Zaun aus, bis da drüben, bis zum Estrel-Hotel waren überall Schrebergärten. Und sie waren alle verlassen, weil die Pächter gehen mussten oder besser: gegangen wurden. Manche haben zwar Ausgleichszahlungen erhalten, andere bekamen Ersatz-Schrebergärten, aber glücklich waren sicher die wenigsten.

    Alle Texte finden Sie hier taz.de/sonnenallee

    Es hat mich unglaublich glücklich gemacht, dort durch die verwaisten Gärten zu streifen. Alles war so üppig und grün und schon nach einem Jahr völlig zugewachsen. Einmal bin ich durch diese verlassenen Gärten gestreift und plötzlich war da ein Mann, der Trompete gespielt hat. Ich habe ihn erst gehört, als ich schon ganz nah war, so verwildert war das alles. Das war ein schöner Moment.

    Von Protesten weiß ich nichts, ich glaube, die damalige Generation der Schrebergärtner hat nicht wirklich protestiert, die waren eher spießig, vermute ich, obwohl ich auch nicht sagen will, dass sie obrigkeitshörig waren. Wenn das heute passieren würde, vor dem Hintergrund der jetzigen Klimadebatte, und mit uns jüngeren, klimabewussten Pächtern in den Kleingärten, hätte es ganz sicher viel mehr Widerstand gegeben. Klar, da waren auch ein paar Künstler, die die verwaisten Schrebergärten ein bisschen besetzt haben; aber das war eher zum Genießen, den Sommer über, zum Trompetespielen.

    Ich weiß noch, wie ich dort ganz lange auf einer Wiese lag und einfach in den Himmel geschaut habe. Einmal bin ich auch in einer verlassenen Laube gewesen, dort standen noch die Biergläser und Kaffeetassen auf dem Tisch und Regale und Schränke mit Küchengeräten, so als hätten die Menschen alles stehen und liegen gelassen. Das war merkwürdig, ein bisschen wie 1990, als es im Osten Wohnungen gab, deren Besitzer die Tür hinter sich zugezogen haben und nie wieder aufgetaucht sind. Es gab da auch Momente, in denen das gruselig war.
    Der große Schock

    Dann kam dieses Weihnachten. Das war 2012 oder 2013. Ich war bei meiner Familie in Westdeutschland gewesen, und wie immer – ich glaube, das geht allen so – war ich bei meiner Rückkehr erschöpft vom Essen, seelisch weich von den Konflikten in der Familie, sentimental vielleicht auch. So kam ich zurück nach Berlin, und das war dann ein Schock. Sie mussten riesige Bulldozer verwendet haben, extra über die Feiertage, weil sich da niemand darum scherte.

    Mir ging es nicht so sehr um die Datschen, obwohl die mit viel Liebe und Sorgfalt über Jahrzehnte in Eigeninitiative entstanden sind, sondern es waren die uralten, wunderschönen Obstbäume, Hunderte, die dort überall standen und die diese paradiesische Stimmung geprägt haben, die im Frühling geduftet und geblüht haben. Und dann war das alles plötzlich weg!

    Alles war plattgemacht und ausgelöscht. In der Zeit davor kam ich mir manchmal wie ein Einsiedler vor, der in der Wildnis unterwegs war, und als ich direkt nach Weihnachten auf diese riesige gerodete Fläche schaute, habe ich mich gefühlt, als hätte mir jemand meinen Lebensraum weggenommen. Ich stand hier, genau hier, wo wir jetzt stehen und … das ging mir sehr, sehr nah. Dann begannen die Bauvorbereitungen. Die Giftmüllbeseitigung hatte schon zuvor stattgefunden, denn überall im Boden waren Asbest- und Eternit-Wurzelsperren. Da waren sie über einen längeren Zeitraum mit Schutzanzügen beschäftigt, um das fachgerecht zu entsorgen.
    Als die Archäologen kommen

    Danach kamen die Ar­chäo­lo­g*in­nen mit Baucontainern und dem ganzen Werkzeug. Ich habe mich mit denen angefreundet und ihnen im Sommer Kirschen von dem Baum hier gegeben. Sie haben mich zu ihrem Abschlussfest auf ein Bier eingeladen. Aber wirklich was gefunden haben sie bei ihren Ausgrabungen, soweit ich weiß, nicht.

    Nur eine Feuerstelle aus der Bronzezeit beziehungsweise Hinweise auf eine Siedlungsstelle, wenn ich mich richtig erinnere. Wenn man tief unten etwas im märkischen Sand findet, dann kann es sich hier in dieser Gegend um Steinzeitfunde handeln. Darüber liegt der Schutt aus der Zeit der Industrialisierung und vor allem aus der Kriegszeit. Als die Archäologen abgezogen sind, begannen sie mit dem eigentlichen Bauen der Autobahn. Sie mussten diese irre Schneise in den Boden treiben.

    Wochen-, monate-, jahrelang haben sie den Abraum wegtransportiert und überall sind sie auf enorme Widerstände gestoßen. Also auf Felsen oder Granitsteine und gigantische Findlinge. Die haben sie nicht abtransportiert, sondern mit einem Spezialgerät, das so aussah wie ein langer Bohrer, gesprengt und zerteilt. Wie genau das funktionierte, weiß ich nicht; auf jeden Fall hat die Erde, genau hier, wo wir jetzt stehen, gebebt. An unserem Vereinsheim gab es Risse, es sind auch andere Schäden entstanden. Vor Kurzem hat mir jemand erzählt, dass eine der Kolonien eine Entschädigung von wenigen hundert Euro erhalten hat … Nach zehn Jahren!

    Auch diese Sprengungen der Felsen haben bestimmt dazu geführt, dass das einer der teuersten Autobahnabschnitte wurde, der je in Deutschland gebaut worden ist. Ich denke manchmal, dass sie das hier nur machen, damit sie später sagen können, jetzt bauen wir den Autobahnring erst mal bis zum Treptower Park, und wenn wir schon so weit sind, dann geht’s weiter bis Lichtenberg und Pankow. Wobei mich mal interessieren würde, was sie mit dem ganzen Sand gemacht haben, der ist vermutlich wertvoll, den braucht die ganze Welt für die Herstellung von Beton. Normalerweise ist der Abraum für immense Kosten verantwortlich, aber hier war ja alles feinster märkischer Sand!

    Riesige Wasserbecken

    Auf jeden Fall haben sie dann Schote in die Schneise eingezogen, also Zwischenwände quer zu den Rändern; und diese haben sie bis oben hin mit Wasser gefüllt. So entstanden riesige Wasserbecken; das mussten sie angeblich so machen, um den nötigen Gegendruck zu erzeugen, damit die Seitenwände stehen blieben, und dann haben sie Beton verwendet, der unter Wasser aushärtet. Wieder etwas, was es so teuer hat werden lassen. Jetzt ist die Autobahn fast fertig. Hier vorne, da kommt noch ein Grünstreifen hin.

    In mir? Da war von Anfang an Gleichgültigkeit. Mal gucken, was das wird, habe ich mir gesagt. Ich bin froh, dass die Autos weniger Emissionen verursachen; denn Feinstaub ist ein großes Problem. Mir ist es wichtig, dass die Luft sauber bleibt, auch wegen der Beete, auf denen ich nach und nach immer mehr anbauen will. Ich bin überglücklich, dass ich diesen Garten habe. Eigentlich sehe ich mich als Gewinner der Situation. Warum der Vorbesitzer den Garten verlassen hat, das weiß ich nicht. Vielleicht wollte er seine Freizeit nicht an der Autobahn verbringen.

    Es hat ein bisschen gebraucht, bis ich mit den Alteingesessenen auf Betriebstemperatur war. Doch ich liebe Neukölln. Ich brauche das Chaos, auch die verschiedenen Strömungen, ich will nicht woanders leben. Das waren übrigens sehr schöne Momente, als es die Pferde am Richardplatz noch gab und ich dort Mist für meine Beete geholt habe. Mit dem Karren voller Pferdeäpfeln an den Cafés mit den Hipstern vorbei …

    Meiner Meinung nach sollte die Stadt aus mehreren Ebenen bestehen. Das wäre mit einer Überdachung der Autobahn möglich. So wie sie es in Hamburg machen. Das nennen sie Überdeckelung. Und dort kann man wieder Gärten und Wohnhäuser drauf bauen. Ich kann nicht verstehen, wieso sie das nicht gleich so geplant haben.

    Mein Leben? Ich bin dafür, dass alles gleichzeitig, symbiotisch und friedlich existiert. Soll doch jeder auf seine Weise an sein Ziel kommen.

    Sonnenallee, Ecke Autobahn. Ein Sonntag Ende Januar. Müll weht gegen die Bauzäune, Krähen hüpfen auf Baggerschaufeln herum. Menschen sind nicht zu sehen, dafür farbenprächtige Graffiti und unzweideutige Parolen, die den Neubau bereits schmücken. Genau hier hat ein alter Freund einen Schrebergarten, der seit mehr als zehn Jahren unmittelbar an die Baustelle grenzt. Wir stehen an seinem Zaun, der Grenze zwischen dem, was bleiben darf, und dem, was verschwunden ist.

    Michael Kröchert ist Autor des Buchs „Autobahn – ein Jahr zwischen Mythos und Alp­traum“ (Tropen Verlag 2020).

    #Berlin #Neukölln #Sonnenallee #A100 #Autobahn #Stadtentwicklung #Laubenkolonie #Schrebergarten #Interview

  • Plaudern im Salon: Waschen, Schneiden, Schnauze halten
    https://taz.de/Plaudern-im-Salon/!5912044

    Gentrifizierung tötet die Kommunikation zwischen den Klassen. Wo die Berliner Mischung bewirkte, dass alle mit allen redeten und stritten, haben die Insassen der Gated Communities die Kommunikation mit denen da unten eingestellt. Kommuniziert wird mit Apps und Anwälten. Die sorgen dafür, dass Dienstleister spuren und Noch-Wohnungsinhaber unschädlich gemacht werden.

    Man bleibt unter sich und verweigert nun auch den Dialog mit Friseur und Taxifahrer. Kein Problem, die Zeit der studentischen Taxibetriebe ist lange vorbei
    Heute muss niemand mehr befürchten, seinen künftigen Kollegen oder Chef am Steuer vor sich zu haben.

    Hinter dieser neuen Gestaltung der Klassenbeziehungen steckt ein Regelkreis aus sich sich wechseitig verstärkenden Elementen. Die durch unterschiedliche wirtschaftliche Lage der Beteiligten verursachte Distanz wird durch die Einführung neuer Technologien radikalisiert, und als Folge werden die Menschen selber in ihrer körperlichen und geistigen Verfassung modifiziert.

    Die Internettechnologie ermöglicht die virtuelle Fabrik und Koordinierung ihrer Produktionsabläufe weltweit, wozu die monolithische Fabrik im Hochlohnland zerschlagen wird. Die herrschende Klasse setzt dann die „Herrschaft des Sachzwangs“, der nichts anderes ist als die Erfordernisse der kapitalistischen Produktionsweise, mit ihren Tausend-Euro-Smartphones auch in den „privaten“ Lebensbereichen durch.

    Erfolg wird daraus mit Hilfe von Werbung, Zurschaustellung von Blingbling-Bachelor-Medienprodukten und der ganzen Palette der Wellness-Industrie.

    Der TAZ-Artikel beschreibt, wie die Mittelklassen im Kapitalismus eine ins einundzwanzigste Jahrhundert transponierte feudale Haltung zu ihren Untergebenen einnehmen. Dabei gehen sie genau genommen sogar noch brutaler vor als der Adel des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts. Befehle erteilen die heutigen Reichen nicht mehr Menschen sondern Maschinen. Gemacht wird die Arbeit aber nach wie vor von Menschen, die wie Roboterarme behandelt werden.

    Die Oberen Klassen haben sich selbst die Verkörperung der Ideale von „performance“ "lean production", „Optimierung“ und „gesunden Prozessen“ auferlegt, und führen deshalb in die Arbeitsumgebung ihrer perpheren, häuslichen und „körpernahen“ Dienstleister immer mehr Wesenszüge der Fabrikarbeit vor der Digitalisierung ein.

    Das ist es dann wohl, wenn von „Smart Cities“ die Rede ist. Alle sind „always connected“ jederzeit bereit mit Cents entlohnte „micro tasks“ zu erledigen, für die Maschinen entweder zu dumm oder zu teuer sind

    Ich bin gespannt welcher Kippunkt zuerst erreicht sein wird, der klimatische oder der gesellschaftliche. Die Entmenschlichten werden dann entweder still und leise verenden oder im Aufstand lautstarker Teil der kollabierenden Geschichte sein.

    Am 2.2. veeöffentlicht auch die Berliner Zeitung einen Artikel zum Thema: Anne Vorbringer, Sagen Sie jetzt nichts: Warum bei immer mehr Berliner Friseuren geschwiegen wird (#paywall)
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/trend-schweigen-silent-cut-haarschnitt-ohne-smalltalk-sagen-sie-jet

    1.2.2023 von Susanne Messmer - In Berlin kommen Haarschnitte ohne den üblichen Small Talk in Mode. Was ist das für eine Welt, in der niemand mehr aus seiner Blase will?

    Nicht, dass seit dem schnellen Siegeszug von „Cut an Go“ noch sehr viel übrig geblieben wäre vom guten, alten Friseur*innenbesuch. Aber dass es nun auch noch in Friedrichshain, Kreuzberg, Charlottenburg und Prenzlauer Berg erste Salons gibt, bei denen Besuchende einen „Silent Cut“ buchen können, um sich nicht einmal mehr während der raschen Wäsche, dem hektischen Schnitt und Selberföhnen am Schluss kurz übers Wetter, die weltpolitische Lage oder wenigstens die neue Pony-Frisur von Anne Hathaway auszutauschen: Das ist wirklich zu haarsträubend.

    Vor allem den Jüngeren muss es wohl kurz erklärt werden: Früher waren Termine im Friseursalon Wochen vorher zu buchen, für den einfachsten Haarschnitt ohne Strähnchen, Dauerwelle und ähnliche Scherereien war mindestens eine Stunde einzurechnen. Manchmal sieht man es noch in alten Hollywoodfilmen und Vorabendserien, wie Frauen unter der Haubenreihe über ihre Männer und den Rest der Welt zoteten, während sich Männer bei der Rasur über ihre Frauen und den Rest der Welt ausließen.

    Noch in den Achtzigern gab es vor allem auf dem vermeintlich ereignisarmen Land viele gutbürgerliche Frauen, die mindestens alle zwei Wochen zum Friseur gingen. Nie hätten sie daran gedacht, bei ihrem Jour fixe mit der Friseurin ihres Vertrauens aufs Plaudern zu verzichten.

    Natürlich werden es trotz des spontanen Haarschnitts zwischen zwei Terminen, der heute in der Großstadt gang und gäbe geworden ist, immer auch teure Friseursalons weiter existieren, wo es zugeht wie vor 100 Jahren: Vielleicht ist das vergleichbar mit der Lust auf Schallplatten trotz Musikhören auf dem Handy. Trotzdem sollte es bedenklich stimmen, dass nicht nur die Fri­seu­r*in­nen selbst „Silent Cuts“ wünschen, sondern auch die Kund*innen.
    Je­de*r auf seiner Insel

    Denn in den Bezirken, in denen neuerdings Waschen, Schneiden, Schnauze halten angeboten wird, ziehen tatsächlich zunehmend Menschen zu, die sich gern panzerartige Autos kaufen und diese am liebsten in ihren Tiefgaragen mit direktem Aufzug in die Wohnung abstellen. Es ist kein Klischee, dass sie sich von der Gesellschaft entkoppeln und meinen, auf einer Art eigenen Insel leben zu können, indem sie etwa das Gespräch mit den geringverdienenden Er­zie­he­r*in­nen ihrer Kinder, ihren Haushaltshilfen oder Ta­xi­fah­re­r*in­nen versuchen zu meiden.

    Dabei ist es durchaus möglich, mit Fri­seu­r*in­nen Gespräche zu führen, die weit über das Wetter, die Weltpolitik oder die neuesten Frisuren aus Hollywood hinausgehen. Gespräche zum Beispiel, in denen viel über die Brutalität unserer sozialen Schere zu erfahren ist.

    Silence ain’t golden: Was wäre das für eine Welt, in der niemand mehr aus seiner Blase will?

    #Berlin #Gentrifizierung #Klassenkampf #Revolution #catastrophe_climatique #capitalocène

  • Soll Deutschland schwere Kampfpanzer an die Ukraine liefern?
    https://www.mdr.de/mdr-aktuell-nachrichtenradio/audio/audio-2235940.html
    http://avw.mdr.de/streams/284340-0_mp3_high.m3u
    von Rommy Arndt
    https://rommyarndt.de

    Voilà ce qui se passe quand tu oses publier une opinion différente de celle que défendent le gouvernement, les médias ÖR, ceux appartenant à la grande bourgeoisie et l’ex journal de gauche TAZ mué en défenseur d’un libéralisme peint en vert. On se réunit pour te présenter comme traitre ("traitresse" dans les cas présent), ami de Poutine et ennemi de la cause de la liberté. Dans ce billet je présente la réaction exceptionellement tolérante de la maison de raidiotélévision-internet MDR qui a osé accepté de publier un commentaire critique et des commentaires moins ouverts qui représentent la prèsque totalité de ceux que peut lire le public typique.

    Auf keinen Fall, meint unsere Kommentatorin
    MDR AKTUELL Do 19.01.2023 17:36Uhr 04:36 min

    Zu diesem Kommentar erreichen uns eine Vielzahl an Rückmeldungen. Aus diesem Grund eine Erklärung der MDR-Chefredaktion:

    Panzer-Lieferungen werden von vielen Menschen bundesweit und von einer Mehrheit im Osten Deutschlands abgelehnt (Quelle: Infratest/dimap). Viele Menschen ängstigt der Krieg in der Ukraine und mögliche Folgen.

    Die Vielfalt von Perspektiven und Meinungen in einer Gesellschaft breit und differenziert abzubilden, ist ein wichtiger Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags.

    Dazu zählen neben diesem Kommentar kontinuierlich Formate und Inhalte auf all unseren Ausspielwegen, die sich sehr differenziert mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine auseinandersetzen.

    Gleichwohl sieht die Chefredaktion bei diesem Kommentar unsere journalistischen Qualitätskriterien bzgl. der Äußerungen zu der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Frau Strack-Zimmermann, nicht ausreichend berücksichtigt. Wir werden dies in der Redaktion auswerten.

    Aus Gründen der Transparenz haben wir uns entschieden, den Kommentar nicht zu bearbeiten.

    Redaktioneller Hinweis: Auch aus Transparenzgründen haben wir entschieden, dass dieses Audio nicht entsprechend der üblichen Verweildauer für die Elemente der Audiothek von MDR AKTUELL nach sieben Tagen automatisch offline geht. Es ist bis zum 2. Februar 2023 verfügbar.
    Logo Mitteldeutscher RundfunkDer Mitteldeutsche Rundfunk ist Mitglied der ARD.

    MDR-Kommentar zur Panzerfrage: Wütend und fassungslos
    https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/mdr-kommentar-zur-panzerfrage-w%C3%BCtend-und-fassungslos/ar-AA16HtvZ

    24.1.2023 von Kevin Hanschke - Die Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine polarisiert die Bundesrepublik. Besonders tief ist der Meinungsspalt zwischen Ost- und Westdeutschland. Nach der aktuellen repräsentativen Umfrage des Deutschlandtrends befürworten deutschlandweit 46 Prozent der Befragten die Lieferung von Panzern, 43 Prozent lehnen sie ab. In den ostdeutschen Bundesländern beträgt das Verhältnis 32 Prozent zu 59 Prozent. In einer nicht repräsentativen Telefon-Umfrage des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) sprachen sich sogar 94 Prozent der Anrufer gegen Panzer aus.

    Die MDR-Moderatorin Rommy Arndt verweist auf Twitter auf diese Zahl, um einen von ihr verfassten und vorgetragenen Hörfunk-Kommentar zur Panzerfrage zu verteidigen, der heftige Kritik ausgelöst hat. Der viereinhalb Minuten lange Kommentar mit dem Titel „Soll Deutschland schwere Kampfpanzer an die Ukraine liefern?“, das Debüt der langjährigen freien Mitarbeiterin im Genre des Kommentars, wurde am 19. Januar von MDR aktuell gesendet, dem Nachrichtenradio des MDR. Auf der Internetseite des Senders wird die Antwort auf die Titelfrage so zusammengefasst: „Auf keinen Fall, meint unsere Kommentatorin.“
    Wer oder was treibt Putin an?

    Was sie tut, ist das Gegenteil davon. Diese Regierung verletzt seit Monaten auf unverzeihliche Art ihren Amtseid.“ Als eigentlichen Akteur der deutschen Ukrainepolitik macht die Mitarbeiterin des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks allerdings die Medien aus, die „seit Monaten“ die Debatte „befeuern“. Olaf Scholz ist in Arndts Augen ein zögerlicher Kriegstreiber, ein von Journalisten Getriebener. Durch diesen „öffentlichen Druck“, würden „die Grenzen des Denkbaren, Sagbaren und Machbaren weiter verschoben“.

    Wer oder was treibt Putin an? Arndt meint, er wolle „in der Ukraine ein Exempel statuieren“, nämlich der Nato „die Grenzen aufzeigen, damit sie nicht noch näher an Russland heranrückt“. Dieser Provokation soll Deutschland, wenn es nach Arndt geht, nicht entgegentreten, weil es „in Russland so viel Leid und Zerstörung“ angerichtet habe. Die Osteuropahistorikerin Anna Veronika Wendland kommentierte den Kommentar auf Twitter: „Arndt verschweigt hier, welches Land die Deutschen 1941 zuerst besetzen: die Ukraine“. Die Verteidigung der Kommentatorin, die auch als Event-Moderatorin für Auftraggeber wie die sächsische Landesregierung arbeitet und auf ihrer privaten Internetseite mit einem Foto wirbt, das sie mit Michael Kretschmer zeigt: „Soll ich sämtliche Länder aufzählen, die Deutschland überfallen hat? Mein Gott.“

    Inzwischen hat die Chefredaktion des MDR dem im Internet weiter unverändert vorgehaltenen Kommentar eine „Erklärung“ an die Seite gestellt, mit der sie auf „eine Vielzahl an Rückmeldungen“ reagiert. Zu einem Punkt, der Behauptung Arndts, die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann pflege „in ihrer Freizeit viel Kontakt zur Rüstungsindustrie“, stellt die Chefredaktion fest, dass der Kommentar die „journalistischen Qualitätskriterien“ des Senders „nicht ausreichend berücksichtigt“ habe.

    Man werde „dies in der Redaktion auswerten“

    Man werde „dies in der Redaktion auswerten“. Im Umkehrschluss gilt dann, dass der Rest des Kommentars den hauseigenen Qualitätsstandards genügt, eingeschlossen die Beschwerde über die Übermacht der Medien und der Vorwurf des Eidbruchs. Beides sind Topoi, die man aus der Propaganda der AfD kennt. Unverzeihlich soll die Versündigung am Wohl des deutschen Volkes sein. Sie könnte also nur durch Ablösung der Regierung gesühnt werden.

    Der Journalist Matthias Meisner hat im Blog „Volksverpetzer“ dokumentiert, dass Rommy Arndt sich als Twitter-Nutzerin im selben Stil radikalen Bezweifelns der Legitimität der Regierungsmaßnahmen auch zur Pandemiepolitik geäußert hat. Am Tag, nachdem der MDR ihren Panzer-Kommentar gesendet hatte, kommentierte sie höhnisch die Rücktrittserklärung der neuseeländischen Ministerpräsidentin Jacinda Ardern: „Wenn Verbrecher abtreten, wird es immer pathetisch verbrämt.“ Soll auch für solche Standpunkte gelten, was die Chefredaktion des MDR zur Rechtfertigung des Beitrags zur Panzer-Kontroverse ausführt?

    „Die Vielfalt von Perspektiven und Meinungen in einer Gesellschaft breit und differenziert abzubilden, ist ein wichtiger Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags.“ Mit Umfragezahlen wird man leicht belegen können, dass ebenso wie die Kreml-Propaganda auch Verschwörungstheorien vieler Art im Sendegebiet des MDR auf besonders hohe Zustimmung stoßen.

    MDR-Kommentatorin Rommy Arndt: Neue Heldin der Putin-Versteher
    https://taz.de/MDR-Kommentatorin-Rommy-Arndt/!5908047

    26.1.2023 von Matthias Meisner - Rommy Arndt vom MDR wird für ihren Kommentar gegen Militärhilfe für die Ukraine gefeiert. Mit dabei: das rechtsextreme Magazin „Compact“.
    Eine Frau hat braune lange Haare, lächelt und trägt ein rotes Oberteil

    Setzt sich für enge Wirtschaftsbeziehungen zu Russland ein: Rommy Arndt Foto: Ralf Succo/picture alliance

    Sie ist die neue Heldin im Milieu der Putin-Versteher:innen – und findet Fans von ganz links bis ganz rechts: Rommy Arndt, die vergangene Woche im Hörfunkprogramm MDR Aktuell in einem Kommentar gegen Panzerlieferungen an die Ukraine desinformierte, wird vom russischen Propagandasender RT DE gefeiert. Der lobt, dass die öffentlich-rechtliche Dreiländeranstalt die „mediale Einheitsfront durchbrochen“ habe.

    Das rechtsextreme Compact-Magazin spricht von einer „Jagd auf Abweichler-Journalistin“, preist die Sächsin als „einsame Ruferin in der Wüste im GEZ-Imperium“. Der Blog NachDenkSeiten, der sich als links verortet, lobt Arndts „Empörung gegen die Kriegstreiberei“ und fordert: „Redakteure, haben Sie Mut, bitte mehr von diesen Kommentaren!“

    Die Arbeitsgemeinschaft Frieden der Querdenker-Partei „Die Basis“ ruft dazu auf, sich in Mails an den Sender mit Arndt zu solidarisieren – „damit den Kriegstreibern endlich gehöriger Wind entgegenbläst“.

    Der Kommentar, von dem sich die MDR-Chefredaktion nur halbherzig distanzierte, hat eine Vorgeschichte. Die Moderatorin setzt sich seit längerer Zeit für enge Wirtschaftsbeziehungen zu Russland ein.

    Erprobte Connections

    2018 moderierte sie in Potsdam eine Veranstaltung zu „45 Jahre deutsch-russische Erdgaspartnerschaft“ – mit Vertretern der russischen Regierung, von Gazprom, den Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (Sachsen, CDU) und Dietmar Woidke (Brandenburg, SPD) sowie dem Vorstandschef des Leipziger Gashandelskonzerns VNG, Ulf Heitmüller.

    Es sind jene Connections, anhand derer Correctiv im vergangenen Jahr die „Gazprom-Lobby“ beschrieb, bei der Russland deutsche Politiker:innen, Ma­na­ge­r:in­nen und Anwäl­t:in­nen einspannte, um Deutschland von russischem Gas abhängig zu machen. Arndt schreibt auf ihrer Homepage über die Veranstaltung: „Seit 45 Jahren strömt russisches Erdgas nach Deutschland, immer zuverlässig, ohne Probleme, egal wie die Zeiten sind.“
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    Arndt ist auch eine geschäftstüchtige Event-Moderatorin. Von 2017 bis 2022 war sie laut Antwort der sächsischen Staatsregierung auf eine AfD-Anfrage die Mitarbeiterin des MDR in Sachsen mit den meisten Einsätzen für die Freistaat-Regierung – vier Moderationen, dotiert zwischen 2.380 und 2.975 Euro, für das SPD-geführte Wirtschaftsministerium.

    Arndts politische Agenda: Auf ihrem als „hier privat“ gekennzeichneten Twitter-Kanal befeuert sie die Szene der Coronaleugner:innen, fordert von der Politik die „gründliche Aufarbeitung von millionenfachen Grundrechtsverletzungen“, spricht im Zusammenhang mit der Pandemie von „Freiheitsberaubung“ sowie „Fake News über angebliche ‚Inzidenzen von Ungeimpften‘“.

    Vielfalt im Kontext

    Für ihren Kurs holt sie auch Leute ins Programm, die in die Randbereiche des verschwörungstheoretischen Geraunes abgedriftet sind. So interviewte sie für MDR Aktuell im Dezember Thomas Moser zu seinem Buch „Der Amri Komplex“. Kurz zuvor hatte Moser im „Overton-Magazin“ dargelegt, was er von öffentlich-rechtlichen Medien, für die er selbst jahrelang arbeitete, inzwischen hält: „Mit dem Beginn des Corona-Zeitalters und erst recht mit dem Ukraine-Krieg hat man keine Skrupel mehr vor Unwahrhaftigkeiten.“

    Der MDR verteidigt den Panzer-Kommentar im Rahmen einer „Vielfalt von Perspektiven und Meinungen“. Vorgeworfen wird Arndt bloß, dass sie ein Zitat der FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann „aus dem Kontext gerissen und in Teilen missverständlich wiedergegeben“ habe.

    Die Erdgas-Veranstaltung? „Nicht im Auftrag des MDR moderiert“, sagt ein Sprecher. Und das Moser-Interview? Nur „eine von vielen Stimmen“ im Programm.

    Über ein „verantwortungsbewusstes Agieren“ auf Social Media führte der MDR ein Gespräch mit der Moderatorin, wie ein Sprecher des Senders erklärt.

    Arndt twittert fast zeitgleich: „Ich vermute, dass mein Account zwischenzeitlich gehackt wurde. Einige Dinge, die in meinem Namen gepostet wurden, sind nicht von mir.“

    Was sie tut, ist das Gegenteil davon. Diese Regierung verletzt seit Monaten auf unverzeihliche Art ihren Amtseid.“ Als eigentlichen Akteur der deutschen Ukrainepolitik macht die Mitarbeiterin des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks allerdings die Medien aus, die „seit Monaten“ die Debatte „befeuern“. Olaf Scholz ist in Arndts Augen ein zögerlicher Kriegstreiber, ein von Journalisten Getriebener. Durch diesen „öffentlichen Druck“, würden „die Grenzen des Denkbaren, Sagbaren und Machbaren weiter verschoben“.

    Wer oder was treibt Putin an? Arndt meint, er wolle „in der Ukraine ein Exempel statuieren“, nämlich der Nato „die Grenzen aufzeigen, damit sie nicht noch näher an Russland heranrückt“. Dieser Provokation soll Deutschland, wenn es nach Arndt geht, nicht entgegentreten, weil es „in Russland so viel Leid und Zerstörung“ angerichtet habe. Die Osteuropahistorikerin Anna Veronika Wendland kommentierte den Kommentar auf Twitter: „Arndt verschweigt hier, welches Land die Deutschen 1941 zuerst besetzen: die Ukraine“. Die Verteidigung der Kommentatorin, die auch als Event-Moderatorin für Auftraggeber wie die sächsische Landesregierung arbeitet und auf ihrer privaten Internetseite mit einem Foto wirbt, das sie mit Michael Kretschmer zeigt: „Soll ich sämtliche Länder aufzählen, die Deutschland überfallen hat? Mein Gott.“

    Inzwischen hat die Chefredaktion des MDR dem im Internet weiter unverändert vorgehaltenen Kommentar eine „Erklärung“ an die Seite gestellt, mit der sie auf „eine Vielzahl an Rückmeldungen“ reagiert. Zu einem Punkt, der Behauptung Arndts, die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann pflege „in ihrer Freizeit viel Kontakt zur Rüstungsindustrie“, stellt die Chefredaktion fest, dass der Kommentar die „journalistischen Qualitätskriterien“ des Senders „nicht ausreichend berücksichtigt“ habe.❞

    #médias #opinion_publique #Allemagne #USA #Russie #Ukraine #guerre

  • 19-Jähriger verdrängt Rentnerin : Verrückt nach Eigenbedarf
    https://taz.de/19-Jaehriger-verdraengt-Rentnerin/!5906627

    Le parti vert a récupéré les membres et votes des libéraux FDP. Ses politiciens se comportent désormais comme leurs confrères du parti des riches. Cet article décrit l’énième cas de vieux locataires qui perdent leur domicile après son acqisition par un écolo.

    20.1.2023 von Laura Mielke - Eine 68-Jährige muss aus ihrer Wohnung in Kreuzberg ausziehen, damit ein Nachwuchsgrüner aus München einziehen kann. Der hat große Pläne.

    Auf eine glorreiche Nachbarschaft. Von ihrem neuen Nachbarn sind die Ak­ti­vis­t:in­nen nicht begeistert

    BERLIN taz | So man­che:r Po­li­ti­ke­r:in hat bestimmt die ein oder andere Geschichte, die sie oder er lieber verschweigen würde. Aber wie wäre es mal mit: „Mein Vater hat eine Rentnerin aus einer Wohnung geklagt, damit ich nach dem Abi dort einziehen kann“ – von einem Grünen?

    Klingt absurd und eher nach einem Jungen Liberalen, hat sich aber so zugetragen: Eine 68-Jährige muss ihre Wohnung, in der sie seit 37 Jahren wohnt, bis Ende des Jahres wegen Eigenbedarfs räumen.

    Das ist das Ergebnis einer Güteverhandlung am Donnerstag, in der sie noch versuchte, dagegen vorzugehen. Dass es um mehr als nur ihren Fall, sondern die Ungerechtigkeit der Sache geht, zeigt die Unterstützung der Initiative GloReiche Nachbarschaft.

    Sie versammelten sich mit einem Transparent und Schildern mit den Schriftzügen „Eigentum macht hässlich“ und „Verrückt nach Eigenbedarf“ vor dem Amtsgericht Kreuzberg. Das Engagement lobt auch die Richterin und gibt zu: „Diese Verhandlungen sind immer ganz schwierig, wir machen das auch nicht so gerne.“

    Der Vermieter kaufte die Wohnung für seinen Sohn

    Der Hintergrund macht es nicht weniger spannend. Ein bekannter Fernsehfilmproduzent kaufte im März 2021 die Wohnung in der Manteuffelstraße und schickte der Rentnerin im Juni 2021 die Kündigung. Sein 19-jähriger Sohn wolle von München nach Berlin ziehen, studieren und Politiker werden. Er sei Mitglied der Grünen und aktiv bei Fridays for Future, so die Klageschrift.

    Ein so detailliertes Schreiben ist nicht ungewöhnlich. Ei­gen­tü­me­r:in­nen müssen beweisen, dass tatsächlich Bedarf besteht und das Kind nicht nur ein Vorwand ist. Benjamin Hersch, der Anwalt der Mieterin, zweifelt an den Plänen des Sohnes, aber es sei schwer, dahinter zu kommen. Nur in einem Gerichtsprozess, der auf die Güteverhandlung hätte folgen können, könnte der Sohn als Zeuge vorgeladen werden. Verhandelt hat am Donnerstag ein Anwalt des Vaters.

    Mit ihrer Situation ist die 68-Jährige nicht allein. Ein Nachbar ist ebenfalls dabei, er lebt seit 2001 in seiner Wohnung. Vor drei Monaten kündigte seine Vermieterin Eigenbedarf an. „Es ist einfach schrecklich, die Angst, dass man dann auf der Straße sitzt“, sagt er sichtlich aufgewühlt gegenüber der taz. Eine andere Wohnung kann auch er sich nicht leisten.

    „Moralisch unter aller Kanone“

    Am Ende hilft die ganze Unterstützung aber nichts. Die Rentnerin muss ihre Wohnung bis zum Jahresende verlassen. Sie bekommt 30.000 Euro vom Kläger. Ein wirklicher Gewinn ist das aber nicht. „Wir haben das beste rausgeholt“, sagt der Anwalt. „Moralisch ist es aber unter aller Kanone, dass jemand das durchzieht im Wissen, dass jemand anderes seine Wohnung verliert.“

    Für den aufstrebenden Jungpolitiker hat Papi die Wohnung gesichert. Den anderen Haus­be­woh­ne­r:in­nen muss er sich dann wohl nicht mehr vorstellen.

    #Berlin #Kreuzberg #Glogauer_Straße #logement #gentrification #embourgeoisement

  • Ermittlungen gegen Online-Portal : Papst-Kritik mit Folgen
    https://taz.de/Ermittlungen-gegen-Online-Portal/!5904722

    La « Verunglimpfung » est un de mes mot allemands préférés car elle n’a pas de contraire.

    En général l’ajout de la syllable « un » change la signification de n’importe quel verbe ou nom en son contraire. C’est un tour de magie sympatique propre à la langue allemande Un mot qui contient « un » est donc un dérivé négatif de quelque chose d’autre.

    Le « Unwetter » est le contraire du beau temps, un « Unmensch » est inhumain. La « Verunglimpfung » quant à elle occupe la première place parmi les absurdités et contresens propres à la langue allemande car elle est dépourvue de partenaire opposé et d’emploi usuel pour justifier son existence.

    Pourtant elle pèse plus lourd que tous ses camarades possédant un « un » car est puni avec deux ans derrière les barreaux celui qui ose s’en servir. Comme l’injure elle est la soeur de l’insulte mais elle affiche ouvertement sa qualité d’héritière d’un mauvais esprit bureaucratique qui vit dans un domaine linguistique séparé et hostile au monde humain. C’est un mot pour qui la pire chose serait si on lui trouvait son alternative sans « un ».

    Sans scrupules elle s’offre à la famille du pâpe défunt qui l’embauche comme arme de guerre dans la lutte contre les homosexuels qui osent évoquer l’homophobie fanatique et meurtrière du Ratzinger à la carrière la plus extrordinaire.

    La « Verunglimpfung » n’est pas un mot très sympatique.

    8.1.2023 von Marie Frank - Die Berliner Polizei ermittelt gegen queer.de wegen eines kritischen Textes über Joseph Ratzinger. Die Anzeige stammt wohl von einem Verwandten.

    BERLIN taz | Gegen das Online-Magazin queer.de wird wegen eines kritischen Berichts über den verstorbenen Joseph Ratzinger, besser bekannt als Papst Benedikt XVI., strafrechtlich ermittelt. Wie ein Sprecher der Berliner Polizei am Sonntag der taz mitteilte, wurde am 31. Dezember, also dem Todestag des 95-Jährigen, über die Internetwache Anzeige wegen „Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener“ gestellt. Daraufhin wurde ein Strafverfahren eingeleitet, die Ermittlungen dauern noch an, so der Sprecher weiter.

    Grund für die Anzeige ist laut dem Herausgeber des LGBTQI-Onlineportals, Micha Schulze, ein Artikel, in dem das ehemalige Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche als „queerfeindlicher Hetzer“ bezeichnet wird. „Wir erleben schon seit einiger Zeit, dass queerfeindliche Gruppierungen und Personen unsere Redaktion mit Strafanzeigen – oder der Drohung, Anzeige zu erstatten – einschüchtern wollen“, sagt Schulze zur taz.

    Bisher habe das allerdings nie zu Ermittlungen geführt. „Ich bin sehr überrascht und auch entsetzt, dass in diesem Fall tatsächlich Vorermittlungen laufen.“ Dass es auch zu einer Anklage kommt, glaubt Schulze nicht. „Es ist leicht zu belegen, dass Joseph Ratzinger einer der größten queerfeindlichen Hetzer war“, so der Journalist.

    Die „Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener“ ist ein Antragsdelikt und kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren geahndet werden. Antragsberechtigt sind nur die Angehörigen. Die Anzeige müsste also von einem Verwandten Ratzingers gestellt worden sein. Grundlage ist eine besonders schwere Beleidigung.

    Gewerkschaft fordert Einstellung der Ermittlungen

    Die ist laut dem Landesgeschäftsführer der Jour­na­lis­t*in­nen­ge­werk­schaft Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU), Jörg Reichel, nicht gegeben. „Ich kann in dem Artikel keine Beleidigung erkennen. Er verstößt auch nicht gegen den Pressekodex“, so Reichel am Sonntag zur taz. Er fordert daher, dass die Polizei die Ermittlungen umgehend einstellt, um die Pressefreiheit nicht zu behindern.

    Dass es überhaupt zu einer Anzeige gekommen ist, ist laut dem DJU-Vorsitzenden „sehr ungewöhnlich“ und werfe die Frage auf, ob die Angehörigen künftig jegliche kritische Berichterstattung über den wegen seiner frauen-, trans- und homosexuellenfeindlichen Äußerungen umstrittenen Ex-Papst behindern wollen. „Joseph Ratzinger hat politisch gewirkt. Seine Angehörigen müssen daher hinnehmen, dass er politisch bewertet wird“, so Reichel.
    Ohne Ihre Unterstützung geht es nicht

    #religion #catholicisme #Allemagne #droit #langue

  • Betreiber des Berliner Aquariums: „Es ist völlig unerklärlich“
    https://taz.de/Betreiber-des-Berliner-Aquariums/!5903062

    16.12.2022 von Plutonia Plarre - „Wie eine Flutwelle“: Uwe Abraham, Geschäftsführer der Berliner Gesellschaft für Großaquarien, über den geplatzten AquaDom.

    „Alle Fische aus dem AquaDom sind tot, alle“: Trümmer vor dem Hotel Foto: Christoph Soeder/dpa

    taz: Herr Abraham, der AquaDom ist heute Morgen geplatzt. Haben Sie schon Erkenntnisse über den Ursache?

    Uwe Abraham: Nein. Feuerwehr, Polizei – alle sind da. Der gesamte Zylinder ist auseinandergebrochen. Vielleicht gibt es Aufzeichnungen von Überwachungskameras, aber das wissen wir nicht.

    Der 16 Meter hohe Glaszylinder hatte einen Durchmesser von 11,5 Metern und enthielt 1 Million Liter Wasser.

    Das muss offensichtlich schlagartig passiert sein. Unser Notdienst ist gegen 6 Uhr informiert worden. Das Wasser ist wie eine Flutwelle durch das gesamte Erdgeschoss des Hotels gegangen – wie eine Tsunamiwelle.

    Der AquaDom hatte erst im Juni wieder aufgemacht, nach zweieinhalbjährigen Sanierungsarbeiten. Könnte es sein, dass bei der Sanierung Fehler gemacht worden sind, die sich jetzt gerächt haben?

    Die Sanierungsarbeiten sind erfolgt, weil es Undichtigkeiten gab. Ich bin einfach ratlos im Moment. Das Ganze sieht aus wie ein Grundbruch – das ist der bauliche Fachausdruck, wenn sich plötzlich die Statik eines Gebäudes verändert. Aber wir wissen nicht, was die Ursache ist. Wir wissen nicht, ob es allgemeines Materialversagen war oder ob es eine Schwachstelle gab. Es ist völlig unerklärlich. Aber es wird in den nächsten Tagen sicher erkennbar sein.

    Menschen sind nicht ernsthaft zu Schaden gekommen, richtig?

    Ich glaube, zwei Leute sind leicht verletzt worden.

    Was ist mit den 1.500 Fischen, die in dem Zylinder waren?

    Alle Fische aus dem AquaDom sind tot, alle! Den Fischen, die wir im Untergeschoss halten, geht es, wie man so schön sagt, den Umständen entsprechend gut.

    Sie haben da unten Zuchtstationen.

    Wir züchten hochbedrohte Arten, zum Beispiel Süßwasserspezies nach, das ist Teil unserer zoologischen Verrichtung. Die haben alle überlebt. Sie werden jetzt evakuiert. Mit unseren Partnern von Sealife richten wir gerade neue Becken ein. Heute Abend wird das erledigt sein. Aus behördlicher Sicht ist es sinnvoll, das Gebäude erst mal zu räumen und zu sichern, um es untersuchen zu können.

    Der AquaDom ist jetzt eine Ruine. Was ist Ihr Hauptproblem, der finanzielle Schaden oder der Verlust der Fische?

    Hauptproblem sind meine Mitarbeiter. Die liebten ihre Fische, mehr noch als ich. Sie sind alle zutiefst traurig.

    Uwe Abraham, 71, ist Geschäftsführer der Berliner Gesellschaft für Großaquarien (BGG), die das Riesenaquarium betreibt